Redefreiheit an der Freien Uni (8.1.98)

Mit einem kleinen Eklat begannen am Dienstag die Feierlichkeiten anlässlich des fünfzigsten Jahrestages der Gründung der FU Berlin. Der Präsident der FU, Johann Gerlach, hatte allerhand Prominenz ins John-Ford-Haus eingeladen, unter anderem Trothas Mitstreiter im Kampf für Studiengebühren, den Berliner Wissenschaftssenator Radunski. Als Vertreter der Gründernation war der Botschafter der USA, John Kornblum, Gaststar -- die FU war 1948 als Hochschule der Re-education von US-Behörden gegründet und zumindest anfänglich auch ganz wesentlich finanziert worden. Nur am Rande: Mit diesem Anspruch kann die Uni heute offenbar nichts mehr anfangen. Gerade gestern kam die Nachricht, das OSI wolle 200000 Bände einer Bibliothek, die der Traum jeder/s FaschismusforerIn ist, in alle Winde zerstreuen.

Angesichts des drohenden Endes der FU -- hartnäckig halten sich Gerüchte, eine der drei Berliner Unis solle dem "Sparzwang" zum Opfer fallen, und weder TU noch HU kommen dafür in Betracht -- fanden rund 300 Studis, es gebe nicht viel zu feiern und störten die Begrüßungsworte Gerlachs so nachhaltig, dass dieser nach Rühes Vorbild auf einen guten Teil seiner Ausführungen verzichtete und den Studierenden das Verlesen einer Resolution mit dem Titel "Es gibt nichts zu feiern" gestattete -- traurig genug, dass sich die Studis ihren Platz bei der Feierstunde erst erkämpfen mussten. Im Gegenzug sollte zumindest der US-Botschafter seine Worte ohne Störung verlesen können, und tatsächlich konnte er das weitgehend (auch wenn sich Tagesspiegel und Neues Deutschland in seltener Einigkeit über einen einsamen Zwischenruf "USA und CIA raus aus Mexiko" ereiferten). Die Studis hatten sich mittlerweile am mageren kalten Büffet gütlich getan.

Die Unileitung verzichtet auf Maßnahmen gegen die StörerInnen.

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