Inhalt

Editorial

Hallo ihr,

ob wir wirklich so viel Lob verdienen, wie wir es nach unserer Reloaded- Ausgabe vom ruprecht (Nr. 97) erhalten haben, wollen wir mal dahingestellt lassen. Denn die Einstellung der "neuen" Redaktion gegenüber dem "durchgestylten Hochglanzmagazin", dem "Verbrecher", wie der ruprecht von der "alten" Redaktion bezeichnet wurde, hat sich nicht wesentlich verändert. Vielmehr ist dies sogar mit ein Grund (wenn auch nur ein nebensächlicher), warum ihr wieder eine Ausgabe des Unimut in Händen haltet. Wir wollen diese Uni, an der es lange Zeit nur eine Zeitungsperspektive gab, durch unseren Blickwinkel bereichern.

In diesen armen Zeiten, in denen ein Rektor mit seinem "SA-Vergleich" den Nationalsozialismus verharmlost und trotzdem den Leo-Baeck-Preis des Zentralrats der Juden in Deutschland erhalten soll (S. 6), in denen selbst an der Uni soziale Missstände verschärft werden (S. 1), in denen selbstbestimmte Studiengestaltung weitgehend abgeschafft wird (S. 5), in denen es nur wenige Alternativen zum gängigen Uni-Modell gibt (S. 4), in denen die Studierendenvertretung von einigen Studierenden als zu demokratisch empfunden wird (S. 2), in denen rechtsextreme Organisationen an der Uni aufblühen (S. 7 ) und auch außerhalb der Uni viel Scheiße passiert (S. 7), ist ein "wütender, radikaler Aufklärer" (ruprecht Nr. 97) auch durchaus nötig.

In diesem Sinne

Die "neue" Redaktion


Frankenbergs Gesetz zur Einführung von Studiengebühren

Alternativen: Keine

Ab dem Sommersemester 2007 muss jedeR Hochschulberechtigte in Baden-Württemberg 500 Euro pro Semester an seine Hochschule bezahlen. Die Studierenden können zur Finanzierung der Gebühren ein Darlehen ohne Bonitätsprüfung und Sicherheiten bei der Landeskreditbank zu einem Zinssatz von derzeitig 6 Prozent aufnehmen, das nach dem Studium zurück zu zahlen ist. Das Darlehen wird nur für die Regelstudienzeit zuzüglich vier weiterer Semester gewährt und nur für Menschen, die jünger als 36 sind. Zur Absicherung der Darlehensausfälle wird ein Studienfonds unter Regie der Hochschulen errichtet. Dieser erhält zur Erfüllung seiner Aufgaben von den Hochschulen eine anteilige Umlage. Unter dem Deckmantel der vermeintlich klaren Formulierung des Gesetzestextes liegt so manches im Argen. Wir haben für euch genauer hingesehen:

Dürfen Studierende über Verwendung der Studiengebühren mitentscheiden?

Ehrenwerte Zielvorgabe des Gesetzes ist die "Stärkung der Position der Studierenden"! Artikel 4 des Gesetzes sieht eine "Beteiligung der Studierenden nach Maßgabe des Landeshochschulgesetzes" (LHG) vor. Was bedeutet diese vage Formulierung? Laut LHG ist eine Beteiligung der Studierenden innerhalb der Finanzverwaltung nur fakultativ in der Grundordnung der jeweiligen Universität verankerbar, aber nicht zwingend vorgeschrieben! Das bedeutet, dass es in der Hand der Hochschule liegt, ob die Erbringer des neuen Finanzvolumens - nämlich die Studierenden - auch über dessen Einsetzung entscheiden. In Heidelberg wäre bei der Mittelverteilung der Senat zuständig. In diesem sitzen neben 39 anderen Mitgliedern jedoch nur vier Studierende. Wäre eine Stärkung der studentischen Mitbestimmung wirklich vom Gesetzgeber gewollt, so müssten gesetzlich festgeschriebene Gremien geschaffen werden, die über die Verwendung der Studiengebühren entscheiden und in denen ein Drittel der Plätze von Studierenden belegt werden. Um den tatsächlichen Bedürfnissen der einzelnen Fachbereiche gerecht zu werden, müsste außerdem jedes Institut eine Kommission einrichten, die Berichte über fachspezifische Nöte an dieses Gremium weitergibt. Da solche Bestimmungen jedoch fehlen, erweist sich die Forderung im Gesetz nach Beteiligung der Studierenden als reine Kosmetik.

Bessere Lehre durch Studiengebühren?

Artikel 4 legt ebenfalls fest, dass die Gebühren nur für die Erfüllung ihrer Aufgaben in Studium und Lehre verwendet werden. Fakt ist jedoch zunächst, dass die Erhebung der Studiengebühren zu einem erheblichen Personalaufwand in der Zentralen Universitätsverwaltung führen wird. Die Kosten dafür müssten von den eingenommen Gebühren gedeckt werden.

Die Universität Freiburg nimmt an, dass über

20 % des Geldes zur Bewältigung des Verwaltungsaufwands verloren gehen. Da mit zusätzlichen Verwaltungsklagen zu rechnen ist, kommen weitere unkalkulierbare Finanzausfälle hinzu. Außerdem müssen die Unis aus den Gebühren auch noch den Studienfond bezahlen. Da wird für die Verbesserung der Lehre nicht viel übrig bleiben.

Auch kann durch die Erhebung von Studiengebühren das Betreuungsverhältnis von Professoren zu Studierenden nicht verändert werden. Das liegt daran, dass das Betreuungsverhältnis durch die sogenannte Belegungsquote geregelt wird, welche festlegt, wie viele Studierende pro Professur zu einem Studiengang zugelassen werden dürfen. Mit jeder weiteren Professur steigt somit die Zahl der Studierenden. Im besten Falle wird das Geld wohl in zusätzliche Tutorien gesteckt werden.

Sozialverträglichkeit?

Bei durchschnittlichen Lebenshaltungskosten von 706 Euro/Monat (Quelle: DSW) und Studiengebühren in Höhe von 500 Euro pro Semester, summieren sich die Kosten für ein Jahr Studium auf über 9500 Euro (ohne Zinsen). So werden nicht mehr nur einkommensschwache Familien in ihrer wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit überfordert. Studienkosten von durchschnittlich 57.000 Euro pro Kind (Statistisches Bundesamt vom 27.09.2004) können sich auch Familien mit mittleren Einkommen nicht mehr leisten. Es ist somit davon auszugehen, dass ca. 60 % der Studienberechtigten auf ein Darlehen angewiesen sein werden.

Hierbei stellt sich die Frage, inwieweit der Vorgabe des Bundesverfassungsgerichts Rechnung getragen wurde, die Studiengebühren "sozialverträglich" auszugestalten. Laut Gesetzentwurf können von der Gebührenpflicht nur Studierende befreit werden, die ein Kind bis zum achten Lebensjahr erziehen sowie Studierende, deren zwei oder mehr Geschwister bereits an einer Hochschule studiert und dort Studiengebühren entrichtet haben. Außerdem sollen Studienberechtigte mit Behinderung oder chronischer Erkrankung von der Gebührenpflicht ausgenommen werden.

Diese vordergründig sozial erscheinenden Bestimmungen halten einer genaueren Überprüfung nicht stand. Beispielsweise unterliegt die Regelung, welche erziehende Studierende betrifft, der realitätsfernen Annahme, ein Kind über dem achten Lebensjahr stelle eine geringere finanzielle Belastung für die Eltern dar. Selbst wenn sich mit dem achten Lebensjahr die zur Betreuung des Kindes notwendige Zeit verringert, so steigen doch die Kosten für ein älteres Kind deutlich an.

An dieser Stelle muss vermerkt werden, dass die Entscheidung über die Gebührenbefreiung im Ermessen der Hochschule liegt. Bei chronisch angespannter Finanzsituation der Hochschulen wird dies zu einer übermäßig restriktiven Auslegung führen.

Das Gesetz sieht vor, die maximale Darlehensschuld mit 15.000 Euro zu begrenzen. Dieser Betrag umfasst sowohl das Darlehen aus einem Studiengebührenkredit als auch ein möglicherweise aufgenommenes BAföG-Darlehen. Es ist zu befürchten, dass Studierwillige aus einkommensschwächeren Familien aus Angst vor einer Verschuldung diesen Ausmaßes vor der Aufnahme eines Studiums zurückschrecken.

Rektoren mit Einfühlungsvermögen?

