Der Rektor schickt mal wieder ein Rundschreiben
Nach dem PR-Desaster im Zusammenhang mit dem geplanten "Fächertausch" mit Mannheim und wohl auch im Zusammenhang mit dem Unmut über das doch reichlich weltfremde "Strategiepapier" hat das Rektorat angefangen, dann und wann so genannte "Newsletter" über einen breiten Verteiler zu verschicken. Endlich ein wenig Transparenz, könnte mensch jubeln, doch in Wirklichkeit beschränkt sich das Rektorat auf das Streuen von nicht mal sonderlich gut gemachter Propaganda und zeigt nach wie vor wenig Einsicht in die Notwendigkeit eines zweiseitigen Gesprächs: Es redet nur, argumentiert nicht und, noch schlimmer, hört nicht zu. Unter solchen Umständen ist wohl kaum mit einer Besserung des generellen Klimas oder gar der sachlichen Verhältnisse zu rechnen.
So oder so, ein Mitarbeiter des Ruprecht hat uns darauf aufmerksam gemacht, dass die Worte des Rektorats von einer Übersetzung aus dem Kleisterdeutschen profitieren könnten. Diese Anregung nehmen wir gerne auf. Wenn euer Kleisterdeutschdetektor gerade in der Reparatur ist, hilft ein Browser, der CSS vernünftig interpretiert.
Mit diesem Newsletter möchten wir Ihnen gerne einige Informationen zu den aktuellen strategischen Themen der Universität Heidelberg übermitteln. Wir haben dabei den Schwerpunkt auf die Profilbildung gelegt.
Selbst wir haben allmählich gemerkt, dass die paar Leute, die sich überhaupt noch für Hochschulpolitik interessieren, uns für reichlich kopflos halten. In diesem schönen PDF wollen wir darstellen, dass man heute nicht mehr konfuse Politik sagt. Der korrekte Terminus ist "Profilbildung".
Am 20. April hat die Universität Heidelberg ihre Bewerbungsunterlagen für die erste Runde der Exzellenzinitiative bei der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) eingereicht. Wir möchten uns an dieser Stelle bei Ihnen, den Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern der Universität, sehr herzlich bedanken, die Sie sich an der Exzellenzinitiative mit so großem Einsatz beteiligt haben. Wir wissen, dass Sie diese Bewerbung über Monate hinweg in extremer Weise beansprucht hat. Die Entscheidung der Gutachter der DFG und des Wissenschaftsrats wird am 13. Oktober 2006 erwartet. Für die zweite Runde der Ausschreibung der Exzellenzinitiative sind die Vorbereitungen bereits in vollem Gange.
Weil wir mittlerweile nach Gutdünken am Geldhahn drehen können, haben schon ein paar wolkige Andeutungen gereicht, um bei den MitarbeiterInnen wahre Begeisterung für unsere Exzellenzträume auszulösen. Brav haben sie ihre Zeit, ihre Projekte, die Lehre, Sprechstunden für Studierende und die Arbeit, für die sie eigentlich bezahlt werden, zurückgestelllt und einen Haufen Papier produziert. Die schönsten Papiere haben wir nach Bonn weitergereicht, der Rest diente nur unserer Ergötzung. Die gute Nachricht ist: Es geht weiter, Sie können also weiter mit dem Ausfall von Sprechstunden und von Existenzangst umgetriebenen Lehrenden rechnen.
Im letzten Jahr wurde eine international besetzte Expertenkommission eingerichtet, die ein Konzept für die Neuausrichtung der Wirtschaftswissenschaften an der Universität Heidelberg ausarbeitete. Im Gutachten der Kommission wurde vorgeschlagen, dass der interdisziplinären Vernetzung und der theoriegeleiteten Empirie der Wirtschaftswissenschaften noch stärkeres Gewicht zukommen solle. Unter der Überschrift "Politische Ökonomik" werden Aktivitäten in den vier Themenschwerpunkten Umwelt und Ressourcen, Arbeit und Humankapital, Entwicklung und Transformation sowie Economics of Governance zusammengefasst.
Bei der wissenschaftlichen Bearbeitung dieser Schwerpunkte sollten die theoretisch-methodischen Perspektiven der Institutionenökonomik und der Behavioral Economics im Vordergrund stehen. Inzwischen ist man am Alfred- Weber-Institut (AWI) mit der Umsetzung dieses Konzepts beschäftigt. Bis 2010 wird es aufgrund von Emeritierungen, Versetzungen und Berufungen zu mehreren Neubesetzungen kommen.
