Am 01.07.1993 fand in Heidelberg ein studentischer Protesttag gegen Studiengebühren statt.
Zum Auftakt demonstrierten am frühen Nachmittag ca. 700 Studierende. Bei der anschliesenden Kundgebung redeten VertreterInnen der Fachschaften. Sie wehrten sich gegen die Wiedereinführung der Klassengesellschaft in der Bildung, die als Rohstoff der Gesellschaft nicht in die Hände der begüterten Klasse fallen darf.
Um 17.00 Uhr fand dann eine Vollversammlung statt.
In der überfüllten Aula stellte sich dann Rektor Ulmer der Diskussion mit über 700 StudentInnen.
Er wies darauf hin, daß es sich bei der Forderung nach Studiengebühren nicht um seine Idee handle, er vielmehr ein politisches Signal setzten wollte, daß die Unis in Finanznot stecken. Er halte die Finanzierung der Unis über Studiengebühren für eine Möglichkeit die Studienbedingungen zu verbessern. Ein sozialer NC sei nicht gewollt und durch Festlegung geeigneter Einkommensgrenzen vermeidbar. Bei der momentanen finanziellen Situation des Staates, müßten die Studierenden, genau wie alle anderen, ihren Beitrag leisten.
Studiengebühren würden die Motaivation der Studierenden steigern, denn es sei eine Binsenweisheit das im Bewußtsein der Menschen nicht viel wert sei was nicht viel koste. Studiengebühren erhöhen die Motivation der Lehrenden, da die Studierenden damit ihre Nachfrage zum Ausdruck bringen könnten. Die Studienfinazierung über Steuern sei unsozial da der Großteil der Steuerzahler Nichtakademiker seien. Die Aufnahme eines Studiums würde nicht primär der Volkswirtschaft dienen: "persönliche Aufopferung für die Allgemeinheit glaube ich Ihnen nicht. (...) Sie versprechen sich für später persönliche Vorteile oder höhere Vergütung (...) Forderung nach kostenlosem Studium, ist Forderung nach Subvention." Subventionen seien schädlich. Die Abhängigkeit von Eltern hält er für weniger unsozial als die Abhängigkeit von der Sozialgemeinschaft.
Alternativen seien Bildungsgutscheine, die allerdings keine Mittel für die Unis brächten oder eine Akademikersteuer.
Nicht 50% sondern 90% der Studierenden fielen aus den Kriterien heraus, überdies bestehe bereits ein sozialer NC da nur 11.8% der Arbeiterkinder studierten.
Ulmer verwechsele Investitionen in die Zukunft mit Subventioen. Die Qualität der Lehre sei wohl kaum wegen demotivierter Studis schlecht, sondern wegen mangelenden Mitbestimmungsmöglichkeiten der Studierenden, nicht Marktmechanismen sondern demokratische Strukturen seien nötig. Die Situation an den Unis sei heute anders als zu Ulmers Studienzeit, Lange Studienzeiten resultieren nicht aus Faulheit, eine große Rolle spielt die psychische Unsicherheit der die Studierenden an den Unis ausgesetzt sind.
ProfessoInnen müßten bei rund 10000 DM eigentlich ausreichend motiviert sein. Die Ergebnisse der seit Jahren durchgeführten Vorlesungsumfragen in Mathematik und Physik zeigten kein Verbesserungswillen der ProfessorInnen.
Für die Studierenden besteht bereits von Seiten der Industrie ein hoher Druck zum schnellen Studium.
Sollte tatsächlich jetzt ein sozialer NC vermieden werden, wird sich dieser durch Erhöhung der Studiengebühren mit Sicherheit in Zukunft einstellen.
Gerade was nicht koste mache das Leben lebenswert. Liebe, Wahrheit, Bildung usw. sollten nicht käuflich sein. Es ist falsch alles zu ökonomisieren.
Im Prinzip seien Studiengebühren Kriegsanleihen, die erhöhte "Verantwortung Deutschlands in der Welt" koste Geld.
In einer Reaktion hielt Ulmer zwei der Angesprochenen Themen nicht für Gegenstand in dieser Diskussion: Die Mitbestimmung und die allgemeinen Staatfinanzen. Wir alle seien Wähler, der Rektor alleine könnte nichts ausrichten wenn, 30.000 Studierende rumsitzen. Im übrigen sollten sie mehr Zeitung lesen. Viele der Redenden seien unqualifiziert. Abends in der Hauptstraße sehe man eine Menge "Pseudostudenten" die offensichtlich Geld hätten, "Ich bin oft dort".
Zum Schluß wiederholte er, daß Studiengebühren nur ein möglicher Weg unter mehreren zur Unifinanzierung seien, er beabsichtige vor allem ein politisches Signal zu setzten.
In einem Brief an den Wissenschaftsminister v. Trotha wendet sich eine Gruppe von StipendiatInnen der Studienstiftung des deutschen Volkes gegen die Einführung von Studiengebühren. "Auch wenn die meisten von uns persöhnlich wohl nicht von den Studiengebühren betroffen währen, halten wir es für wichtig zu dieser Frage Stellung zu beziehen. Wir studieren an den Universitäten und kennen die Situation der Studierenden." schreiben die StipendiatInnen. |
Ich möchte mich in diesem Rahmen einmal sehr herzlich bei unserem Rektor, Herrn Ulmer, für die Nachhilfe in Sachen Sozialpolitik bedanken!
Lange war ich in dem Glauben befangen gewesen, was im Moment in unserer Sozialpolitik geschieht, sei einfach unvorstellbar, absolut abzulehnen, untragbar. Doch nach unserem Gespräch mit Herrn Ulmer am vergangenen Donnerstag ist mir endlich die Weisheit, die dahinter steht, klar geworden!
Eine andere "Sozial"politik wäre sowohl für das Wohl unseres Staates als auch für das Wohl unserer bisher sozial benachteiligten MitbürgerInnen untragbar!
Endlich können jetzt auch sie mit ihrer ganzen Kraft unseren Staat unterstützen! Sie spielen keine untergeordnete Rolle mehr, wie bisher, als ihr Steueraufkommen einfach nur ein Tropfen auf den heissen Stein war, nein, sie werden zu einem tragenden Pfeiler unseres Staates! Was das für das Selbstbewusstsein des armen Sozialhilfeempfängers oder Arbeitslosen, der alleinerziehende Mutter (oder Studi...) bedeutet, kann man sich kaum vorstellen! Das Gefühl, ein Schmarotzer zu sein, wird abgelöst von der Gewissheit, mit seinem Leben für eine grosse Sache einzustehen!
Auch die Solidarität mit unserem Staat wird hierdurch gestärkt! Wir werden immer mehr zu einer grossen Gemeinschaft, (corporate Identity?) denn wir tragen schliesslich alle gemeinsam mit ganzer Kraft zum Gelingen unserer Sache bei... Das Wohl unserer Oberen - die Sache aller und eines Jeden!!!
Und hier schliesst gleich der zweite wichtige Punkt an: Der Staat (die Uni...?) erscheint uns Zahlenden gleich viel besser, viel wertvoller - denn was nix kostet ist nix - und was so viel kostet...! Wir werden uns künftig noch viel mehr für unseren Staat einsetzen, immer mehr und immer länger etwas für ihn tun wollen, freiwillig immer mehr zahlen - und je mehr wir zahlen, desto wertvoller wird uns die Sache, für die wir zahlen! Psychologen nennen sötwas "Dissonazreduktion": Wenn wir gezwungen sind, für etwas Anstrengung oder Geld aufzuwenden, was wir nicht gut finden, muss dieser Zwiespalt irgendwie gelöst werden - wenn es nicht möglich ist, die Zahlungen einzustellen, müssen wir uns klarmachen, dass wir die Sache, für die wir zahlen, wahnsinnig gut finden...!
Und damit bin ich beim dritten positiven Effekt unserer Sozialpolitik: Der Druck, Reformen machen zu müssen (Verbesserung der Lehre...?), lässt nach! Wenn wir soviel zahlen müssen, müssen wir bald alle glauben, es sei der beste aller Staaten (die beste aller Unis..?), für den wir unser bestes geben!... Und nichts muss dafür verändert werden.