Nach Vorstellung des Gesetzesentwurfs zur Einführung von Studiengebühren forderte das Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kunst (MWK) die Universitäten Baden-Württembergs auf, zu diesem Stellung zu beziehen. An der Universität Heidelberg wurde diesbezüglich die Senatskommission Studiengebühren eingesetzt, bestehend aus sieben Professoren und zwei Studierenden, welche nach zahlreichen kontroversen Diskussionen zwei Stellungnahmen veröffentlichte -- eine offizielle und eine studentische (siehe www.ak-studiengebühren.cbj.net). Leider geht die offizielle Stellungnahme nur in geringem Maße auf die Forderungen der Studierenden ein und spiegelt daher maßgeblich die Position des Heidelberger Rektorats wider. In einem sind sich Landesrektorenkonferenz (LRK) und die Professoren der Senatskommission der Uni Heidelberg einig: Auf die Befreiungstatbestände, welche bestimmte Personen aufgrund besonderer Härten auf Antrag von der Gebührenpflicht ausnehmen, soll komplett verzichtet werden. Wer glaubt, die Rektoren der Baden-Württembergischen Universitäten stünden diesbezüglich auf der Seite der Studierenden, überschätzt deren psychologische Weitsicht und ihr Einfühlungsvermögen, sich die soziale wie wirtschaftliche Situation von Studienberechtigten aus einkommensschwachen Schichten vorzustellen. Scheinbar kann sich keiner der Herren vorstellen dass die Gewissheit mit 15.000 Euro Schulden die Uni zu verlassen einige Studienberechtigte von der Aufnahme eines Studiums abhalten könnte. Dabei belegen die Ergebnisse der jüngsten HIS-Umfrage dass bereits im Jahr 2004 von 22 % der befragten Studienberechtigten, die auf ein Studium verzichteten, als Grund genannt wird, dass die Einführung von Studiengebühren ihre finanziellen Möglichkeiten übersteigt. (vgl.: http://www.his.de).

Studiengebühren verschwinden im Haushaltsloch?

Hauptziel des Gesetzes ist, zusätzliche Einnahmen für die Lehre zu erzielen. Dies setzt jedoch voraus, dass die zusätzlichen Mittel tatsächlich in der Hochschulbildung verbleiben und sich der Staat nicht parallel aus der Hochschulfinanzierung zurückzieht. Im Ausland, z.B. in Österreich, ist jedoch genau dies passiert. Es ist zu vermuten, dass Deutschland da keine Ausnahme machen wird. Dafür spricht auch, dass der niedersächsische Finanzminister die bereits angekündigten Kürzungen im Hochschuletat mit der Aussage rechtfertigte, die Universitäten könnten ja zur Kompensierung der Einsparungen ab 2007 Studiengebühren erheben.

Aufgrund der Budgethoheit ist eine gesetzliche Verpflichtung zur Absicherung des Hochschuletats nicht möglich. Daher bleibt jede Zusage seitens des MWK ein Lippenbekenntnis.

Alexander Schwarz, Sarah Bruckmann (AK Studiengebühren)


Basisdemokratische Strukturen an der Uni -- die FSK

Keine Macht für alle!

Gegen Ende der vorlesungsfreien Zeit des diesjährigen Sommersemesters trat die Grüne Hochschulgruppe (GHG) mit einem Vorschlag zur Reform der Studierendenvertretung in Heidelberg und damit der Abschaffung der Fachschaftskonferenz (FSK) an eben jene FSK und verschiedene hochschulpolitischen Gruppen heran. Das war in ihren Augen ein Versuch, demokratischere Strukturen für die Studierendenschaft zu etablieren. Dass genau das Gegenteil der Fall war, wird offensichtlich, wenn mensch sich ansieht, wie die FSK aufgebaut ist.

Die FSK ist die Dachorganisation der einzelnen, in ihr zusammengeschlossenen unabhängigen Fachschaften. Sie tagt normalerweise einmal in der Woche öffentlich, das heißt jedeR hat das Recht, sich an den Diskussionen zu beteiligen. Der FSK obliegt es unter anderem, über die Verteilung der ihr zur Verfügung stehenden Mittel zu entscheiden. Die Entscheidung darüber wird in den Sitzungen getroffen, in denen die Fachschaften stimmberechtigt sind. Die Fachschaften, an denen sich jedeR Studierende beteiligen kann, sind für die FSK die einzig legitimen Vertreterinnen der jeweiligen Fachbereiche. Sie kümmern sich dort um die Belange der Studierenden. Wie sich die Fachschaften selbst legitimieren, bleibt ihnen selbst überlassen. Die FSK ist also eine basisdemokratische Organisation, die jedem Studierenden auf jeder Entscheidungsebene zu jeder Zeit zur Einflussnahme offen steht. Damit ist sie auch mehr als ausreichend dazu berechtigt, die Belange der Studierenden gegenüber den offiziellen Verwaltungsgremien der Uni zu vertreten.

Vorschlag der GHG war es, die Studierendenvertretung nicht mehr nach dem FSK-Modell zu organisieren, sondern sie den sieben gewählten VertreterInnen im AStA zu überlassen. Der AStA besteht aus elf gewählten VertreterInnen, von denen vier im Senat sitzen. Er ist ein Ausschuss des Senats und untersteht damit in letzter Instanz der Weisung des Rektors. Bisher tritt der AStA de facto nicht in Erscheinung, weil die Mehrheit seiner Mitglieder seit vielen Jahren von der FSK gestellt werden. Die Argumentation der GHG war, dass der AStA einmal jährlich von allen Studierenden gewählt würde und alle hochschulpolitischen Gruppen die Möglichkeit hätten, sich zur Wahl zu stellen. Dadurch sei eine viel größere demokratische Legitimation gegeben, als sie die FSK als bisherige alleinige Vertreterin der Studierenden zu bieten habe. Der AStA solle sich dann auch in Studentenparlament (StuPa) umbenennen.

Doch genau hierin liegt der Hund begraben. Die GHG behauptet, dass einmal gewählte StellvertreterInnen, die binnen Jahresfrist ihren WählerInnen keine Rechenschaft schuldig sind, demokratisch legitimierter seien, als VertreterInnen, die zu jeder Zeit allen Studierenden Rechenschaft ablegen müssen. Doch beweist die offenen Struktur der FSK, in der zu jeder Zeit alle Studierenden mitwirken können, dass Demokratie nicht bedeutet, einmal im Jahr Kreuzchen zu machen, sondern ständige Mitwirkung. Mit ihrem Vorschlag, die offene Struktur der FSK quasi abzuschaffen, zeigte die GHG ihr restriktives Demokratieverständnis.

MiB

Interview mit Damian Ludewig, studentischer Vertreter im Senat der Uni Heidelberg und Mitglied der Fachschaft VWL

"Unsere Mobilisierung hatte Erfolg"

Unimut: Im letzten Semester hatte es ja Pläne von den Rektoren der Uni Mannheim und Heidelberg gegeben, einige Fächer zusammen zu legen. Das hätte die Schließung des Alfred-Weber-Institut (AWI) in Heidelberg bedeutet. Dann kam es zu heftigen Protesten von Seiten der Studierenden, aber auch von den Senatoren. Am Ende wurde ein Kompromiss ausgehandelt. Wie seht der aus?

Damian: Das Konzept nennt sich "Integrierte Wirtschaftswissenschaften" und läuft unter dem Titel "Politische Ökonomie". Das AWI soll eine interdisziplinäre Ausrichtung bekommen und intensiv mit benachbarten Disziplinen zusammenarbeiten. Dem Institut sind mindestens acht Professorenstellen zugesichert worden, plus zwei Professuren am Südasieninstitut. Zusätzlich sollen wir noch eine unbestimmte Anzahl an so genannten Brückenprofessuren bekommen, die von anderen Instituten bereitgestellt werden. Im Gespräch sind Jura, Politikwissenschaften, Soziologie und Psychologie. Die sollen dann für die VWL-Studierenden Lehrexport machen.

Wie viele Professuren sind es denn im Moment?

Momentan haben die Wirtschaftswissenschaften 13 Professorenstellen, wobei bei den zwei BWL-Stellen schon länger geplant war, dass sie nach Mannheim gehen. Wenn alles realisiert wird, wie es im Konzept steht, würde das bedeuten dass die Lehrkapazität am AWI insgesamt eher aufgestockt wird, was angesichts der großen Nachfrage nach VWL in Heidelberg bei Studierenden auch bitter nötig wäre -- zumal mit Eliteanspruch. Aber gerade das mit den Brückenprofessuren ist noch unsicher.

