Vermehrende Preise und Bewerbungen, ministerielle Frechheit, Spam von der höheren Handelsschule und: Was kostet ein Mahl?
...dass die Flut von Preisen, die irgendwelche Menschenfreunde unter die Studis zu bringen versuchen, immer weiter anschwillt? Gerade jetzt haben wir wieder zwei Neuzugänge, den BGW Förderpreis 2003 "Sicherheit im Straßenverkehr" der Berufsgenossenschaft für Gesundheitsdienst und Wohlfahrtspflege sowie den Studierende für Studierende Studentenwerkspreis für besonderes soziales Engagement im Hochschulbereich 2003/04. Nun, viel Freude beim Mitmachen, ingesamt gibts 20000 Euro zu gewinnen.
...dass Annette Schavan sich wieder mal nahtlos in die regierungsamtliche Tradition von Dreistigkeit einreiht? Sie will nun ihren LehrerInnen zwar Kopftücher verbieten, irrerweise aber Symbolisierungen "christlich-abendländischen Werte" erlauben. Dieser eklantante Rückfall in Kreuzzugszeiten wird auch noch vom Tübinger Steuerrechtler Ferdinand Kirchhof -- nicht zu verwechseln mit dem Heidelberger Juraprof Paul Kirchhof, dessen verwandtschaftliche Verhältnisse zu Ferdinand so schnell nicht zu klären waren -- rechtfertigt. All das ist so schlimm, dass mensch gar nichts mehr dazu sagen möchte. Bäh.
...was mittlerweile so alles legal ist? Na, am "BAföG-Skandal" werdet ihr wohl nicht vorbei gekommen sein. Dabei war der Skandal nicht etwa, dass wegen einiger Millionen Euro potenzeller Ersparnis elementare Rechte der informationellen Selbstbestimmung auf den Müllhaufen geworfen wurden, nein, der Skandal war, wie viele Studis sich am warmen BAföG-Regen gesundstießen, obwohl sie über märchenhafte Vermögen verfügten. Oder wie war das? Antworten findet ihr im Dossier zum Datenabgleich des fzs. Infos für Betroffene -- die oft genug noch nicht mal wussten, was da so alles für sie versteuert wurde -- hingegen findet ihr auf einer Seite des AStA der Uni Münster.
...was es an der Studiengebührenfront Neues gibt? Neu ist keinesfalls, dass Ute Vogt von der Ländle-SPD nun auch dringend nachlaufende Studiengebühren haben möchte (obwohl, solang sie noch in der Opposition ist...) und noch weniger, dass Frankenberg daraufhin die großen Dollarzeichen am großkoalitionären Himmel sieht. Nein, die brennenden Neuigkeiten kommen von Hessen-Hitler (das ist nicht von uns, sondern von der Titanic) Roland Koch. Noch nicht so kreativ ist seine "Verwaltungsgebühr" (statt 40 solls in Hessen 50 Euro kosten) -- dafür ist die Progression (Regieanweisung: von rauchiger Stimme erwartungsfroh hauchen lassen) um so toller. Dabei sollen die HessInnen künftig im 13. Semester 500 Euro zahlen, im 14. 700 und im 15. 900 Euro. Wo jetzt die Progression bei der Einkommensteuer wegfällt, damit das gesunde Profitstreben nicht von überbordender sozialer Gerechtigkeit erstickt wird, soll sie doch wenigstens irgendwo, wo es unverfänglich ist, wieder kommen. Aber vielleicht haben die hessischen Studis doch noch genug Kraft, um diesen Irrsinn zu stoppen? Die Zeichen stehen nicht ganz schlecht, am 29.10. fanden bereits 2000 Studis ihren Weg nach Frankfurt, um ihren Unmut über diese Pläne zu äußern.
...dass Mitte 2003 Leute, die nach ihrem Examen einen Job suchten, im Mittel 46 Bewerbungen durch die Gegend schickten? Der (etwas groteske) Klaus Resch-Verlag, der eine Studie zu diesem Thema vorgelegt hat, findet das ausgesprochen ungut, weil so natürlich mit der automatisch steigenden Zahl der Ablehnungen auch die Paranoia der "AbsolventInnen" steigt und Leute, die gerne mit Studierten Geld verdienen möchten, den Eindruck bekommen, es geben BewerberInnen wie Sand am Meer. Deshalb rät der Verlag, dem die Domain berufsstart.de gehört, zu wenigen, aber überlegten Bewerbungen. Nu. Vernunft kann nie schaden, selbst wenn etwas anrüchige Etablissements zu ihr raten.
...dass die Höhere Handelschule Mannheim mal wieder mit gutem Beispiel vorangeht? Auf ihrer Webseite (die übrigens nicht damit rechnet, dass Leute tatsächlich Fenster auf ihrem Rechner haben und offenbar von blutigen Amateuren gemacht wurde) schaltet sie nämlich seit einiger Zeit Werbung, unter anderem für STA Travel ("Ski & Fun unlimited"), McKinsey, eine Ludwigshafener Wohnungsbaugesellschaft ("Ersteiger dir deine Wohnung"), die Immobilientochter der Deutschen Bank und wohl generell alles, was ihnen die Falk AG ("Geotargeted Advertising"), die die Werbeeinblendungen offenbar organisiert, so auf die Seite schiebt. Die Falk AG verkauft übrigens auch die MailSolution, über die sie schreibt: "Die MailSolution Technologie ermöglicht Ihnen einen schnellen, stabilen und effizienten Versand Ihrer Mailings von über 2 Mio./h." Mit anderen Worten: Die Uni Mannheim hilft, ein Unternehmen zu finanzieren, das Spammern hilft, ihrem Rechenzentrum durch Unmengen von Werbemüll das Leben schwer zu machen. Vive la modern times.
...wie es um die repräsentative Demokratie und ihre Transparenz bestellt ist? Richtig: richtig schlecht. Ein besonders schönes Beispiel dafür war die Feierstunde zum 90. Geburtstag des Nazirichters Filbinger, der mit seinem Studienzentrum Weikersheim bis heute fleißig rechtsradikale Politikbeeinflussung betreibt, oder besser die Antwort, die Ex-Trotha-Lakai Christoph Palmer so auf eine Anfrage eines Abgeordneten nach den Kosten dieser öffentlich finanzierten Veranstaltung zu geben sich herabließ. Lest die Landtagsdrucksache 13/2481 und beantwortet danach folgende Fragen: (1) Wie viel Geld ist dem Land die Ehrung eines Nazirichters ingesamt wert? (2) Was kostet ein Abend mit dem Stuttgarter Kammerorchesters normal, was, wenn sie für Leute spielen, die immer noch gern an ihre Todesurteile zurückdenken? (3) Was kostet ein "dreigängiges Mahl" eines anerkannten gastronomischen Betriebs auf dem Niveau, das bei Ehrenbanketten in der BRD so üblich ist? (4) Wie viele Einschreibegebühren wurden for ol' lang syne an jenem Abend auf den Kopf gehauen? Viel Glück.
Walter I. Schönlein
Dieser Artikel wurde zitiert am: 03.03.2004, 31.08.2005