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Prüfungen in Spanien -- Adventsmail

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Nachdem auch hier der Weihnachtsbaum auf der Plaza Mayor aufgestellt wurde, denke ich, ist es Zeit, euch allen adventliche Grüße auszurichten, verbunden mit dem Wunsch, daß sich irgendwann auch bei euch die adventliche Ruhe einstellen möge.

Es muß ja von der Adventsstimmung nicht so trostlos sein wie bei uns im Piso, wo wir es nur geschafft haben, einen Weihnachtskalender aufzuhängen, dessen Türchen wir aber alle abwechselnd öffnen. Es hat etwas gedauert, bis ich José und Alessandro das System erklärt habe, aber jetzt scheint es anzukommen und Schokolade in das Katerfrühstück integriert worden zu sein.

Dafür sind für woanders Champions! Spanien ist Weltmeister im Hallenfußball, Spanien hat den Davis Cup gewonnen, in einem packenden Match konnte Moya Roddick besiegen. Spanien ist mit Dani Pedroso auf dem Motorrad Weltmeister in der 250ccm-Klasse geworden -- und damit auch ich! Ich? Ja, denn - somos campeones! Wir sind Champions! -- meine Handyfirma sponsert Dani.

Champion werde ich im Anpassen: ich wurde heute wegen meines Akzents für einen Chilenen gehalten; ich bestreiche mein Brot mit Nucilla, der hiesigen Nutella, die sogar Alessandro als nicht so schlecht (no tan mal) qualifizierte; ich esse mich so langsam durch das Regal mit Turrón im Supermarkt, dem spanischen Weihnachtsnougat in tausend Sorten!

Aus der WG: Mentalitätsunterschiede zeigen sich nicht nur im Putzverhalten männlicher Kleinstädter zur Adventszeit. Während mir meine beiden Südländer zu Anfang immer schön ihr dreckiges Putzwasser im Eimer gelassen habe, damit -- ja, warum eigentlich? -- damit ich nächste Woche am Putztag nicht mehr neu einlassen muß?; damit ich mir Suppe von koche oder was? Nein, auch bei der Justierung und ständigen Neuausrichtung der Fernsehantenne treten sie zutage, denn falls man mal den Fehler begeht zu versuchen, dem ständigen Fernsehmüll auszuweichen und das Programm umzuschalten: weißes Rauschen!

José als eher emotionaler Typ, versucht es dann mit der Zufallsmethode, nach drei vergeblichen Versuchen des rationalen Ausrichtens wird die Antenne eben zwischen Fernsehgehäuse und Wand geworfen -- und, es klappt! Wir haben Empfang!

Ich dagegen justiere die Antenne, drehe sie und probiere, letzte Streifen zu eliminieren, indem ich systematisch die Winkel der überschlagenen Beine beim Hinsetzen auf der nahen Couch austeste, sie akribisch zu messen und den Empfang entsprechend zu optimieren versuche, während ich mit dem Kopf mal in die eine, mal in die andere Richtung nicke, um dann ein klares Bild zu erhalten, so daß schließlich beides zu dem gewünschten Ergebnis führt.

Kleine Impressionen - aus dem Deutsch-Kurs. Profesora fragt: "Kennt ihr Andorra?" Antwort von einer spanischen Kommilitonin: "Ja klar!" Profesora ist erfreut, denkt kurz nach, dann: "Also ich meine das Drama von Max Frisch." - Werbung (also die Teile, die für 15 Minuten die Filme unterbrechen): "Was passiert mit Rotkäppchen in einer Stierkampf-Arena?" Muhh, kriisch, muh, galoppgalopp, kriisch Ansonsten passiert hier nichts. Alessandro hat seine Brieftasche verloren, andere wurden in Madrid ausgeraubt, José hat Streß mit seinen Leuten in Portugal, nur mein Leben ist langweilig. Ich musste dann mit beiden bis zwei Uhr nachts trinken, ekelhaft! Aber was tut man nicht alles, für seine Compañeros de piso.

So, daß war es für dieses Jahr aus Spanien. Ich mache mich bald auf nach Madrid und von dort dann Richtung Heimat, euch allen ein schönes Fest und guten Rutsch, nächstes Jahr geht's weiter -- das ist eine Drohung.

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Erzeugt am 19.12.2005

unimut@stura.uni-heidelberg.de