Motivierende Gesetze, exakte Wissenschaft und Verbalhorror
...woran es liegt, wenn ab dem 1.1.2005 die Lehre um Lichtjahre besser wird? Wir sagen es euch: An diesem Entwurf zur Reform der Besoldung von ProfessorInnen, mit dem uns unsere Landesregierung beglücken möchte -- dass der Landtag es abnickt, ist beim Zustand unserer Demokratie praktisch unvermeidlich. Ebenso unvermeidlich ist, dass sich bei der "leistungsbezogenen Besoldung" die Profen mal richtig ins Zeug legen werden. Zitat: "Professoren in Ämtern der Bundesbesoldungsordnung W, die Mittel privater Dritter für Forschungs- oder Lehrvorhaben der Hochschule einwerben und diese Vorhaben durchführen, kann für die Dauer des Drittmittelzuflusses aus diesen Mitteln eine nicht ruhegehaltfähige Zulage nach § 35 BBesG (Forschungs- und Lehrzulage) bewilligt werden. Eine Zulage für die Durchführung von Lehrvorhaben nach Satz 1 darf nur vergeben werden, wenn die Lehrtätigkeit des Professors nicht auf seine Regellehrverpflichtung angerechnet wird." (§12, 1). Das motiviert richtig, die Regellehrverpflichtung ordentlich zu machen. Frage: Warum probiert die Regierung nicht einfach, rauszukriegen, warum verschiedene ProfessorInnen unmotiviert sind? Wäre es nicht besser, die Ursachen abzuschaffen, statt noch mehr Raum für Klüngelei und Korruption zu schaffen? Ach nein, das wäre es nicht. Gewiss nicht.
...dass der Wissenschaftsstandort Heidelberg immer attraktiver wird? Ende Juni wurde die Deutsche Akademie für Astrologie (DAA) gegründet. Ziel der Einrichtung ist die staatliche Anerkennung der dreijährigen Berufsausbildung zur Astrologin/zum Astrologen.
...wie gut es uns an deutschen Hochschulen geht -- zumindest im Vergleich zu Weißrussland? der fzs hat hierzu ausführliche Informationen zusammen gestellt.
...wer Extrem-Dummdeutsch wie "Exzellenzförderung in der Wissenschaft in wettbewerblichen Strukturen ist sinnvoll zur Verbesserung des Hochschulstandorts Deutschland" produziert? Es sind die Abgeordneten Kretschmann und Bauer der Grünen Landtagsfraktion in der auch sonst furchtbaren Landtagsdrucksache 13/3372. 'Nuff said.
Walter I. Schönlein
Berufsverbot in Heidelberg
Die Chefbeterin und Kultusministerin Annette Schavan hat gesprochen: Michael Csaszkóczy darf (jedenfalls in Baden-Württemberg) nicht als Realschullehrer arbeiten. Damit ist der offizielle Teil des Berufsverbotsverfahrens gegen den Heidelberger Aktivisten zunächst vorbei. In einer Pressemitteilung lässt die Ministerin erklären, Michael müsse aus der Realschule ferngehalten werden, "um Kinder und Jugendliche vor jeder möglichen extremistischen Beeinflussung zu schützen". Erhebet die Herzen.
"Der Geist weht, wo er will". Diesen Titel eines der naiv-frömmlerischen Werke der Ministerin sollte mensch wohl nicht zu ernst nehmen, denn ganz offensichtlich legt sie großen Wert auf Linientreue schon im Geiste: Es braucht noch nicht mal ein Kopftuch, um für ihre Schulen untragbar zu sein. Was nämlich konkrete Handlungen angeht, ob nun in der Schule oder vor ihren die Kinder und Jugendlichen so zuverlässig schützenden Toren, liegt gegen Michael nichts vor, und so kommt auch nichts dergleichen in der Begründung des Berufsverbots zur Sprache. Relevant ist einzig und allein, dass Michael öffentlich als Antifaschist aufgetreten ist und mithin wohl sein Geist in den falschen Gefilden wandert.
"Leben aus Gottes Kraft" heißt ein anderes Werk, das die Ministerin neben ihrer aufreibenden Regierungstätigkeit herauszugeben die Zeit hatte. Möglicherweise würde sie dies nun Michael empfehlen -- doch der will seinen Lebensunterhalt nach wie vor als Lehrer bestreiten. In einem Interview mit der Zeitschrift konkret (Motto: Lesen, was andere nicht wissen wollen) hatte er schon vor einem Monat erklärt, die "Frage, ob die BRD mit der Wiederbelebung der Berufsverbote durchkommt" sei "weniger eine juristische als eine politische." Und so setzt das Solidaritätskommittee gegen das Berufsverbot seine Arbeit fort; bereits vormerken kann mensch sich die Demonstration am 23.10.
In diesem politischen Kampf wird das Solidaritätskommittee durchaus nicht nur von den üblichen Verdächtigen unterstützt. So hat der Chef der GEW von Baden-Württemberg, Rainer Dahlem, das Verfahren als "unerträglich und erschreckend" bezeichnet, sogar die sonst eifrig mit schwarz-grünen Koalitionen liebäugelnde Theresia Bauer findet, mensch solle Michael doch "an seinen Taten" messen. Darunter versteht sie allerdings, ihn erstmal einzustellen und dann rauszukoffern, wenn er sich als unbequem erweist. Das ist eben die grüne Form von Meinungsfreiheit.
Michaels Einschätzung, die Wiederauferstehung der Berufsverbote sei nur politisch und nicht juristisch zu verhindern, ist sicher richtig -- Menschen, denen so elementare Rechte wie das der freien Meinung am Herzen liegen, sollten hier also nicht zusehen.
Nachtrag (15.9.2004): Michael hat inzwischen eine Stellungnahme zu diesen Vorgängen abgegeben.
Dieser Artikel wurde zitiert am: 14.10.2004, 15.06.2005