Ist das nicht herrlich! Endlich habe ich die Grösse und Weisheit unserer Sozial- und Finanzpolitiker erkannt! Ich danke Herrn Ulmer für seine Hilfe!
Nur - warum können wir uns eigentlich nicht wehren?
Christiane
Entgegen der Darstellung im UNiMUT vom 23.6.93 hat das Studentenwerk keine Veranstaltung aus inhaltlichen Gründen abgelehnt.
Bei der fraglichen Veranstaltung unterschieden sich Antrag und offizielle Ankündigung der Veranstaltung auf Plakaten so sehr, dass ein Zusammenhang kaum noch erkennbar war. Weder der Antragsteller als natürliche Person noch das Kulturreferat des AStA, die den Antrag auf Überlassung des Marstallsaals gestellt hatten, tauchten auf den Plakaten als Veranstalter auf. Stattdessen firmierten mehrere dem Studentenwerk gänzlich unbekannte Gruppen, bei denen keinerlei studentischer Bezug erkennbar war. Wie bekannt, steht das Haus der Studierenden ausschliesslich für kulturelle und gesellige studentische Veranstaltungen zur Verfügung. Ausserdem war im Antrag eine Lesung angekündigt (Literaturveranstaltung), auf dem Plakat hingegen ging es um Informationen über die Gruppe "Leuchtender Pfad" in Peru.
Und ein letzter Punkt: Zu dem Zeitpunkt, als von den Veranstaltern bereits öffentlich Werbung gemacht wurde, lag kein ordnungsgemäss von beiden Seiten unterzeichneter Vertrag vor. Bei allen Zugeständnissen, die wir immer wieder hinsichtlich Fluktuation, nicht rechtzeitig eingereichter oder unvollständig ausgefüllter Anträge, wechselnder Verantwortlichkeiten, Unerreichbarkeit zuständiger Personen etc. machen, sind wir der Ansicht, dass im fraglichen Fall das Maß überschritten und somit eine Ablehnung des Antrages aus formalen Gründen berechtigt war.
Auch künftig können studentische Veranstalter mit jedweder Unterstützung des Studentenwerkes rechnen, aber gewisse Spielregeln müssen einfach eingehalten werden.
Frau Dr. Straub
Narren haben anscheinend zur Zeit wieder Hochkonjunktur, obwohl der traditionelle Beginn der närrischen Zeit erst im November, in der Zeit der Kälte ansteht. Die Rede sei hier von einem ganz bestimmten Narren, von einem, der aus ganz anderem Holz geschnitzt scheint als die übrigen, die letzte Woche erst bei der Volksversammlung dem Rauschen seiner Baumkrone gelauscht haben, die Unheil verkündete.
Lauscher beiderlei Geschlechtes sassen zu seinen Füssen, wunderten sich darüber, wohin seine Wurzeln wohl führten: hierhin, zu ihnen, spürten sie die Belange des Volkes? Oder streckten sie sich weiter und weiter, um selbst die Antwort zu finden auf Fragen des Wohin? Erschrecken packte das Volk, machte es zürst sprachlos, dann aber liess es seinem Unmut freien Lauf: Wie konnte ein Narr sich über den König hinwegsetzen und die Steuern, die das Volk zu zahlen hatte, ohne seine Zustimmung erhöhen oder gar neue, bisher unbekannte oder lange nicht mehr gekannte einführen? Konnte das die Antwort auf die Abwesenheit des Königs sein, der sich nur zu selten meldete und sich wenig um das Königreich des Wissens kümmerte? Denn das Volk weiss: alles was mit dem Königtum zu tun hat, ist veraltet: Gesetze, Strukturen, Machtverhältnisse. Schon dringen Gerüchte durch alle Landstriche, durch alle Fürstenhäuser und weiter hinaus in die übrige Welt jenseits der Landesgrenzen: Wo war der König? Wollte er nicht abdanken, wenn er schon jahrelang nichts mehr für sein Volk getan hatte? Hatte er vielleicht tatsächlich diesen Narren als seinen legitimen Nachfolger eingesetzt?
Und weiterhin rauscht die Krone des Narren, des Laubbaumes, als ob er die Rückkehr des Königs herbeizaubern möchte. Und solange er nicht kommt, so lange muss er Zeichen setzen: mit einem Brett vor dem Kopf, ebenfalls geschnitzt wie er aus dem Holz einer Ulme, steht er da, bringt das Publikum zum Lachen. Denn seine Forderungen sind zu lachhaft. Da man aber nie wissen kann, wozu ein Narr bereit sein kann, werden die ersten Vorbereitungen getroffen: die Peanuts (die kleinsten im Volke und ohne Eltern, die sie finanziell unterstützen könnten) führen eine Lehrprobe mit ihrer Lehrkraft durch und stellen vorsorglich Automaten auf, die den Wissensdurst zum Mensapreis stillen sollen. Die Gebrüder Grimm, AntiAufklärer und besessene Rechercheure von Geschichten, sorgen in dunklen Kellern für das ausreichende Vorhandensein von Geldscheinen mit ihrem Konterfei, die der Narr anscheinend vom Volke der Wissens durstigen fordern will und beginnen bereits seit dem heutigen Tage mit der Verbreitung. Scheinbar lautet ihr Motto und Bildungsgutscheine.
Das Volk der Wissensdurstigen ist ein Volk ohne Rechte. Es wird von einem Narren beherrscht, der wiederum von anderen Narren zur Magnifizenz erkoren wird und sich einige Male mit anderen Narren trifft, um über andere Repressionen gegenüber den wissensdurstigen Völkern nachzudenken. Denn gegen den König können sie sich nicht wehren, denn er erlässt zusammen mit anderen Königen die Gesetze, an die sich auch die Narren zu halten haben. Eben weil sie Narren sind. Sie quälen das wissensdurstige Volk ohne Rechte, ohne ein Recht dazu zu haben, weil sie eben dies zu einem Recht machen wollen, das der König anerkennt. Die Narren sind die Priester des Volkes, sie wollen Zeichen setzen, damit sie der König erhört. Der Narr, verwurzelt und damit zur Unbeweglichkeit gelangt, ist machtgierig geworden. Er sieht seine Chance: König der Narren zu werden und damit zum Gesetzgeber von närrischen Gesetzen an Königs statt. Und immer wieder wird er dem Volk Märchengeschichten er zählen, wenn er zu ihm sprechen wird. Er wird ihm weiterhin erzählen, dass er das Beste für das Volk tü und dass er sich für eine Verbesserung der Wissensdurstlöschung einsetze.
Das Volk, entmündigt und entrechtet, stimmt ihm in grossen Teilen zu. Was es aber ablehnt, ist die Methode. Es wird ein Volk der Wüste werden, das Wissensquellen suchen wird, die nichts kosten. Wandern wird es von Ort zu Ort - wo es ähnliche Narren geben wird, werden sie nicht bleiben. Und die einstmals grüne Wissenslandschaft wird vertrocknen, der Wissensfluss wird versiegen und sandige, heisse Einöden hinterlassen. Vielleicht auch einen verdorrten Baum, ohne Blätter, einen Narren mit einem hölzernen Kopf voller Sturheit, dem man das Wasser abgegraben hat und der vergeblich König spielen wollte: das Zeichen eines heissen Sommers und eines ebensolchen Herbstes. Ein Blitz aus dem Himmel wird ihn spalten oder er wird gefällt werden und zu Feuerholz verarbeitet. Vergeblich wird er versuchen, das Wasser des Wissens über seine Wurzeln aufzusaugen, an sich zu reissen und nur zahlungswilligen Untertanen zuerkennen, denn nur wo alle ohne Einschränkungen trinken dürfen, wird Was-ser sein. Die Schröpfung wird zu Ende sein und die Schöpfung kann von neuem beginnen.
