Praxis bis zum Erbrechen

Lehramtsstudium mit noch mehr Abkürzungen (10.11.2004)

Nach EPG, PS und SPS -- nicht zu vergessen FD -- müssen Lehramtsstudierende zukünftig bis zum Referendariat auch noch ein BSP und einen Kurs in Erster Hilfe nachweisen. Wem das zu viele Abkürzungen waren: EPG ist das Ethisch-Philosophische Grundlagenstudium, PS sind die Pädagogischen Studien und SPS ist das Schulpraxissemester; hinzu kommt noch die Fachdidaktik. All dies muss bis zur Anmeldung zum 1.Staatsexamen absolviert sein. (Ausnahmen sind nur möglich bei Studierenden, die von der Freisschussmöglichkeit Gebrauch machen: sie dürfen EPG- und PS-Scheine noch bis zur Prüfung im zweiten Fach nachreichen.) In Zukunft müssen Lehramtsstudierende obendrein noch bis zur Meldung zum Vorbereitungsdienst (Referendariat) ein Betriebs- oder Sozialpraktikum absolvieren.

Die Einführung eines Praktikums kommt vielleicht nicht völlig überraschend: das UG in der Fassung vom 28.3.2000 sieht in § 51 (5) vor, dass Hochschulprüfungsordnungen für die Zulassung zu einer Prüfung vorsehen sollen, "dass die Studierenden eine dem Studienziel dienende praktische Tätigkeit während der vorlesungsfreien Zeit des Studiums abzuleisten haben". Überraschend ist nur, dass jetzt für das Lehramtsstudium ein Praktikum, noch dazu eines mit indirektem Bezug zum Berufsfeld, eingeführt wird -- denn das SPS ist ja aufs Praxisfeld Schule gerichtet. Das Ministerium sah das offenbar nicht als ausreichend an, zumal das SPS ja als vorgezogener Teil der zweiten Phase der Lehramtsausbildung angelegt sein sollte (ihr erinnert euch: das unbezahlte SPS ersetzt ein bezahltes halbes Jahr Referendariat).

"Zukünftige Gymnasiallehrerinnen und Gymnasiallehrer" sollen jetzt durch das Betriebspraktikum "die sich wandelnden Berufsanforderungen kennen" lernen, in die ihre SchülerInnen kommen. Alternativ können durch das Sozialpraktikum "zukünftige Referendarinnen und Referendare" einen "Einblick in den Alltag" von Jugendlichen "außerhalb des schulischen Bereichs" gewinnen. [Preisfrage: wieviele Abteilungen haben an diesem Merkblatt gearbeitet?]

Wie soll dieses Kennenlernen vonstatten gehen? Das Infoblatt zum BSP des Ministeriums klärt einige Fragen, vor allem die Dauer: in der Regel 4 Wochen. Manches bleibt offen, vor allem was die Anerkennung gleichwertiger Leistungen angeht. Fragen hierzu beantwortet theoretisch das Landeslehrerprüfungsamt, Außenstelle Karlsruhe, praktisch sollte man lieber gleich beim Ministerium nachfragen, da die untergeordneten Stellen derzeit noch nicht so genau informiert sind. Die monatliche Sprechstunde des Prüfungsamtes in Heidelberg findet, das nur zur Warnung, erst nächstes Jahr im Februar wieder statt. Der UNiMUT empfhielt derweil vor Ort in Heidelberg als bewährte Anlaufstellen: das ZSW, das Lehramtscafé des EWS und den AK Lehramt der FSK .

Die Wirtschaft kann auf jeden Fall in Zukunft auf eine Generation junger motivierter Lehramtsstudierender von den Unis bauen, die sich Grundkenntnisse im Kaffeekochen, Unterlagen-sortieren, etc. aneignen müssen.