Es sind auch thematische Schwerpunkte festgelegt worden. Das ist zum einen "Umwelt und Ressourcen", also ein Thema, zu dem in der Vergangenheit schon eine Menge Know-how am AWI versammelt wurde, dann "Arbeit und Humankapital", "Entwicklung und Transformation", da geht es um Entwicklungs- und Schwellenländer, und "Economics of Governance". Methodisch will man sich auf die Ansätze "Behavioral Economics" stützen, eine Fachrichtung, die sehr stark psychologisch geprägt ist und das Bild vom Menschen als "homo ökonomicus" kritisiert. Als zweites theoretisches Konzept will man sich mit "Institutionen- Ökonomik" beschäftigen, die die Wirkungsweise von Institutionen auf die Wirtschaft in den Mittelpunkt stellt. Entsprechend dieser Schwerpunkte sollen die Brückenprofessuren bereitgestellt werden.

Was bedeutet das für die Lehre?

Alle VWL-Studierenden können hier weiter und zu Ende studieren. Ab 2006/2007 sollen Bachelor- und Masterstudiengänge eingerichtet werden. Es soll verschiedene Master geben, so dass da auch Wahlmöglichkeiten für die Studierenden bestehen. Das Studium soll insgesamt mehr Praxis- und Empiriebezug bekommen. Es soll mehr in kleinen Gruppen gearbeitet und die Betreuung verbessert werden. Das hat aber vermutlich den Nachteil, dass für dieses Ziel die Studierendenzahlen zurückgeschraubt werden müssen.

Wie kam dieses Konzept zustande?

Dafür muss ich vielleicht etwas weiter ausholen: Vor drei Jahren war ja schon einmal die Verlegung der Wirtschaftswissenschaften nach Mannheim diskutiert worden. Das konnte damals aber abgewendet werden und das AWI bekam eine Bestandsgarantie. Trotzdem wurde das Thema vom Rektor Hommelhoff diesen Sommer wieder aufgebracht ohne vorher die entsprechenden Gremien wie Senat oder Fakultätsrat zu konsultieren. Daraufhin haben wir eine Vollversammlung aller Studierenden der Wirtschaftswissenschaften organisiert mit großer Beteiligung. Es gab zahlreiche Demos, das Direktorium des AWI hat aus Protest seinen Rücktritt eingereicht. Nach Gesprächen der Fakultät mit dem Senat und dem Rektorat wurde eine Senatskommission eingesetzt zur Zukunft des AWI. Ursprünglich hatte Herr Hommelhoff den Studierenden zwei bis drei Sitze in dieser Kommission in Aussicht gestellt, am Ende saß aber nur eine Studierende aus dem Senat drin. Diese Kommission hat sich für den Verbleib das AWI ausgesprochen, mit mindestens sechs Professuren. Dazu muss gesagt werden, dass Herr Hommelhoff in dieser Kommission interveniert hatte, um eine Schwächung des AWI zu erreichen. Im Senat aber gab es Bestrebungen, das AWI zu stärken. Daraufhin hat Herr Hommelhoff die Abstimmung über das Konzept der Kommission an die Vertrauensfrage gebunden. Deswegen hat der Senat dann zugestimmt. Auch der Unirat hat zugestimmt, hat aber vorher das Konzept nochmal moduliert und aus Studi-Sicht verschlechtert. Da war dann die Frage: Wer hat das Sagen, der Unirat oder der Senat? Es wurde schließlich eine Internationale Kommission eingerichtet, um das Konzept detaillierter auszuarbeiten. Diese Kommission hieß Integrierte Wirtschaftswissenschaften und stand unter dem Vorsitz von Prof. Dr. Peter Meusburger. Die hat dann das Konzept erarbeitet, das ich eben erläutert habe. Das Konzept wurde allen Gremien vorgelegt und allgemein begrüßt.

Wie wurde diese Lösung von der Fachschaft VWL aufgenommen?

Wir unterstützen das Konzept auch, es gibt eine Perspektive für einen Neuanfang und einen Aufbruch für die Wirtschaftswissenschaften in Heidelberg. Im Detail gibt es natürlich Kritikpunkte. Wir hätten uns gefreut, wenn der Vorschlag der Fachschaft VWL berücksichtigt worden wäre, die "Wirtschafts- und Ideengeschichte" mit aufzugreifen (Nachzulesen unter: http://www.rzuser.uni-heidelberg.de/%7Ebroth/Presse/vwlphilo.pdf). Aber wir können damit leben. Und wir sehen eben die Gefahr, dass zugunsten einer kleinen aber feinen Lehre die Studierendenzahlen zurückgehen werden. Wichtig ist aber nun, dass das Konzept zügig umgesetzt wird.

Ihr seid also mit dem Ergebnis eurer Proteste zufrieden?

Ja, wir finden es toll, dass unsere Mobilisierung Erfolg hatte. Am Anfang haben viele Studierende gedacht, dass eh schon alles beschlossen ist. Die wenigsten haben wirklich damit gerechnet, überhaupt noch etwas bewegen zu können. Es hat sich aber mal wieder geziegt, dass es sich lohnt, wenn man sich engagiert.

Was könnte dazu führen, dass ihr wieder auf die Straße geht?

Wenn deutlich wird, dass man versucht, die Umsetzung zu blockieren. Der kritische Punkt sind die Berufungsverfahren, die lange Zeit in der Schwebe waren. Aber die sind nun wieder aufgenommen worden und daher sind wir zuversichtlich, dass alles klappt.

Interview: JM


Alternativ-Unis Teil I:

Offene Uni BerlinS

Entstehung

Die Offene Uni ist während des Streiks 2003/04 von Studierenden der Berliner Unis gegründet worden (am 15. Dezember 2003). Zu diesem Zeitpunkt waren beinahe sämtliche Gebäude der Universitäten besetzt, die streikenden Studierenden waren hoch organisiert. Sowohl in Sachen Aktionismus als auch in inhaltlicher Auseinandersetzung war die Bewegung ausgesprochen breit, außerordentlich agil. Dennoch: Es war klar, dass diese Phase großer Mobilisierung nicht endlos so weiter gehen würde. In dieser Situation wollte die Offene Uni den Versuch unternehmen etwas von diesem Potential auch über ein Ende des Streiks und der Bewegung hinaus zu erhalten und weiter zu entwickeln. Sowohl kritische Auseinandersetzung mit den Verhältnissen in und außerhalb der Universität, als auch konkrete politische Praxis und Ansätze, die in der wilden Zeit des Streiks entwickelt worden waren, sollten sich an einem Ort in der Berliner Hochschullandschaft begegnen und fortgeführt werden können. Dies durchaus in Abgrenzung, aber keineswegs in Ablehnung der Gremien und Organisationen der Verfassten Studierenden-schaften.

Ein offener Raum

Das Konzept - vorsichtig formuliert und garantiert unvollständig -- ist folgendes:

Die offene Uni ist ein selbstverwalteter, offener Raum, der versucht, die Praxis des "alles-vorgesetzt-bekommens" aufzulösen. Das heißt, dass jeder, der will, dort einen Workshop, einen Lesekreis oder ein Seminar anbieten kann, dort Aktionen vorbereiten, sich mit einer Gruppe treffen oder einfach nur so vorbeikommen kann. Es sollen sich nicht nur eingeschreibene Studenten angesprochen fühlen, die Idee ist vielmehr "alles für alle". Manche der AktivistInnen verbleiben regulär studierend während andere sich gegen Ausbildung oder feste Lohnarbeit entscheiden und lieber ganz offen studieren. Die Offene Uni ist ein Ort der Auseinandersetzung mit allem was ist und wie es anders sein könnte. Besonders wichtig sind Themen wie Öffnung der Universität, selbstbestimmte Bildung, Sinnfragen, Null-Eintritt-Politik, Politik in der ersten Person, Ablehnung von Delegation, Hierarchiefreiheit, aus Diskussion Praxis entwickeln. Es wird das AlternativeVeranstaltungsVerzeichnis herausgegeben, in dem autonome Seminare und verschiedene Initativen aus Berlin und Potsdam angekündigt und vorgestellt werden. Hieran arbeitet ein sehr heterogener Haufen Leute - immer irgendwo zwischen "wie organisieren wir uns?" und "das machen wir!".