Tom
"[...]Die Universität wird sie zum Ende des Sommersemesters 1993 (30.09.1993) exmatrikulieren" Einige von Euch wird dieser Satz eines Schreibens des Stu-dentensekretariats in gehörigen Schrecken versetzt haben. Wenn Ihr je-doch auf Magister oder Staatsexamen an der Theologischen oder einer der Nach- folgefakultäten der alten Philosophisch-Historischen Fakultät studiert, habt ihr vermutlich Glück gehabt. Für diese Fakultäten (Neuphilologische, Wirt-schaftswissenschaftliche und Philoso- phisch-Historische Fakultät, sowie Fa-kultät für Sozial- und Verhaltens-wissenschaften, für Orientalistik und Altertumswissenschaften sowie für Wirt-schaftswissenschaften) gilt diese Rege-lung nämlich noch nicht für alle. In diesem und nur in diesem Fall handelt es sich einen schlechten Scherz des Stud-entensekretariats. Die Zwischenprüfungs-ordnungen von 1980 bzw. 1986, die eine derartige Regelung erlauben würden, sind nie in Kraft getreten, da sie nicht ordentlich unterschrieben wurden. Die neue Zwischenprüfungsordnung, die am 1.Februar in Kraft getreten ist, erlaubt derartige Massnahmen zwar, gilt aber nur für die, die ihr Studium nach dem 1.Februar 1993 aufgenommen haben. Er-kundigt euch aber auf jeden Fall, ob ihr auch wirklich zu denen gehört, die zu den glücklichen/unglücklichen gehören. (Tel: 54 24 15 oder 54 24 17)
Kirsten
Aufgrund der verzerrten Darstellungen der Aktionen um das NPD-Grillfest in Worms habe ich mich entschlossen, den folgenden Artikel zu schreiben.
Ich selbst war am 12. Juni in Worms, um gegen das jährlich stattfindende "Grillfest der Nationaldemokratischen Partei Deutschlands" (NPD) zu protestieren. Es handelte sich hierbei um ein Treffen von ca. 200 organisierten Faschisten, darunter Leute wie Manfred Huck, "Führer" der "Aktionsfront Nationaler Kameraden" (ANK) und Mitgründer der "Nordischen Jugend" (Sinsheim).
Über das Treffen wurde sowohl durch die regionale Presse (Radio Regenbogen) als auch durch überregionale Berichte (ZDF) im Vorfeld hingewiesen. Die TeilnehmerInnen selber erhielten über ein erst jetzt beschlagnahmtes Infotelefon in Mainz am 7. Juni die Nachricht, sich zwischen 17:30 Uhr und 18:00 Uhr an der Autobahnraststätte "Wonningau-Ost" (bei Worms) einzufinden, wo sie den Treffpunkt ihres "Nationalen Grillfestes" erfahren sollten; für Späterkommende wurde eine extra Nummer angegeben, über die dann direkt der Ort des Treffens mitgeteilt werden würde. Da das Treffen zunächst, wie in den Vorjahren auch, an einem öffentlichen Ort stattfinden sollte und angemeldet wurde, von der Polizei aber nicht genehmigt worden war, war der genaue Treffpunkt bis kurz vor dem Treffen nicht öffentlich bekannt.
Unsere Gruppe traf sich mit Leuten aus anderen Städten in der Nähe der Raststätte. Zusammen begaben wir uns zu Fuss durch die Weinberge zur Autobahnrastätte, die bereits grossräumig von der Polizei abgeriegelt worden war. Wir wurden, kurz vor Erreichen der Rastätte, von der Polizei umringt und kontrolliert, wobei einige auf den Boden geworfen und mit verdrehten Armen, Gesicht im Staub, eine Weile festgehalten wurden, was eine vollkommene Überreaktion seitens der Polizei war, da sich niemand gegen die Durchsuchung und Feststellung der Personalien wehrte. Als ich einem Polizisten meinen Reisepass aushändigte, bat ich ihn, sich ebenfalls auszuweisen, was er nicht tat. Stattdessen gab er meinen Pass einem seiner Kollegen, der mir schreiend befahl, ich solle endlich meiner Gruppe hinterher Richtung Rastplatz laufen; er selbst entfernte sich rennend in die Gegenrichtung.
Auf der Raststätte angekommen war ich die folgende Stunde ohne Ausweis. Ich musste mich eine Weile durch die ca. 50 Beamten suchen, bis ich die beiden Verantwortlichen gefunden hatte und nach dem Verbleib meines Passes fragen konnte. Beide erinnerten sich zwar daran, den Pass bekommen zu haben, meinten aber, sie hätten keine Pässe mehr und die seien alle gleich zurückgegeben worden "an irgendwen". Sie rieten mir, mich um meinen Pass nicht zu sorgen, er würde mir, falls er wieder auftauchte, automatisch von der Polizei per Post zugestellt werden. Wie hätte ich das einem anderen Beamten bei der nächsten Kontrolle erklären sollen? Ich ging also, immer noch ohne Ausweis, zurück zu meiner Gruppe, wo sich dann durch Fragen herausstellte, dass eine mir unbekannte Frau aus einer anderen Stadt ein paar Personalausweise und Pässe von einem Polizisten in die Hand gedrückt bekommen hatte und nun an die Leute zu verteilen versuchte, die sie selber nicht kannte, so dass ich meinen Pass doch noch zurückbekam. Wo bleibt da der Datenschutz?
Gegen halb sechs traf Manfred Huck an der Raststätte ein. Er verhandelte eine gute halbe Stunde mit der Polizei, die ihn dann mit einer Eskorte vom Rastplatz begleitete. Während dieser Zeit trafen etliche andere Autos von Faschisten ein, die durch unsere Anwesenheit jedoch nicht die nötige Ruhe für das Einholen ihrer Informationen fanden und zumeist den Parkplatz ziemlich schnell in Richtung Autobahn verliessen. Wie wir später herausfanden, bewirkte diese Aktion, dass von ca. 200 FaschistInnen ein Grossteil von ihrem Vorhaben abkamen und nicht auf dem "Fest" erschienen. ü Da die meisten von uns unvermummt waren, baten einige ein anwesendes Filmteam von "Panorama", uns nicht direkt zu filmen. Es gibt in faschistischen Kreisen eine Anti-Antifa, die Fotos, Namen und Adressen von AntifaschistInnen sammelt und demnächst in ihren Kreisen veröffentlichen will.
Nach sechs Uhr hatten die meisten FaschistInnen den Rastplatz verlassen und ihren Treffpunkt, das Weingut des Nazis Finger, erreicht. Auch wir machten uns auf den Weg zum Weingut und wurden wieder von Polizisten kontrolliert und durchsucht, die uns mit abgerichteten Hunden bedrohten und einzelne von uns in den Rücken stiessen, obwohl von unserer Gruppe keinerlei Gewalt ausging. Wir erreichten schliesslich die in der Nähe des "Grillfestes" stattfindende türkische Hochzeit, zu der wir eingeladen waren. PolizistInnen "in voller Montur", also mit Helm, Schlagstock und Schusswaffe, versperrten den Zutritt zur Turnhalle, in der die Hochzeit stattfand. Selbst die vom Gastgeber persönlich wiederholte Einladung vor der Polizei änderte daran nicht. Die türkischen Gäste wurden alle sehr genau gemustert und gefragt "Gast?" oder "Du Gast?", was eine Zumutung war angesichts der Tatsache, dass die so angesprochenen Türken fliessend Deutsch sprachen. Nicht passieren durften auch zwei ältere Damen aus der direkten Nachbarschaft, die sich festlich gekleidet und schon lange auf die Hochzeit ihrer NachbarInnen gefreut hatten. Nach mehrmaligem Bitten kehrten sie enttäuscht um.
