Rasterfahndung in Heidelberg? (05.10.2001)

Die für die hiesigen Zustände unmittelbarste Folge der Terroranschläge vom 11.9. war auch gleichzeitig die vorhersehbarste: Ein weiterer und beschleunigter Abbau des Schutzes persönlicher Daten und der Privatsphäre überhaupt. An den Unis hierzulande geht nun, zudem nach vermuteten Kontakten einiger der Attentäter zum AusländerInnenreferat der TU Hamburg-Harburg, die Rasterfahndung um. Hast du deine GEZ-Gebühren bezahlt, obwohl du schwarze Haare hast und studierst am Ende noch ein technisches Fach? Dann warte schon mal auf die netten Herren vom Staatsschutz (Anmerkung: Den Staatsschutz gibts wirklich -- so heißt eine Abteilung der Kriminalpolizei, und er hat mit dem als Geheimdienst behandelten Verfassungsschutz (hoffentlich) nichts zu tun).

Dass die Rasterfahndung ursprünglich zur Abwehr akuter Notsituationen erfunden wurde und keineswegs als präventive Maßnahme, interessiert in der gegenwärtigen Wagenburgstimmung nur wenige, und dass genau die, die jetzt unter die Raster kommen, die waren, die vor dem 11.9. die "nützlichen" AusländerInnen waren, erscheint allenfalls als böser Treppenwitz. Die meisten Universitäten haben die einschlägigen Daten wie von den Verfolgungsbehörden bestellt herausgegeben oder sind noch dabei, sie zu erfassen, auch wenn einige Rektoren (etwa die der TU und HU Berlin) sich dazu erst durch Gerichtsbeschluss zwingen ließen und sich bei den Betroffenen immerhin entschuldigten.

Widerstand regt sich allenfalls in einigen Studierendenvertretungen, die etwa eine "Resolution gegen Rassismus und Rasterfahndung" des Aachener Antifaprojekts unterzeichnet haben oder, wie jetzt in Münster, Menschen "arabischer" Herkunft (darunter fallen nach gegenwärtiger Erkenntnislage für die Behörden Afghanistan, Saudi-Arabien, Algerien, Lybien, Irak, Iran, Jordanien, Syrien, Ägypten, Kuwait, Vereinigte Arabische Emirate, Libanon, Jemen, Sudan sowie Pakistan) suchen, die mit dem dortigen AStA gegen die Rasterfahndung klagen wollen.

Dem UNiMUT liegen derzeit keine Informationen zu einschlägigen polizeilichen Umtrieben in Heidelberg vor. Wir freuen uns aber über sachdienliche Hinweise, die auf Wunsch auch vertraulich behandelt werden.

Es bleibt, mit jenem von der US-Waffenlobby allzu oft missbrauchten Franklin-Diktum zu schließen, das wir in den letzten Wochen in unserem Seitenkopf hatten: They that can give up essential liberty to obtain a little temporary safety deserve neither liberty nor safety.

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Dieser Artikel wurde zitiert am: 09.10.2001