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UNiMUT 156 vom 24.6.98

Inhalt

Editorial

Siebke rechnet ab, am 29.Juni mit sich und am 1.Juli mit Trotha - jeweils öffentlich und ändern wird es vermutlich beides nichts. Die Hochschulstrukturkommission (HSK) würde gerne das Institut für Übersetzen und Dolmetschen (IÜD) und das Erziehungswissenschaftliche Seminar (EWS) schließen und plant einen großen Schlag gegen die "Geisteswissenschaften". Diese produzieren laut Minister von Trotha (im Gespräch mit der Neuphilologischen Fakultät) Orientierungswissen, sind aber sonst eher orientierungslos. Daher - und das schreibt welch ein Zufall auch besagte HSK - müssen diese Studiengänge viel stärker strukturiert werden. Die Naturwissenschaften produzieren dafür Verfügungswissen (was ist das eigentlich?) und verfügen daher über bessere Chancen im Steich- pardon Solidarkonzert.

Nachdem Kai aus England zurück ist, hat sich nun Demi vorübergehend dorthin verabschiedet, ein Virus hat den Artikel über Bachelor und Master und die Notizen aus den Gremien befallen und bei den Gremienwahlen beteiligten sich nur 6% Studierende - die anderen 27 Tausend sahen wohl fern. Die alljährliche Sitzung des Großen Senats steht ins Haus, oder besser gesagt ins Feld. Ob wohl mehr als 6 ZuschauerInnen kommen, fragt sich gespannt

die Red.


Siebke: Ich rechne mich!

Siebke rechnet ab:

Montag, 29. Juni, INF 684, 15.00 Uhr.

Am Montag, den 29. Juni findete um 15.00 Uhr c.t. in der Aula der Studentenwohnheime am Klausenpfad (INF 684) die 39. öffentliche Sitzung des Großen Senats statt. Diese Sitzung ist die einzige öffentliche Sitzung eines Unigremiums und hat somit Seltenheitswert!!!. Ihr hoher Unterhaltungswert (echt! d.S.) ergibt sich aus den Mitgliedern (allerdings!, d.S.) und vor allem aus den Aufgaben: alljährlich nimmt das Gremium den gloreichen Rechenschaftsbericht des amtierenden Rektors entgegen (ablehnen kann man ihn allerdings nicht) und alle vier Jahre pseudo-wählt es den neuen Rektor (aber nur auf Vorschlag des kleinen Senats), hin und wieder ändert das Gremium auch die Grundordnung der Universität (z.B. Zahl der Fakultäten oder Prorektoren). Daß hierbei wirklich nichts schief geht, garantiert die Zusammensetzung: 41 ProfessorInnen, je 7 Studierende, Angehörige des Mittelbaus und sonstige MitarbeiterInnen - mensch kann ja nie wissen, wie sowas ausgeht.

Die Anrede des Rektors ist "Magnifizenz", die der DekanInnen "Spektabilis", alle weitere Anreden sind Situationskomik und andere "Lumineszenzen" können nicht ausgeschlossen werden. Gegenstand der Sitzung am 29.Juni ist also wie gesagt der allererste Rechenschaftsbericht von Rektor Siebke, den Siebke vor- und dann zur Diskussion stellen wird. Ersten Gerüchten zufolge enthält er einige interessante Details (VWLerInne aufgepasst, es geht speziell auch um Euer Institut, d.S.), ist aber ansonsten relativ flach. Unterhaltsam wird aber gerade die Bewertung dieses Umstands - denn letztlich geht es darum, ob sich der Rektor rechnet oder nicht - und ein engagiertes Publikum kann sich hier durchaus einbringen!

Steigert also mit, wenn es heisst "Wir verscherbeln die Uni ganz effizient", erste Angebote werden vor der Sitzung am Eingang von "Data-Money-Magement GmbH Alte Uni" entgegengenommen. Nach bisher unbestätigten und unwiderufenen Verlautbarungen, sollen Herr Behrens, hochkarätige Broker und professionelle Geldeintreiber auch anwesend sein. Ein Antrag der "nichtexistenten Dekanrunde" über die Umwandlung der Uni Heidelberg in ein einziges großes "Assessmentcenter de Luxe", wird in kleiner informeller und sehr effizienter Runde hinter dem Rednerpult entschieden. Daher drängen die ProfessorInnen immer auf ein schnelles Ende. Eintritt ist wie immer frei.

PS: Übertragung des Fußballspiels Sieger Gruppe F gegen 2. Gruppe E (unser Tip: Deutschland - Mexiko) ist selbstverständlich gewährleistet!


Uniwahlen - Was ist nur in die Leute gefahren?