Auch wir begaben uns, nach wie vor friedlich, von der Hochzeit weg. Wir gingen in die Nähe des NPD-Grillfestes. Die Strasse war von beiden Seiten von der Polizei abgeriegelt worden. Wir stellten uns vor die Barrikaden und blieben dort stehen. Den AnwohnerInnen, die dort mit uns protestierten, waren schon Tage vorher von der Polizei aufgefordert worden, Türen und Fenster zu verriegeln und Wasseranschlüsse bereitzuhalten. Die folgenden eineinhalb Stunden standen wir und unterhielten uns mit einem Polizisten. Auf dem Fest spielte der nationale "Liedermacher" Rennicke und die Gruppe Tonstörung, letztere spielte zwei ihrer verbotenen Lieder. Einer der Faschisten kam aus dem Haus, durchqürte die Polizeisperre und blieb mitten in unserer Gruppe stehen. Der Mann hatte ein Hakenkreuz auf seinem Arm eintätowiert. Er beschwerte sich laut über unsere Präsenz und redete gut 2O Minuten mit einzelnen von uns, wobei die Polizei ihm mehrfach riet, sich doch lieber wieder in das Weingut oder von unserer Gruppe weg zu bewegen. Schliesslich ging er, ohne dass auch nur seine Personalien festgestellt worden wären. Wenige Minuten später kesselten PolizistInnen sehr plötzlich und brutal den grössten Teil unserer Gruppe ein, wobei sie mit Schlagstöcken gezielt auf die Köpfe der zufällig in ihrer Nähe stehenden DemonstrantInnen einschlugen. Viele wurden an den Beinen zusammengefesselt. Wie wir später von der Polizei erfuhren, waren die Reifen eines Autos von Faschisten auf einem 500 Meter entfernten Parkplatz aufgeschlitzt worden.
Ich hatte im Augenblick des Einkesselns wenige Meter jenseits des Kreises gestanden, wurde also nicht gefesselt und in Haft genommen. Ich habe gesehen, wie ein Mann aus unserer Gruppe von der Polizei geschlagen wurde, weil er Fotos von den Festnahmen gemacht hatte. Er hatte eine Platzwunde am Kopf. Noch vor dem Krankenwagen wurde ihm mehrmals gesagt:"Nimm den Film aus Deiner Kamera oder ich zerschlag sie dir mit einem Hammer!", was der Verletzte sich weigerte zu tun, daraufhin nahm der Polizist selbst den Film aus der Kamera. Der Film ist bis heute in Polizeigewahrsam. Der Verletzte wurde nach einer kurzen Behandlung ins Gefängnis gebracht und dort, wie alle anderen auch, erkennungsdienstlich behandelt, d.h. er wurde fotografiert, musste Fingerabdrücke machen lassen und wurde vernommen. Allen so vernommenen Deutschen wird "schwerer Landfriedensbruch" vorgeworfen, ein Ausländer, der seinen Pass nicht dabei hatte, wurde die Nacht wegen des Verdachtes auf "Asylbetrug" in Haft behalten. Da das Wormser Gefängnis nicht genügend Zellen für die 52 Festgenommenen hatte, wurden einige nach Mainz und Ludwigshafen gebracht. Die Festnahmen waren eine Farce und auch der Polizei muss klar sein, dass diejenigen, die im Kessel festgenommen wurden, die ganze Zeit ruhig vor ihren Augen gestanden hatten und keine Autoreifen 500 Meter weiter kaputtgemacht haben können.
Das Fehrnsehteam von "Panorama" entfernte sich, als die Polizei mit den Festnahmen begann, und sagte uns, dass sie nun genug Material für ihren Beitrag hätten. Mit Einbruch der Dunkelheit verbrachte ich, nunmehr alleingelassen , mit zwei FreundInnen die Zeit bis drei Uhr nachts auf der Strasse. Alle unsere FahrerInnen waren auf der Polizeiwache. Bis ein Uhr nachts hielt die Polizei die Absperrungen aufrecht, unter anderem eine Stassensperre direkt in unserer Nähe. Das Treffen der FaschistInnen war offensichtlich zu Ende. Die TeilnehmerInnen kamen gruppenweise durch die Srasse, wo wir warteten.
Kurz nach ein Uhr kamen drei Autos mit türkische Jugendlichen, die jedoch sofort von der Polizei zum weiterfahren gezwungen wurde. Ohne das von ihnen eine Provokation ausgegangen war, bekamen sie von der Polizei gesagt: "Ihr habt die freie Wahl:sofort hier verschwinden oder die Nacht mit uns auf die Wache!", und: "Wenn euch das hier nicht passt, geht doch zurück in die Türkei und guckt, wie frei ihr da leben könnt!" sowie, von mehreren Polizisten:"Ihr seid hier nur Gäste!" Eine an mir vorbeigehende und von der Polizei eskortierte Gruppe Faschisten sagte sogar "Ausländer raus!" Eine krassere Situation habe ich selbst noch nie erlebt. Nachdem auch die Strassensperre in unserer Nähe aufgelöst wurde, blieben wir zu dritt auf der Strasse, durch die immer noch Gruppen von FaschistInnen zu ihren Autos liefen. Einer letzten Polizeistreife erklärten wir, dass wir ohne Auto zurüchgelassen und unsere FahrerInnen ins Gefängniss gebracht worden seien. Wir fragten, ob sie uns zum Bahnhof bringen oder aber in underer Nähe bleiben könnten, da wir uns nicht sicher fühlten. Ein Polizist meinte lachend, die Faschisten hätten doch viel mehr Angst vor uns als umgekehrt - zwei von uns drei waren Frauen - und sie würden nochmal gegen später vorbeischauen, womit sie aber nicht die nächsten eineinhalb Stunden gemeint haben können, bis wir abgeholt wurden.
Mareike, Antifa AK der FSK
AG Feministische NaturwissenschaftskritikWir planen für das kommende Wintersemester ein einführendes Seminar zur feministischen Naturwissenschaftskritik. Als Grundlage schlagen wir die beiden Bücher von Sandrea Harding: "Feministische Wissenschaftstheorie" und Evelyn Fox-Keller: "Liebe, Macht und Erkenntnis" vor. Anmeldung (möglichst bald) und weitere Informationen bei Barbara Trost, Institut für Umweltphysik, INF 366, Tel.: 563334 |
In den letzten drei Jahren verschlechterte sich die Situation für MigrantInnen, jüdische im Exil lebende und Schwarze Menschen in Deutschland zusehends. Rassistische Beleidigungen und Bedrohun-gen sowie gewalttätige Überfälle bis hin zu Morden nahmen nicht nur in der Häu-figkeit zu. Das Täterspektrum erweiterte sich in erschreckender Art und Weise um die normalen Bürger von nebenan, deren vorläufig Höhepunkte wir in Rostock, Mölln und Solingen sehen konnten. Die Änderung der Asylgesetzgebung durch den Bundestag sowie die Art und Weise der Berichterstattung der deutschen Me-dien halfen, den wiederaufgekommenen Faschismus in Deutschland salonfähig zu machen. Die Bundesanwaltschaft und Mitarbeiter des Verfassungsschutzes ver-leugnen gemeinsam eine breite neo- faschistische Organisierung und tragen dabei zu einer schrittweisen Legitim-ierung derselben bei. Die Rechte der MigrantInnen, im Exil lebender, jüdischer und Schwarzer Menschen werden hier in Deutschland nur in ihrer Minimalform bzw. gar nicht gewahrt. So häuften sich mit dieser Ent-wicklung in Deutschland auch die Repres-salien und rassistischen Übergriffe von staatlicher Seite wie Polizei und Beamten im öffentlichen Dienst (z.B. in städtischen Verwaltungen und bei den Bahnen). Die betroffenen Menschen haben meist nur wenig Möglichkeiten, ihre Rechte selbst wahrzunehmen. Das einzige Mittel, welches sie zur Wahrung ihrer Menschen-rechte in diesem Land haben, ist sich ent-weder bei Gericht selbst zu verteidigen, wenn sie auf Grund rassistischer Über-griffe auch noch selbst angeklagt werden, oder selbst gegen diese zu klagen. Doch um diese Mittel auszuschöpfen ist genü-gend Geld notwendig.