Den Erste-Hilfe-Kurs, der versteckt in der APrOGym, § 2, Punkt 7 gleich mit dem BSP eingeführt wird , hätte man vielleicht auch in den Vorbereitungsdienst integrieren können. Dass Ministerium möchte aber, indem es diesen Kurs nicht selber anbietet, vermutlich die Eigenverantwortung der Studierenden für ihr Studium stärken. Die Einführung einer internetgestützen Anmeldung fürs SPS wird nämlich vom Land in einer Landtagsanfrage (13/2322, S. 10) wie folgt begründet: "das Anmeldesystem basiert auf einer elektronischen Plattform und stärkt in seiner Anlage die Selbstverantwortung der Studierenden für ihre Ausbildung." Das kann man sicher unterschreiben: wer seine vorlesungsfreie Zeit mit SPS, BSP, Praktika fürs Studium oder Hausarbeiten verbringt, hat wirklich Verantwortung übernommen, wenn er oder sie nicht zufällig ein dickes Bankkonto hat.

Nun könnte man an der Universität selber überlegen, den Studierenden die Suche zu erleichtern bzw. den Betrieben die vielen Einzelanfragen zu ersparen. Die Initiative "Magister in den Beruf" -- MiB -- könnte hier z.B. einiges auffagen. Allerdings ist Lehre nur verbal ein Schwerpunkt der Politik von Rektorat und Verwaltung. Insbesondere was die Information oder Beratung von Studierenden und speziell Lehramtsstudierenden angeht, ist eher nicht mit Engagement zu rechnen: Als die neue Lehramtsprüfungsordnung eingeführt wurde, befand das Dezernat für Studium und Lehre sich nicht für eine Infoveranstaltung zuständig; nur auf Druck des ZSW fand dann eine statt. Die Mehrheit des Rektorats stellt sich unter der Hand wohl eher die Frage, ob die Ruprecht-Karls-Universität in jedem Fach Lehramtsstudierende nötig hat oder die Ressourcen nicht besser in "richtige" Studierende steckt... Man könnte diese Aufgabe auch den geplanten lehrerbildenden Zentren zuordnen. In Sachen Elite ist Heidelberg sofort in die Diskussion eingestiegen -- in Sachen lehrerbildende Zentren gibt es aber allenfalls Andeutungen, was man auf keinen Fall will: eine Stelle, die in Sachen Lehramtsstudium Kompetenzen hätte oder es gar ernst nimmt. Das würde schon fast wieder dafür sprechen, sie mit der Organisation der BSP von Anfang an lahm zu legen...

Befürchtungen, dass Lehramtsstudierende nach der neuen Prüfungsordnung jetzt nur noch Praxis ("Kuschelpädagogik") machen, kann die Redaktion übrigens zerstreuen: auch im Fachstudium wurden die Anforderungen 2001 durch die neue Prüfungsordnung (alle Regelungen finden sich im LEU) nach der puren Zahl der Scheine erhöht, und durch stärkere inhaltliche Vorgaben an Seminar- und Püfungsthemen wurden auch die fachlichen Anforderungen angezogen.

Wann man all die Zusatzkurse machen soll, darüber schweigen sich die Erlasse aus. Dies, wie auch die Frage, wie man die Studierenden über die Änderungen informiert, ist vermutlich fürs Ministerium viel zu praktisch.

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Der Verein "autofrei leben" stellt sich vor

Auto Frei Leben (11.11.2004)

Auch wenn der folgende Artikel nicht aus Fachschafts- oder FSK-Kreisen kommt -- sein Thema ist hoch relevant für die Uni Heidelberg und ihre Studierenden. -- Red.

