Nach seinen Features über Sibirien und die antarktische See hat Space uns zum Abschied noch einen kleinen Text über seinen Abschied von der Uni geschickt. Es sei nur kurz angemerkt, dass wir Bewerbermessen trotzdem nicht toll finden... -- Red.

Nach Berlin zum Verlag

Prolog

Pünktlich um 7.30 legt mein Wecker los. Ich stehe auf, dusche, rasiere mich, mache mich fertig, frühstücke. Aus dem Haus um 8.45. Alles ist so, wie die letzten Jahre auch -- fast so. Denn mein Weg führt nicht mehr von der Weststadt zu einem Physikinstitut im Neuenheimer Feld in Heidelberg, sondern vom Prenzlauer Berg zu den Büros eines Wissenschaftsverlags in Berlin.

Am Arnimplatz, dem kleinen Park vor meiner neuen Bleibe, kann ich noch einmal Luft tanken, doch dann geht es zu Verkehrsadern, auf denen auch außerhalb der Stoßzeit merkbar mehr Betrieb ist als auf der Kurfürstenanlage in Heidelberg. Schnell sind hier die Fahrzeuge, besonders in den Kurven mit Linksabbiegepfeil.

Zu Markte getragen

Und schnell war es auf einmal mit meiner Wenigkeit gegangen. Angefangen hatte es mit einer Firmenkontaktmesse im Hörsaalgebäude der Chemie. Die meisten vertretenen Firmen arbeiten eben in den Bereichen Chemie, Biologie und Pharmazie, und hatten generell wenig Einstellungseuphorie gezeigt -- gegenüber Physikern schon gar nicht. Der Chef einer Personalagentur hatte dafür den verstörten ZuhörerInnen horrende Zahlen an Bewerbungen aufgetischt, die sie heutzutage zu verfeuern hätten. "Ja, es ist schwierig" - bei soviel menschlicher Wärme geht doch das Herz auf.

Eigentlich hatte ich in dieser Woche schon auf einer eher technisch orientierten Messe in Darmstadt etwas Hoffung auf Beschäftigung teelöffeln dürfen. Einige der dortigen Häuser stellen tatsächlich dieses Jahr Leute ein. Viele jedoch führen zwar Vorstellungsgespräche, aber nur, um sich einen Pool für die Zukunft warm zu halten. An manchen Ständen erhielten die hoffnungsvoll Interessierten auf ihre Fragen hin hauptsächlich den Hinweis auf die "Career"-Seite des Webauftritts. Das ist zwar nett, allerdings braucht mensch für deren Besuch nicht den Zug zu benutzen. Spätestens, wenn obendrein die Auskunft serviert wird, derzeit werde nicht einmal eingestellt, muß die Frage, weshalb das Unternehmen dann auf einer Jobmesse vertreten sei, mit Gewalt unterdrückt werden. Jobmessen haben durchaus ihren Sinn, aber damit die Vorteilsverteilung nicht gar zu einseitig ausfällt, sollten die VeranstalterInnen neben ihrem eigenen Lebenslauf auch den Fragebogen für die potentiellen Ausstellerfirmen etwas ausschmücken.

Doch ein Haus hatte mich interessiert, hatte mich in die Chemie gelockt, In der Ecke des Foyers, auf einem breiten Tisch, waren ausgebreitet Dutzende von Zeitschriften gelegen, hinter denen ein Ruhe ausstrahlender Mann auf InteressentInnen gewartet hatte. Der besagte Wissenschaftsverlag gehört nicht zu den quantitativ großen der hektisch fusionierenden Branche. Aber er hat einen guten Ruf.

Und anders als viele andere Verlage, ist es ein internationales Traditionshaus, über die Jahrzehnte gewachsen. Die Büros der Physik-Abteilung befinden sich in der Hauptstadt. Bücher, Texte hatte ich schon immer gemocht. Dass ich aus einem Elternhaus komme, in dem jede/r außer mir eine Buchwissenschaft studiert und die Zimmer entsprechend mit Regalen bestückt hat, zwischen denen ich aufgewachsen bin, dürfte ebenfalls ein Parameter sein. Ich hatte also den Personalchef nach Verwendungsmöglichkeiten für formulierende Physiker gefragt, und war ins Gespräch gekommen mit ihm; er hatte einige Unterlagen, einen CV und Texte, entgegengenommen, und mir zugesagt, zu schauen, was sich machen ließe.