Es liegt in der Verantwortung aller hier in Deutschland, ob dieses Land weiter in den drohenden Faschismus rutscht, oder ob allen Menschen in diesem Land gleiche Rechte zustehen. Jede und jeder einzelne kann etwas tun. Durch das Netz und die Hindernisse der Justiz zu kom-men, ist nicht einfach. Deshalb braucht "Women of Colour" genügend Geld, um Rechtsanwälte bezahlen zu können.
WOMEN OF COLOUR
Kto: 30998006, BLZ 512 500 00, Taunussparka. Ffm
Als ich an diesem besagten Sonntag gegen 8.00 Uhr morgens zusammen mit einer anderen afro-deutschen Frau die Schalterhalle im Tübinger Bahnhof betrat, wollte ich ein Aufpreisticket für ICE-Verbindungen kaufen. Ich hatte ein Monatsticket, mit dem ich lediglich in IC-Zügen fahren kann.
Eine Woche zuvor hatte ich bereits in Berlin, Bahnhof Zoo, dieselbe Karte ge-kauft. Deshalb war ich auch sehr erstaunt, als der Schalterbeamte mir das Ticket nicht verkaufen wollte. Er sah uns beide sehr verächtlich an, musterte uns von oben bis unten, und sagte zürst nur "Nein". Dann wollte er bereits den nach- folgenden Kunden bedienen. Wir fragten nach, und ich erklärte ihm, dass ich dieses Ticket schon einmal gekauft habe. Doch der Schalterbeamte erklärte unwirsch, dass es dieses Ticket nicht gäbe und wir jetzt gehen sollten. Als ich ihm sagte, dass ich auch eine Kundin der Bahn hier bin und von ihm etwas freundlicher bedient werden möchte, beleidigte er mich mit den Worten: "Ja sind sie denn bescheuert, oder was." Er bedient bereits den nächsten Kunden. Ich sagte ihm, dass ich hier solange stehen bleibe, bis ich von ihm ordentlich bedient werde bzw. er mir erklärt hat, warum ich das Ticket nicht bekomme. Darauf ging er zu einem Aktenschrank, zog einen schweren Ordner heraus, schlug ihn mittendrin auf und las mir einen Satz vor. Das seien die Bestimmungen dazu. Für mich war aus diesem Satz lediglich erkennbar, dass ich nicht berechtigt bin, mit einem IC-gültigen Ticket in einem ICE zu fahren. Deshalb war ich ja dort, um mir ein Aufpreisticket zu kaufen. Der Beamte, der die ganze Zeit uns unfreundlich und eher ignorierend behandelte, betätigte nun einen Klingelknopf und rief die Bahnpolizei. Zuvor wollte ich noch seinen Namen wissen, um mich, wie ich ihm mitteilte, über ihn zu beschweren. Kurz darauf erschienen zwei Bahnpolizisten mit einem nicht angeleinten Rottweiler ohne Maulkorb. Der Schalterbeamte sagte zu einem: "Die halten hier den ganzen Verkehr auf, schmeisst die mal raus." Darauf verwies uns dieser Bahnpolizist aus der Schalterhalle. Ich wollte ihn auf den Sachverhalt aufmerksam machen, doch er erwiderte nur: "Das interessiert mich nicht. Gehen sie." Inzwischen war auch noch eine weisse deutsche Freundin dazu gekommen. Gemeinsam versuchten wir alle drei, den Bahnpolizisten zu erklären, dass der Beamte uns offensichtlich nicht bedienen wollte. Wir wurden, unter Zustimmung der anderen Kunden, ungehört herausgeworfen. Wütend und schimpfend verliessen wir die Schalterhalle. Nach ca. 20m Entfernung kam es noch zu einem Wortwechsel mit einem der Bahnpolizisten. Plötzlich rannten beide auf uns zu. Wir blieben sofort stehen, gerade weil da ja noch der freilaufende Hund war. Einer von ihnen fiel über mich her und drehte mir den linken Arm auf den Rücken. Meine Freundinnen griffen ein. Der andere Polizist wollte die weisse Frau abführen, liess sie jedoch frei, als sie ihm sagte, sie geht freiwillig mit und lässt mich nicht mit den beiden allein. Ich wurde weiterhin im Polizeigriff abgeführt. Neben mir führte der Polizist jetzt auch noch den Hund am Halsband, nachdem dieser drohend und knurrend vor mir stand.
Auf der Wache angekommen schrie vor allem der eine von ihnen die ganze Zeit auf uns ein. Dabei bedrohte er mich mehrfach körperlich. Erst dann erfuhren wir, dass ich verhaftet wurde und meine Freundin eine Anklage wegen Gefangenenbefreiung bekommt. Mir wollten die beiden eine Anklage wegen Beleidigung und Widerstand rein drücken. Während der Protokoll-aufnahme wurde ich dann mehrfach rassistisch beleidigt. Mir wurde u.a. gesagt: "Geh doch du dahin, wo du her- kommst und wo du hingehörst." Ausser-dem könne ich froh sein, dass sie nicht so handeln wie ich glaube.
Das es "nur" bei diesen rassistischen Beleidigungen und Bedrohungen geblieben ist, verdanke ich lediglich dem Umstand, dass eine weisse Freundin dabei war. Eigentlich wollten sie mich ja auch allein abführen. Ich habe mir einen Tag später in Berlin ein Attest ausstellen lassen, welches mir Zerrungen des linken Armes und der Halswirbelsäule bescheinigt. Ich werde jetzt gegen diese beiden Bahnpolizisten eine Klage einreichen wegen Körperverletzung, Nötigung und rassistischer Beleidigung. Diesmal wurde ich nur verhaftet, bei dem Versuch, eine Fahrkarte zu kaufen. Heute, in diesem Land, muss ich sagen, dass ich verdammtes Glück gehabt habe! Bitte macht dies öffentlich. Wir dürfen uns nichts mehr gefallen lassen!!
(Name der Autorin und Kopie des Attestes liegen der Redaktion vor)
Am Montag, 05.07.93, wurde vor dem Flüchtlingswohnheim in Walldorf ein Asylbewerber aus einem vorgefahrenen Auto heraus angesprochen und, nachdem er auf das Auto zugegangen war, mit einem Messer angegriffen und schwer verletzt.
Spendenkonto: Deutsch-ausländischer Solidaritätsverein, Stichwort Notruf; Kontonr.:41912; BZS Heidelberg; Bankleitzahl 67250020
Über die Aufgaben und Tätigkeiten der Frauenbeauftragten ist in breiten StudentInnenkreisen wohl so gut wie nichts bekannt. Hier und da hängt mal was am schwarzen Brett: Die Frauenbeauftragte der Universität teilt mit... Aber an diversen schwarzen Brettern hängen so viele amtliche Mitteilungen aus, da wird die eine leicht mitübersehen.
So kommt es, dass die Arbeit der Frauenbeauftragten oft nicht so effektiv ist, wie sie sein könnte. Nicht weil sie schlecht arbeitet oder sowieso keine Kompetenzen hat, der einzige Grund ist der, dass die Studentinnen die Möglichkeiten nicht kennen und voll nutzen, die sie anbieten kann. Dabei sollte man meinen, dass Geld auch einen Abnehmer findet, wenn's schon mal da ist...
Im Rahmen des Hochschulsonderprogramms II, das der Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses dienen soll, gibt es auch einen Posten "frauenfördernde Massnahmen". Dafür stehen der Uni Gelder für Stipendien zur Verfügung. die Frauenbeauftragte, die für die Verteilung dieser Stipendien zuständig ist, steht vor der Frage: Wenn keiner weiss, dass es diese Stipendien gibt, wer soll sich dann um sie bewerben?
Drei verschiedene Förderungsprogramme stehen zur Zeit für Frauen bereit, die das Studium wegen der Erziehung ihrer Kinder unterbrechen mussten. Voraussetzung ist in der Regel die Promotion, aber ihr könnt's auch mit abgeschlossenem Studium oder unterbrochener Promotion probieren.
Kontaktstipendien sollen den Müttern die Möglichkeit geben, Anschluss an die Entwicklung im eigenen Fach zu halten. Die Förderung beläuft sich auf 500 DM im Monat.
