Deutschland sucht den Bachelor

Wusstet Ihr schon... (03.03.2004)

...wer unter all den VeranstalterInnen der sich inflationär vermehrenden "Wettbewerbe" den Preis für den dümmsten Namen bekommt? Keine andere als BMBF-Chefin Edelgard Bulmahn, die jetzt allen Ernstes etwas ausgeschrieben hat, das sich "Brain up!" nennt, und, als sei das noch nicht peinlich genug, auch noch ein Deutschland sucht seine Spitzenuniversitäten druntersetzt. Da stört es dann auch nicht, dass die "Spitzenuniversitäten", die bei so einem Mumpitz mitmachen, auf fünf Jahre befristet gerade mal jeweils lumpige 50 Millionen pro Jahr bekommen werden. Andererseits mensch muss ja froh sein, wenn die herrschenden Eliten zwar keinen klaren Gedanken fassen können, aber zum Ausgleich auch zu dumm sind, ihre wirren Ideen ernsthaft umzusetzen.

...dass Bachelors meistens Männer sind? Das gilt nicht nur im englischsprachigen Raum (Bachelor heißt ja immer noch Junggeselle...) und in drittklassigen Gameshows, sondern auch an der Uni Heidelberg, an der zum 1.12. insgesamt 198 (trotz aller Propaganda eben mal 0.7% der insgesamt 26742) Studis versuchten, einen Bachelorgrad zu erreichen, von denen aber nur 71 und mithin knapp 36% weiblich waren, während unter den Studis insgesamt die Frauenquote immerhin 56% beträgt. Wenn ihr wissen wollt, welches erstaunliche Ergebnis sich bei den (96) Master-Studierenden (a.k.a. "Exzellenzen") ergibt, müsst ihr wohl ins ZFB kommen und die jüngst in Papierform erschienen Studierendenstatistik der Uni Heidelberg ansehen. Alternativ könnt ihr natürlich auch in voller Vereinzelung die aktuellere Web-Ausgabe der Studistatistik studieren.

...dass die Planlosigkeit des Ministeriums keine Grenzen kennt? Dass dem so ist, zeigt die jetzt vom Zaun gebrochene Diskussion über die Einführung von Trimestern an den PHen. Idee ist, durch Streichung von zwei Monaten vorlesungsfreier Zeit eine bessere Auslastung von Hörsaalgebäuden zu erreichen. Aber vielleicht ist das auch nicht Planlosigkeit, sondern Plan? Mal sehen: Wenn die Studis keine Zeit haben, mal eine größere Hausarbeit zu schreiben, wird das Studium wieder etwas schmalspuriger, und wenn sie in den Semesterferien keine Zeit für Lohnarbeit haben, verschwindet das Restproletariat auch, solange die Klage gegen das Verbot richtig hoher Studiengebühren noch unentschieden in Karlsruhe liegt. Hm -- perfide, perfide.

...dass Friedrich Meinecke, der erste Rektor der FU Berlin, zur Vergangenheitsbewältigung (er nannte den Nazifaschismus "Deutsche Katastrophe") die Bildung von ersatzreligiösen "Goethegemeinden" empfohlen hat? Dies und viel mehr könnt ihr in dem vom AStA der FU Berlin herausgegebenen Buch "Kulturrevolution und Befreiung" lesen, das sich mit dem Unistreikwinter 88/89 auseinandersetzt -- dem letztlich auch der UNiMUT seine Existenz verdankt. Wer drin schmökern möchte, kann das im wiederum im ZFB tun, beispielsweise während unserer Redaktionssitzung (Mittwoch 20 Uhr) oder während der Bürodienstzeit (in den Ferien Freitags 11-13 Uhr).

...dass das Land 2003 8.3 Millionen Euro durch den Verkauf der so genannten "Bildungsgutscheine" einnahm und damit nur schlappe 22% weniger als im Rekordjahr 1999? Das ist insofern bemerkenswert, als die Gutscheinregelung (a.k.a. 1000 Mark Strafgebühren ab dem 14. Semester) ja eigentlich dazu gedacht war, all die SozialschmarotzerInnen und sonstigen Schreckgespenster, die Gutschein-Erfinder Trotha an den Unis auszumachen glaubte, aus den höhren Bildungsanstalten zu vertreiben. Wenn nun das Gebührenaufkommen nur unwesentlich sinkt, kann mensch daraus zwei Schlüsse ziehen: Entweder, die Leute haben in der Regel aus Notwendigkeit die Regelstudienzeit überschritten und hätten gar nicht bestraft gehört (also: sie werden jetzt einfach willkürlich geschröpft) -- oder die Gebühren sind nicht hoch genug. Drei Mal dürft ihr raten, welche Fassung das Ministerium wählen wird.