Gegenwind

Nach dem Streik gab es massiven Druck von der Uni-Leitung gegen das Projekt. Die Offene Uni war einer der Bewegungsrestposten, die einfach nicht eingehen wollten und ein Anspruch auf Platz und Infrastruktur wurde natürlich nicht so ohne weiteres anerkannt. Die zwei festen Räume, über die die Offene Uni über den Streik hinaus auch im Sommersemester 2004 verfügte waren nicht unumstritten. So kam es schon mal zu 'Sabotageakten' von Seiten der Universität, wie Auswechseln der Schlösser oder 'Reinigung' des Gebäudes. Neben diesen zwei Räumen wurde auch der Rest des Seminargebäudes nach Bedarf genutzt.

Zum Ende des Sommersemesters wurde das Seminargebäude für einen Umbau geschlossen. Über den Verbleib der Offenen Uni war nicht nachgedacht worden. Hartnäckiges Beharren auf angemessene Unterbringung gegenüber Akademischem Senat und Präsidium führte dazu, dass uns auf ein Mal ein komplettes Haus zur Verfügung stand, das wir uns Stück für Stück erschlossen. Und wie! Ein zweistöckiges Haus mit einem großen Raum für Plena und weiteren Räumen für Seminare, Werkstatt, Computerpool, Büro, Küche, Partyraum, Fotolabor, Lagerräume, Kickerraum, Dusche, Probenkeller und große Wiese vorm Haus.

Full House

Entsprechend den Dimensionen des Hauses war der Enthusiasmus, das Haus zu 'renovieren' und zu 'füllen'. Es gab verschiedene autonome Seminare und Lesekreise, wie Hegel-, Fromm und Marxlesekreis, kritische Psychologie oder Veganismus. Es konstituierten sich Aktionsgruppen und Initiativen wie zum Beispiel eine Arbeitsloseninitiative, eine Initative für ein Soziales Zentrum oder Hausprojekte in Gründung. Platten-Aufnahmen wurden gemacht. Ein Obdachlosentheater, ein SchülerInnentheater und eine portugiesisch-deutsche Theatergruppe probten und führten in den Räumen der Offenen Uni ihre Stücke auf. Fast jede Woche gab es Parties, Lesungen und Filmvorführungen, veranstaltet von Gruppen aus der Offenen Uni und manchmal wie sich herausstellte Berlin-Mitte-Yuppies. Alle möglichen Gruppen trafen sich regelmäßig in diesen Räumen, z.B. Antiatomforum, Antifa, No-Lager-Netzwerk und plataforma der MigrantInnen und Flüchtlinge. Schließlich fanden dort auch überregionale Vernetzungstreffen z.B. von Gegenuniversitäten oder Bundesfachschaftstagungungen statt.

Räumung!

Im Winter 2004/05 wurde klar, dass es schwierig sein würde, das Haus zu halten. Auf einmal war ein center für computational neuro-science in unseren Räumen geplant und mit computational neuro-science ist jede Menge Geld unterwegs. Als Räumungstag wurde der 1. April genannt. Es gab Meinungsverschiedenheiten darüber, ob wir bis zur Räumung warten, den Laden besetzen oder lieber auf Verhandlung setzen sollten. Am Ende wurde das Eine getan ohne das Andere zu lassen - sprich drin bleiben und über ein Ersatzobjekt verhandeln. Wir blieben am 1. April im Haus. Störmanöver wie das Zumauern des Partybereichs wurden mit spontanen Mauereinrissparties und "Was tun wenn' s räumt"-Workshops gekontert. Die Verhandlungen waren nicht einfach, die Mehrheit der Professoren, die Verwaltung und das Präsidium begegneten und begegnen dem Projekt mit unverhohlener Ablehnung. (Das könnte damit zu tun haben, dass einige AktivistInnen frecherweise zeitweilig eine Filiale des Projekts im Büro des Präsidenten betrieben haben).

Da die Räumungsdrohungen dann doch recht massiv wurden und ein relativ attraktives Ausweichgebäude in Aussicht stand, entschieden wir uns Anfang August, in ein 'Übergangsquartier' direkt auf der anderen Seite der großen Wiese zu ziehen. Dort verfügt die Offene Uni aktuell über acht größere und einige kleinere Räume. Es gibt einen Computerpool, eine Bibliothek mit den Schwerpunkten Bewegungspolitik, kritische Wissenschaft und Antifaschismus, eine Küche, ein Foto-Labor und jede Mange Seminarräume. Auch eine Direct-Action-Werkstatt erweitert seit einigen Wochen die Infrastruktureinrichtungen des Hauses.

Interne Probleme? Na klar!

Neben den Konflikten mit der Unileitung gab und gibt es auch immer welche im Haus. Das sind zum einen die bekannten Partykatastrophen, wie Leute, die auf Waschbecken rumklettern und in die Ecken pinkeln oder 'Fremdveranstalter' die immer wieder versuchen Eintritt zu verlangen. Zum anderen sind es vor allem die business-as-usal-Probleme: Wer putzt? Sind wir ein Schlafplatz? Hinzu kommen anstrengende Strukturdebatten und Kommunikationsschwierigkeiten.

Ein Blick voraus

Fertig ist das Projekt nicht. In ständiger Diskussion und mit unterschiedlichsten praktischen Ansätzen entwickeln sich laufend neue Projekte im Projekt. So finden mittlerweile Projekttutorien statt, in denen mensch auch offiziell Scheine machen kann und es wird darüber nachgedacht der Offenen Uni Praktikumsträgerstatus anzumaßen (sowohl für SchülerInnen, als auch, in Verhandlung mit Prüfungsämtern, für Studis). Es bleibt allerdings die Frage, inwiefern die Offene Uni einer Vorreiterfunktion übernehmen kann für eine moderne und freie Uni der Zukunft. Die regulären Unis können wir so lange nicht ersetzen, wie es bei Bildung in erster Linie um Abschlüsse, um das fertig werden geht und Bildung immer auch eine Frage des Zugangs zu Recourcen ist.

Den etwas anderen Unisport und die Clowns-Army im dritten-, die Kritischen Wirtschafts-wissenschaftlerInnen im ersten, eine Morslebenausstellung und der Marx-Lesekreis im zweiten Stock, ein pralles Veranstaltungsverzeichnis fürs Wintersemester auf Tasche, die Wiese vor der Tür und die Löffel in den Volxküche-Töpfen harren wir der Dinge, die da noch kommen mögen. Die Zukunft dieses Projekts ist offen.

Für weitere Informationen: http://www.offeneuni.tk

Phillip und Göran von der OUBS (Redaktionell bearbeitet von JM)


Die Uni legt Musterprüfungsordnungen für die Erben der Magisterstudiengänge vor

Muster und Rahmen

Als der UNiMUT im Jahr 2002 zum ersten Mal vor dem Bologna-Prozess warnte, wurde das Thema allenfalls im Senatsausschuss für internationale Beziehungen heiß diskutiert. Danach passierte in Heidelberg lange nichts in dieser Sache, das Rektorat war ganz in Managermanier damit beschäftigt, Verwaltungsstrukturen zu reorganisieren, sich von der Uni Mannheim Altlasten reindrücken zu lassen und ansonsten Visionen zu haben.

An sich ist das überraschend, denn Bologna heißt: Studis für die Verwertung durch "die Wirtschaft" vorbereiten, was in der Ministersprache "employability" heißt. Eigentlich ein Programm, das exakt in die Ideologie des Rektorats passt. Auch das etwas verbrämter, aber doch sehr deutlich formulierte Ziel der Verkürzung der Studienzeiten, etwa indem die meisten Studis nur einen dreijährigen Bachelor bekommen, liegt ganz auf Linie -- in der ursprünglichen Bologna-Erklärung wird das als die Forderung verkleidet, schon der Bachelor solle "relevant to the European labour market" sein.

arrère bolognaise

Nachdem jüngst auch das Ministerium der Uni Heidelberg bescheinigt hat, sie sei Schlusslicht in Baden-Württemberg, das selbst schon im Bundesvergleich arrère bolognaise [Für die Bachelors unter euch: Schlusslicht in Sachen Bologna, d.S.] ist, ist es jetzt aber auch mit der Schonfrist für die Heidelberger Studis vorbei. Laut dreistufigem Plan des Rektorats sollten zum jetzigen Zeitpunkt bereits drei Rahmenstudienordnungen beschlossen sein und bis spätestens September 2006 die Magisterstudiengänge Bachelor-reif sein. Die Diplomstudiengänge wären demnach im April 2007 dran, zum Wintersemester 09/10 würde dann endgültig niemand mehr zu "alten" Studiengängen zugelassen.

