Wie jedes Semester gab es auch heute ab 9 Uhr in der neuen Uni Erstimesse mit kostenlosen Kugelschreibern, Theaterkarten, Zahnbürsten sowie zumeist auch nicht allzu wertvollen Worten von Rektor und Oberbürgermeisterin. Rektor und Oberbürgermeisterin? Weit gefehlt, denn statt Rektor kam nur eine Prorektorin -- Silke Leopold, bekannt als tapfere Streiterin für die Rettung solider Lateinkenntnisse der Studierenden -- und statt der Oberbürgermeisterin kam nur ein einfacher -- wenn auch erster -- Bürgermeister, der vielen älteren Semestern noch als Ober-Studienberater bekannte Raban von der Malsburg.
Gleich zwei der drei Hauptattraktionen fielen also ins Wasser, was vielleicht erklärt, warum nur rund 300 Erstis ihren Weg in die somit nicht wirklich gut gefüllte Aula der Neuen Uni fanden. In früheren Jahren hatte der horror vacui die Unileitung ja bewogen, die Veranstaltung in die -- kleinere und pompösere -- Alte Aula zu verlegen, dieses Semester war sie nicht so schlau gewesen. Aber zurück zu den Hauptattraktionen: Die dritte, nämlich die Erstirede der FSK, wie immer mit kabarettistischer Einlage, erfüllte die in sie gesetzten Erwartungen, wenn auch Teile der Redaktion und ihre Mitbewohnerinnen eine gewisse Tendenz zur Hausbackenheit zu wittern glaubten. Verglichen mit den Ausführungen der zweitklassigen Attraktionen war sie aber doch ein exzellenter Glanzpunkt.
Denn wer möchte schon hören, dass die Uni Heidelberg den "Namen Universität noch [!] verdient", womit wohl gemeint ist, dass sie "noch" ein breites Fächerspektrum abdeckt? Wer braucht Gemeinplätze über die Schädlichkeit von Monokulturen, die schon ahnen lassen, dass hinter der nächsten Ecke Geschwätz über Profilbildung wartet? Will mensch wirklich hören, dass wir "alle die Schullaufbahn durchlaufen" und dabei "ganz klein in der fünften Klasse angefangen" haben? All dies war von Silke Leopold zu hören, die die ihr Desinteresse durch Abwesenheit demonstrierenden Studiendekane mit Kommissionssitzungen entschuldigte (wer von einer parallel tagenden Kommission weiß und uns Belege liefert, erhält einen 5-Euro-Einkaufsgutschein für Appel un'Ei), aber immerhin in der Tradition ihrer Vorgänger empfahl, "Engagement zu zeigen", selbst wenn es dann ein oder zwei Semester länger dauert. Also: Selbst die Prorektorin ruft nach eurer Mitarbeit beim UNiMUT.
Bürgermeister Malsburgs Rede war danach eine positive Überraschung. Sein Wechsel ins Rathaus scheint eine künstlerische Ader zum Vorschein gebracht zu haben, denn er versuchte es mit Dada der Art "Pfaffengrund wird von den Heidelbergern immer als Industrieort abgetan, aber Pfaffengrund ist schön" oder "Ich war damals auch etwas schüchtern, der eine oder andere von Ihnen ist das vielleicht auch." Sehr apart, auch wenn Malsburg während des arg überschwurbelten Exkurses über die VWL, chinesische Studierende und Verhandlungen der Stadt mit der Bahn um billigen Wohnraum etwas weniger dick hätte auftragen können.
Fazit: Wer nach dieser Begrüßung nicht davongelaufen ist, hat gute Aussichten, diese Universität ohne bleibende Schäden auch auf mittlere Frist auszuhalten.