Frage: Was bleibt nach den Uniwahlen?
Antwort: So ziemlich alles beim alten!

Das FSK-Wahlergebnis von 96% bei den Uniwahlen 1998 (61% direkte Stimmen von 6% der Wahlberechtigten plus 35% stille Zustimmung der 94% NichtwählerInnen) ist nun postiv wie negativ zu beleuchten. Bleiben werden solche "Institutionen" wie der zweiwöchig erscheinende UNiMUT (der immer noch Nachwuchssorgen hat, d.S.), der AK Lehramt, das Öko-Referat, die Fahrradselbsthilfewerkstatt URRmEL (die immer noch BetreuerInnen für ihre vier Öffnungszeiten sucht, d.S.), das Sozialreferat (Sozialhandbuch!), das Referat für Hochschulpolitik, die Food-Kooperative Appel un' Ei (die immer noch LadendienstlerInnen sucht, d.S.), der AK Hochschulreform und anderes. Es bleibt aber auch das fehlende Mitspracherecht in den Gremien und der Vorwurf, die FSK verträte bei 6% Wahlbeteiligung ja nur einen geringen Anteil von Studierenden, folglich habe sie sowieso nichts zu sagen. Auf die geringe Wahlbeteiligung wird in kurzen Statements weiter unten noch eingegangen. Wer am Tag nach den Wahlen den news-Server der Uni Heidelberg nach der Diskussion um die Studienreform befragen wollte, bekam die Meldung: "de.alt.studienreform: Group deleted on news server", das heisst, dass jetzt also selbst die bundesweite Diskussion abgewählt wurde. Statt dessen wurden andere neue Diskussionsgruppen aufgenommen z.B. de.alt.fan.gewinnspiele ... wenn das mal keine (Wahl-)Aussage ist. Vielleicht lags ja auch daran, dass es im UNiMUT-Wahlaufruf hiess "Wählen gehen!" gleichzeitig aber auch Autofreier Hochschultag (siehe Artikel Seite 5, d.S.) war, der nur gering beachtet wurde. Trotz Parkplatzsperrung im Neuenheimer Feld kamen wieder mehr MIVlerInnen (Motorisierter Individualverkehr) als ÖPNVlerInnen (Öffentlicher Personennahverkehr) zur Uni. Hätten wir also besser schreiben sollen "Wählen fahren!"? Die Redaktion bittet um Aufklärung zur Wahlbeteiligung.

Statements zu den Uniwahlen 1998 und der geringen Wahlbeteiligung von nur 6%:

FSK: Die geringe Wahlbeteiligung sind der Beweis für den massiven Konkurenzdruck, der mittlerweile unter den Studierenden herrscht. Daher haben sie kaum Zeit, sich auch noch neben den Praktikas, Studienarbeiten, Klausurendruck und Warteschlangen vor der Mensa oder Professorenzimmern an den Wahlen zu beteiligen. Die Studierenden haben sich seit dem AStA-Verbot 1977 und dem Maulkorberlass kontinuierlich von ihrer hirachisch gegliederten Uni entfremdet, da sie festgestellt haben, dass sie in den verbliebenen Gremien eh nichts zu sagen haben, besonders bei einer weiteren Machtkonzentration der Dekane und des Rektors. Die FSK schlägt vor zur Stärkung der Basisdemokratie an der Uni Heidelberg in Zukunft Uniwahlen wöchentlich abzuhalten, damit alle Wahlberechtigten es auch rechtzeitig mitbekommen und sich langsam wieder an die Wahlen gewöhnen können.

Rektor Siebke: Die Wahlen waren mit 6 v.H. Wahlbeteiligung sehr effizient, wir haben unser Klassenziel einigermassen erreicht. Besonders Sorgen machen mir aber die Wahlabbrecher, die mit nur halb ausgefüllten Wahlzetteln die Wahlkabine verlassen. Das ist ein unakzeptabler Mißbrauch von Ressourcenmaterial (Stichwort Holzraubbau in Indonesien ohne Beteiligung deutscher Firmen), dem wohl nur mit professionell durchgeführten Uniwahl-Auswahlgesprächen beizukommen ist. Ausserdem muss aus Gründen der Effizienz über eine weitere Absenkung der Wahlbeteiligung nachgedacht werden, da - wie es wohl jedem einleuchtet - die Dekane und andere wichtige Posten auch mit 2% Wahlbeteiligung gewählt werden können, was nochmal 4% sparen würde.