Kindheitserinnerungen: Wenn es im Sommer so richtig heiß war und wir in die Hocke gingen, konnten wir über dem heißen Asphalt der Straße die Luftschicht flimmern sehen und eine Fata Morgana beobachten, so wie Peter Lustig sie uns erklärt hatte. Nebenbei erschnupperten wir den Duft erhitzten Straßenbelags und fühlten uns wie kleine Entdecker. Der Geruch von Autoabgasen gehört genauso zu meinen Kindheitserinnerungen wie das beruhigende Brummen der Fahrzeuge. Dass wir nicht wie die Katzen an den Auspuffrohren eben erst abgestellter Fahrzeuge schnupperten, lag nur daran, dass uns irgendjemand gesagt hatte, dass Abgas giftig sei. Wir warteten aber vergeblich, dass die Katze tot umfiel, und als es nicht passierte, flüsterten wir das Wort "Langzeitfolgen" und "Bestimmt kriegt sie Krebs davon". Übrigens sind auch die roten Beeren an den Büschen der Grünanlage auch nicht tödlich. Überhaupt ist nie etwas Schlimmes passiert, wenn wir heimlich ein Verbot übertraten. Wo wir uns überall herum getrieben haben, will ich auch heute noch nicht offen zugeben. Natürlich kannten wir all die Gefahren, die auf kleine Kinder lauern, aus dem Fernsehen und den Warnungen der Eltern, doch mehr als blaue Flecke und Schürfwunden gab es für uns doch nie. Wir haben ja schließlich aufgepasst.

Ja, das waren noch Zeiten, damals in den 70ern. Man konnte in der Kleinstadt tagsüber im Wohngebiet auf der Straße Tennis spielen. Ab 16 Uhr, wenn die Berufstätigen aus der Arbeit kamen, brachte man allerdings keinen durchgängigen Ballwechsel mehr zustande. Auch wenn ich um 18 Uhr nach Schließung der Stadtbücherei nach Hause ging, kam ich kaum noch über die Straße, denn an der Ampel, an der Fußgänger und Autofahrer gleichzeitig Grün hatten, hielt fast nie ein Heimfahrer für mich, und am Zebrastreifen sowieso nicht. So stand ich dann am Straßenrand und sinnierte über die Menge der Autos. Waren es besonders viele geworden, verkeilten sie sich auf der großen Kreuzung, und ich konnte endlich nach Hause gehen. Heute haben wir in Deutschland mehr als doppelt so viele Autos wie damals.

Irgendwann bekam meine Mutter dann ihr eigenes Fahrzeug. Weil Papa, wenn er in der Mittagspause oder abends noch beim Supermarkt vorbei fuhr, sowieso immer das Falsche kaufte. Ab diesem Moment war es angeblich zu gefährlich für mich, zu Fuß durch den Ort zu gehen, und ich musste überall hin gefahren zu werden. Der Taxidienst begann etwas zu spät, als dass ich mich noch daran gewöhnt hätte. Während ich als Vierjährige allein zum Spielplatz ging, war zehn Jahre später dieser Weg angeblich zu weit und zu gefährlich für mich. Überall wurde ich hin gebracht und pünktlich angeholt. Plötzlich war alles überwacht, die Zeit genau geplant, es gab keinen Raum mehr für einen spontanen Plausch mit Christa nach dem Leichtathletik-Training oder einen Umweg. Überall stand Mama schon, natürlich zu früh gekommen, oder saß im Auto. Noch mehr drängelte sie, wenn sie wegen der anderen Mütter keine Lücke gefunden und den Wagen im Parkverbot abgestellt hatte.

Der Vollständigkeit halber will ich erwähnen, dass ich auch Kindheitserinnerungen habe, die nichts mit Autos zu tun haben. Allerdings spielt das Fahrzeug bei Erlebnissen außer Haus eine allgegenwärtige Rolle. Überall sind sie, die bunten Blechkarossen: auf jeder Straße, Parkplatz, Straßenrand, Flohmarkt, Urlaubsort, Waldweg.

Als ich anno 1990 zum Studieren in die Welt hinaus zog, ging und radelte ich wieder wohin ich wollte, frei wie in der guten alten Zeit. Seitdem ich das Wort "Langzeitfolgen" begriffen habe, genauso wie "Flächenversiegelung", "Klimaerwärmung" und die Grenzen des Wachstums hat die Autofreiheit für mich noch zusätzlichen Sinn bekommen. Wie das Leben so spielt, bin ich jetzt Vorsitzende von "autofrei leben!" e.V.. Der Verein vereinigt Menschen, die bewusst ohne Auto leben. Es geht also um gelebten Umweltschutz.

