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UNiMUT aktuell: Ist Humanität hochschulbezogen?

Ist Humanität hochschulbezogen? (19.11.00)

Der Förderverein für MEMORIAL in St. Petersburg/Berlin e.V. ist mit dem hochdotierten Förderpreis Humanitäre Hilfe für Mittel- und Osteuropa der Robert-Bosch-Stiftung ausgezeichnet worden. Dr. Ulrich Bopp von der Geschäftsführung der Stiftung schrieb u.a.: "Wir dürfen Ihnen zu Ihrer Auszeichnung herzlich gratulieren. Nehmen Sie diese als Anerkennung und Unterstützung für Ihre Arbeit praktischer Nächstenhilfe" für das Projekt Jugendarbeit in St. Petersburger Gefängnissen. Das Projekt kam mit großer finanzieller wie ideeller Unterstützung des ReferentInnenRats (RefRat) , des StudentInnenparlament, der Fachschaftsinitiative Medizin, der Fachschaften Geschichte, Philosophie und Slawistik der Verfassten StudentInnenschaft der Humboldt-Universität zu Berlin (HU) zustande. Um den Förderpreis hatten sich 259 Projekte beworben, von denen 13 Projekte ausgezeichnet worden sind. Die feierliche Preisverleihung fand am 8. November in Postdam durch Bundespräsident Johannes Rau statt.

Eine besondere Brisanz erhält die Preisverleihung dadurch, dass solche politischen Projekte durch eine Klage gegen die StudentInnenschaft der HU wegen der Wahrnehmung eines "Allgemeinpolitisches" Mandat von rechten Klägern verboten werden sollen. Die rechtskonservativen Kläger hatten im Frühjahr 2000 u.a. gegen das jetzt ausgezeichnete humanitäre Projekt beim Verwaltungsgericht Berlin einen Antrag auf Verhängung eines Ordnungsgeldes bis zu 500 000 DM gestellt, da die StudentInnenschaft der HU nach Auffassung der Kläger u.a. mit diesem Projekt ein angebliches "Allgemeinpolitisches Mandat" wahrgenommen hat.

Im Februar 1968 urteilte das Verwaltungsgericht Sigmaringen: "Nicht jeder Tod eines Studenten ist hochschulbezogen. ... Etwas anderes könnte gelten, wenn ein Student auf dem Gebiet der Universität bei einer hochschulpolitischen Kundgebung von eingreifender Polizei ... getötet werden würde." (Az. III 364/67) Dieses Gesetz ist noch immer richtungsweisend, wenn StudierendenvertreterInnen sich zu Themen wie BAFöG, Konzentrationslager, Krieg in Vietnam, Sozialpolitik oder was auch immer äußern. Wird hierfür auch noch Geld ausgegeben, finden sich rasch besorgte KommilitonInnen, die diesen Rechtsbruch vor den Kadi bringen. In der Regel erfolgreich, denn im Zweifelsfall ist nichteinmal die Qualität des Mensaessens im Elfenbeinturm hochschulbezogen - und die Jugendarbeit in St.Petersburger Gefängnissen wird es erst recht nicht sein. Weitere Informationen zum Politischen Mandat finden sich u.a. hier, aktuelle Infos in diesem Fall wird´s beim RefRat der HU geben; Infos zu MEMORIAL unter Tel: 030/83 2294 14.

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Erzeugt am 18.11.2000

unimut@stura.uni-heidelberg.de