Minister von Trotha: 6% Wahlbeteiligung unter den Studierenden sind ganz gut, flankierend möchte ich jedoch eine weitere Auflage des "Solidarpakts" vorschlagen; ich kann schliesslich nicht alles Übel dieser Welt beseitigen. Meiner Meinung nach sollten die Wahlergebnisse verbindlich und damit für jeden kalkulierbar für die nächsten 10 Jahre festgeschrieben werden. Innerhalb der ersten 5 Jahre wird dann der eine studentische Platz im Grossen Senat gestrichen, nach weiteren 5 Jahren ist dann auch der andere Platz fällig. Die Gremien sollten verstärkt Schwerpunktbildung durchführen und in diesem Rahmen sollen RCDS und Jusos zugunsten der FSK gestrichen werden.

Marion

Anmerkung der Redaktion: Die Wahlergebnisse sind unter http://www.zuv.uni-heidelberg.de/wa/gremien98 zu erfahren.


Nachlese zum Autofreien Hochschultag

Im Rahmen der bundesweiten (auch studentischen) Aktionswoche "Mobil ohne Auto" sollte auch in Heidelberg ein Autofreier Hochschultag (AFH) stattfinden. Mit Flugblättern und Plakaten wurden Studierende wie Angestellte Tage zuvor informiert und aufgefordert das Auto stehenzulassen. Der Arbeitskreis Ökologie der Universität war sich bewusst, dass nur ein kleiner Teil der täglich mit dem Auto an die Uni fahrenden StudentInnen diesem Aufruf folgen würde. Durch Bautätigkeit im Neuenheimer Feld (Neubau Physik) ist in nächster Zeit eine neue Lösung der Verkehrsanbindung erforderlich, wodurch eine Vielzahl vorhandener Parkplätze wegfallen wird und das bei steigendem Bedarf an Parkplätzen.

Am Autofreien Hochschultag kam es dann zur Sperrung eines Teils des Parkplatzes vor dem Mensagelände. Die Reaktionen der Autofahrer welche durch die Sperrung teilweise längere Fusswege in Kauf nehmen mussten, reichten von Verständnis bis Ignoranz. Interessant waren auch die Argumente "Wie soll das gehen ohne Auto ? : Einkaufen, Kinder und Arbeiten....die Männer, die jeden Tag an den gedeckten Frühstückstisch kommen, sollen doch Radfahren". Das lässt erkennen dass es nicht nicht so einfach ist Autos ganz zu verbannen. Aber auch Aussagen wie "ich fahre eben gerne Auto" oder "..was sollen die vielen Grünflächen, könnten überall Parplätze hin !" lassen einen Schluss auf die begrenzte Sichtweise mancher Autofahrer zu. Solches Benehmen zerstört nicht nur unsere Umwelt sondern ist auch zutiefst unfair denen gegenüber die auf ein Auto angewiesen sind. Gerade jetzt, die Baumassnahmen haben noch nicht begonnen, sollten sich alle Gedanken über neue Wege machen. Zu solchen gehören nicht nur eine bessere ÖPNV-Anbindung sondern auch ein sogenanntes Jobticket für Angestellte der Universität, worauf auch ein Artikle in der RNZ am 17. Juni hinwies . Die Aktion zum AFH sollte also nicht die Autofahrer ärgern, sondern auf die ökologische Problematik und die besondere Situation im Neuenheimer Feld aufmerksam machen. Eine Lösung kann nur im Zusammenwirken von Autobenutzern, Stadt und Universität erreicht werden. Ein vielleicht auch durch diese Blockade eingeleiteter Denkprozess ist für ein zukunftsorientiertes Verkehrskonzept sicherlich dringend nötig.

Helmut


Pädagogen / Dolmetscher an die FH - alle Macht dem Rektor

HSK legt Abschlußbericht vor

Am 16.6. legte die Hochschulstrukturkommisson (HSK) - ein Expertengremium, das den Minister berät und dessen Empfehlungen sich der Minister nach eigenem Bekunden auch gerne zu eigen machen will. Der genaue Bericht liegt der Redaktion leider noch nicht vollständig vor, aber aus den ersten Auszügen kann man folgendes entnehmen:

Die Kommission empfiehlt:

Eine durchgreifende Neustrukturierung der Magisterstudiengänge nach dem Bachelor/Master-Modell mit sechsemestrigen BA-Studiengängen und MA-Studiengängen für "besonders qualifizierte Studierende". Die "Aufnahmekapazitäten" in den Geisteswissenschaften sollen um 25% abgesenkt werden, auch in anderen Fachbbereichen sollen Studienplätze abgebaut werden, z.B. in den Geowissenschaften und der Mathemaik, in Bereichen wie Maschinenbau und Elektrotechnik soll - trotz der geringen Auslastung - ein Abbau der Plätze verhindert werden. In Heidelberg sollen der Magisterstudiengang Erziehungswissenschaft gestrichen werden und das Erziehungswissenschaftliche Seminar nur noch für die Ausbildung der Lehramtsstudierenden zuständig sein. Das Institut für Übersetzuen und Dolmetschen (IÜD) soll an die FH verlagert werden.