Ich bin 33 Jahre alt und arbeite seit September als wissenschaftliche Mitarbeiterin an der Uni Heidelberg. Wir haben hier in Heidelberg noch ein zweites Mitglied, aber ganz sicher gibt es in dieser Stadt und ihrer Umgebung noch viel mehr Menschen ohne Auto. Von denen würde ich gerne einige finden, um eine aktive Regionalgruppe aufzubauen.

Weitere Informationen findet ihr auf unserer Webseite oder direkt bei mir: andrea PUNKT herrmann BEI autofrei NOCH-EIN-PUNKT de.

Aus unseren Thesen zum Selbstverständnis:

Die negativen Folgen des Automobilismus sind hinreichend bekannt. Weniger bekannt ist, dass Besitz und Nutzung eines Autos für viele Menschen nicht selbstverständlich sind. Es ruft immer wieder Erstaunen hervor, auch bei Autofreien selbst, dass fast ein Viertel aller Haushalte in Westdeutschland ohne Auto leben, in Städten über einer halben Million Einwohnern sogar 40 Prozent. Auch wenn sie das aus sehr unterschiedlichen Gründen tun, so beweisen doch Millionen Menschen jeden Tag aufs Neue, dass es auch ohne Auto geht, ja dass man ohne Auto oft besser leben kann als mit. Diese Menschen, die vom öffentlichen Bewusstsein kaum wahrgenommen werden, leisten nicht nur einen wichtigen Beitrag zum Schutz von Mensch und Natur. Sie sind auch eine stille Herausforderung an eine Gesellschaft, die uneingestanden um die Folgen ihrer Automobilität weiß.

Wir wollen in Städten und Dörfern leben, die für die Menschen und nicht für die Autos gemacht sind. Wo die Straßen wieder zum Lebensraum und zur Stätte der Begegnung werden. Wo alternative, umweltverträgliche und sanfte Verkehrsmittel benutzt werden. Wo die Wege kurz sind, wo Produktion und Verteilung dezentral organisiert sind und wo Erholung und Entspannung auch in der Nähe möglich sind.

"Inaktive" gibt es bei uns keine, denn wer bewusst ohne Auto lebt, ist bereits aktiv. Wort und Tat gehen zwangsläufig zusammen. Das unterscheidet unser Selbstverständnis von klassischen Politikvorstellungen. Deswegen setzen wir unsere Hoffnungen auch weniger auf Staat und Politik als vielmehr auf die Fähigkeit und den Willen von immer mehr Menschen, aus unmenschlichen Zuständen auszusteigen und sich ihnen zu widersetzen. Wir haben einfach damit angefangen und wollen andere mitziehen.

"autofrei leben!" provoziert einerseits zwangsläufig ungläubige, kopfschüttelnde und aggressive Reaktionen der automobilen Sucht-Gesellschaft. Andererseits treffen wir mit unserer Art zu leben und mit unserem bewussten Nicht-Verstecken auf einen beachtlichen gesellschaftlichen Resonanzboden. Wir rühren an eine weitverbreitete und tiefsitzende, teils bewusste, teils halb- und unbewusste Unzufriedenheit sehr vieler Menschen mit der herrschenden Lebensweise.

Andrea Herrmann

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TU 9, Telekom 0

Wusstet Ihr schon... (19.11.2004)

...dass Frankenberg glaubt, Bachelor und Master seien für die technischen Fächer ein wahrer Segen, weil sie ihre IngenieurInnen dann schon nach drei Jahren ausspucken können, die technischen Hochschulen, die sich im TU9 genannten Konsortium zusammengeschlossen haben (eigentlich alle wesentlichen) in einer fast gleichzeitigen Presseerklärung mitteilen, dass sie eigentlich nur ungern Bachelors ins Leben entlassen würden und natürlich den Master (nach fünf Jahren Studium) als Regelabschluss haben wollen. Zwei der TU9-Mitglieder (Karlsruhe und Stuttgart) unterliegen übrigens dem MWK-Diktat -- es würde vielleicht ein klein wenig helfen, wenn sich Frankenberg dann und wann mit seinen Gefolgsleuten unterhalten würde, bevor er den Mund öffnet. Zu viel sollte mensch da aber auch nicht erwarten, denn wirklich klare Gedanken sind auch bei TU9 nicht zu finden.

