Kaum etwas scheint Wissenschaftsminister und andere Hochschludeformateure angenehmere Schauer zu verschaffen als die Idee von Vertretern (!) der Wirtschaft in Unigremien. Stand schon im Entwurf des Bayrischen Kultusministers Zehetmair sowas drin, geht Wissenschaftssenator Radunski in Berlin jetzt noch ein paar Schritte weiter. Das Kuratorium der Humboldt-Uni -- dessen Vorsitzender Radunski ist -- hat gestern beschlossen, die eigenen Kompetenzen (und noch ein paar dazu) auf einen Rat von "staats- und universitätsfernen" Personen zu übertragen -- was wohl nur heißen kann, auf die Herren in Nadelstreifen. Das ist weit mehr als das beratende Gremium, das Zehetmair vorgeschlagen hatte, auch wenn die gegenwärtigen Aufgaben des Kuratoriums, ursprünglich gedacht als "Bindeglied" zwischen Uni und Gesellschaft, keine allzu weitgehenden Eingriffe in die Hochschule zulassen.
Das Signal, das von diesem Beschluss ausgeht, ist trotz einer Befristetung der Regelung auf drei Jahre klar: Die Unis der Wirtschaft, die Profs alleine schaffen keine Uni, wie sie Daimler, Siemens und Hoechst wollen. Wissenschafts- und Lehrfreiheit, gar Lernfreiheit oder verantwortliches Forschen sind in dieser Gedankenwelt alte Zöpfe, die abgeschnitten gehören. Und Demokratie ist was für Debattierklubs, richtige Arbeit wird von richtigen Männern gemacht. Für ein Demokratieverständnis dieser Art spricht auch die Radunskis Versammlungsleitung: Der Gewerkschaftsvertreter hatte einen etwas gemäßigteren Vorschlag eingebracht und war damit auf Zustimmung bei der Mehrheit der KuratorInnen gestoßen. Dies schmeckte Radunski nicht, und so ließ er ganz einfach so lange abstimmen, bis der Vorschlag durchfiel, nicht ohne vorher seine eigene Beschlusslage messerscharf deutlich gemacht zu haben.
Profile werden allenthalben geschärft. Doch je schärfer die Konturen werden, desto hässlicher sind die Fratzen, die da zu erkennen sind.