Die Entscheidungsstrukturen sollen gestrafft werden, und zwar nach dem in UNiMUT 149 (/unimut/archiv/um149.html) vorgestellten Modell der doppelten Leginimation aus Mannheim (http://www.bawue.gew.de/fundusho/hostrukobw.html) gestaltet werden, das vor allem eine Verlagerung der Macht nach oben vorsieht.

Mehr dazu, sobald der komplette Bericht vorliegt.


Das Gewinnspiel

Noch keine Karte für's Endspiel? Von dubiosen Kartenhändlern abgzockt? Gefrustet, wütend, aggressiv?

Der UNiMUT weiß Abhilfe!

Wer die UNiMUT-Preisfrage beantworten kann, darf die auf dieser Seite befindliche Eintrittskarte für's Endspiel der Fußballweltmeisterschaft in Frankreich ausschneiden!

Also, Fußballkenner aufgepaßt:
In welchem Fußballländerspiel schoß Jürgen Siebke das entscheidende Eigentor?"

Wer's weiß, das Jahr und die Mannschaften einfach auf eine Postkarte schreiben und ab in den Briefkasten damit!

Für alle, die die richtige Lösung NICHT wissen, gibt es natürlich einen Trostpreis, nämlich die sich ebenfalls auf dieser Seite befindliche Tischlampe aus dem Orginalnachlaß von Peter dem Großen!

Viel Spaß beim Mitmachen wünscht die UNiMUT-Redaktion!

Hochschulrahmengesetz im Bundestag verabschiedet

Wir scheißen auf Euch, Studis!

Das ungefähr müssen sich die Abgeordneten von CDU, CSU und FDP gedacht haben, als sie am 18. Juni den Hochschulrahmengesetzes-entwurf verabschiedet haben, der ein Hauptanlaß der mehrmonatigen und bundesweiten Studierendenproteste im letzten Jahr war. Die Abstimmung wurde - im Gegensatz zu den Studierenden - jedoch ernst genommen, wie das Abstimmungsergebnis von 341 (Koalition insgesamt 342 Abgeordnete) gegen 304 ('SPD, Grüne, PDS zusammen 329) Stimmen zeigt. Das lag in erster Linie mal daran, daß der Bundesrat das HRG zurückgewiesen hatte und sich die SPD auf ein Verbot von Studiengebühren festgelegt hat (ein Erfolg des Streiks übrigens), womit klar war daß möglichst alle der Koalitionsabgeordneten, d.h. von Ulrich Adam (CDU) über Otto Graf Lambsdorff (FDP) bis Wolfgang Zöller (CSU), zur Abstimmung da zu sein hatten, um eine Abstimmungsniederlage zu vermeiden und den Studis noch mal klar zu machen (war's wem nicht klar?) was von den massenhaften Sympathiebekundungen und Knutschversuchen im letzen Jahr zu halten ist.

fehlendes Verbot von Studiengebühren

Der Punkt warum sich die SPD gegen das HRG wendet ist das fehlende Verbot von Studiengebühren. Ansonsten finden auch die Genossen den Entwurf nicht schlecht, denn die Grundlinien des Gesetzes haben auch sie in langen Verhandlungen zwischen Bund und Ländern mitgeprägt. Hätte sich die Koalition auf den Kompromißvorschlag - ein im HRG festgeschriebenes Verbot bis mindestens 2003 - eingelassen, wäre das HRG jetzt schon Gesetz.

Roman hilf!

Ist es aber noch nicht, denn noch ist unklar ob es sich beim HRG um ein zustimmungspflichtiges Gesetz handelt oder nicht. D.h. mir ist das schon klar, den zustimmungspflichtig sind alle Gesetze die die Länder tangieren. Da das HRG die Rahmenbedingungen für die jeweiligen Landeshochschulgesetze festlegt, sind die Länder so tangiert wie's nur geht, aber Union und Wirtschaftsliberale sehen das aus einsichtigen Gründen anders. Wäre das HRG ein zustimmungspflichtiges Gesetz, dann wäre der Widerspruch des SPD-dominierten Bundesrates vom Bundestag nicht aufzuheben - das neue HRG wäre gescheitert. Den Verfassungskonflikt zwischen Bundestag und Bundesrat entscheidet der Bundespräsident (ich komm mir langsam vor wie in "Einführung in das politische System der BRD", d.S.). Für den Fall das Roman Herzog diese Ausführungen nicht liest und deshalb auf nicht-zustimmungspflichtig erkennt, haben die Sozialdemokraten eine Verfassungsklage angekündigt.

