Zurück: Und sie bewegt sich doch -- nicht! | Inhalt |
Und schon sind wir am Ende dieser neun Monate angelangt, die ich in Salamca verbringen durfte. Zeit, einmal den Blick zurück zu richten, ob sich nicht doch vielleicht einige Notizen und Erinnerungen finden lassen, die sich zu einem brauchbaren Ganzen zusammensetzen lassen. Ach welch' schöne Bestätigung, in den Gesichtern anderer denselben Zweifel zu sehen, das unsichere Zögern ihres zielgerichteten Schrittes zu bemerken, und das endlose Staunen aufgerissener Augäpfel, wenn sie die mager ausgeschilderten und von Außen kaum unterscheidbar gestalteten Uni(-Sex)-Toiletten betreten.
Oder das empörte Runzeln auf der Stirn neu angekommener Austausch-Studenten beim Versuch zu lesen, sich in der Cafetería zu verständigen; da hilft eben einfach nur gegen den Lärm anzubrüllen, oder eben gar nicht reden, sondern sich das super billige und super leckere Essen schmecken zu lassen.
Und die WG, wenn Alessandro sein Handy nicht findet und ich -- der König des Klopapiers, der die lange Zeit des Wartens durch entschiedenes Einschreiten beendete - ich klingel' ihn schließlich an und erlöse ihn aus dieser mißlichen Lage, daß ihm ein dünner Glockenschlag den Weg zur Tugend weise, dessen Bedrohungen der Eisverkäufer in der Stadt auf seinem Videospiel wahrscheinlich gerade kaltmacht.
Aber habe ich nicht noch etwas vergessen, jetzt, am Ende aller Tage, wenn sich der Himmel zum letzten Mal schließt. Einen Döner wollte ich noch in der Bude nebenan essen, Photos von meinem Uniweg sollten geschossen werden, erledigt. Nicht erledigt: ein Bocadillo in der Rentner-Bar gegenüber auszuprobieren, mir ein Hähnchen im "Asador Extremeño" zubereiten zu lassen. Dagegen habe ich noch geschafft: mehrere Nachmittage auf den sonnenbeschienen Treppen vor der Fakultät abzuhängen, einmal so richtig im nahen Parque de los Jesuitas, dem größten Salamancas, rumzuliegen und mich bräunen zu lassen, sowie schließlich: Lissabon.
Wenn ich schon nicht mehr von Spanien gesehen hatte als meine Region samt Madrid, dann wenigstens einmal in Lissabon gewesen sein! Im Portugal-Nacht-Express im jeweils einzigen voll belegten Abteil fahren, sich entweder von unruhig unentschlossenen Mitmenschen oder teilweise überquirligen Italienern die Nacht zum Tage machen lassen. Die Hauptstadt Portugals in ihrer ganzen Pracht vom Kastell zu betrachten und den Atlantik wiederzugrüßen, aber auch nicht die Augen zu verschließen vor den Bettlern und heruntergekommenen Gebäuden, die direkt neben renovierten Innbars und Hotel eine einzigartige Ästhetik zwischen bettelarm und superchic bildeten.
Zurück in Salamanca dagegen ein ganz anderes Bild. Die Zeit wird immer leerer vor lauter Abschieden. Es kommt der Moment, daß man geht, damit man nicht als letzter alleine zurückbleibt und nicht mehr weiß, mit wem man sich treffen soll, um seine eigene Abschiedsparty zu feiern oder ein letztes Mal in das allererste Café zu gehen, daß man damals, als neu Angekommener besucht hatte. Doch dafür kommen ja bald die neuen. Diese, meine internationale Erasmus-Gemeinde weht der Wind wieder in ihre heimischen Gefilde.
Sooo, und jetzt gehen mir leider meine letzten mitteilungswürdigen Erinnerungen und Notizen aus. Ich bedanke mich bei allen, die mit mir dieses Jahr in Salamanca gelebt und gewohnt haben, und bei euch allen, die ihr regelmäßig meine Berichtchen gelesen habt und sogar in Sorge ward, als sie eine Zeitlang ausfielen. Doch nicht verzagen! Denn a) auch ihr könnt nach Salamanca kommen. Hinweise für eine Erasmus-Bewerbung gleich welcher Art findet ihr auf den Seiten der FSK. Und b) vielleicht lesen wir uns ja vielleicht bald wieder. Schaut mal auf die anderen Berichte aus aller Welt rein. Tschüß, Euer Michael
Zurück: Und sie bewegt sich doch -- nicht! | Inhalt |