...dass ihr nicht nur die Neuigkeiten vom UNiMUT, sondern auch die des URZ per RSS abonnieren könnt? Hättet ihr das schon vor einer Weile getan, hättet ihr erfahren, dass die Modem-Zugangsnummer des URZ (nämlich die 649720) auf der schwarzen Liste der Telekom gelandet ist. Das bedeutet, dass Studis, die sich extra zum Internet-Zock^[4bC zur Arbeit mit dem Internet am Wochenende einen XXL-Vertrag haben aufschwätzen lassen, in Zukunft (die Telekom probiert, diese Zukunft am 1.12. beginnen zu lassen, aber es bestehen begründete Zweifel, ob sie das hinkriegen wird) ganz normale, hässliche Gebühren für Verbindungen zu dieser Nummer bezahlen müssen, obs nun Tag des Herrn ist oder nicht. Zeit zu wechseln.

...dass ihr auch an der Uni Heidelberg 5000 Euro für einen akademischen Titel loswerden könnt? So viel kostet nämlich ein Master of Arts in American Studies, den ihr am Heidelberg Center for American Studies in einem Jahr machen könnt. Das Center -- es residiert abseits der Restuni in der weststädtischen Schillerstraße -- wird von der Uni-Pressestelle und dem Wissenschaftsminister als wegweisend verkauft. Das ist der Weg. Das Ziel sind 30000 Euro pro Jahr.

...dass die RNZ doch nicht die finale Informationsquelle ist? Bestimmt, aber ein schönes Beispiel für die Defizite war die Berichterstattung über das leider immer noch alljährliche Heldengedenken auf dem Bergfriedhof. Zwar hat das Blatt verzeichnet, dass die rechtsextreme Burschenschaft Normannia in diesem Jahr nicht mehr ihren Kranz für all die tapferen Landser, die für Führer und Lebensraum mordeten, neben die Kränze von Stadt und modernem Militär niederlegte, gerüchteweise, weil die Stadt sie recht bestimmt ausgeladen hatte. Nicht ausreichend gewürdigt war allerdings das ehrliche Bemühen von Seiten der Stadt, die Gruselveranstaltung doch ein wenig zum Gedenken an die Opfer und weniger zur Ehrung der Täter zu machen. Einen Ausdruck fand das einerseits in einem Kranz, der vom Zentralrat der deutschen Sinti und Roma beigetragen wurde, andererseits in der Rede von Bürgermeister Eckart Würzner, der immerhin Shoa und Massenmord erwähnte und nicht, wie Raban von der Malsburg 2002 Formulierungen vortrug, die sehr leicht als die Behauptung, Hitlers Wehrmacht habe Recht und Freiheit in der Welt verteidigt, zu interpretieren gewesen wären.

...dass es sein kann, dass einige Prüfungsordnungen auch in Heidelberg eigentlich nicht rechtmäßig sind? Zumindest einige Magister- und Diplomstudiengänge, denn nach der SPVO -- der "Verordnung des Wissenschaftsministeriums über den Rahmen für das Studium und die Prüfungen in universitärern Studiengängen (Studien- und Prüfungsverordnung - Universitäten - SPVO-Uni)" -- vom 3.April 2001 darf eine gewisse Anzahl an Prüfungsleistungen und Leistungsnachweisen in einem Studiengang nicht überschritten werden. Faustregel: ab 32 derartiger Leistungen wird es illegal. Dies wurde auch einem Tübinger BWL-Studi vom Verwaltungsgericht Sigmaringen bescheinigt, der nach dem Erbringen ausreichender Leistungsnachweise seinen Abschluss einklagen wollte. Allerdings wurde ihm dies dann verwehrt, da zwar die Prüfungsordnung nicht rechtmäßig sei, aber alle Tübinger BWL-Studis gleich ungerecht behandelt würden... In der zweiten Instanz klagt er jetzt auch ein Zeugnis ein und hat recht gute Erfolgsaussichten -- und das Land könnte einigen Ärger bekommen. Vor allem, wenn Studierende klagen, die mehr Leistungen erbringen mussten als die SPVO vorsieht und 1000 DM zahlen mussten...