Aber warum regen sich die Studierenden denn überhaupt auf? Wo doch das Hochschulrahmengesetz die Unis "fit machen [soll] für das 21. Jahrhundert" (Rüttgers) und wo doch "die Hochschulen der Zukunft [sprich nicht die von heute, gelle, d.S.] als geistige und kulturelle Zentren unseres Landes gestärkt werden sollen" (Rüttgers). Darunter könnte man verstehen, daß jeder der die Begabung und den Willen hat an die Hochschulen gehen soll, um möglichst viele gut ausgebildete Menschen zu haben, denn "wir können gar nicht zu viele gut ausgebildetet junge Menschen haben" (Rüttgers). Statt dessen aber Studiengebühren, die die soziale Auslese vorantreiben und nach wie vor keine BAföG-Reform. Damit die Studis schneller studieren (will heissen ihr Studium schneller abschliessen) sollen nicht etwa die größten Hindernisse für ein effektives Studium aus dem Weg geräumt werden (bessere Beratung der Studierenden die oft Semester brauchen um sich in ihren Studiengängen überhaupt zu recht zu finden; BAföG-Reform um allen ein Studium ohne Job zu ermöglichen), sondern es sollen einfach die Daumenschrauben angezogen werden. Stärkere Leistungskontrolle der Studierenden (im Gespräch ist eine weitere Zwischenprüfung schon nach dem zweiten Semester) und eine Orientierung der staatlichen Finanzierung der Hochschulen an der Menge Studis die sie in der in keiner Weise an der Realität orientierten Regelstudienzeit durchgepaukt haben. Nicht Qualität ist also gefragt, sondern mehr Akademiker in weniger Zeit ist die Devise. Und damit die dann auch am Markt weggehen wie die warmen Semmeln, geben wir ihnen mondän klingende Namen wie Bachelor oder Master.

Studiengebühren verfassungswidrig

Die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) stellt mittlerweile eine weitere prekäre Frage. Sind Studiengebühren, wie es sie in Form von Bildungsgutscheinen (Hast gar nicht gewußt, daß Du sowas hast, gelle, hat Dir keiner im Studentensekretariat beim Einschreiben 14 Gutscheine im Wert von je DM 1000,- überreicht? Nein? Dann würde ich mir langsam Sorgen machen...! d.S.) in Baden-Württemberg schon gibt verfassungswidrig? Der Kieler Staats- und Verfassungsrechtler Albert von Mutius kommt in einem von der GEW in Auftrag gegebenen Gutachten jedenfalls zu diesem Schluß, da Studiengebühren gegen den Gleichheitsgrundsatz verstoßen würden (s. "Trotha verfassungswidrig"!).

Auch in diesem Fall wird mensch wohl auf den Spruch aus Karsruhe warten müssen.

Kai


Throtha verfassungswidrig!

Einem Gutachten von Prof. Dr. jur. Albert von Mutius (Uni Kiel) zufolge sind die Studiengebühren von 1000 DM (zu zahlen von Studierenden, die länger als die Regelstudienzeit ihres Faches plus vier Semester studieren), wie sie ab dem kommenden Wintersemester in Baden-Württemberg erhoben werden sollen verfassungswidrig. In seinem im Auftrag der GEW erarbeiteten Gutachten beruft sich von Mutius v.a. auf die Artikel 3 und 12 des Grundgesetzes, in denen der allgemeine Gleichheitssatz und der Schutz der Grundrechte festgeschrieben sind.

Die Studiengebühren würden die Ausbildungsfreiheit übermäßig einschränken, denn wer nicht zahlt würde exmatrikuliert, d.h. diese Studierenden könnten ihre Ausbildung nicht beenden. Eine solche Maßnahme wäre nur rechtens, wenn "wichtige Gemeinschaftsgüter" geschützt werden sollen. Dies ist aber laut Mutius nicht der Fall. Erstens sei das Ziel Studienzeit zu verkürzen, kein "wichtiges Gemeingut", zweitens gebe es erhebliche Zweifel, ob die Erhebung von Gebühren das richtige Mittel sei, dieses Ziel zu erreichen. Die regelmäßige Sozialerhebung des Deutschen Studentewerks belegen nämlich, daß überwiegend die Studierenden länger an den Hochschulen eingeschrieben sind, die zur Existenzsicherung einer Erwerbstätigkeit nachgehen müssen.

Drei Gründe führt der Kieler Professor an, warum Studiengebühren gegen den allgemeinen Gleichheitssatz verstoßen.