Wiedereinstiegsstipendien sollen dabei helfen, sich nach einer Unterbrechung des Studiums in ein neues Forschungsprojekt einzuarbeiten oder ein neues aufzunehmen. Hier wird mit bis zu 1800 DM gefördert.
Durch Werkverträge schließlich, will man "insbesondere qualifizierten Wissenschaftlerinnen in der Familienphase" (so das Infoheft) helfen, Forschung und Erziehung besser unter enen Hut zu bekommen. Die Werkverträge ermöglichen eine selbstständige wissenschaftliche Arbeit ausserhalb von Beschäftigungsverhältnissen mit geregelter Arbeitszeit. Hier richtet sich die Vergütung nach Art und Umfang der Arbeit.
Also, wenn Ihr selbst in der Lage seid, dass ihr Euch um Kind und Studium kümmern müsst, oder wenn Euch jemand einfällt... es gibt noch Plätze! Bewerbungsschluss ist am 15. Oktober. Nähere Infos über weitere Voraussetzungen und Antworten auf alle Fragen gibt's bei der Frauenbeauftragten der Uni, Brunnengasse 1, Tel. HD 54 29 97 oder bei den Fakultätsbeauftragten.
Heike Winkel, FS Slavistik
Da sitzen sie nun, fünf Herren Mitte 40 und freuen sich über ihr "Klassentreffen". Ein Hauch von Nostalgie liegt über der Aula; der grösste Teil des Publikums sind AltersgenossInnen derer auf dem Podium, ein kleiner Teil sind bewundernde "ErbInnen" und "EnkelInnen" verschiedener politischer Gruppierungen, die ein bisschen vom Glanz der grossen Vergangenheit erhaschen wollen.
Da sitzen sie nun, die fünf Männer, und reden mit ruhigen, müden Stimmen von "damals", als sie jung waren und revolutionär. Doch was ist von damals geblieben? Dies ist doch das Thema des heutigen abends! Sie kommt klar und Messerscharf, die Analyse, was von damals geblieben ist: alle Probleme, alles was man damals besser machen wollte...! Der Vorhang sei noch nicht in jeder Hinsicht aufgezogen, die Welt sei im selben desolaten Zustand wie damals, wird räsoniert - ruhig, träge, floskelhaft!
Was ist hier eigentlich los, frage ich mich! Da sitzen ehemalige Studentenrevolutionäre und ergehen sich in sentimentalem Gelaber..nach dem Motto "Als ich Rudi Dutschke traf"...Immer wieder das kumpelhafte, "nicht wahr, Dieter, weisst du noch, damals..."
Dann drängt sich plötzlich aus dem Publikum jemand ans Mikrophon und fragt das, was - nach der Unruhe im Saal zu schätzen - viele denken: was ist hier eigentlich los? Die brisanten Problem auf der Welt - und ihr labert hier herum? Ihr seid doch wieder politisch "aktiv". Wo sind Eure Ideale geblieben angesichts von Somalia etc.?
Nachdem der "Störenfried" vom Mikrophon wegkomplimentiert, die Ruhe und Ordnung im Saal wiederhergestellt und das Mikrophon wieder nur denen, die es haben sollen, zugänglich ist, folgt die "erschütternde" Antwort: Rudi fehlt doch! Ohne den "Anführer" von damals geht gar nichts mehr, er ist tot, da kann man nun nichts mehr machen: "Rudi Dutschke hätte das (Golfkrieg; Blauhelmeinsätze) sicher kritisiert! Seine Persönlichkeit war einfach unheimlich wichtig für uns! - Das ist es also! Unselbständige Kinder, die nicht wissen, was sie tun sollen, wenn Papi nicht da ist! "Wir sitzen ziemlich belämmert hier, angesichts der Probleme..." sagt dann auch einer.
Warum denn? Warum steht Ihr nicht auf? D. Hildebrandt bringt es auf den Punkt: Er sagt, er habe gehofft, 25 Jahre nach 68 sei kein historischer Rückblick mehr nötig...!
Nachdem die Unruhe im Saal immer grösser wurde, haben sie es uns dann aber doch noch recht gemacht und heftig über die Probleme in der Welt geklagt, Politiker beschimpft, Zustände angeklagt... auf dass wir alle schliesslich doch noch mit dem beruhigenden Gefühl heimgehen konnten, wieder einmal in linken, kritischen Positionen geschwelgt zu haben, alle ein bisschen 68er oder Erben der 68er zu sein. Mit diesem Gefühl konnten wir uns in Ruhe ein Bierchen aus dem Kühlschrank nehmen und vor den Fernseher setzen...! Der Abend war gerettet!
Er war es nicht! Wir sollten aus diesem Abend lernen! Die Empörung der ersten Hälfte mit nach Hause nehmen! Wir sollten endlich aufhören in Bewunderung für Vergangenes zu erstarren, uns im Selbstmitleid zu ergehen, dass mit den heutigen Generationen so etwas leider nicht mehr möglich ist...
Warum fangen wir nicht an?! Warum lassen wir uns all das, was im Moment in unserer Gesellschaft geschieht, einfach bieten? Sind wir schwächer, hilfloser als damals? Haben wir weniger Möglichkeiten, Rechte als damals??
Erben sind nicht die, die ein SDS-Plakat über dem Bett hängen haben und als Bettlektüre R. Dutschke lesen! Erben sein wollen heisst, aktiv werden! Wie lange sehen wir noch zu, wie Grundrechte demontiert werden, die letzten Bastionen sozialer Gerechtigkeit zerstört werden, Grossmachtallüren wieder auftauchen, die wir alle zahlen müssen??? Nehmen wir diese Diskussion als Aufruf, endlich aktiv zu werden! Von denen "von damals" haben wir nichts mehr zu erwarten - wir können es auch ohne sie!!!!
Christiane
Die "Opposition" Jedes Jahr finden sich an unserer Universität ein paar Menschen zusammen und stellen da und dort grosse Kästen auf, in die unsereins dann bunte Blätter werfen darf, die vorher noch bei Bedarf mit mehr oder weniger orginellen Kreuzen versehen werden. Nein, es handelt sich nicht um den grünen Punkt, das ganze nennt sich "Wahlen zu den Universitätsgremien". Auch nach der Wiedervereinigung sollten wir alle nicht vergessen, welches Privileg freie Wahlen bedeuten, hat Prof. Dr. h.c. Steinhausen, der Vorsitzende des Grossen Senats in die Wahlbroschüre der Uni geschrieben.
Er muss mit dieser Bemerkung die fast zeitgleich stattfindenen Komunalwahlen in Italien gemeint haben. Die Uniwahlen kann er jedenfalls nicht gemeint haben, denn das sind keine Wahlen, das ist ein jährlich stattfindener Skandal. Sagt sinngemäss zumindestens der RCDS , auch wenn ich mich damit zu der tollkühnen Behauptung versteige, dass der RCDS wirklich etwas Substantielles sagt.
Warum behauptet der RCDS also diese Unverschämtheit? Nun, wenn ich ehrlich bin , sagt er es nicht so direkt, wie es in diesem Artikel scheinen mag. Aber er forderte alle hypothetischen RCDS-WählerInnen in seinem Flugblatt auf : Beendet die FSK-"Basis"-Diktatur!
Das ist immerhin ein Fremdwort in einem Satz, was die Vermutung nahelegt, die Jungs und Mädels haben eine professionelle Werbeagentur mit ihrem Wahlkampf beauftragt. Genutzt hat es jedenfalls nichts. Auch die zonenkompatible Aufforderung "Demokratie jetzt!" hat keine Massen auf die Hauptstrasse getrieben mit Transparenten wie "Wir sind die Studenten!" o.ä. Tatsache ist , dass die Studierenden auf Uniebene weiterhin von den hartherzigen und indoktrinierten Politzombies der FSK vertreten werden, die warscheinlich lieber mit Che einen Joint rauchen würden, als mit Herrn Steinhausen (s.o.) bei einer Tasse Kaffee über die freien Wahlen und die Wiedervereinigung zu diskutieren.
