Die Burschenschaft Normannia versammelt den rechten Rand
Seit einem guten Jahr ist die Burschenschaft Normannia in einer Öffentlichkeitsoffensive: Zunächst hat sie Mensa mit Werbung für Naz nationalkonservative Vorträge des Typs "Die Polen sind am 2. Weltkrieg schuld" und "Südtirol muss vom Italiener befreit werden" geflutet und dann auch mal interessante Broschüren über die große Rolle der Verbindungen in der stolzen deutschen Geschichte der letzten 200 Jahre verteilt. Am nächsten Samstag (10.7.) nun wollte sie einen mit etwas Lebensart getünchten Ringelpietz ("Gespräche unter dem Schloss") mit Vertretern der so genannten "neuen Rechten" veranstalten, und zwar zum Thema "Deutschland in der Globalisierungsfalle".
Kommen wollten dazu Michael Nier, NPD-Kader und Autor in diversen anrüchigen Postillen, Gerhoch Reisegger, populärer Redner bei allerlei Nazifesten wie dem "Deutsche Stimme-Pressefest", Karl Richter, Ex-Kader der "Deutschen Liga für Volk und Heimat", und Eberhard Hamer, Autor bei solch ausgewiesenen Publikationen wie dem Ostpreussenblatt und -- natürlich -- der Jungen Freiheit.
Derart hochkarätige Experten für die jüd das Leiden des Deutschen Volkes bekommt auch eine Burschenschaft Normannia nicht von heute auf morgen. Kontakte zu allerlei großdeutschen, völkischen und antisemitischen Klüngeln pflegt sie schon traditionell, nicht nur über ihre Mitgliedschaft in der Burschenschaftlichen Gemeinschaft (eine technisch bessere Webseite dazu -- die vielleicht nicht mal viel aufschlussreicher ist -- hat nadir).
Eben weil Ewiggestrige im Haus der Normannen am kurzen Buckel nichts Neues sind, ist die Einschätzung des Innenministeriums von 2002, nach der "keine Anhaltspunkte" für die Vermutung vorlägen, dass Verbindungen in Baden-Württemberg "Beziehungen zu rechtsextremistischen Vereinen, Parteien und Organisationen unterhalten", so alarmierend.
Wenn also die staatlichen Hüter der Verfassung eine gewisse laterale Sehschwäche an den Tag legen, müssen Privatmenschen bei der Verteidigung der Freiheitlich-Demokratischen Grundordnung einspringen. Genau dazu ruft die AIHD auf: Eine Kundgebung am 10.7. um 11.30 Uhr auf dem Heidelberger Kornmarkt soll unter dem Motto "Nazi-Strukturen aufdecken -- Gegen Faschisten aller Couleur" dem braunen Treiben zumindest einmal ein Symbol entgegensetzen. Reichliche Teilnahme ist natürlich Voraussetzung dafür, dass das Symbol auch gesehen wird.
Einen ersten Erfolg hatten sie schon: Die Verben oben sind im Präteritum, weil die Normannia ihre Veranstaltung inzwischen abgesagt hat, offiziell wohl unter einem Vorwand der Art "Wir hätten gerne auch Liberale dabeigehabt, aber die haben abgesagt". Dies mag glauben, wer will -- alle anderen sollten das ihre zur Kundgebung der AIHD beitragen, die viel eher als Grund für den Rückzieher in Frage kommt.
Nachtrag (12.7.2004): Die erwähnte Absage war -- surprise, surprise -- offenbar nur ein Täuschungsmanöver. Tatsächlich hat die Normannia versucht, das Essighaus für ihre Veranstaltung anzumieten -- doch hatte sie damit kein Glück. Nach allem, was derzeit bekannt ist, fand die Veranstaltung nicht statt, während die Kundgebung der AIHD immerhin rund 100 Menschen auf den Kornmarkt zog.
Dieser Artikel wurde zitiert am: 19.11.2004