Walter I. Schönlein

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Dieser Artikel wurde zitiert am: 02.04.2004, 07.02.2005, 01.03.2006

Neuregelungen für studentische Neu-EU-BürgerInnen

Herein zum 1.Mai (06.03.2004)

Am 1. Mai erweitert sich die EU um Polen, Malta, Litauen, Lettland, Estland, Slovenien, Slowakische Republik, Tschechien, Ungarn und Zypern. Das beinhaltet für Studierende aus diesen Ländern, vor allem für StudienanfängerInnen, einige Änderungen und Übergangsregelungen. Volle Gleichbehandlung mit anderen EU-BürgerInnen erhalten sie nämlich noch nicht, vor allem dürfen sie weiterhin nicht ohne Weiteres einer Erwerbstätigkeit nachgehen. Einen Überblick über die Änderungen ermöglicht ein Schreiben des Bundesinnenministeriums (BMI) an den BAS (Bundesausschuß Ausländischer Studierender), die wir im Folgenden etwas zusammen gefasst haben.

Ausländische Studierende aus den Beitrittstaaten, die zum Sommersemester 2004 anfangen zu studieren, können dem BMI zufolge visumsfrei einreisen und in Deutschland innerhalb von drei Monaten eine Aufenthaltserlaubnis-EG beantragen. Voraussetzung für die visumsfreie Einreise ist jedoch, dass sie keine Erwerbstättigkeit aufnehmen. Die Vorlage der Aufenthaltsbewilligung für die Immatrikulation entfällt folglich ebenfalls.

Wie alle anderen Nicht-EU-InländerInnen müssen auch freizügigkeitsberechtigte Studierende über ausreichende Existenzmittel (Finanzierungsnachweis) verfügen. § 8 VI FreizügV/EG führt dazu, dass der jeweils geltende BAföG-Höchstbetrag für nicht bei den Eltern wohnende Studierende (§ 13 I, Nr.2; II, Nr. 2 und III) als Finanzierungsnachweis gefordert wird. Es ist auch zu beachten, dass bezüglich der unbeschränkten Arbeitsaufnahme Übergangsvorschriften mit den Beitrittsländern ausgehandelt wurden und diese nicht gänzlich den alten EU Staaten gleich gestellt sind.

Der Aufenthalt vom 1.4. bis zum 30.4. (vor Beitritt) wird über die DVAuslG geregelt. Nach § 1 I DVAuslG benötigen Staatsangehörige der Anlage 1 (auch EU Beitrittsstaaten) keine Aufenthaltsgenehmigung bei einem Aufenthalt bis zu drei Monaten. Der Aufenthalt ist somit drei Monate lang genehmigungsfrei, auch wenn der/die AusländerIn beabsichtigt, sich länger als drei Monate im Bundesgebiet aufzuhalten (Nr. 3.1.2.1.2. AuslG-VwV), da der § 1 I DVAuslG von einem objektiven Aufenthalt ausgeht. Es kommt auch keine unerlaubte Einreise in Betracht. Ausländische Studierende aus den Beitrittsstaaten können seit dem 1.2.2004 nicht mehr gegen § 1 DVAuslG verstoßen, da sie seit diesem Zeitpunkt bis zum 1.5.04 (Beitritt) keine Möglichkeit mehr haben, sich länger als drei Monate visumsfrei aufzuhalten und sich der Aufenthalt nach dem 1.5. nicht mehr nach dem Ausländergesetz bestimmt.

Nach dem 1.5.2004 richtet sich der Aufenthalt ausländischer Studierender aus den Beitrittsstaaten nach der Freizügigkeitsverordnung/EG (FreizügVO/EG). Nach dieser ist eine Aufenthaltserlaubnis-EG innerhalb von drei Monaten nach Einreise in ein EG-Land zu stellen. Das heißt, dass ausländische Studierende, die im April einreisen nach dem 1.5. noch zwei Monate Frist haben eine Aufenthaltserlaubnis-EG zu beantragen.