Walter I. Schönlein

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Dieser Artikel wurde zitiert am: 23.04.2005

Der Preis des Studitickets explodiert

Danke, VRN (30.11.2004)

Nachdem in einschlägigen Medien der Uni Heidelberg die Bedrohung des vielgeliebten Semestertickets durch Preiserhöhung oder gar Abschaffung breitgetreten wurde, stehen wir nun endlich vor vollendeten Tatsachen. Die Zukunft des Semesterticket ist für vier Jahre festgeschrieben und findet ihr Happy End bei einem Verkaufspreis von 120 Euro und einem leicht erhöhtem Rückmeldebeitrag. In runden 10-Euro-Schritten eilen wir den Vorstellungen des VRN für einen angemessenen Preis für das Ticket entgegen.

Genauer wird der Solidarbeitrag, den alle Studierenden bei der Rückmeldung bezahlen, ab dem nächsten Wintersemester auf 20 Euro steigen (5 Euro davon sind offiziell als "für die Abendregelung" deklariert). Der Preis für das Semesterticket wird zu diesem Zeitpunkt auf zunächst 89 Euro erhöhrt und soll dann parallel zum Preis des Maxx-Tickets steigen -- wird das Maxx-Ticket etwa um 1.50 pro Monat teurer, fallen für das Semesterticket 9 Euro mehr an, weil es ja sechs Monate gilt (und in diesem Rahmen wird sich die Inflation auch bewegen).

Mal wieder haben die Studis spüren können, was es heißt, mit einem Monopolisten zu verhandeln. Glücklicherweise ist uns der VRN jedoch aus reiner Nächstenliebe etwas entgegengekommen. Der ursprünglich angepeilte Verkaufspreis von 138,- Euro wurde durch die leichte Anhebung des Grundpreises für alle Studis im VRN-Einzugsgebiet, immerhin 79.000 an der Zahl, quasi umgerechnet. Ein echtes Entgegenkommen, genau wie die Beibehaltung der Abendregelung in Heidelberg. Da sehen wir gewiss alle gern über den Preisanstieg von knapp 50% hinweg.

Zum Glück konnte uns der VRN jedoch auch erklären, warum diese "Anpassung" notwendig wurde. Derzeit werden nämlich die Zuwendungen für den Ausbildungsverkehr aus den Landeskassen um jährlich 4% gekürzt. Dazu kommt eine betriebswirtschaftliche Ungereimtheit, die dafür sorgt, dass dem VRN jährlich 8% der Landeszuschüsse verloren gehen. Um eine Vorstellung zu geben: Im Augenblick kassiert der VRN für jedes verkaufte Studiticket noch einmal 138 Euro vom Land.

Nun kann jedeR, der/die mal mit Mathematik zu tun hatte (oder auch nicht) gerne nachrechnen. Aber wir wollen uns natürlich nicht beschweren und sind lieber glücklich mit unserem Ticket, gestattet es uns doch die Nutzung des phänomenalen VRN-Angebotes mit seinen pünktlichen Bahnen voller freier Sitzplätze. Schließlich wollen wir doch alle gerne bis zur französischen Grenze fahren und nicht etwa nach Karlsruhe, Heilbronn oder gar Darmstadt. Und sicherlich wird auch kaum einE StudierendeR wegen der paar Kröten abspringen und gar mit dem Fahrrad oder dem Auto fahren.

