Wir haben schon länger nichts mehr von Wohnungsnot unter Heidelberger Studierenden gehört. Anfang der Neunziger Jahre war das ein großes Thema (vgl. etwa UNiMUT 10: Wohnen, aber wo?), aber nachdem der eiserne Besen Trothas in Verbindung mit dem allgemeinen Gefühl, ein Uni-Abschluss sei eh blöd, etwa 5000 Studis allein aus der Uni Heidelberg vertrieben hat, hatten nicht wenige WGs ernsthafte Probleme, MitbewohnerInnen zu finden. Jetzt jedoch dreht sich der Wind, die Bereitschaft, ins eigene Humankapital zu investieren, steigt wieder, und so sahen sich etliche SPD-Abgeordnete im Landtag (darunter übrigens auch der Heidelberger Claus Wichmann) zu einer Anfrage zu veranlasst, deren Ergebnis jetzt vorliegt.
Wie vom Frankenberg-Ministerum nicht anders zu erwarten, gibt es zwar interessante Zahlen, aber keine wirklich konkreten Pläne, etwa zu einer Wiederauflage der Förderung des Wohnheimbaus -- konkrete Maßnahmen sind den durch die Kürzungen der letzten Jahre ohnehin schon gebeutelten Studentenwerken überlassen. Etwas absurd mutet es schon an, wenn Frankenberg verkünden lässt, das Studiwerk in Konstanz kooperiere mit Hotels und richte, wie auch die Studiwerke in Freiburg, Karlsruhe, Tübingen, Hohenheim und Weingarten, "Notunterkünfte" ein. Dem UNiMUT ist nicht bekannt, wie mensch sich diese Notunterkünfte vorzustellen hat.
Immerhin: Wir wissen jetzt, dass in den letzten Jahren 1611 Wohnplätze geschaffen wurden, wenn auch ein unbekannter Anteil davon lediglich temporär angemietet wurde, während gleichzeitig 517 Anfang der Neunziger geförderte privat finanzierte Wohnplätze aus ihrer Zweckbindung herausgefallen sind und jetzt wohl an den finanzstärkeren SAP-Nachwuchs vermietet werden. Wie viele Wohnheimplätze bei Studiwerken weggefallen sind, erwähnt das Ministerium nicht. Ebenfalls ein nettes Faktoid ist, dass in Heidelberg nur 942 von 2247 Anfragen nach Wohnheimplätzen erfüllt werden konnten (wobei die Redaktion da gerne Fehlerbalken hinmalen würde -- aber das ist wohl von einem Geografen wie Frankenberg nicht zu erwarten).
Schließlich der Tipp der Redaktion: Studiert in Furtwangen oder Heilbronn, denn in beiden Städten ist, wohl laut Auskunft der zuständigen Studentenwerke, "eine gute Versorgung der Studierenden [...] gewährleistet". Zumindest im Bezug auf Furtwangen müssen wir allerdings einschränkend bemerken, dass das Schwarzwaldnest vor einigen Jahren als Selbstmordhochburg der Republik galt. Die langen Winter dort fordern da wohl ihren Tribut. Aber das ist natürlich Stoff für eine weitere Anfrage...
Nachtrag (13.12.2001): Christian Weiss von der Gemeinderatsfraktion der Grünen hat uns völlig richtig drauf hingewiesen, dass wir bei dieser Betrachtung die jüngsten Skandale um das Zweckentfremdungsverbot vergessen haben, zumal die SPD in dieser Sache keine sehr rühmliche Rolle gespielt hat. Hintergrund ist, dass im Groben niemand dem "Markt" zutraut, allen Menschen ausreichenden Wohnraum zu erträglichen Preisen zur Verfügung zu stellen, weshalb für ausgewählte Städte Verordnungen des Wirtschaftsministeriums eine allzu einfache Umwandlung von Wohn- in Gewerbefläche bzw. von Miet- in Eigentumswohnungen erheblich erschweren. Auf eine Anfrage des Döring-Ministerium hin hatte die Stadt im Sommer verkündet, sie wolle diese Verordnungen nicht mehr, weil die Wohnraumsituation so wunderbar entspannt sei. Mehr durch Zufall wurden dann die Grünen auf diesen Vorgang aufmerksam, und nach etlicher Nebelwerferei von Seiten der SPD gelang es ihnen auch, die Aufhebung des Zweckentfremdungsverbots zu verhindern. Wir hatten darüber berichten wollen. Ehrlich.
Nachtrag (17.12.2001): Bezüglich der im obigen Nachtrag apostrophierten nicht sehr rühmlichen Rolle der SPD hat uns der Heidelberger SPD-Landtagsabgeordnete Claus Wichmann darauf hingewiesen, dass die SPD-Fraktion im Gemeinderat schließlich durchaus für den Erhalt des Zweckentfremdungsverbots gestimmt hat und dass, mehr noch, die Landtagsfraktion der SPD einen Antrag gestellt hat, nach dem entsprechende Regelungen für alle Universitätsstädte in Baden-Württemberg in Kraft gesetzt werden sollten. Dass dieser Antrag von den Mehrheitsfraktionen im Landtag niedergebügelt wurde, ist nicht der Fehler der SPD, die geschlossen für ihn gestimmt hat.
Dieser Artikel wurde zitiert am: 15.05.2002