Dieser Plan wird einigermaßen eingehalten: die Rahmenordnung für den Diplomersatz wurde erst letzte Woche im SAL verabschiedet. Da sie nun aber noch im November in den Senat kommt, können die Fakultäten theoretisch ohne dramatische Nacht- und Nebelsitzungen BA-Prüfungsordnungen verabschieden. Dramatisch hingegen ist, dass auch die als "Rahmenstudienordnungen" gestarteten Überleitungskriterien für die Magisterstudiengänge als "Muster-Prüfungsordnung" gelandet sind und es damit offenbar auch ein Bewenden haben soll. Dieser Bezeichnungsunterschied ist in doppelter Hinsicht schlagend: Erstens ist wieder nur eine Prüfungsordnung herausgekommen -- ein Studium wird aufgefasst als auf die Prüfung hinführend, sein Ablauf formuliert als der Erwerb von Voraussetzungen zur Zulassung zur Prüfung. Eine Studienordnung würde hingegen darlegen, welche Kompetenzen vermittelt werden sollen und definieren, wie das wodurch geschieht. Sie wäre nicht nur leichter verständlich, sie würde auch schon bei ihrer Formulierung auf die richtigen Fragen hinführen. Denn in einer besseren Welt ginge es bei einem Studium halt nicht um die Prüfung, sondern ums Lernen.

Dass das Rektorat zweitens ein Muster und keinen Rahmen vorgelegt hat, wird aus anderen Gründen für Verdruss sorgen. Bei den derzeit gültigen Magisterstudiengängen gibt es einen "Allgemeinen Teil" , in dem übergreifenden Bestimmungen für alle Fächer festgelegt sind; in den Ordnungen der einzelnen Fächer sind nur noch die davon abweichenden oder ergänzende Regelungen festgehalten. Vorteil dieses Verfahrens ist, dass Studierendensekretariat, Studienberater-Innen, Mitglieder des SAPA und die Studierenden nur ein Mal verstehen müssen, wie die Prüfung abläuft und nicht für jedes Fach jedes Mal genau die Rücktrittsbestimmungen und die Notenberechnung aufs Neue nachlesen bzw. prüfen müssen.

Obwohl auch bei der bisherigen Organisation falsche Auskünfte vorkommen, ist die Wahrscheinlichkeit jedenfalls geringer als bei rund hundert subtil verschiedenen Prüfungsordnungen, bei denen zudem nicht immer klar ist, ob sie selbst eigentlich rechtlich "in Ordnung" sind. Was passiert, wenn sich jetzt einzelne Bestimmungen einzelner Fächer oder sogar der Muster-PO als rechtlich nicht haltbar oder einfach nur unpraktisch erweisen, könnt ihr euch auch ausmalen: Statt einer Rahmenprüfungsordnung müssen dann Dutzende Einzelprüfungsordnungen durch die Gremien. Natürlich müssten sie das auch sonst, aber man könnte sich dann auf die spezifischen inhaltlichen Fragen des jeweiligen Faches konzentrieren. Falls dann doch noch weitere Vorgaben von "oben" kommen, müssen all diese Prüfungsordnungen -- und nicht nur die Rahmenordnung -- angepasst werden. Passieren wird also auf jeden Fall etwas, alleine, weil sich die Bestimmungen, Eckwerte und Empfehlungen in diesem Bereich etwa so schnell ändern wie das Wetter in Irland.

Der Muster-Bachelor

Der Entwurf der Mustersatzung hätte schlimmer kommen können -- aber auch besser. Er bildet weitgehend verschiedene Empfehlungen des MWK und der diversen Zusammenrottungen von FachministerInnen auf Bundes- und Europaebene ab. Dies beginnt mit einer Betonung studienbegleitender Prüfungsleistungen (§10f) -- ein zweischneidiges Schwert, weil damit zwar einerseits der große Schocker Magisterprüfung wegfällt und also nicht mehr ein paar Stunden im letzten Studienjahr die halbe Note ausmachen, andererseits aber ein permanenter Leistungsdruck aufgebaut wird. Dieser nimmt dadurch zu, dass mensch Pflichtmodule nur ein Mal versauen darf und, so es bei der Wiederholung auch nichts wird, komplett aus dem Studiengang fliegt (§20, 1; fachspezifisch kann es bis zu zwei Mal eine dritte Chance geben). Dem Versuch, dem Schleudersitz durch Uniwechsel zu entgehen, wurde natürlich auch schon vorgebaut. Two strikes and you're out. Ganz sportlich.

Dieser Druck ist Absicht, eine Absicht, die sich auch in den Fristen zur Abschlussprüfung zeigt -- zwischen letzter Studienleistung und dem Beginn der Abschlussarbeit darf demnach maximal eine Woche (!) verstreichen (§16, 3), zwischen der letzten erbrachten Leistung und der mündlichen Abschlussprüfung maximal drei Wochen (§18, 3), insgesamt darf sich die Abschlussphase über nicht mehr als 8 Monate erstrecken. Die Fächer werden einiges an Fantasie brauchen, um bei dieser Hektik nicht ins Schleudern zu kommen. Abweichungen von der Prüfung in Gabba-Tempo will die Muster-PO -- ganz im Sinne der Vorgaben der Bundes- und Europaebene -- nicht zulassen.

Ebenfalls in aller Ruhe von reichlich realitätsfernen und menschenfeindlichen Bürokraten ausgebrütet und vom Rektorat nur pflichtschuldigst umgesetzt ist die absurde in §12, 7 dargelegte relative Notenvergabe, nach der die "besten" 10% ein A, die nächsten 25% ein B, die nächstschlechteren 30% ein C, die folgenden 25% ein D und die schlechtesten 10% ein E bekommen sollen -- ganz schlicht eine sichere Methode, die Studis gegeneinander zu hetzen und zu verhindern, dass sie gemeinsam (und damit effektiv) lernen. Hilf deinem Mitstudi, und du gefährdest deine Note, ansonsten kannst du Murks bauen, so viel du willst, solang die anderen noch schlechter sind, hast du trotzdem ein A. Willkommen in der Zukunft von Hauen und Stechen. Andererseits ist so klar, dass auch in dieser Zukunft in Heidelberg einige Leute -- nämlich exakt 10% -- exzellent sein werden. Bleibt am Ende nur noch die rein praktische Frage, woher wohl die in der Regelung geforderten "zwei vorhergehenden Jahrgänge" kommen sollen, wenn sich die Kurse von Jahr zu Jahr ändern, wie das an der Uni eigentlich die Regel ist (na ja, sein sollte).

Der Mustermaster

Ebenfalls seit Juli hat die Uni auch eine Muster-Prüfungsordnung für Masterstudiengänge, die aus bisherigen Magisterstudiengängen entstehen sollen. Auch hier ist alles voll von Fristen und Rauswurfdrohung. Keine näheren Einsichten gibt das Rektorat dagegen zum Reizthema Zulassung und lässt nur auf eine gesonderte Zulassungsordnung verweisen, für die noch kein Muster vorliegt -- wie weit also der KMK-Beschluss, nach dem nur ein Drittel der Studis zum Master zugelassen werden soll, noch aktuell ist, wird sich weisen müssen. Nebenbei: Der Rektor träumt schon seit langem davon, nach Möglichkeit nur noch Master anzubieten und die popelige Bachelor-Ausbildung anderen Unis zu überlassen. Richtig interessant wird das unter anderem auch, weil für nichtkonsekutive Master (also welche, die nicht direkt auf einen Bachelor aufbauen) auch nach geltender Rechtslage beliebige Studiengebühren genommen werden können.

Fazit: Gewiss, es hätte schlimmer kommen können. Aber auch so sind diese Prüfungsordnungen Grund genug, nochmal einen beherzten Versuch zu unternehmen, den Bologna-Prozess, quasi das Hartz IV der Bildungs-Konterreform, zu stoppen.

Walter I. Schönlein


Im Folgenden dokumentieren wir eine gekürzte Fassung eines kritischen offenen Briefes des antifaschistischen Arbeits-kreises der Uni Heidelberg vom 9. November 2005:

Offener Brief an den Zentralrat der Juden in Deutschland zur Verleihung des Leo-Baeck-Preises an den Rektor der Universität Heidelberg

Sehr geehrte Damen und Herren,

aus der Presse haben wir entnommen, dass der Rektor der Universität Heidelberg Prof. Dr. Dr. h.c. Peter Hommelhoff den von Ihnen ausgeschriebenen Leo-Baeck-Preis 2005 erhalten soll. In Ihrer Begründung ist zu lesen, dass sich Peter Hommelhoff um die Hochschule für Jüdische Studien in Heidelberg in außerordentlicher Weise verdient gemacht hat. So habe Hommelhoff "nie Zweifel daran gelassen, dass er alles in seiner Macht als Wissenschaftler und Hochschulrektor stehende dafür tun werde, um jüdisches Leben innerhalb unserer Gesellschaft und vor dem Hintergrund der düsteren deutschen Geschichte, fest zu etablieren".

