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UNiMUT aktuell: HRG, Version 6.0

HRG, Version 6.0 (06.03.2002)

Wir hatten es schon kurz erwähnt: Das Entsetzen über die Konsequenzen der fünften Novellierung des HRG ist noch nicht abgeklungen, da werkelt das Bulmahn-Ministerium schon an der sechsten Novellierung. Fast ist mensch an die schönsten Tage des Ex-Wissenschaftsministers Trotha erinnert, als jedem missglückten Gesetzentwurf eine Flut von Änderungs- und Ergänzungsverordnungen folgte.

In diesem Fall jedoch hat sich Bulmahn wohl vom Vorwurf des Wahlbetrugs rühren lassen und wollte schnell Nebel werfen, denn immerhin war die SPD 1998 mit dem Versprechen angetreten, Bayern und Baden-Württemberg zur Wiedereinführung der verfassten Studierendenschaft zu zwingen (vgl. Warum es in Heidelberg keinen AStA gibt und er nur einmal im Jahr tagt) und Studiengebühren zu verbieten. Entsprechend groß war die Empörung, als im letzten Frühling ruchbar wurde, dass die aus damaliger Sicht wohl einzige HRG-Novelle der Regierung beide Punkte nicht enthalten würde und lediglich in der bereits bejammerten und ohnehin misslungenen Dienstrechtsreform bestehen würde.

Leider hat Bulmahn auch jetzt wieder danebengegriffen. Zwar wird die Frage der verfassten Studierendenschaft nach gegenwärtigem Erkenntnisstand noch eher gut gelöst, zumal sich ein Satz wie "Zur Erfüllung ihrer Aufgaben kann die Studierendenschaft insbesondere auch zu solchen Fragen Stellung beziehen, die sich mit der gesellschaftlichen Aufgabenstellung der Hochschulen sowie mit der Anwendung der wissenschaftlichen Erkenntnisse und der Abschätzung ihrer Folgen für die Gesellschaft und die Natur beschäftigen" und mithin die sozialdemokratische Imitation eines Politischen Mandats (vgl. Schwerpunkt Politisches Mandat) in der Vorlage befindet.

Bei der Frage der Studiengebühren jedoch packt die neue Mitte die mittlerweile allzu bekannten eisernen Ellenbogenschützer aus. Die einer Ergänzung zu §27 HRG heißt wörtlich "Das Studium bis zum ersten berufsqualifizierenden Abschluss und das Studium in einem konsekutiven Studiengang, der zu einem weiteren berufsqualifizierenden Abschluss führt, ist studiengebührenfrei. In besonderen Fällen kann das Landesrecht Ausnahmen vorsehen." Die Formulierung mit den konsekutiven Studiengängen soll den frommen Wunsch zum Audruck bringen, dass ein auf den Bachelor aufbauender Master bitte eventuell auch gebührenfrei sein möge, wenns vielleicht genehm ist. Ansonsten heißt das: Abkassieren ist nach Wunsch erlaubt, das einzige Problem, das die MacherInnen des Landesrechts haben, ist die kreative Schaffung "begründeter" Ausnahmefälle.

Ein paar Anregungen dazu liefert schon die Begründung zum Gesetzestext: Gasthörer sind etwa solche Ausnahmefälle, Leute in der Weiterbildung oder Studierende nach Überschreitung eines bestimmten Lebensalters -- der UNiMUT schlägt hier schon mal sechs Jahre vor. Einschreibegebühren sind ohnehin ok, Prüfungsgebühren auch, Studienkonten und Bildungsgutscheine sowieso. Wer uns nicht glaubt: Lest doch den Regierungsentwurf selbst.

Reizvoll vielleicht die Reaktionen; dass sämtliche Studigruppierungen, von der Assoziation marxistischer Studierender über den fzs bis zu den grünen Hochschulgruppen, nicht viel von diesem Machwerk halten, überrascht nicht. Die PDS hat gleich einen Gegenentwurf vorgestellt (natürlich ohne Chance, jemals ernsthaft beraten zu werden, obwohl mit diesem Entwurf einige Vorschläge zur Abmilderung von Novelle 5.0 verbunden wären). Erschütternderweise reicht der vorgelegte Entwurf der Fundamentalistenzelle der Gebührenfront, dem Bertelsmann-finanzierten CHE, nicht -- dessen Chef Müller-Böhling fühlte sich bemüßigt, sieben haarsträubende Argumente für Studiengebühren in den Blätterwald zu streuen. Demgegenüber wirkt die behäbige HRK schon fast menschlich, sie findet vor allem, dass der Zeitpunkt für diese Novelle schlecht sei und dass sie wohl vor den Bundestagswahlen keine rechte Chance mehr habe.

Nun, eine Chance hat sie wohl schon, aber nur, wenn die Studis sich nicht wehren. Sommersemester sind zwar kaum für sonderliche Protestkultur bekannt, aber vielleicht wirds ja dieses Jahr anders?

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Dieser Artikel wurde zitiert am: 05.04.2002, 18.04.2002, 03.06.2002, 20.06.2002, 26.03.2003


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Erzeugt am 06.03.2002

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