InländerInnen, die es bis hierher geschafft haben, können sich jetzt immerhin gut fühlen: Um so einen entsetzlichen Wust müssen sie sich nicht kümmern.

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Globaler Überlebenskampf der baden-württembergischen Hochschulen, Uniklinika und Berufsakademien geht weiter

Fertig geklüngelt (26.03.2004)

Nach längerem hin und her liegt nun endlich seit 23.3. der neue Anhörungsentwurf (PDF der Regierung) zur Novellierung der Hochschulgesetze vor. Der Unimut dokumentiert hier eine Text-Fassung wesentlicher Passagen. Im Vergleich zum ersten Entwurf sind kaum Abmilderungen vorgenommen worden, der Grundtenor blieb erhalten. Zum Beispiel soll das Land Trimester einführen können (selbstverständlich nach Anhörung der Hochschule, aber auch gegen deren Willen); eine studentische Vertretung ist weiterhin nicht vorgesehen; die Hochschulen können ihren Mitgliedern vorschreiben "mobile Speichermedien" zu verwenden, "insbesondere für Zwecke der Zutrittskontrolle, Identitätsfeststellung,...". Magister- und Diplomstudiengänge werden durch Bachelor- und Masterstudiengänge ersetzt; Studienordnungen müssen Vorgaben des Landes genügen und vom Vorsitzenden des "Aufsichtsrats" (entspricht grob dem bisherigen Hochschulrat) genehmigt werden. Die Befristung der Studienzeit für DoktorandInnen scheint immerhin aufgehoben -- allerdings ist dies eher dem Umstand geschuldet, dass in einigen Fächern die Zahl der DoktorandInnen dramatisch zurückgegangen ist und liegt keinesfalls an einem dem Ministerium von OptimistInnen unterstelltem Interesse, nach dem flächendeckend eingeführtern BA-Schnellstudium doch noch einige vernünftige Dissertationen zu sehen.

Vielmehr dient alles, so der Minister in einem Schreiben an die Vorsitzenden der baden-württembergischen ASten vom 26.3., dazu, dass "die Hochschulen sowie die Universitätsklinika und die im Berufsakademien im globalen Bildungswettbewerb bestehen können."

An den Hochschulen wird derzeit eifrig an Stellungnahmen gearbeitet. An der Uni Tübingen soll in einer außerordentlichen Sitzung am 29. April eine ausführliche Stellungnahme zum Landeshochschulgesetz verabschiedet werden. Die Unis Freiburg und Heidelberg haben Senatsausschüsse gebildet, die Stellungnahmen in das laufende Anhörungsverfahren einbringen sollen.

Insgesamt wird an diesem Entwurf kaum noch etwas geändert werden können; die ihnen entscheidenden Details haben die Rektoren bereits im Vorfeld (als nur James Bond und seine Freunde den Entwurf sehen durften) eingebracht, und das Parlament wird wohl im Wesentlichen nur abnicken.

Für die Hochschulen spannender dürfte sich die Umsetzung gestalten: die Zusammensetzung der Gremien wird sich ändern. Und da die Gremien weiterhin wenig bzw. noch weniger zu sagen haben, ist wenigstens da wirklich noch Gestaltungsraum.

Nachtrag (5.10.2004): Wie öffentliche Beteiligung Marke Frankenberg so aussieht, konnte mensch nach der heutigen Sitzung des Ministerrats goutieren. Während dieser hat das Ministerium nämlich das Gesetz zum Abnicken durch das Parlament zusammengeschnürt, und jetzt, wo wirklich nichts mehr zu ändern ist, taucht der Entwurf auch auf der Webseite des Ministeriums auf. Sehr schön auch die Presseerklärung zu diesen Vorgängen, in der eine "Stärkung der Kompetenzen des Aufsichtsrats" (wollte bestimmt niemand), "Flexiblere Organisationsstrukturen" (gewisse Zugeständnisse an diverse Rektorate), eine "Option erweiterter Fakultätsrat" (ein schlechter Scherz, der mit den Wünschen nichts zu tun hat) und "neue Personalkategorien" (eine Not-Korrektur böser Schnitzer) als Berücksichtigung von 130 Stellungnahmen mit 650 "Anregungen" (ein nettes Wort für "vernichtende Kritik", das müssen wir uns merken) aus dem Anhörungsverfahren verkauft werden soll. Zum letzten Punkt, den Personalkategorien, entblödet sich das Ministerium nicht, anzumerken, für die Juniorprofessur müsse "allerdings zunächst noch der Bundesgesetzgeber den Weg frei machen" -- nachdem Frankenbergs Ministerium das entsprechende Gesetz (HRG 5) erst kurz zuvor vor dem Bundesverfassungsgericht abgeschossen hatte. Sheesh.