Gleichwohl halten wir die geplante Auszeichnung für Hommelhoff für einen schweren Fehler. Drei wesentliche Gründe sprechen dagegen, dem amtierenden Rektor der Universität Heidelberg einen Preis zu verleihen, mit dem Menschen geehrt werden, "die sich in hervorragender Weise für die jüdische Gemeinschaft in Deutschland eingesetzt haben": Am 12. Mai 2005 verglich Hommelhoff eine Gruppe Studierender mit der Nazi-Organisation SA. Desweiteren ermöglichte der Rektor Hommelhoff dem Schriftsteller Martin Walser auch noch nach dessen skandalöser Rede in der Frankfurter Paulskirche unter Titeln wie "Sind wir noch das Volk der Dichter und Denker?" Auftritte an der Universität Heidelberg. Und unter dem Rektorat Hommelhoff ist ein unkritisches Verhältnis zwischen der Universität Heidelberg auf der einen und studentischen Korporationen auf der anderen Seite zu beobachten.

Durch seine öffentlichen Äußerungen ist bekannt, dass Peter Hommelhoff das Konzept einer als "Eliteuniversität" ausgewiesenen Hochschule verfolgt. Dazu gehört auch die folgenschwere und unsoziale Forderung von Studiengebühren von mehreren hundert Euro pro Semester. Dagegen und gegen die geplante Verlegung des Instituts für Wirtschaftswissenschaften nach Mannheim wandten sich Proteste Studierender im Frühjahr 2005. Am 12. Mai 2005 wollten Studierende ihrer Forderungen unter dem Motto "Für mehr Durchblick in der Bildungspolitik" mit dem Putzen von Fenstern in den Büroräumen des Rektorats Nachdruck verleihen. Zwar wurden die Studierenden vom Sekretariat des Rektors eingelassen, die anwesende Sekräterin fühlte sich aber von den Protestierenden überrumpelt, wie sie im Nachinein erklärte. Hommelhoff war während dieser Protestaktion nicht in seinem Büro, zog aber aufgrund der Schilderung seiner Sekretärin folgende Schlüsse, die er später gegenüber den StudierendenvertreterInnen in einem Gespräch äußerte:

"Sie sind in mein Büro gestürmt, wie die SA 1938 in die Wohnungen der Juden."

Trotz der empörten Widerrede der Studierenden blieb Hommelhoff bei seiner Aussage, bzw. insistierte auf diesem Vergleich (vgl. Rhein-Neckar-Zeitung vom 11.6.2005).

In der weiteren auch durch die Lokalpresse gehenden Debatte über die Aussage Hommelhoffs wurde von Studierendenseite sein Rückritt gefordert, da sein "Vergleich" eine Verharmlosung der Verbrechen der NS-Diktatur und eine Verhöhnung der Opfer des Holocausts sei. Diese Einschätzung teilen wir. Hommelhoff ließ das Ganze auf sich beruhen und wich nicht von seiner gemachten Aussage zurück. Dass Peter Hommelhoff überhaupt einen derartigen Vergleich anstellt, sagt, so finden wir, einiges über sein Welt- bzw. Gesellschaftsbild aus. Die gemachte Aussage muss im Kontext eines weitverbreiteten sekundären Antisemitismus und revisionistischen Opferdiskurs der deutschen Gesellschaft betrachtet werden, was die Qualität und den Gehalt einer solchen Äußerung nur noch deutlicher werden lässt.

Allein dieser Sachverhalt genügt unserer Ansicht nach, um deutlich zu machen, warum Peter Hommelhoff nicht würdig ist, den Leo-Baeck-Preis verliehen zu bekommen, denn so würde über oben geschilderte Äußerungen hinweggegangen und das damit verknüpfte Weltbild quasi akzeptiert.

Bedauerlicherweise müssen wir unsere Darlegung noch fortsetzen. Denn ebenso wie jener unsägliche Vergleich von protestierenden Studierenden mit der "Sturmabteilung" der Nationalsozialisten ließ es sich Rektor Hommelhoff nicht nehmen, den wegen seiner revisionistischen "Friedenspreisrede" in der Frankfurter Paulskirche heftigst kritsierten Schriftsteller Martin Walser im Rahmen des "Studium Generale" der Universität Heidelberg zu einem Vortrag am 13. Januar 2003 einzuladen und selbigen persönlich zu begrüßen:

"Martin Walser bedarf im Allgemeinen und in Heidelberg im Besonderen im Grunde keiner Einführung. Jeder weiß, wer er ist, was er geschrieben hat -- und nicht zuletzt werden viele sich an seine wiederholten Auftritte in der Universität Heidelberg seit seiner glanzvollen Poetik-Dozentur im Jahre 1992 gerne erinnern" (vgl. http://www.uni-heidelberg.de/presse/news/2301walser.html abgerufen am 8.11.2005).

Hommelhoff zögerte nicht, sich mit dieser Anbiederei zu begnügen, und stellte fest, Martin Walser gehöre geradewegs zum Inventar der Universität Heidelberg. Die Hochschule sei dem "Dichter" gewissermaßen "zum Schutzhafen" in den "Stürmen der öffentlichen Diskussion" geworden. Gemeint waren damit wohl Martin Walsers antisemitische Ausführungen. Hommelhoff setzte fort:

"...und gerade in jüngster Zeit sind es Kollegen unserer Universität gewesen, die ihn in seinem kritischen Umgang mit dem Zeitgeist unterstützt haben." [...]

Dass Walser bewusst eingeladen wurde, lässt sich auch am zynisch-revisionistischen Titel des "Studium Generale" ablesen: "Sind wir noch das Volk der Dichter und Denker?"; "provokativ", wie das Rektorat verlautbaren ließ. Die bereits durch die Frage, ob wir noch das Volk der Dichter und Denker seien, gegebene Antwort sagt viel über den geistig-moralischen Zustand dieser Gesellschaft aus. Wie sich Menschen nach der größten Barbarei, dem geplanten und industriell durchgeführten Mord an Millionen, unter Losungen wie "Alles für Deutschland" und "Die Juden sind unser Unglück" noch überhaupt positiv auf "deutsche Kultur und Identität" beziehen können, verschlägt uns immer wieder den Atem.

Unser letzter Punkt thematisiert den unkritischen Umgang des Rektorats mit studentischen Korporationen. Wie auch schon seine Vorgänger im Amt des Rektors der Universität ist der unkritische Umgang augenscheinlich von Relativierung und Nichtwahrnehmung gekennzeichnet. Das gilt auch gegenüber antisemitischen Verbindungen.

Wie aktiv die Heidelberger Korporationen wieder sind, wurde beispielsweise an einer Veranstaltung der Studentenverbindungen Heidelbergs im Hörsaalgebäude der Neuen Universität deutlich. Am 14. Mai 2005 fand dort unter dem Veranstaltungstitel "Studentenverbindungen in Heidelberg: Wir stellen uns vor!" ein öffentliches Treffen der Heidelberger Korporationen in universitären Räumlichkeiten statt. Die Veranstaltung, an der 13 Verbindungen mit über 80 Personen teilnahmen, war fast ausschließlich von selbigen Korporierten besucht. Dies zeigte sich besonders dadurch, dass der überwiegende Teil von ihnen "farbentragend" bzw. mit Verbindungsmützen in der Neuen Universität er-schien. [...] Dort resümierte der Sprecher der christlichen Verbindung "Wingolf": "Heidelbergs Verbindungen treten trotz aller Unterschiedlichkeit heute Abend geschlossen auf." Diese strategische Politik der Korporationen, an der Universität Heidelberg wieder stärker öffentlich aufzutreten bzw. in Couleur zu erscheinen, teilte der antifaschistische Arbeitskreis dem Rektorat in einem Schreiben mit und bat um Auskunft bezüglich des Umgangs mit Korporationen. [...] Zudem waren wir beunruhigt durch einen Artikel in der Monatschrift der Burschenschaft Frankonia im Dachverband "Deutsche Burschenschaften" über einen sich konstituierenden "Konsultationsring" zwischen Korporierten, Stadtvertretern, Parteien und Universitätskreisen.

Nur nach einer weiteren schriftlichen Aufforderung wurde uns lapidar mitgeteilt, dass es einen solchen Konsultationsring nicht gäbe, aber das Verbot des Farbentragens an der Universität nicht mehr umgesetzt werde, und das Rektorat generell zur Thematik öffentlich nicht Stellung nehme.