Konzipiert ist ein Bachelor-Studiengang mit dem Titel "Politische Ökonomik" -- er soll im Wintersemester 2006/07 starten. Um einen starken ökonomischen Kernbereich herum werden vielfältige interdisziplinäre Möglichkeiten der Schwerpunktsetzung geboten -- etwa im sozialwissenschaftlichen Bereich, aber auch Module anderer Fakultäten sollen kombinierbar sein. Zielsetzung ist es, die Heidelberger Absolventen für eine Tätigkeit in internationalen Organisationen oder in Feldern wirtschaftspolitischer Beratung vorzubereiten. Ein beziehungsweise zwei Masterstudiengänge sind noch in der Planungsphase.
Auf Wunsch der FS VWL gestrichen.
Im Gegensatz zur Geographie gibt es im Bereich der "harten" Geowissenschaften mittlerweile zu wenig Studierende -- jedenfalls in Relation zur relativ großzügigen Ausstattung der Institute. Dieses Problem ist bundesweit zu beobachten.
Die Geowissenschaften kriegen zu viel Geld, das lieber wir ausgeben wollen. Glücklicherweise will den Kram niemand mehr studieren.
Für die Heidelberger Geowissenschaften wurde daher im vergangenen Jahr eine international besetzte Evaluierungskommission eingesetzt. Auf deren Gutachten folgte ein in Abstimmung mit dem Rektorat erarbeitetes Konzept der Heidelberger Geowissenschaftler, das Mitte Februar 2006 vorgelegt wurde und nun verwirklicht werden soll. Es sieht zum einen eine Reduktion auf personeller Ebene vor -- die Anzahl von derzeit neun Professuren beispielsweise soll auf sechs verringert werden, Kürzungen wird es auch im Mittelbau geben. Zugleich will man durch eine Neuausrichtung der Stellen das Profil der Geowissenschaften schärfen, um die Geowissenschaften am Neckar langfristig zu erhalten. Dazu gehört der Zusammenschluss der drei bisherigen Institute -- Geologie-Paläontologie, Mineralogie und Umweltgeochemie -- zu einer gemeinsamen Einheit. Dazu gehört vor allem eine Kooperation mit Karlsruhe, die in einem "Geoverbund Heidelberg-Karlsruhe" ihren Ausdruck findet. Karlsruhe wird sich zukünftig auf anwendungsbezogene Themen konzentrieren, in Heidelberg soll dagegen eine stärker naturwissenschaftlich ausgerichtete Geowissenschaft betrieben werden. Auch wenn die Entscheidungen durch die Gremien noch bevorsteht, liegt zudem ein fertig ausgestalteter Bachelor-Studiengang vor (sowohl in Karlsruhe wie in Heidelberg), der zum kommenden Wintersemester starten soll. Zwei Master-Studiengänge befinden sich zudem in der Planungsphase.
Auch unsere Frühstücksdirektoren sagen, dass wir mehr Stellen streichen, Fächer zusammenlegen und die Geowissenschaften auf Heidelberg und Karlsruhe aufteilen müssen. Die Studis können dann zwischen Heidelberg und Karlsruhe pendeln, was uns aber egal ist, weil wir das jetzt halt so entschieden haben. Außerdem können Sie froh sein, dass aus unseren Plänen für einen gemeinsamen Studiengang mit der Mitexzellenzhochschule Aachen nichts geworden ist, und ansonsten ist das Studiticket eh billig im Vergleich zu dem, was wir demnächst an Studiengebühren nehmen wollen (nicht, dass das Studiticket bis Karlsruhe reichen würde, aber wir haben nie behauptet, unsere Argumente seien stichhaltig).
Menschen, denen das alles nicht passt, sei gesagt, dass es in Heidelberg ja nicht unbedingt Geowissenschaften geben muss. Vor allem dann nicht, wenn sie noch nicht mal Hochglanzpapier verwenden für ihre Anträge zur Exzellenzinitiative.
Na ja, aber immerhin haben die Leute guten Willen gezeigt und sich brav einen Studiengang nach unserem Gusto abgerungen. Geben wir ihnen nochmal eine Chance.