  • Die Kosten für einen Studienplatz schwanken zwischen 30.000 und 270.000 Mark. Trotzdem sollen alle Studierenden mit 1.000 DM zur Kasse gebeten werden.
  • Die Erhebung der Gebühren ist an die Regelstudienzeit geknüpft. Diese Regelung setzt aber voraus, daß sich alle Studierenden ihrem Studium hundertprozentig widmen können. Fakt ist aber, daß wegen der wegbrechenden finanziellen Unterstützung immer mehr Studierende neben dem Studium arbeiten müssen, um ihren Lebensunterhalt zu verdienen.
  • Eine Verknüpfung der Gebühr mit der Studienzeit setzt voraus, daß an allen Hochschulen die gleichen optimalen Studienbedingungen herrschen. Was wohl niemand ernsthaft behaupten kann.

Gute Karten weiterhin gebührenfrei zu studieren haben Studierende, bei deren Studienaufnahme die Regelung noch nicht galt. Für sie gelte der Vertrauensschutz.


Mal wieder Dienstag:

Trotha in Heidelberg

Das Transparent mit der Aufschrift "Bildungsruine Deutschland", das extra zu Trothas Begrüßung am Schloss flattern sollte, war leider schon am Dienstag (10.6.98) vormittag dem Ordnungssinn der HeidelbergerInnen zum Opfer gefallen, es regnete, und von Trotha war schon eine Spur mehr zu sehen -- böse Erfahrungen (etwa vor anderthalb Jahren oder später im Februar 97) hatten es dem Minister geraten erscheinen lassen, lieber etwas früher zu kommen und dann ungestört ins Rektorat zu gelangen. Pech für die Mahnwache aus Studierenden, die Trotha auch diesmal nicht ungestört durch Heidelberg flanieren lassen wollte.

Ja, der traditionelle Trotha-Regen (mensch könnte fast meinen, die Englein würden wirklich weinen, wenn der Minister kommt) -- ab 12 Uhr fiel er auf die mit Transpis vor der alten Uni stehenden AktivistInnen. Hässlich vom Hausmeister des Rekorats, auch in dieser doch recht deprimierenden Situation noch zu lügen (er tut das eigentlich immer) -- diesmal behauptete er, Trotha sei gar nicht drin und wolle erst gegen zwei kommen. Warum der Mann bei seiner wahrscheinlich schlechten Bezahlung immer wieder das Höllenfeuer riskiert, wird wohl auf ewig ein Rätsel bleiben.

Trotha war aber wirklich drin, hatte zwei Ministeriumsleute mitgebracht und verhandelte mit 11 NeuphilologInnen (davon immerhin 3 Studis) und dem Rektorat samt dessen Pressestelle über einen Brief, in dem sich die Neuphilologie über einige Merkwürdigkeiten beschwert hatte -- zum Hintergrund vgl. "Meckern lohnt (ein bisschen)" in UNiMUT 153. Zur Eröffnung motzte Trotha erstmal, der Brief sei völlig überzogen und falle ihm in aller Öffentlichkeit in den Rücken. Dementsprechend bemühte er sich tapfer, Absatz für Absatz der Neuphil-Klagen zu zerreißen. Überhaupt sei alles ungerecht, mit dem "Solidarpakt" hätten die Unis das Privileg, schon vorher zu wissen, dass ihnen 10% der Stellen gestrichen würden.

Damit war Trotha in seiner üblichen Litanei: Der "Bodensatz an Langzeitstudierenden" müsse aufgewirbelt werden, und er habe ja nun auch die politischen Rahmenbedingungen für ein schnelles Studium geschaffen -- womit er den Straftausi und die Verkürzung der Regelstudienzeit auf neun Semester meinte. Wie letzteres implementiert wird, bleibt allerdings den Unis überlassen, womit das Ministerium zum Nulltarif aus dem Schneider ist.

Und in der Tat, ein Nachhaken bei den Regelstudienzeiten ergab, dass der Minister nicht so recht wusste, wovon er da redete. Er musste schließlich zugeben, dass auch das Ministerium mittlerweile die Notwendigkeit anerkennt, in verschiedenen Fächern über eine Rückverlängerung der Regelstudienzeiten zu reden.

Keinen Handlungsbedarf sieht Trotha hingegen in der Frage von Behinderten und den Langzeitgebühren -- alles Übel der Welt könne er nicht lösen (aber immerhin einen kleinen Teil davon verursachen, d.S.). Gleiches gilt in der Frage der Teilzeitstudierenden; zudem der arme Steuerzahler zwar Trothas Benz, aber nicht das Studium von Leuten, die nebenher arbeiten, "um den Lebensstandard zu verbessern" (was Trotha ihnen großzügigerweise gönnt) finanzieren kann. Wer nicht merkt, dass sich Trotha mit dieser Aussage entweder als Demagoge oder als Depp outet, darf jetzt nochmal lesen.