Bestimmt. Na gut. Freuen wir uns also auf mehr Platz in den Straßenbahnen und Bussen und mehr Verkehr auf den Straßen im Verkehrsmekka Heidelberg.

Studi-Wünsche von Uni vertreten?

In den harten Verhandlungen um das Semesteterticket wollten sich Unis, Studentenwerke und Studierende aus Heidelberg und Mannheim zusammenraufen, um ein faires Semesterticket auszuhandeln. Auch wenn die Anfänge eigentlich Anlass zur Hoffnung gaben, stellte sich doch bald heraus, dass Worte vergänglich sind. Nachdem der VRN sehr resolut auftrat und mit einem vorzeitigen Ende der Verhandlungen drohte, wurden die unterschiedlichen Positionen innerhalb der Koalition der Gerechten -- Rektorate, Studiwerks-Chefs und Studierende der Hochschulen im VRN-Gebiet -- schmerzhaft deutlich.

Prinzipiell hieß die Maxime der Unis und Studentwerke: Semesterticket um jeden Preis. Die VertreterInnen der Studis hatten so ihre Zweifel und begannen mit einer wissenschaftlichen Befragung der Studierenden, welche die bereits durchgeführte Umfrage des StuWes überprüfen sollte.

Hier kam Spannendes zutage. Anscheinend sind nur wenige Studis (15%) bereit, mehr als 100 Euro zu zahlen und offenbar können ca. ein Drittel der Befragten auf ein Auto umsteigen. Aufgrund dieser und anderer Ergebnisse stellten die Studierendenvertretungen die Forderung auf, den Ticketpreis bei 100 Euro zu deckeln. Der VRN machte sofort klar, dass an seinen Forderungen eines Semestertickets für schlussendlich 120 Euro nichts zu drehen sei.

Nun galt es also, das Angebot erstmal abzulehnen, auch wenn dies natürlich eine ernste Gefährdung des Tickets bedeutet hätte -- in den Augen der Studi-Vertretung die einzige Möglichkeit, glaubwürdig zu verhandeln. Und schon war er gekommen, der große Moment, als sich die Koalition der Gerechten in alle Winde zerstreute.

Leider gelang es den Studi-VertreterInnen nicht, den Verwaltungsrat unseres Studentenwerks von der Dringlichkeit einer Ablehnung zu überzeugen. Stattdessen drängte der Rektor, kraft Amtes Vorsitzender dieses Gremiums, auf eine Annahme des Angebotes, da alles andere ja unverantwortlich sei. Unverantwortlich für eine Elite-Uni, die neben einem Elitestudienangebot auch die Standardausstattung haben sollte -- und dazu gehört neben einer Mensa inzwischen halt auch ein Semesterticket. Und so stehen wir also vor der drastischsten Preiserhöhung seit dem "genialen Erfolg" des Angebots bei seiner Einrichtung 1993. Um zum Schaden noch den Spott zu fügen, möchte das Rektorat übrigens gern, dass die Schäfchen glauben, es habe wie ein Löwe für sie gekämpft und verweist auf "Erfolge" wie ein Sonderkündigungsrecht, sofern der Preis des Semestertickets über 120 Euro steigen wird oder die Quote der KäuferInnen zu stark einbricht.

Diese eklatante Missachtung des Willens der Studierenden illustriert neben vielem anderen auch eins: Die Forderung nach Verfassten Studierendenschaften ist nicht eine Spintisiererei von Profilneurotikerinnen und Berufsquerulanten. Hätten wir nämlich in Baden-Württemberg die Verfasste Studierendenschaft, die VS, hätte die Studivertretung selbst mit dem VRN verhandeln können -- so, wie es in den meisten Bundesländern ja auch geht. Aber auch das neue LHG sieht keinesweg vor, die entsprechende Bundesregelung umzusetzen, und so werden Rektoren und VRN-Chefs weiterhin unter sich ausmachen, wie viel euch das Studiticket kostet.

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Dieser Artikel wurde zitiert am: 20.12.2004, 26.01.2005, 31.01.2006, 31.01.2006