Abgewogen

Wochen waren vergangen. Allerdings hatte das auch für die anderen Bewerbungen gegolten, die ich in der Woche danach in Bewegung gesetzt hatte. Bei der derzeitigen Arbeitsmarktlage können sich die Unternehmen Zeit lassen, die Legionen der Bewerber springen schon nicht ab. Ein Dreivierteljahr war ich nun bereits als Postdoc, als wissenschaftlicher Angestellter nach meiner Promotion im Rekordsommer 2003, am Institut für Umweltphysik tätig gewesen. Ich hatte mein Simulationsprogramm beschleunigt, meine Publikationsliste verlängert, mich mit dem neuen Hochschulgesetz befasst und nebenher etwas russisch gelernt. Das bequemste wäre sicherlich gewesen, einfach dort zu bleiben. Doch zu bleiben hätte zu diesem Zeitpunkt geheißen: in der Wissenschaft zu bleiben. Aber das war keine Option.

Nicht umsonst heißt die Wissenschaftlerkarriere auch "Scientific Hazard". Es bedeutet, möglichst bald ebenfalls den Ort zu wechseln, "für eine Zeit in die USA" zu gehen, danach an eine andere Uni, sich breit aufzustellen und zu positionieren; sich zu habilitieren, zu versuchen, eine der neuen Juniorprofessuren zu ergattern, eine Arbeitsgruppe aufzubauen. Und es heißt, zu publizieren, zu schreiben, als ginge es um die Existenz, und präzise das tut es. Daraus erklärt sich in dieser Phase ein Hauen und Stechen um Erstautorenschaften, das jedwede Freundschaft automatisch unter ein Damoklesschwert befördert. Die Arbeit in der Forschung macht durchaus Spaß, und manchen gelingt sogar eine Familiengründung. Doch wird man/frau sie weiterhin ernähren können?

Zwischen Mitte dreißig und fix-und-vierzig, beginnt die Phase des Ringens um eine Professur. 60, 80, 100 Bewerbungen kommen leicht auf eine Stelle, fast durchweg von hoch qualifizierten Leute. Jede kurze Leerlaufzeit, jedes Abweichen einer Noten-Nachkommastelle von der 0 kann das Aus bedeuten. Ein nicht präzises Passen des eigenen Profils auf die Ausschreibung erledigt den Rest. Hinzu kommen -- menschliche, nur allzu menschliche Faktoren hinter den Holzvertäfelungen der Unilandschaften. Mensch hält sich mit weiteren Gastdozenturen über Wasser, versucht es weiter. Doch je öfter es "nicht klappt", desto tiefer sinkt der Marktwert. Irgendwann ist zu realisieren, dass mensch es nicht geschafft hat. Feste Stellen im Mittelbau -- auch sie sind entweder besetzt oder werden gestrichen, um angesichts sinkender "Globalbudgets" die jeweilige Professur zu retten. Nach sechs Jahren nach der Promotion darf jemand nicht mehr befristet angestellt werden. Für die Wirtschaft ist mensch dann ohnehin zu alt. Der letzte Vertrag läuft aus, und das war's. Die dann noch sinnvolle Agenda besteht aus einem guten Essen für den Gaumen, einem schönen Kinofilm für's Gemüt, einem kurzen Testament auf's Papier und -- einer Kugel durch den Kopf. Ich habe mich zwar bei -55° in eine sibirische Holzhütte gesetzt, doch auch meine Risikobereitschaft kennt Grenzen. Die Folgerung: "Raus da" - und zwar jetzt.