Locker aus der Affäre zog sich Trotha bei Klagen, ohne einen festangestellten Mittelbau gingen Professionalität und Kontiunität gerade in der Grundausbildung den Bach runter, nur mit Tutorien und Lehraufträgen sei eben auf Dauer kein Staat zu machen: Er, Trotha, habe die Stellenkürzungen ja nicht beschlossen. Überhaupt immer kam Trotha mit dem Tip, mit einem lokalen NC könnten die Probleme sowieso gelöst werden -- wie der NC allerdings mit den vorhandenen Ressourcen überhaupt durchzuziehen sein soll (Auswahlgespräche...) wusste der Minister auch nicht. Das hinderte ihn natürlich nicht, später wieder mit dem NC zu kommen.

Ärgerlicherweise stellte sich Rektor Siebke hier wie fast immer (Stichwort Struktur der Fakultät) auf die Seite Trothas und kam schließlich nicht umhin, einen "Dissens" zwischen Rektorat und Fakultät festzustellen. Mensch sollte wahrscheinlich mal nachzählen, mit wie vielen Fakultäten Siebke mittlerweile eigentlich einen Dissens hat...

Eine Teilnehmerin hob gegenüber dem UNiMUT hervor, besonders positiv an dem Gespräch sei ihr aufgefallen, dass Lehrende und Lernende der Fakultät gemeinsame Postitionen vertreten haben und sich nicht spalten ließen. Trotha habe wie gewohnt geblockt (evtl. mit Ausnahme der Frage einer Verlängerung der Regelstudienzeiten) und sich ansonsten vielfach nur mäßig informiert gezeigt.

Nach dieser doch eher unerfreulichen Diskussion zogen sich einige erwählte Herren (Trotha, seine Ministerialdirigenten, Siebke und der Dekan, nicht aber eine Vertreterin der Studierenden) zu einem konspirativen Essen zurück und gingen anschließend zu Fuß (!) die 200 Meter ins Dekanat der Neuphilologie. Dort wurden sie von den Resten der Mahnwache aber schon erwartet, die nun nicht mehr mahnte sondern schlicht auf der Treppe saß und die Herren störte. Dies ärgerte vor allem den Dekan, während Trotha darauf hinwies, es sei unschicklich, fremde Leute zu berühren. Er nahm jedoch keine Stellung zur Frage, ob er sich von den DemonstrantInnen sexuell belästigt gefühlt habe.

Albert

[Image: Ein Mittag mit dem Minister]

Links: Der bekannte Mercedes-Benz der Heidelberger Kriminalpolizei, Abteilung Staatschutz, war mit von der Partie -- wegen dieses Fotos drohte Kriminaloberkommissar Horsch unserem Fotografen, er würde die Kamera beschlagnahmen, wenn sein Auto nochmal fotografiert würde. Mitte: Immer regnet es, wenn mensch gegen Trotha demonstrieren will. Rechts: Trotha freut sich, im Dekanat der Neuphilologie auf seine Klienten (die Studierenden nämlich) zu stoßen.


Trotha kommt - wir kommen auch!

Podiumsdiskussion
am 1. Juli, 19 Uhr
über
BILDUNGSGEBÜHREN, STRAFTAUSI, HOCHSCHULFINANZEN
in der Aula der Neuen Uni

eingeladen sind:
-von Trotha (Bildungsmin. BaWü)
-Siebke (Rektor der Uni Heidelberg)
-Zöllner (Bildungsmin. Rheinl.-Pfalz)
-ein Studi (immerhin)

...kommt zahlreich und unbewaffnet.
Veranstalter: Der SPIEGEL

Werdet Ausländer!

Wer Studi ist und Ausländer werden möchte, der kann ein Auslandsstudium machen und eine gute Adresse ist da der Deutsche Akademische Austauschdienst (DAAD) (ach nee!).

Da wären zunächst mal Stipendien für Leute mit einem dem Bachelor oder dem Master Degree vergleichbaren Abschluß, die gern an die Hong Kong University for Science and Technology wollen. Die ist eine der führenden technologischen Universitäten Asiens. Stipendien für ein Jahr (Verlängerung möglich) gibt's für "herrvorragend qualifizierte deutsche Bewerber" der Fachrichtungen Biologie, Biochemie, Chemie, Mathematik, Physik, Chemische Verfahrenstechnik, Bauingenieurwesen, Informatik, Elektrotechnik, Wirtschaftsingenieurwesen, Maschinenbau und Business Management. Weiter Informationen erhältlich beim DAAD in der Seminarstr. 2. Bewerbungstermin für Stipendien ab September 1999 ist der 1.10.'98.