Warum also gewinnt die FSK? Oder anders gefragt : Kann man/frau denn noch etwas anderes wählen? Die überraschende Antwort ist: Man/frau kann! Eine überraschende Vielfalt tut sich den interessierten Studierenden auf:
Der sogenannte "Ring christlich demokratischer Studenten" muss nicht mehr vorgestellt werden, der Name spricht schon für sich. Die Hauptbeschäftigung dieser Figuren besteht neben der Beteiligung an diktatorischen Wahlen (s.o.) darin, ihr christlich - demokratisches Bewusstsein über die Uni-Zeit hinwegzuretten, um es dann allein oder in einer einschlägig bekannten Volkspartei endgültig über den Jordan gehen zu lassen und sich zukünftig nur noch mit gefüllten Brieftaschen, leeren Staatskassen und zunehmendem Haarausfall zu beschäftigen (s.a. Nobbi Blüm).
Ihr berüchtigter Wahlslogan "Nur Küsse schmecken besser", der angeblich in einer südbadischen Trinkerheilanstalt von einem ehemaligen Mitglied aus Rache ersonnen wurde, wird in gut informierten Kreisen mit "Ich glaub, mich knutscht ein Elch" übersetzt.
An die Intelligenz und das Charisma der Mitglieder werden keine hohen Ansprüche gestellt, wie sich schon aus der intensiven Lektüre der diesjährigen KandidatInnenvorstellung ergibt. Lauter unbedarfte Gesichter, aus denen es der/dem BetrachterIn förmlich entgegenschreit : Mein Papa hat gesagt, aus mir wird mal was! Wenn es nicht noch andere Gruppen gäbe, hätte der RCDS auf jeden Fall den vollen Behindertenbonus. FAZIT: Es gibt keine andere Gruppe, bei der die Warscheinlichkeit höher ist, mit Herrn Trotha und/oder Hern Steinhausen (s.o.) Kaffee zu trinken und ihre Meinung über Wiedervereinigung und Wahlen zu bestätigen.
Die Jusos sind nach ihrem eigenen Bekenntnis in diesem Jahr KLEIN;STARK;ROT. So stand es in diesem Jahr auf ihrem Wahlfluggi. Klein sind sie, zumindestens was das Wahlergebnis betrifft , auch geblieben. Vermutlich würden sie, wenn sie einen geregelten Drei-Wege-Katalysator hätten, mit dem neuen Peugeot 205 (DER RIVALE) verwechselt werden.
Im Innern des Wahlflugblattes blicken uns jedenfalls die starken, kleinen JusokandidatInnen (drucktechnisch bedingt leider nur in Schwarz-Weiss) dann auch so engagiert an , dass jeder Mensch sich fragt, warum die nicht schon längst an allen Hebeln der Macht sitzen. Im Ernst : Genauso muss der/die persönliche ReferentIn von Hans-Jochen Vogel aussehen (zuständig für Klarsichthüllen und Leitzordner).
Tja, Jusos, das ist der Lauf der Zeit: Wenn selbst die SPD ein Milchtütengesicht wie Rudi Scharping zum Märchenprinz erklärt, dann nützt bei den abgebrühten Studierenden eure linke Kraftmeierei erst recht nichts.
Auch der Versuch des Kandidaten Holger Glatzel-Mattheier (der erschreckenderweise genauso aussieht, wie er heisst) alle mütterlich gestimmten Studentinnen zur Stimmabgabe zu bewegen, indem er seinen unschuldigen Sprössling mit in die Kamera hält, kann die Jusos nicht von ihrem latenten Minderwertigkeitskomplex heilen, da auch die unreflektierte Softie-Masche längst out ist (s.a.Nobbi Blüm).
FAZIT: Eine Gruppe für extreme IndividualistInnen, die auch vor unbestrittenen geschmacklichen Entgleisungen nicht zurückschrecken (z.B. Norwegerpullover mit Elchen, Birkenstocksandalen und Andre Heller-Platten auflegen). Wenn mann/frau unbedingt mal mit Gerhard Schröder bei einer Tasse Kaffee über die Wiedervereinigung oder Hernn Steinhausen (s.o.), den Gerhard warscheinlich nicht kennt, aber trotzdem nicht mag, diskutieren will, sollte sich einen Beitritt trotz aller Widrigkeiten ruhig mal überlegen.
Wie schreibt mann/frau über das Nichts ? Selten überkommt einen das Gefühl völliger geistiger Vereinsamung so stark wie beim Lesen des Flugblattes der LHG. Mit diesen Wahlaussagen würde die LHG warscheinlich noch nicht einmal die Wahl zum Kassenwart des Kaninchenzuchtvereins "Deutscher Rammler e.V." gewinnen. Tatsache ist, dass die LHG nur in den kleinen Senat gewählt werden wollte, weil dort die "wichtige Arbeit" gemacht wird und die Fachschaften grösstenteils "vernünftige Arbeit" leisten. Irgendjemand muss das diesen KomikerInnen veraten haben. Aber wir wollen fair bleiben. Zugegeben, gar nicht so dumm, LHG:
Die anderen die Drecksarbeit machen lassen und selbst den dicken Max im kleinen Senat spielen wollen. Alles frei nach dem Motto: Hauptsache reinkommen, fett drinsitzen und nicht wieder rausmüssen. Unipolitisch das Genick brach der LHG warscheinlich der kühne Vorsatz, die Wahlen mangels Inhalt zu Personenwahl umzumodeln. Zu einer Personenwahl braucht mann/frau halt auch (nomen est omen) Persönlichkeiten. Mit dem "leicht aufbrausenden Rotbart" , der "quirligen Motivationsnudel" und dem "Skandinavienfreak" vom Flugblatt war die LHG jedenfalls chancenlos, selbst Trick, Tick und Tack wären gegen diese Horrorshow haushohe Favoriten. Wer weiss, vielleicht klont die FDP mangels Masse ja inzwischen ihre WählerInnen. So geboren wird mensch jedenfalls nicht.
FAZIT: Genau das Richtige für Leute, die ständig übersehen werden, obwohl sie ungeheuer witzisch sind (s.a.Nobbi Blüm). Vielleicht ergibt sich bei einer Tasse Kaffee ja mal eine vakante Stelle als Ohrenschmalzverwahrer bei Genschman oder Schnauzträger bei Mölleman. Aber aufgepasst : Nie diskutieren. Es hört ja eh keineR zu.
Jörg
INFO: Der Wissenschaftsrat (WSR)Durch ein Abkommen der Bundesregierung und der REgierungen der Länder 1957 gegründet, hat er die Aufgabe, Enpfehlungen zur inhaltlichen und strukturellen Entwicklung der Hochschulen, der Wissenschaft und der Forschung zu erarbeiten. Bundesregierung und Landesregierungen können gutachterliche Stelungnahmen anfordern. Insgesamt hat er 54 Mitglieder in zwei Kommissionen: 24 WissenschaftlerInnen auf gemeinsamen Vorschlag verschiedener öffentlicher und privater Forschungseinrichtungen sowie der Hochschulrektorenkonferenz, 8 anerkannte Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens auf gemeinsamen Vorschlag von Bundesregierung und Landesregierungen sowie 6 von der Bundesregierung und 16 von den Landesregierungen entsandte Mitglieder. Beschlüsse werden mit Zweidrittelmehrheit gefasst. Gegen das Votum des WSR darf der Bund keine Rahmenplanmassnahmen, d.h. Massnahmen nach dem Hochschulbauförderplan (HBFG) unterstützen. |
Aus den zahlreichen Äusserungen zur Hochschulreform soll exemplarisch ein Ausschnitt der "10 Thesen zur Hochschulreform" des Wissenschaftsrats (WSR) herausgegriffen werden. Diese Thesen sind insofern ein guter Einstieg in die Auseinandersetzung, als der WSR durch seine Zusammensetzung aus Bund, Ländern, Forschungsgemeinschaften und Industrie alle an der Gestaltung der Wissenschaftslandschaft beteiligten Gruppen umfasst. Seine Positionen sind daher am ehesten mehrheitsfähig und mit Sicherheit richtungsweisend. Es wird sich zeigen, dass die Tücken der geplanten Reform nicht nur in Äusserungen wie "Zweiteilung des Studiums" stecken, sondern auch in weitaus "unverdächtigeren" Formulierungen. Gerade an solchen Punkten muss aber eine ernstzunehmende Kritik ansetzen.