Angeworben

Ende Juni plötzlich, ich hatte den Vorgang bereits ins mentale Altpapier gegeben, blinkt eine Mail aus Berlin auf meinem Bildschirm auf: Der Bereichsleiter der Physik käme Mitte Juli in die Neckargegend und wolle sich mit mir treffen. Meine Stimmung tut einen Satz. Der Juli wird peu à peu ohnehin mit Terminen gepflastert. Vorstellungsgespräche, eines davon per Telefon, Assessment Centres, weitere Gespräche in Abteilungen der Firmen folgen einander im Abstand weniger Tage. Ich bereite jedes Gespräch vor, recherchiere über die Firmen, ihre Geschichte und Tätigkeiten, kaufe Bücher über Branchen und Vorstellungsgespräche. Hoffentlich kann ich das irgendwo absetzen. Ebenso lese ich mich in das Verlagswesen ein und interviewe den Bibliotheksbeauftragten meines Instituts.

Am 21.7., die Sonne verdichtet fleißig das feuchte Abgas- und Staubgemisch im Heidelberger Talkessel, fahre ich los und treffe mich mit -- ja, meinem zukünftigen Chef. Selbst Physiker und Buchautor, ist er mit Begeisterung und Idealismus bei der Sache. Viel erzählt er mir von einem neuen Lehrbuch, über dessen didaktische Aufmachung, die Übungsaufgaben und Vorlesungsmaterialien im Netz; von den Möglichkeiten seines Hauses, davon, dass mensch mit sich gut verkaufenden Büchern und Zeitschriften auch weniger populäre, weil spezielle, Autoren veröffentlichen könne. Ausgehend von meinen Vorstellungen und meinen Unterlagen hält er mich für geeignet für die Lektoratsarbeit und bietet mir zunächst einen Werkvertrag zur Akquisition von AutorInnen an; nach einigen Monaten könne ich dann auf eine Stelle kommen.

Nicht gewillt, diese Gelegenheit verstreichen zu lassen, sage ich zu. Mitte August solle ich einmal nach Berlin zu Besuch kommen. Die an sich als "Knackpunkt" etwas zögerlich gestellte Frage, ob ich sehr an den Standort Heidelberg gebunden sei, mir einen Umzug nach Berlin vorstellen könne, dämpft meine Stimmung erst recht nicht. Ich komme aus einer Großstadt, mag Großstädte -- und möchte in einer leben. Ich habe eine Chance geboten bekommen und zugegriffen. Würde ich es schaffen, ist nun die Frage. Würde ich, auf einer noch halben Stelle am Institut, wirklich erfolgreich AutorInnen anwerben können? Zwei Tage danach jedoch kommt die nächste Mail -- ob ich schon am 28.7. nach Berlin kommen könne. Natürlich kann ich. Den Tag solle ich einplanen, um die ganze Abteilung kennen zu lernen. Und so ziehe ich mir mit den gewohnten Mausklicks die Zugverbindungen aus dem Netz und besteige nach einem weiteren Date bei SAP einen ICE. In meinem guten Anzug steige ich denn nach einer Nacht in einer billigen, aber lauten Absteige aus der U-Bahn-Haltestelle Vinetastraße aus und marschiere zu Fuß durch Pankow. Die Distanz hatte ich etwas unterschätzt, kein Wunder nach zehn Jahren Heidelberg.

Revue passiert

Ja, zehn Jahre hatte ich als Neckarperlianer verbracht, abzüglich meiner Zeit in London. Die Erinnerung an diesen Lebensabschnitt ist sehr lebendig. An die erste Nacht in meiner 30-qm-EZW, mit dem Surren des Kühlschrankes, dem leisen Rauschen der Züge im nahen Gleisdreieck; an das erste Semester, meine Zeit bei der Studierendenzeitung, den Einstieg bei der Juso-Hsg und im "Verein der Freunde"; an die Praktika, die Vordiplomsphase; an das Hauptstudium, das Aktionsbündnis gegen Studiengebühren, das Semester als Landeskoordinator der Juso-Hsgen; an die endgültige Aufnahme in die Studienstiftung, mein Jahr in London, an die Diplomprüfungen, die Arbeit, den Tag, an dem ich "fertig" geworden war, an die "Akte X"-Folge, die ich an dem Abend sah -- die, in welcher in einer Zeitschleife wieder und wieder eine Bank in die Luft gesprengt wird; an die Jahre der Doktorarbeit am Institut für Umweltphysik, in denen ich kurioserweise tiefer in die Studierendenvertretung hineingerutscht war als jemals während meines Erststudiums, weil ich sie im Hochschulrat vertreten hatte -- und in mehreren anderen Ausschüssen; an meine Rede auf der Jahresfeier 2001 und bei den Verleihungen des Preises der Freunde; und natürlich an meine Trips in die Kälte -- die Kälte Sibiriens und des antarktischen Weddellmeeres.