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Dieser Artikel wurde zitiert am: 27.07.2004, 30.09.2004

Die Selbsthilfe-Fahrradwerkstatt geht in die Container

URRmEL zieht um (25.03.2004)

[Bild: Ein Container schwebt noch]

Im März 1996 zog die Selbsthilfe-Fahrradwerkstatt URRmEL in eine Garage im Hinterhof der Schröderstraße 90 ein -- im März 2004 zieht sie wieder aus. Die Schröderstraße 90 selbst wurde früher vom Institut für Hochenergiephysik (mittlerweile Kirchhoff-Institut für Physik) genutzt, und als dieses Ende 2002 in das neue Gebäude gegenüber der Mensa INF -- Feld-Oldies grämen sich immer noch über den durch den Neubau bewirkten Verlust des Idiotenhügels -- gezogen war, war lange Zeit nicht klar, was mit dem Gebäude passieren würde.

Inzwischen hat die Uni beschlossen, es nicht weiter zu mieten, und der alte Besitzer hat es veräußert. URRmEL musste also die beiden Garagen, in denen die Werkstatt bisher untergebracht war, aufgeben und suchte gemeinsam mit dem Liegenschaftsamt der Uni nach geeigneten Räumen in bestehenden Gebäuden von Uni oder Studentenwerk -- vergeblich. Schließlich blieb nur noch die Lösung, auf die auch schon die Food-Coop Appel un'Ei verfallen war: Ein Container musste her, im Fall von URRmEL sogar deren drei. Nachdem das Liegenschaftsamt einen Standplatz ausgemacht hatte, blieb "nur" noch, das Geld für die Container zu beschaffen.

Die FSK versprach, 3000 Euro beizusteuern, doch da Baden-Württemberg keine Verfasste Studierendenschaft kennt und daher die Studierendenvertretung auch keine Haushaltshoheit hat, war eine Weile nicht klar, ob die Verwaltung dieser Verwendung der Mittel der Studierendenvertretung auch zustimmen würde. Unter der Maßgabe, dass sich das Studentenwerk in gleicher Höhe beteiligt, bewilligte die Kanzlerin persönlich schließlich diese Ausgabe. Das Studentenwerk griff umgekehrt nochmal tief in seine ohnehin vom Land geleerten Taschen und legte auf die jährliche Beihilfe auch nochmal 3000 Euro drauf. Es blieben weitere 3000 Euro, die URRmEL-Trägerverein beisteuerte -- hier half der Preis der Freunde, den der Verein 2002 zuerkannt bekommen hatte.

Schließlich und endlich fand URRmEL dann auch geeignete und mit 9000 Euro finanzierbare Container -- gebrauchte zwar, aber immerhin -- und heute wurden sie angeliefert. Wie so etwas aussieht, erfahrt ihr auf der Webseite von URRmEL, die übrigens auch die primäre Informationsquelle ist, wenn ihr wissen wollt, wie ihr demnächst zur Werkstatt findet.

Für die URRmEListas bleibt in den nächsten Wochen viel zu tun: Der Boden der Container muss in Eigenleistung erneuert werden, und dann muss natürlich eine komplette Werkstatt samt ansehnlichem Ersatzteillager umgezogen und neu eingerichtet werden. Vor allem für Letzteres werden noch HelferInnen gesucht -- meldet euch bei urrmel@urz.uni-heidelberg.de.

Schließlich hat uns URRmEL gebeten, allen Beteiligten in Uni-Verwaltung, Studentenwerk, FSK und natürlich aus der Werkstatt selbst für ihre Bemühungen zu danken. Das tun wir natürlich gerne. Wenn ihr ein Fahrrad habt: Schließt euch dem doch einfach an.

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Dieser Artikel wurde zitiert am: 30.06.2004, 26.01.2005