Pecunia non olet
Seit 1. April 2008 (und das ist leider kein Aprilscherz) können die Latein- und Griechischkurse für Hörer aller Fakultäten nicht mehr wie bislang von allen Studierenden kostenfrei belegt werden. Sie kosten nun 28 bzw. 42 Euro. Ausgenommen von der Zahlung der Gebühren sind nur Studierende, die den Besuch genau dieser Kurse in ihrer Prüfungsordnung zwingend festgeschrieben haben. Dies ist besonders perfide, da Studierende in vielen Fächern als Voraussetzung für die Zulassung zur Prüfung Latein- und Griechischkenntnisse oder das Latinum bzw. Graecum nachweisen müssen, sie damit aber de jure die Kurse nicht besuchen "müssen", sondern sie "freiwillig" - also nur gegen Gebühr - besuchen können.
Laut Mitteilungsblatt des Rektors wurde die auf den 19. März datierte Neuregelung am 25. März von Rektor Eitel per Eilentscheid beschlossen. In der Senatssitzung am 1. April wurde die Einführung der Gebühren nicht mitgeteilt, obwohl der Rektor nach § 11 der Verfahrensordnung der Universität Heidelberg "die Gründe für die Eilentscheidung und die Art der Erledigung [...] unverzüglich, spätestens jedoch in der nächsten Sitzung" hätte mitteilen müssen.
Mit diesem Vorgehen beschnitt das Rektorat die Mitwirkungsrechte der Kollegialorgane, insbesondere des Senats - denn eigentlich werden derartige Satzungen im SAL vorbereitet und dann im Senat verabschiedet; in diesem Falle hätte man auch den Fakultätsrat der Philosophischen Fakultät beteiligen können. Indem der Senat weder unverzüglich noch in der nächsten Sitzung informiert wurde, verstieß der Rektor auch noch gegen die Verfahrensordnung. Offenbar ist es nach Auffassung des Rektorats nun, da man sich Exzellenzuniversität nennen darf, nicht mehr nötig, sich an die Spielregeln zu halten -- die Hochschulführung testet mit dieser offenkundigen Umgehung der vorgesehenen Entscheidungsinstanzen aus, wie weit sie gehen kann.
Warum - so fragt man sich - erhebt eine Universität, deren Rektorat bisher eigene Mittel zur Finanzierung der Kurse hatte und die einen Großteil der seit 2007 erhobenen Studiengebühren noch nicht ausgegen hat, auf einmal Gebühren für diese Kurse? Mit vorausschauendem Denken scheint das Rektorat ebenso wenig gesegnet wie mit kompetenter Haushaltsführung: Unlängst muss im Geschacher um Gebühren, Stellen und Streichungen der Überblick verloren gegangen sein und so scheint die Handlungslogik des Rektorats weitestgehend davon bestimmt zu sein, an möglichst vielen Stellen Geld von den Studierenden einzunehmen, kollegiale Entscheidungsfindungen zu umgehen. Und das, obwohl das Rektorat letztlich alle Beschlüsse zuarbeitender Gremien kippen kann.
Immerhin ein Motiv jedoch lässt sich hinter der kruden Vorgehensweise vermuten: Wie an einigen Stellen mündlich bereits argumentiert wurde, wird das Rektorat wohl darauf verweisen, dass auch am Sprachlabor Gebühren für Kurse erhoben werden (1) und man Griechisch und Latein gleich behandeln sollte.
Dass man auch am Sprachlabor die Gebühren abschaffen könnte und stattdessen Haushaltsmittel oder Studiengebühren für die Finanzierung einsetzen könnte, daran denkt offenbar niemand im Rektorat. Es scheint es dem Rektorat vorrangig darum zu gehen, den Studierenden Geld abzunehmen, um den propagierten Mehrwert eines Studiums an einer so genannten Eliteuni in bare Münze umzuwandeln. Was nichts kostet, kann ja nicht viel wert sein - und je mehr Gebühren erhoben werden, je mehr ein Studium in Heidelberg insgesamt kostet, desto mehr ist dieses Studium auch wert. (Und wer das nicht zahlen kann, dem/der ist Ausbildung offenbar nicht viel wert.) Durch diese krude Logik verfestigt sich der Eindruck, Bildung sei wie eine Ware zu behandeln. Gleichzeitig können immer mehr Studierende sich ein Studium in Heidelberg nicht mehr leisten. Beides scheint im Exzellenzkonzept des Rektorats eine wesentliche Rolle zu spielen. Wie schade, dass Geld nicht stinkt...
1 Übrigens war dem nicht immer so. Nachdem die Kurse anfangs von Studierenden der Universität als Bereicherung im Rahmen ihres Studiums kostenfrei besucht werden konnten, wurden unter dem Rektorat Ulmer die Gebühren eingeführt. [Zurück]
Dieser Artikel wurde zitiert am: 11.04.2008