Globaler Überlebenskampf der baden-württembergischen Hochschulen, Uniklinika und Berufsakademien geht weiter
Nach längerem hin und her liegt nun endlich seit 23.3. der neue Anhörungsentwurf (PDF der Regierung) zur Novellierung der Hochschulgesetze vor. Der Unimut dokumentiert hier eine Text-Fassung wesentlicher Passagen. Im Vergleich zum ersten Entwurf sind kaum Abmilderungen vorgenommen worden, der Grundtenor blieb erhalten. Zum Beispiel soll das Land Trimester einführen können (selbstverständlich nach Anhörung der Hochschule, aber auch gegen deren Willen); eine studentische Vertretung ist weiterhin nicht vorgesehen; die Hochschulen können ihren Mitgliedern vorschreiben "mobile Speichermedien" zu verwenden, "insbesondere für Zwecke der Zutrittskontrolle, Identitätsfeststellung,...". Magister- und Diplomstudiengänge werden durch Bachelor- und Masterstudiengänge ersetzt; Studienordnungen müssen Vorgaben des Landes genügen und vom Vorsitzenden des "Aufsichtsrats" (entspricht grob dem bisherigen Hochschulrat) genehmigt werden. Die Befristung der Studienzeit für DoktorandInnen scheint immerhin aufgehoben -- allerdings ist dies eher dem Umstand geschuldet, dass in einigen Fächern die Zahl der DoktorandInnen dramatisch zurückgegangen ist und liegt keinesfalls an einem dem Ministerium von OptimistInnen unterstelltem Interesse, nach dem flächendeckend eingeführtern BA-Schnellstudium doch noch einige vernünftige Dissertationen zu sehen.
Vielmehr dient alles, so der Minister in einem Schreiben an die Vorsitzenden der baden-württembergischen ASten vom 26.3., dazu, dass "die Hochschulen sowie die Universitätsklinika und die im Berufsakademien im globalen Bildungswettbewerb bestehen können."
An den Hochschulen wird derzeit eifrig an Stellungnahmen gearbeitet. An der Uni Tübingen soll in einer außerordentlichen Sitzung am 29. April eine ausführliche Stellungnahme zum Landeshochschulgesetz verabschiedet werden. Die Unis Freiburg und Heidelberg haben Senatsausschüsse gebildet, die Stellungnahmen in das laufende Anhörungsverfahren einbringen sollen.
Insgesamt wird an diesem Entwurf kaum noch etwas geändert werden können; die ihnen entscheidenden Details haben die Rektoren bereits im Vorfeld (als nur James Bond und seine Freunde den Entwurf sehen durften) eingebracht, und das Parlament wird wohl im Wesentlichen nur abnicken.
Für die Hochschulen spannender dürfte sich die Umsetzung gestalten: die Zusammensetzung der Gremien wird sich ändern. Und da die Gremien weiterhin wenig bzw. noch weniger zu sagen haben, ist wenigstens da wirklich noch Gestaltungsraum.
Nachtrag (5.10.2004): Wie öffentliche Beteiligung Marke Frankenberg so aussieht, konnte mensch nach der heutigen Sitzung des Ministerrats goutieren. Während dieser hat das Ministerium nämlich das Gesetz zum Abnicken durch das Parlament zusammengeschnürt, und jetzt, wo wirklich nichts mehr zu ändern ist, taucht der Entwurf auch auf der Webseite des Ministeriums auf. Sehr schön auch die Presseerklärung zu diesen Vorgängen, in der eine "Stärkung der Kompetenzen des Aufsichtsrats" (wollte bestimmt niemand), "Flexiblere Organisationsstrukturen" (gewisse Zugeständnisse an diverse Rektorate), eine "Option erweiterter Fakultätsrat" (ein schlechter Scherz, der mit den Wünschen nichts zu tun hat) und "neue Personalkategorien" (eine Not-Korrektur böser Schnitzer) als Berücksichtigung von 130 Stellungnahmen mit 650 "Anregungen" (ein nettes Wort für "vernichtende Kritik", das müssen wir uns merken) aus dem Anhörungsverfahren verkauft werden soll. Zum letzten Punkt, den Personalkategorien, entblödet sich das Ministerium nicht, anzumerken, für die Juniorprofessur müsse "allerdings zunächst noch der Bundesgesetzgeber den Weg frei machen" -- nachdem Frankenbergs Ministerium das entsprechende Gesetz (HRG 5) erst kurz zuvor vor dem Bundesverfassungsgericht abgeschossen hatte. Sheesh.
Dieser Artikel wurde zitiert am: 27.07.2004, 30.09.2004