Der Anwalt und die Polizei (13.2.97)

Ausgerechnet der Bildungsminister von Baden-Württemberg zeigt sich wenig lernfähig: Schon wieder kam er zu einer Feierstunde nach Heidelberg, und schon wieder versuchte er, die Studis auszusperren. Und schon wieder fanden das die Studis gar nicht nett, zudem -- wie schon anläßlich des RCDS-Jubiläums -- ziemlich hässliches Wetter den Aufenthalt der ungeladenen Gäste ungemütlich gestaltete.

Der Anlaß für Trothas Erscheinen war diesmal die Verleihung des Landeslehrpreises. Der Preis selbst ist nicht der Rede wert, er war mal als Symbol dafür gedacht, dass das Land ja doch an der Lehre interessiert sei und dass mensch auch mit Lehre Ruhm und Geld (m.W. 30000 Mark -- Drittmittelanträge in dieser Höhe werden üblicherweise wegen Geringfügigkeit verworfen...) erwerben kann. Jedes Jahr kriegt je eineN DozentIn von jeder Universität im Ländle so ein Ding. Was dabei unter Lehre verstanden wird, mag mensch beim Hinweis auf die hiesige Preistägerin von 95 erahnen: Die Sinologin Weigelin-Schwiedrzyk tat sich vor allem durch starke Sprüche wie "Meine Studis arbeiten von Montag morgens um acht bis Sonntag abends um acht" hervor. Der diesjährige Preisträger scheint allerdings immerhin ein paar vernünftige Gedanken zu haben, hat er doch Augenzeugen zufolge in Gegenwart des Gebührenministers geäußert, er habe nicht die Spur von Verständnis für Studiengebühren.

Aber zurück zu Trothas Besuch: Nach Kuchen und Mokka im Spesenwert von 21.60 DM, verspeist im Cafe Scheu gerade mal 200 Meter vom Zentralen Fachschafenbüro entfernt, musste sich der unbeliebte Minister seinen Weg ins Rektorat durch vielleicht 100 reis- und konfettiwerfende Studis kämpfen, aus deren Reihen auch schon mal ein unfreundliches "Arschloch" zu hören war.

Dennoch hatte er es diesmal insgesamt leichter mit dem Reinkommen als im Dezember. Umgekehrt hatten es die StörerInnen schwerer mit dem Wetter, kaum war der Minister verschwunden, setzte ein gewaltiger Sturm ein und peitschte Regenschwaden über den Uniplatz. Diesem Unwetter widerstanden nur noch vielleicht 20 Unentwegte, die fanden, dass Trotha es wenigstens mit dem Rauskommen nicht so einfach haben sollte -- flugs war ein Fahrradschloss besorgt und die Tür zugekettet, versehen mit dem Hinweis, hier sei ein Minister wegen verfehlter Bildunngspolitik eingesperrt.

Da aber auch klar war, dass dieses Schloss einem entschlossenen Ansturm von drinnen nicht lange standhalten würde, wurde zur Sicherheit noch Trothas Dienstwagen immobilisiert, standesgemäß mit einer Kette von zusammengeschlossenen Fahrrädern. Das brachte natürlich den beleibten Chauffeur auf, der nach wenig beeindruckender Gewaltandrohung die Polizei rief. Die inzwischen wieder gewachsene Schar der DemonstrantInnen wunderte sich ein wenig, warum diesmal gleich zwei Einsatzfahrzeuge mit vier Ordnungshütern darin aufgeboten waren, freute sich aber dennoch und empfing das Kommando mit einem fröhlichen "Falschparker aufschreiben".

Groß die Überraschung, als sich herausstellte, dass die Herren in Grün in Wirklichkeit gekommen waren, um den DemonstrantInnen Ärger zu machen -- wobei aus dem Ärger ob der Fröhlichkeit der Studis nicht viel wurde. Dennoch riefen diese alsbald nach ihrem selbsternannten Anwalt, und siehe da, Trotha glaubt das wirklich. Hinaus trat er in die Menge, mit seinem gewohnten Grinsen auf dem Lippen. Er versuchte, ein wenig mit den Studis zu "diskutieren" (was halt bei Leuten seines Schlages eine Diskussion ist...), musste aber recht bald einsehen, dass hohles Geschwätz bei diesen Studis auf wenig fruchtbaren Boden fiel und dass auch der Hinweis, er habe sein Jurastudium auch selbst verdienen müssen und trotzdem in "sieben oder acht" Semestern abschließen können, bestenfalls peinlich war.

Nach etwa zwanzig Minuten hatte die Polizei entdeckt, dass eines der das ministerielle Fahrzeug blockierenden Räder mit Schnellspannern ausgerüstet war, und erstaunlicherweise wussten sie mit dem Zeug auch umzugehen -- der Minister war frei, er konnte sich mit friedlicheren Studis in Mannheim treffen. Froh wird er gewesen sein. Diese kleine Aktion brauchte nur minimale Vorbereitung und hatte doch recht hübschen Effekt. Trotha rechnete nicht mit Widerstand -- wir haben ihm heute mal wieder gezeigt, dass er sich verrechnet hat. Zur Nachahmung wärmstens empfohlen.

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