Dass der Rektor Hommelhoff persönlich keine Berührungsängste mit Studentenverbindungen hat, zeigte er mit einem am 2.11.2005 von ihm gehaltener Vortrag bei der bereits weiter oben genannten christlichen Verbindung Wingolf (vgl. http://www.wingolf.org/heidelberg/) - überhaupt bei einer Studentenverbindung zu sprechen, halten wir für eine Positionierung, die weder der Rektor einer Universität in Deutschland vornehmen sollte, und schon gar nicht ein Mensch, der sich durch besonderes Engagement "um das jüdische Leben in unserer Gesellschaft" auszeichnet.

Wir fordern wegen der angeführten drei Punkte den Zentralrat der Juden in Deutschland auf, von der Vergabe des Leo-Baeck-Preises an Peter Hommelhoff abzusehen und stattdessen den Preis dem Verein haGalil e.V. (www.hagalil.org) zukommen zu lassen, der durch wissenschaftliche Forschung, die Veröffentlichung der so gewonnenen Erkenntnisse in Druck- und EDV-Medien und durch Abhaltung von Kolloquien, Diskussionsforen, Bildungs- und Aufklärungsveranstaltungen aktive Bildungsarbeit leistet über:

Das in haGalil online entstandene breitenwirksame Bildungsangebot, insbesondere in den Bereichen jüdische Geschichte, Kultur und Religion sowie Schoah, Antisemitismus und Rechtsextremismus, könnte mit einer Preisverleihung unterstützt werden.

Mit freundlichen Grüßen,

Felix Müller für den antifaschistischen Arbeitskreis (Kontakt über info@antifa-ak.de)


50 Jahre Militarisierung Deutschlands

Die meisten Menschen haben eher selten mit der Bundeswehr und den ihr angehörigen Personen zu tun. Für viele männliche Mitmenschen beschränkt es sich auf einen nervigen Musterungstermin, an dem an unangenehmen Stellen rumgetastet wird und man ziemlich sinnlose Turnübungen absolvieren darf. Und übergewichtige Soldaten in zu knapp geschneiderten und peinlich aussehenden Uniformen sieht man zum Glück auch eher selten durch die Heidelberger Altstadt ziehen, von den amerikanischen SoldatInnen einmal abgesehen. Auch verzichtet die Bundeswehr auf große Feierlichkeiten und Zapfenstreiche, bis auf einige Ausnahmen wie z.B. einem großen öffentlichen Gelöbnis am 21. September in Köln, das auch prompt zu einem ziemlichen Reinfall für die Bundeswehr wurde. Dort waren GegendemonstrantInnen klar in der Überzahl und ließen die neben dem Dom stattfindende Feier keine Sekunde lang ungestört ablaufen. Dennoch bleiben solche Großveranstaltungen die Ausnahme. Viele Menschen in dieser Republik bekommen von diesem fragwürdigen Jubiläum gar nichts mit, was ja auch nicht weiter schlimm ist. Nichtsdestotrotz tut eine kurze Auseinandersetzung mit dieser gewaltbereiten Institution Not.

Nach dem Schrecken des 2. Weltkrieges und der unmenschlichen Grausamkeiten, die von deutschen Soldaten auf der ganzen Welt angerichtet wurden, war die darauf folgende Entmilitarisierung der deutschen KämpferInnen die einzige Möglichkeit, einen stabilen Frieden in Europa aufrechtzuerhalten. Umso unverständlicher war es, anhand dieses historischen Hintergrunds, dass der Rechtsnachfolger des Dritten Reiches, also die BRD, nur zehn Jahre nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges wieder eine eigene Armee und eigene Waffen erhalten sollte. Gab es in der deutschen Gesellschaft schon keine Aufarbeitung der faschistischen Vergangenheit, war daran auf politischer, juristischer und militärischer Ebene erst gar nicht zu denken. Denn nur zu oft machten ehemalige Nazis genau da weiter, wo sie 1945 aufgehört hatten, als bereitwillige Vollstrecker von Befehlen. Denn woher sollte das Personal auch kommen? Wurde doch jegliche Opposition mit emanzipatorischem Inhalt die zwölf Jahre zuvor gejagt, vertrieben und ermordet. So gibt es eindeutige personelle Kontinuitäten, z.B. in der Politik,Georg Kiesinger, in der Justiz, Georg Filbinger, und im Militär. Gerade dort musste außer einigen wenigen führenden Generälen niemand mit wirklichen Konsequenzen für seine Verbrechen während des NS rechnen. Sie beriefen sich darauf, dass sie selbst nur Befehlsempfänger, die wahren Schuldigen aber natürlich die Vorgesetzten waren. Diese Kontinuität ist auch heute noch bei der Bundeswehr sichtbar, wenn Kasernen immer noch Namen von Nazi-Verbrechern tragen oder Weltkriegsveteranen in Wunsiedel den gefallenen Gebirgsjägerkameraden gedenken und sich ins richtige Opferlicht rücken.

Legitimiert durch den gesellschaftlich akzeptierten Opfermythos hat sich die Bundeswehr allmählich von einer reinen Verteidigungsarmee in eine Interventionsarmee verwandelt. Was unter der Kohl Regierung in Kambodscha und Somalia begann wurde von der rot-grünen Regierung konsequent fortgesetzt. Sie beteiligte sich nicht nur an dem ersten Angriffskrieg seit Gründung der BRD im ehemaligen Jugoslawien, sondern hinterlässt insgesamt zehn Einsatzorte, in denen Bundeswehrsoldaten heute stationiert sind, Tendenz steigend. Das passt eigentlich überhaupt nicht zur Friedensrhetorik von SPD und Grünen, die doch für eine angebliche Friedensmacht Europa stehen. Aber seit Struck wissen wir, dass ‚unsere' Interessen zur Not auch am Hindukusch verteidigt werden müssen. Fragt sich nur, wessen Interessen das sind. Denn war es nicht schon immer die Aufgabe von Armeen, den ungestörten Rohstoffnachschub aus den sogenannten Dritte Welt Ländern in die Industrieländer sicherzustellen? Und den Beweis, dass man mit Waffen Frieden schafft, steht noch aus.

MiB


Die Deutsche Burschenschaft

RECHTSEXTREMISMUS AN DER UNI

Dass die Universität keine Enklave außerhalb der gesellschaftlichen Verhältnisse ist, in der sich Menschen durch Bildung aus ihrer selbstgewählten Unmündigkeit befreien, beweist allein schon ein Blick in die Mensen. Neben Partyflyern und Informationen über und für das studentische Leben findet sich dort auch immer Propaganda verschiedenster (hochschul-) politischer Gruppen. Sei es zum Beispiel die örtliche grüne Hochschulgruppe, die grüne Parlamentspolitik an die Uni trägt, oder sei es der RCDS (Ring Christlich-Demokratischer Studenten), der hochschulpolitische Arm des rigiden Konservatismus, der sich in Heidelberg hauptsächlich dadurch hervortut, dass er allsemesterlich den Studierenden die Studiausweise einschweißt. Neben diesen Gruppen mit Verbindungen ins Lager der mehr oder weniger extremen bürgerlichen Mitte gibt es aber auch welche, deren politische Intentionen und Verbindungen nicht auf den ersten Blick offensichtlich sind. Dazu zählen die studentischen Verbindungen, die sich meist den Anschein einer Wohngemeinschaft mit gehobenen Ansprüchen an die Mitbewohner geben. Dass dem nicht so ist, zeigt sich am besten am Beispiel der Burschenschaften und ihrem Dachverband, der Deutschen Burschenschaft (DB).

Nach eigenen Aussagen ist die DB heute ein Verband mit etwa 15.000 jungen und alten Mitgliedern in mehr als 120 Burschenschaften. Die DB fordert von ihren Mitgliedern ausdrücklich den "Einsatz für das deutsche Vaterland", das sie "unabhängig von staatlichen Grenzen in einem freien und einigen Europa sieht, welches Osteuropa mit einschließt". Es werden daher nur "Volksdeutsche" aufgenommen, die den Kriegsdienst nicht verweigert haben. Aufgrund dieses Bezugs auf den "volkstumsbezogenen Vaterlandsbegriff", der allgemein von der extremen Rechten getragen wird, ist es auch nicht verwunderlich, dass Mitgliedern der DB immer wieder Verbindungen ins neonazistische Lager nachgewiesen werden können. So zum Beispiel versteckte die Münchner Burschenschaft Danubia 2001 einen Nazi-Schläger in ihrem Haus vor der Polizei. Für diese rechtsextreme Politik und Propaganda ist innerhalb des Verbandes vor allem die Burschenschaftliche Gemeinschaft (BG) verantwortlich.