Überrascht

Die Residenz des Verlags in liegt in einem bau mit typisch Berliner Innenhof. In Empfang nimmt mich die kaufmännische Leiterin - die mir einen Volontariatsvertrag anbietet, eine "richtige" Stelle, zum 1.9. Es dauert einige Minuten, bis in meine Hirnwindungen sickert, was soeben geschehen ist. Ich habe es geschafft, ich habe einen Job -- im Verlagswesen, in welchem ich meinen physikalischen Hintergrund und meine Organisationsfähigkeiten einbringen kann. In der Unternehmensberatung hätte ich mehr verdient, bei SAP auch, aber Geld ist nicht alles. Dass ich wiederum einwillige, muss wohl nicht erwähnt werden. Im Verlauf des Tages spreche ich mit den anderen Mitgliedern der Abteilung, lerne ihre Tätigkeiten kennen, erfahre Details über Bücher, Journale, Kalkulationen, Verträge, mache mir mit Hilfe von Unterlagen ein Bild über das Werden eines Buchprojektes. Abends dann Essen mit einer Freundin; eine ganze Reihe von Leuten, die ich kenne, ist in den letzten Jahren aus Heidelberg nach Berlin gezogen. Es ist schön, wenn das soziale Umfeld beim Berufswechsel quasi "mitzieht". Ein weiterer Besuch im Pergamon-Museum, ein Bummel auf dem Prenzlauer Berg runden das Wochenende ab.

Verabschiedet

Am Freitag der folgenden Woche trifft der Vertrag in Heidelberg ein. Nun bin ich auf der sicheren Seite. Und der Kampf beginnt. Es ist der 6.8., und am 1.9. ist Antritt in Berlin. Der Wohnungsmarkt in Berlin ist mehr als entspannt, die Mieten nicht hoch, wenn mensch in den richtigen Stadtvierteln sucht. Doch ich habe nicht viel Zeit und bin nicht vor Ort. Ich wähle den Prenzlauer Berg als Zielgebiet. Am Samstag, den 7.8. spaziere ich in die Bahnhofsbuchhandlung, um die Berliner Morgenpost zu bestellen, und finde sie positiv überrascht vorrätig. Ich gehe die Anzeigen durch, finde interessante "Objekte", davon eines genau im gesuchten Größenbereich. Besichtigungstermin ist am Sonntag, 15.45.

Kurzentschlossen besorge ich abermals eine Karte, werfe mich am 8.8. um halb acht in den Zug, brettere wieder nach Berlin. Die Wohnung hält, was die Anzeige verspricht, wenngleich sie noch nicht bezugsklar ist -- die Sanierung läuft noch. Ich bewerbe mich. Wieder daheim, bringe ich meinem Vermieter schonend bei, dass meine Tage, und Mieten, gezählt sind. Ich beschaffe die Unterlagen über Einkommen etc., faxe sie nach Berlin und erhalte am Donnerstag, 12.8., den Zuschlag. Mein Vermieter und ich vereinbaren, dass er das Zimmer zum 15.9. weitervermietet, dafür soll ich möglichst schnell das Feld räumen, da er den Teppich entfernen und renovieren möchte. In der folgenden Woche gilt es dann also, zehn Jahre voll Bücher, Ordner, Holzenten, Schachteln in Kisten unterzubringen. Ich habe die Zahl auf Raten meiner Nachbarin großzügig geschätzt, komme auch fast "hin" damit.