Im Oktober 2005 konnte das Zentrum für Lehrerbildung (ZLB) erstmals seine Pforten öffnen und steht Studierenden für Informationen zur Verfügung (Akademiestrasse 3, Gebäude des Instituts für Bildungswissenschaft, www.zlb.uni-hd.de). Auf Initiative des Rektorats hat sich ein Arbeitskreis Lehrerbildung konstituiert, mit dem das ZLB eng zusammenarbeitet. Es kann davon ausgegangen werden, dass auch die Lehrerausbildung auf eine Bachelor- und Masterausbildung umgestellt wird. Vorgaben vom Land Baden-Württemberg hierzu stehen noch aus.
Leider müssen wir immer noch LehrerInnen ausbilden. Immerhin haben wir aber ein paar tolle, professionell klingende Wörter rausschlagen können, auch wenn wir den armen Kerl, der das Zentrum für Lehrerbildung ist, so weit wie möglich ignorieren. Ansonsten kriegt das Kultusministerium in der Frage der Überführung der Lehramtsstudiengänge in die gestufte Struktur zum Glück selbst nichts auf Reihe, so dass wir an nichts Schuld sind.
Das Rektorat hat großes Interesse daran, die Studiengebühren als Ganzes zur Verbesserung von Studium und Lehre einzusetzen. Leider müssen sich die Universitäten jedoch nach konkreten Gesetzesvorgaben richten, die man sich an der Universität Heidelberg anders und weniger umfangreich gewünscht hätte. An der Universität Heidelberg wurde eine Senatskommission "Studiengebühren" eingesetzt. Das Rektorat wird sich dafür einsetzen, dass die Studierenden den Einsatz von Studiengebühren mitgestalten und mitentscheiden können.
Das Rektorat hat großes Interesse daran, die Studiengebühren für Prestigeprojekte auf den Kopf zu hauen. Leider haben wir mittlerweile selbst gemerkt, dass wir reichlich naiv waren, als wir uns mehr Geld von den Studiengebühren versprochen haben. Wir versuchen gerade, die Studierenden in unserem lächerlichen und aussichtslosen Machtspiel mit dem Ministerium für uns in Stellung zu bringen.
Am Gründonnerstag wurde das e-mail-Portal unter studium@uni-heidelberg.de eröffnet. Unter dieser Adresse erhalten Studierende wichtige Informationen zu Ihrem Studium an der Universität Heidelberg. Das e-mail-Portal ist Teil des Projektes "Res Stud", Restrukturierung des Studierendenservices, welches unter Punkt zehn im Strategiepapier der Universität Heidelberg verankert ist. "Res Stud" umfasst weitere Projekte, wie z.B. das neue Telefonportal. In Planung ist auch ein Internetportal, das zukünftig einen einheitlichen schnellen und aktuellen Zugriff garantieren wird, wie auch ein "Persönliches Portal", in dem räumlich an einer Stelle konzentriert die Studierenden die im Augenblick noch dezentral untergebrachten Mitarbeiter direkt und persönlich ansprechen können.
All der Wahnsinnskram, den wir in letzter Zeit so gefordert haben, ganz vorne lokale Auswahl von Studierenden, hat die Arbeit im Studierendensekretariat unmöglich gemacht. Dort mehr Leute einzustellen, kommt nicht in Frage, weil wir sonst kein Geld für unsere Prestigeprojekte mehr hätten. Wir versuchen jetzt, die Studierenden in Callcentermanier abzuwimmeln. Und ansonsten haben wir die revolutionäre Neuerung einer eigenen Mailadresse, an die Studis offiziell schreiben dürfen. Hoffentlich kommt dann weniger Mail an rektor@rektorat.uni-heidelberg.de. Nicht, dass wir bisher schlechtes Gewissen gehabt hätten, wenn wir das Gequäke der (künftigen) Untergebenen ungelesen gelöscht haben.
Gerne möchten wir Sie künftig regelmäßig zu Beginn eines Semester in Form dieses Newsletters über die Strategieumsetzung der Universität Heidelberg informieren.
Damit sie nicht alles aus der Presse oder Gerüchten erfahren, erzählen wir ihnen demnächst auch gerne unsere Sicht der Dinge -- per Newsletter, den Sie nicht bestellt haben. Die Infos hier drin können Ihnen aber eh wurst sein, denn Mitentscheiden ist woanders. Hier ist Heidelberg. Wie Sie verhindern, dass wir unsere Propaganda auch in Zukunft über Sie ausgießen, verraten wir nicht.