In Heidelberg sind derzeit zwei Burschenschaften Mitglied in der DB: die Frankonia und die Normannia. Während die Frankonia erst wieder seit diesem Semester verstärkte Präsenz durch Werbung für diverse Vorträge auf ihrem Haus zeigt, ist die Normannia ständig aktiv (vgl. Unimut 188). Ihre Aktivitäten beschränken sich aber nicht nur auf Heidelberg. Sie ist Mitglied in der BG und hat unter anderem personale Verbindungen zur neofaschistischen Jungen Landsmannschaft Ostpreußen. Von dieser Organisation lagen zum 8. Mai diesen Jahres, dem 60sten Jahrestages des Endes des Zweiten Weltkriegs, revisionistische Flugblätter in den Mensen aus. Zeitgleich sind auch Plakate und Aufkleber von der NPD-Parteizeitung "Deutsche Stimme" mit gleichem Inhalt aufgetaucht. Vorher, am 1. Mai, wurde bereits ein Normanne auf einer Nazi-Demonstration in Frankenthal gesehen.

Die DB und ihre Mitglieder sind also ein Bindeglied des organisierten rechtsextremen Lagers an die Universität. Sie dient ihm als intellektuelle Kaderschmiede. In ihr werden die Ideologien ausgebrütet und unterfüttert, mit denen zum Beispiel die NPD in ihre Wahlkämpfe zieht. An der Universität werden somit auch die Eliten ausgebildet, die "das deutsche Volk" zu "neuem Ruhm" bringen sollen. Daher kann die Universität für sich auch nicht beanspruchen, nur Bildungsanstalt zu sein. Denn es finden sich auch hier Verbindungen und Entwicklungen der Gesellschaft als ganzer wieder. Auf diese muss adäquat reagiert werden.


Verzweifelt Gesucht

Viele von euch werden die Online-Ausgabe des UNiMUT kennen: http://unimut.org. Auf unserer Webseite gibt es nicht nur ein Archiv der Papierausgabe, sondern auch die aktuellen Termine und vor allem den UNiMUT aktuell, die zumindest wochenaktuellen Infos der FSK.

Doch der Online-UNiMUT ist in Gefahr, da die Leute, die sich bisher immer drum gekümmert haben, die Uni verlassen oder schon verlassen haben.

Drum:

Kommt zu uns!

Es ist gar nicht so schrecklich viel Arbeit, weiter für ein paar vernünftige Worte in der Hochschulpolitik zu sorgen -- ein Abend die Woche reicht.

Wenn ihr in Zukunft den UNiMUT machen wollt: Scheibt uns (unimut@fsk.uni-heidelberg.de), ruft uns an (Mittwoch abend, 54 2456) oder kommt gleich vorbei (Mittwoch abend, Albert-Überle-Straße 3-5)

Was tun vor Weihnachten

Termine

Mo, 28.11.

19:30, Aula neue Uni: Das-Rekotrat-Verstehen-Vortrag der Woche: "Rituale der Macht in Mittelalter und Früher Neuzeit" mit Barbara Stollberg-Rilinger und Gerd Althoff (Münster)

Di, 29.11.

20:00, Emil-Julius-Gumbelraum, Karlstorbahnhof: "Drei Jahre Lula-Regierung -- Ist ein anderes Brasilien möglich?" mit Antonio Andrioli (3/1.50 Euro)

Mi, 30.11.

13:30, Hauptbahnhof (Lautenschlägerstr.): Demo unter dem Motto "Studiengebührengesetz stoppen!"

14:00, Dekanat der Neuphilologischen Fakultät: Studienkommissionssitzung der Neuphilologischen Fakultät

18:15, Neue Uni, HS 1: "Psychologische Spätfolgen bei Überlebenden des Holocaust" mit Wolfgang Sperling (Erlangen)

Do, 1.12.

10:30, Landtag, Stuttgart: 1. Lesung des neuen Studiengebührengesetzes

Sa, 3.12.

11:30, zunächst Rastatt Hbf, dann ab 16 Uhr Karlsruhe Hbf: Naziaufmärsche verhindern! Infos unter www.nonazis.tk

So, 4.12.

15:00, Großer Hörsaal Chemie, INF 252: "Chemie und Oper für Jedermann: Carmen" mit Gerald Linti (Heidelberg -- 3 Euro)

20:00, Deutsch-Amerikanisches Institut, Sophienstr. 12: Dichterlesung: "Der Kampf geht weiter" mit Harry Rowohlt

Di, 6.12.

14:00, Senatssaal, Alte Uni: Vorträge zu Bachelor/Master und EDV-Verwaltung mit Schwerpunkt HISPOS mit Kai Wülbern (München) sowie dem ECTS-System mit Volker Gehmlich (Osnabrück)

Mi, 7.12.

19:30, Neue Uni, HS 1: Podiumsdiskussion: "Folter im Rechtsstaat" mit Reinhard Marx (Frankfurt), Heidi Gauch (Ulm) und Jochen Frohwein (Heidelberg)

Do, 8.12.

16:00, Karlsruhe, Platz der Grundrechte: Demonstration für Bleiberecht für Flüchtlinge anlässlich der Innenministerkonferenz der Länder in Karlsruhe

So, 11.12.

16:05, SWR2 (UKW 88.8): Hörspiel: "Brennende Geduld" nach Antonio Skarmeta

Mo, 12.12.

19:30, Aula Neue Uni: "Rituale der Macht in Mittelalter und früher Neuzeit" mit Barbara Stollberg-Rilinger und Gerd Althoff (Münster)

Di, 13.12.

9:00, Marstall: Vertreterversammlung des Studiwerks, anschließend Verwaltungsrat

15:00, Alte Uni, Senatssaal: Sitzung des Senats der Uni Heidelberg

Mi, 14.12.

20:00, Café Freiraum, EWS, Akademiestraße 3: "Freiraum und Politik: Sinn und Bedeutung der Wahl" mit Christian Kaul

Do, 15.12.

10:00, Theater im Romanischen Keller, Seminarstraße 3 (Ecke Kettengasse): "Rotkäppchen und der böse Wolf" mit dem Theater Gutmacher (6/4 Euro)

16:00, Theater im Romanischen Keller, Seminarstraße 3 (Ecke Kettengasse): "Rotkäppchen und der böse Wolf" mit dem Theater Gutmacher (6/4 Euro)

Fr, 16.12.

20:00, Deutsch-Amerikanisches Institut, Sophienstr. 12: Dichterlesung "Paradies kaputt?" mit Marianne Sägebrecht

Sa, 17.12.

15:00, Darmstadt, Luisenplatz: Antifa-demo - Ohne Deutschland gehts uns besser!

20:00, Deutsch-Amerikanisches Institut, Sophienstr. 12: Lesung:

"Vom Zauber des seitlich dran Vorbeigehens" mit Max Goldt

Mo, 19.12.

16:15, Seminar für Übersetzen und Dolmetschen, Plöck 57a, Konferenzsaal II: "Die große Nabelschau -- was will das Medium Fernsehen?" mit Rolf Pflücke (Heidelberg; simultanverdolmetscht)

Do, 22.12.

21:03, SWR2 (UKW 88.8): Hörspiel: "Chronik eines angekündigten Todes" nach Gabriel García Márquez

Wusstet Ihr schon...

...wie viele Tage die Unis für die Lehre haben? Die Antwort des MWK dürfte LeserInnen des UNiMUT nicht überraschen: Einen, wie auf dem nebenstehenden hübschen Aufkleber (Originalformat: 30 cm mal 25 cm) stolz verkündet. Der UNiMUT verrät exklusiv, was an den 364 anderen Tagen passiert: Konterreform, Verwaltungsstrukturreform, Organisationsentwicklung: 121 Tage; Wochenenden, Feiertage: 108 Tage; Selbstbeweihräucherung des Rektorats: 53 Tage; Evaluation und Akkreditierung: 39 Tage; Forschung (incl. Anträge schreiben und Gutachten erstellen): 25 Tage; Prüfungsordnungen ausarbeiten, Zulassungsverfahren, Gebühren eintreiben: 18 Tage. In Schaltjahren vergeht der zusätzliche Tag mit Diskussion, ob ein weiterer Tag für die Lehre nicht

unzulässige Anspruchshaltungen hervorruft.