In These 6, 1. (S.37) heisst es über das Studium: "Ausbildung als Aufgabe der Universität zielt nicht auf Berufsfertigkeit, sondern soll eine nicht nur auf spezifische Berufe beschränkte Berufsfähigkeit erzielen. Das Studium soll die Befähigung vermitteln, auf einem Gebiet kreativ unter Anwendung wissenschaftlicher Kenntnisse und Methoden zu arbeiten. Es dient auch der Persönlichkeitsentwicklung im Sinne der Förderung von Kreativität und daher nur mittelbar der späteren Berufsfähigkeit. Im berufsbefähigenden Studium sollen daher neben einem breiten Grundstock an Fachwissen vor allem Methodenkenntnisse, interdisziplinäres Arbeiten und Problemlösungsstrategien vermittelt werden. Eine enge Spezialisierung sollte im berufsbefähigenden Studium vermieden werden. In den Studienordnungen sind genügend Freiräume vorzusehen, [...] die eigenverantwortliches, selbstbestimmtes Lernen fördern." Hier wird die Person zum Personal, dessen Einsatzfähigkeit gesichert werden muss.
Wo bleibt die Kritikfähigkeit? Wo ist das Lernziel Solidarität? Ausbildung wird zum Expansionsmechanismus und dient dem Erwerb von Schlüsselqualifikationen mit hoher Reichweite zum gezielten Einsatz in einem sich wandelnden Einsatzgebiet: flexible response ist angesagt.
Zur Sicherung des Standorts Deutschland kann dann auch Kreativität fuktional sein. Kreativität als freie Entfaltung oder Bildung als Sicherung gegen Ausbeutung und Selbstverlust stehen damit nicht mehr zur Diskussion. Auf dass es auch nicht dahin komme, darf sich Kreativität - an sich paradox - nur in einem vorgegebenen Rahmen entfalten: in der Regelstudienzeit. (Der WSR spricht übrigens von "Planstudienzeit". Das heisst wohl - analog zu Planwirtschaft - nichts anderes als Kommandostudium)
Die ersten Zeilen, schnell vergessen nach Kaskaden schöner Worte, reichen im Grunde schon, um diesen Ansatz zusammenzufassen: "Ausbildung als Ziel der Universität"; Bildung bleibt auf der Strecke.
Adorno beschreibt diesen Vorgang der Instrumentalisierung des Bewusstseins als "Entgeistung" bzw. "Verwissenschaftlichung" "Die Verdinglichung des Bewusstseins, die Verfügung über seine eingeschliffenen Apparaturen schiebt sich vielfach vor die Gegenstände und verhindert die Bildung, die eins wäre mit dem Widerstand gegen die Verdinglichung. [...] Nicht nur die Fachausbildung, auch die Bildung selber bildet nicht mehr. Sie polarisiert nach den Momenten des Methodischen und Informatorischen." (Adorno: Notiz über Geistes-wissenschaft und Bildung, 1962).
Kirsten
Anwesende: Psychologie, Math/Phys, Öko-Referat, Medizin, Ethnologie, Geschichte, Anglistik, Chemie, Politik, Theologie, Soziologie, Romanistik
Anwesende Fachschaften: Anglistik, Geschichte, Math/Phys, Germanistik, Plotik, Chemie, Soziologie, Psycho, EWS, Medizin, Philosophie, IÜD, Sinologie, Theologie, Romanistik * UNiMUT VerteilerInnen immer gesucht * abgestimmte Anträge:
Eigentlich könnte an dieser Stelle die Besprechung der Premiere stehen. Aber noch viel wichtiger ist der Hinweis auf die zweite, will sagen aktualisierte, Vorstellung dieser Kabarettgruppe mit dem merkwürdig einfallslosen Namen. Im Februar stellten sie einer seltsam berührten Öffentlichkeit ihr Premierenprogramm "Gegensatz der Einigkeiten" und ernteten zwiespältige Reaktionen: Den einen wurde die Kurpfalz nicht genügend problematisiert, den anderen zuviel. Mehrere PolitologInnen und SoziologInnen monierten, der revolutionäre Klassenkampf sei mit viel zuwenig Nachdruck proklamiert worden, im ZuschauerInnenraum hätten weder Prokla noch konkret ausgelegen. Insofern verwundert es uns nicht, dass der Beifall verhalten ausfiel. Also - Kabarett, so ganz ohne Pathos und Anspruch auf Umerziehung ? Noch nicht einmal Tucho- oder Ossietzky-Zeilen werden verlesen - das kann doch kein Kabarett sein. Statt dessen harmlos-dümmliche Witze über die Kurpfalz und über PolitikerInnen, bei denen man sich das Lachen besser versagt.
Insofern passen die "Spöttlichen" hervorragend in unser Zeitalter der Anomie und des Nihilismus. Das ist ihre grosse Schwäche (s.o.) und zugleich Stärke. Als vernunftbegabte Wesen entschlossen sie sich bald, es aufzugeben, Wissen an Wissende zu vermitteln. Und just das ist es ja, was betroffenheitsschwangere Liederabende (meist mit anschliessender Vernissage mit Aquarellen von Bärbel Bohley und Fragmenten von Uwe Johnson) manchmal so dröge -und mich aggressiv macht. Nein, als BesucherIn wird man garantiert nicht mit revolutionspathetischen Worthülsen derartig bombardiert, dass man Haus und Hof verlässt, um fortan sein Leben dem Klassenkampf zu weihen. Tatsächlich geht es uns darum, ziemlich törichten Schabernack unter Heidelbergs Studierendenschaft zu treiben. Vor allem von der Kurpfalz Frustrierte dürften am 13. Juli (20 Uhr im Marstallsaal) auf ihre Kosten kommen. Das Böseste, was StudentInnen bisher über diese unser aller zweite Heimat äusserten, wird gleichsam in anderthalb Stunden gebündelt. Ähnliche Widerwärtigkeiten werden übrigens Hessen, Schwaben und PolitikerInnen widerfahren. Keiner bleibt verschont, gewiss nicht - besonders nicht die ZuschauerInnen. Und vor allem nicht die Kabarettisten, die vielleicht das akrobatische Kunststückchen geschafft haben, sich auch auf den Arm zu nehmen.
Das Potential für KabarettbesucherInnen in Heidelberg ist gross - beweist uns das doch bitte.
Micha Hörnle
Kabarett "Die Spöttlichen" Dienstag, 13.7. 20 Uhr - Marstallsaal
Donnerstag, 08.07.
19.00 Uhr: Nostalgieabend: Streikvideos etc.; EWS, Keller
Freitag, 09.07.
20.00 GeologInnen-Fete; INF 235
Samstag, 10.07.
10.00-abends: Soziolinguistentag; Palais Boisseree; Raum 133
Montag, 12.07.
20.00 Fete und Konzert, Fachschaft Philosophie und Jazzclub; Triplexmensa
Dienstag, 13.07.
20.00 Uhr: Romanistik-Fete; Romanistisches Seminar
Donnerstag, 15.07.
Mittags: Fete gegen Studiengebühren; ev. Marstall
18.00Uhr. Vortrag: "Beruf: Wissenschaftlerin. Veränderungen für Frauen in den neuen Bundesländern seit 1990. Referentin: Frau Dr. J.Gysi, Berlin
20.00 Uhr: eventuell Psycho-Fete; Psychologisches Institut
Freitag, 16.07.
20.00 Uhr: Fete: Kulturini; Teele Duniya; Triplexmensa
Gardenparty der FS Anglistik