Hochgeschwindigkeitspacken ist angebracht, am Freitag, den 20., werden die Sachen abgeholt, ich reinige mein plötzlich fremd wirkendes Domizil, übergebe an den Vermieter, und -- bin ausgezogen. Die folgenden Nächte verbringe ich, aus Tasche und Koffer lebend, in der Altstadt -- im Fachschaftsbüro, wo ich abends meinen Schlafsack auf aufgehobenen Sofakissen im Sitzungszimmer ausrolle.

Die letzten Krämpfe meiner Heidelberger Zeit setzen sich nunmehr im Institut fort. Ein Projekt ist so weiterzuführen, dass Abhängigkeiten bestimmter Ausgabegrößen meiner Modellsoftware herausgearbeitet werden können und mein Kollege übernehmen, es zum Endresultat bringen kann. Insbesondere aber muß ich einen weiteren Rekord aufstellen, im Hochgeschwindigkeits-Quellcode-Kommentieren. In zwei Crashsitzungen zeige ich das Ergebnis meiner Ex-Diplomandin, die, nun auch promovierend, das Programm weiter betreuen, weiterentwickeln wird. Dank ihrer ebenfalls rekordverdächtigen Auffassungsgabe und Intelligenz gelingt die Übergabe. Parallel habe ich morgens die Behördengänge erledigt, Strom, Wasser, Telefon abgeklemmt. Neckar-Nostalgie muß noch warten, Projektmanagement in eigener Sache kann auch fordern. Am 26.8. bringt meine Thronfolgerin das Projekt auf ihrem Rechner zum laufen. Das Timing könnte nicht präziser sein. Der 26. ist mein letzter Tag. Das letzte Wochenende in der Region ist in verlängerter Ausführung bei meinen Eltern geplant. Ich sehe zum letzten Male mein Bildschirm-Hintergrundbild an, das Föderationsemblem aus "Star Trek", setze eine Staffel Emails mit naheliegendem Inhalt an meine Kollegen und die Studierendenvertretung ab, räume meine Sachen aus dem Institut, bringe sie mit meinem Fahrrad, das noch einen neuen Dynamo verpasst bekommen hat, zur Umzugsfirma, hole meine bereitstehenden Sachen aus dem Fachschaftsbüro, besteige um sieben den Zug nach Frankfurt. Er rollt an, und ich verlasse Heidelberg. Das war's.

Angekommen

Am Montag, den 30.8. hält abends um 18.18 Uhr der ICE am Bahnhof Zoo. Schwer beladen, steige ich aus, und begebe mich zu einer Bekannten eines Bekannten meiner besten Freundin - so ein Netzwerk ist doch eine feine Sache. Bei ihr schlüpfe ich unter, bis ich am 3.9. meinen Wohnungsschlüssel erhalten kann. Den Dienstag nutze ich, um die Anfahrt zum Verlag abzustoppen, die Gegend kennen zu lernen, und Möbel zu sichten. Der Arbeitsantritt am 1.9. verläuft reibungslos, das Einarbeiten auch. An den ersten Arbeitstagen ist meine Wohnung noch Baustelle, ich nächtige im Schlafsack auf Packpapier und klingele wie in "Frühstück bei Tiffany's" abends bei Nachbarn, da ich noch keinen Haustürschlüssel habe. Das Wochenende verbringe ich in der Warteschlange für die Ausstellung des Manhattan Museums of Modern Art bzw. im Park vor dem Haus. Erst am 15. soll die Küche kommen, IKEA hat Lieferprobleme, ebenso mit dem Waschbecken. Aber es geht voran. In Sibirien hatte ich auch nicht viel komfortabler logiert, auf wenige Tage kommt es nicht an.

Epilog

Inzwischen ist November. Meine Wohnung ist längst fertig eingerichtet, und ich offiziell Berliner. Abends leuchten Kerzenbatterien heimelig gegen die Berliner Winterkälte an, die zusehends durch den Nebel gekrochen kommt. Unter den Fahrradreifen schmiegen sich die letzten Herbstblätter in das Kopfsteinpflaster. Ich bereue weder den Umzug noch die Wahl meines Jobs. Doch von diesem erzähle ich an anderer Stelle, denn jetzt bin ich angekommen, schließe mein Rad an, gehe in mein Büro und starte den Rechner. Von dem Bildschirm prangt das Föderationsemblem.