"Heidelberger Studenten" in Aktion?
Während der Rede des Prorektors für Lehre und Kommunikation, Thomas Pfeiffer, betraten plötzlich drei "Sicherheitsbeamte" die Neue Aula der Universität und machten im Publikum einen sichtlich sozial schwachen Studenten aus, welcher seine Studiengebühren offenbar nicht bezahlt hatte. Mit den Worten "Er hat nicht gezahlt, darum fliegt er raus!" wurde der Prorektor lautstark in seiner Lobhudelei unterbrochen und der Student mit Gewalt aus dem Saal geschafft.
In den beiden darauf folgenden Reden ließ es sich zuerst der Oberbürgermeister Eckart Würzner nicht nehmen, die seinen Worten zufolge zahlreich anwesenden ausländischen Neuimmatrikulierten im Namen der "wunderschönen Stadt Heidelberg" in gebrochenem Englisch zu begrüßen. Daraufhin begann der Vertreter der "Gesellschaft der Freunde der Universität" voll Lyrik und blühender Metaphern Joseph von Eichendorff als den vorbildlichen "Heidelberger Studenten" zu stilisieren, wobei er sich ein Beispiel an Ministerpräsident Günther Oettinger zu nehmen schien und sich offenbar nicht bewusst war, dass der "Heidelberger Student" vor und während der Zeit des Nationalsozialismus das Propagandablatt des Nationalsozialistischen Deutschen Studentenbunds war und eine erheblich schwerwiegendere Bedeutung für die Universität hatte als gut 130 Jahre vorher die kurze Stippvisite Joseph Karl Benedikt Freiherr von Eichendorffs.
Im Kontrast zu seinen Vorrednern machte daraufhin Johannes Wagner von der Studierendenvertretung FSK in seinem Beitrag (hier im Volltext) deutlich, dass die Lage der Exzellenzuniversität keineswegs so rosig ist, wie die Universitätsleitung gerne glauben machen würde. In zynischen Worten formulierte er die deutliche studentische Kritik an der aktuellen Politik des Rektorats, wichtige Gremien nicht an Entscheidungsprozessen zu beteiligen und dem Gespräch mit den Studierenden aus dem Weg zu gehen.
Die abschließende Einlage der Capella Carolina, ironischerweise eine Version des Monty-Python-Songs "Always look on the bright side of live", sollte die Festivität eigentlich beenden. Doch auch zu Ende der Veranstaltung machten unzufriedene Studierende ein weiteres Mal lautstark auf die Missstände an baden-württembergischen Universitäten aufmerksam, indem sie unter dem Ruf "Bildung für alle -- und zwar umsonst" an der Empore ein Banner befestigten, das einen brennenden 500 Euro-Schein, geziert mit dem Konterfei des Rektors zeigte. Dabei wurden Flugblätter in den Saal herabgeworfen. Diese Aktionen machten noch einmal deutlich, dass die Studiengebührenproblematik trotz der gescheiterten Boykott-Versuche immer noch höchst aktuell ist und Studiengebühren weiterhin von der Mehrheit der Menschen abgelehnt werden.
Auch wenn die studentischen Aktionen während der Festivität frenetischen Beifall fanden, findet sich in der RNZ übrigens kein Wort zu den studentischen Beiträgen. Der UNiMUT ist gespannt, was sonst für Reaktionen kommen...
Dieser Artikel wurde zitiert am: 11.04.2008