Die Meldung, dass die NARIC deutsche BA-Abschlüsse nicht ohne weiteres anerkennen wird (wir berichteten), hat zu überraschend zahlreichen Reaktionen geführt. Die Redaktion freut sich daher, auch einen weiteren Artikel beitragen zu können. Zur weiteren Information sei auf Studis Online und den Spiegel verwiesen.
International sollen unsere Unis nach dem Willen der Politik werden, nach deren Meinung sie es bislang nicht sind. Wichtigstes Instrument, das bitte zwecks dieses Zieles anzuwenden ist: Gestufte Abschlüsse nach angelsächsischem Vorbild. Nach der sog. Bologna-Vereinbarung mehrerer europäischer Staaten sollen sie bis 2009 in allen Fächern eingeführt werden und Diplom und Magister ersetzen. Die Lehrveranstaltungen sollen in "Module" gegliedert sein (deren Definition, also Zuordnung zu konkreten Veranstaltungen, bislang bestenfalls unscharf bleibt) und mit ECTS-Punkten bewertet werden. Nach drei Jahren, inkl. Prüfungen und in der Regel einer kleinen Abschlußarbeit, wird ein Bachelor of Arts verliehen.
Nur die Besten, mensch spricht z.B. von 20%, werden für den darauf aufbauenden Master zugelassen. Sie studieren dann in der Regel ein weiteres Jahr, an dessen Ende eine größere Abschlußarbeit und natürlich weitere Prüfungen stehen. Nur mit einem Master kann mensch eine Promotion anschließen.
Durch die Stufung und die Punktbewertung sollte eigentlich dreierlei erreicht werden:
An diesen Plänen gibt es seit langem berechtigte Kritik, nicht nur von Seiten der Studis, sondern auch der Profs: Dass unsere Diplome und Magister unüblich sind, bedeutet nicht, dass sie nicht anerkannt wären: Mit einem Diplom oder Magister kann mensch sehr wohl im Königreich oder in den Staaten promovieren, sofern die Note gut genug ist. Und es gibt Aussagen amerikanischer Unis, welche sich über jede(n) Diplomstudierende(n) wegen der guten Ausbildung sehr freuen.
Die Anerkennung der neuen Abschlüsse bei ArbeitgeberInnen auch und gerade im Inland ist im Regelfalle überhaupt nicht überprüft, geschweige denn sichergestellt. Die Umstellung der "alten" Abschlüsse auf die neuen erfordert erheblichen z.B. verwaltungstechnischen Aufwand, möchte mensch die Studienordnungen und Module sorgfältig aufbauen. Wie dieser Aufwand angesichts scharfer Sparkurse aufgebracht werden soll, steht nicht in der Bologna-Vereinbarung. Und so wird der Druck zu den so schön englisch klingenden Abschlüsse eben blindlings erhöht, komme, was wolle. Was dazu führt, daß Abschlüsse produziert werden, nur um die Ministerien endlich ruhig zu stellen. Dies folgt z.B. dem Rezept: Man nehme den bisherigen Magister, streiche zwei Hauptseminare, gebe einer Vorlesung einen anderen, vorzugsweise englischen Namen - et voila, fertig ist ein Bachelor.
Warum die Abschlüsse nur international sind, wenn sie englisch klingen (skythische und assyrische Titel wären doch auch nett - diese Kulturen hatten auch ihre Eliten), ist ein hier nicht näher zu vertiefendes Thema. BaWü-Wissenschaftsminister Frankenberg fühlte sich immerhin bemüßigt, in einem Interview klarzustellen, daß die Bachelors und Masters Reimporte des "deutschen" Bacchalaureus und Magisters aus dem Mittelalter sind. Doch mitten in der oktroyierten Euphorie platzt eine beunruhigende (eng.: unsettling) Nachricht:
Das britische Zentrum für die Anerkennung internationaler akademischer Titel, Naric, will den deutschen Bachelor nicht als vollwertig anerkennen. Naric stuft den deutschen Bachelor lediglich als "Ordinary Bachelor" ein. Zur Aufnahme eines Masterstudiengangs in Großbritannien ist jedoch ein sogenannter "Honours Bachelor" notwendig. Das bedeutet, dass ein mit einem Bachelor bewehrter Studi höchstens mit zusätzlicher Prüfung ein ein britisches Master-Programm kommt.
Peinlich, das, denn gerade an das Königreich wollte mensch sich ja eigentlich anbiedern. Hektisch kritisieren nun die deutschen Wissenschaftsminister die Entscheidung, und versuchen die britischen Universitäten dazu zu bringen, die schönen neuen Titel trotz der Naric-Empfehlung doch anzuerkennen. Erfolg ungewiss. Bis auf weiteres kann jedem/jeder AbiturientIn nur geraten werden, auf Diplom und Magister zu studieren. Der Weg in die Internationalität über BAs und MAs führt bislang eher in das nationale Vakuum der Bildungspolitik.