Es gehört schon ein wenig Mut dazu, in diesen Zeiten Vollversammlungen einzuberufen -- zu wahrscheinlich ist, dass mensch am Schluss mit einer Handvoll Leuten dasitzt und alles nur noch peinlich und deprimierend ist. Die Fachschaft Math-Phys wollte es heute aber wissen, vielleicht ermutigt von der großartigen Idee, eine VV gleich im Anschluss an die Lineare Algebra I im vorher durch habilitierte Erscheinungen geheiligten Hörsaal stattfinden zu lassen. Um diese Zeit im Jahr hätte diese List gleich mal 300 Leute gekauft, die sicher mal keinen Platz für Leere gelassen hätten.
Gemeinerweise war die LA I jedoch verlegt worden (und beginnt in diesem Semester völlig unakademisch Montags um acht), und so war die Fachschaft auf sich gestellt beim Zusammenbringen der notwendigen Stimmen, für eine Satzungsänderderung 2/3 der anwesenden, mindestens jedoch 6% der insgesamt an den Fakultäten eigeschriebenen Studis, ansonsten die einfache Mehrheit einer ab 5% beschlussfähigen VV. Diese Satzung wurde von MathematikerInnen geschrieben.
Um es kurz zu machen: Trotz etwas Konfusion bekam die Fachschaft das hin, 117 von 122 (von 1722 in Mathe und Physik immatrikulierten Studis) billigten den Satzungsentwurf.
Warum MathPhys überhaupt an ihrer Satzung rumschraubte? Nun, bisher hat die Fachschaft immer einmal im Jahr mit erheblichem Aufwand eine Personenwahl durchgeführt, um eine Art Kernfachschaft demokratisch zu legitimieren. Diese war dann irgendwo zwischen der Fachschaft, nämlich allen Studierenden des Fachbereichs, und der Albernheit, die das UG Flachschaft zu nennen beliebt (nämlich den studentischen Mitgliedern im Fakultätsrat) angesiedelt. Angesichts des dafür getriebenen Aufwands -- auch da gab es ein Quorum -- schien den meisten aktiven FachschaftlerInnen das Ergebnis doch etwas mager, zumal die wenigsten WählerInnen die KandidatInnen kannten und so im Wesentlichen nach Vornamen wählten. Dass Jannettes Heinz-Detelfs schlagen, ist zwar interessant, aber vielleicht doch nichts, für das mensch die wertvolle Freizeit opfern will.
Und so soll es zukünftig um Programme gehen, etwa nach dem Vorbild des heute ebenfalls abgestimmten (da waren 109 zur Zustimmung zu bewegen). Eine Art Kernfachschaft, die Putschversuche sagen wir von Seiten des RCDS abwehren können soll, gibt es weiterhin, sie wird aber auf der ersten Sitzung nach Verabschiedung des Wahlprogramms von den Fachschafts-Aktiven gewählt -- immerhin mag mensch von diesen annehmen, sie wüssten, welche Personen sie wählen.
Schließlich: Wer sich unter Vollversammlungen endlose Redeschlachten in von Rauchschwaden bis zur annähernden Undurchsichtigkeit erfüllten überhitzten Hallen vorstellt, während derer Rudi Dutschke mit stechendem Blick verkündet, es werde Zeit, endlich mal Butter bei die Fische zu machen mit der Revolution: Ihr täuscht euch. Rauchen ist schon lang nicht mehr in den Hörsälen, Rudi Dutschke ist vor Jahr und Tag den Spätfolgen des Bild-enden Blattschusses erlegen, und Redeschlachten sind auch nicht mehr, ob nun aus intellektuellen (Stichwort PISA) oder organischen (Stichwort Testosteronmangel aufgrund östrogenanaloger Umweltgifte) Gründen. Im Gegenteil: Aus MathPhys-Kreisen war zu hören, ein paar mehr Wortbeiträge, notfalls auch unterhalb des Schlachtniveaus, wären eigentlich eine nette Bestätigung der eigenen Arbeit gewesen.