Desweiteren werden Jahresstipendien für Studierende und Graduierte aller Fachrichtungen und Kurzstipendien (2-6 Monate) für Doktoranden aller Fachrichtungen in China angeboten. Bewerbungen sind bis 31.10.'98 einzureichen. Weitere wichtige Informationen dazu und auch über weitere Stipendien beim DAAD wo mensch auch die Broschüre "Studium, Forschung, Lehre - Förderungsmöglichkeiten im Ausland für Deutsche 1999/2000" erhält.


WM-Termine:

Donnerstag, 25.6.98
18.00 Romanisches Seminar: Info-veranstaltung der Fachschaft mit Angehörigen des Lehrkörpers zu den 1000 DM
18.00 Treffen der Aktionsgruppe Neue Uni (ANU). Heute: Planungen für die nächste Zeit
19:30, Heuscheuer, Hörsaal 1, Innovative Verkehrskonzepte, Referent ist Prof. Monheim (Trier), Veranstalter ist der AK "Ökologische Ringvorlesung"
19:30 Weg mit Studiengebühren!!!! Im Nichtrauchercafé treffen sich Studierende, die etwas gegen die 1000 DM Strafgebühren unternehmen wollen. An diesem Abend werden konkrete Schritte geplant! Alle Studierenden sind eingeladen, daran teilzunehmen!!!

Freitag, 26.6.98
19.30: Der Rektor und Frau Siebke laden ein nach Schwetzingen zum jährlichen Sommerball des Rektors. Zutritt nur auf Einladung oder auf Nachfrage im Rektorat: 542315; -16. Kosten: Studierende: 40 DM, alle übrigen: 75 DM; Kleiderordnung: festliche Kleidung. Heranwachsende Töchter und Söhne sind willkommen

Sonntag, 28.6.98
11.15, Südwest 3 (Glotze, d.S.): Teleakademie "Gibt es ein Leben nach dem Tod?"
20.00 aESG, Fischergasse 2: Vortrag "Menschenrechte in Kurdistan". Davor (19.00): Der "etwas andere" Gottesdienst.

Montag, 29.6.98
19.30 Studium Generale: Islam- eine andere Welt. Heute: Prof. Dr. Udo Steinbach (Uni Hamburg) zu "Islam und Modernisierung" in der Aula der Neuen Uni.
20.00 Alte Feuerwache Mannheim, Raum Eins: "Das Recht auf Krankheit und Tod -- Über die Gentechnik und ihre Kinder". Vortrag, Rosa-Luxemburg-Gesellschaft.

Mittwoch, 1.7.98
19:00, Podiumsdiskussion über Studiengebühren mit Minister von Trotha, Rektor Siebke und einem/r studentichen VertreterIn, (voraussichtlich, deswegen in nächster Zeit nach Plakaten schauen!) in der Aula der Neuen Uni! Stimmung wie beim Endpiel!
"Kirche im Gegenwind - Zum Umbruch der religiösen Landschaft", Referent: Professor Dr. Michael Ebertz, Freiburg 20.00

Donnerstag, 2.7.98
19.30, Heuscheuer HS 1: Zurück zu den Wurzeln? Die Umweltphilosophie Thoreaus Prof. Schulz, Uni Heidelberg, Anglistik
20.00, Dokumentations- und Kulturzentrum Deutscher Sinti und Roma, Bremeneckgasse 2: Courage -- das Trugbild einer "Zigeunerin" (bezieht sich auf die nach Brecht bekannte und beliebte Mutter Courage)

Freitag, 3.7.98
19:30, Karlstorbahnhof (Gumbel-Raum), "Demokratie und ethnische Minderheiten in Banghladesh", der Historiker Prof. Muntazir Mamun (Uni Dhaka), die Journalistin Abul Momen und Sufi Uddin Ahmed sowie die Kulturaktivistin Sabnam Mustari berichten über das Friedensabkommen zwischen der Regierung Banghladeshs und Autonomiekämpfern.

Sonntag, 5.7.98
15.00, Bergfriedhof, Haupteingang Rohrbacher Str.: "Der Bergfriedhof als stadtgeschichtliches Denkmal 1844-1849", Führung mit Hans-Martin Mumm

Montag, 6.7.98
19.30 Studium Generale: Islam- eine andere Welt. Heute: Prof. Dr. A. Schimmel (Bonn) zu "Die Bedeutung der Mystik in der islamischen Kultur" in der Aula der Neuen Uni.

Dienstag, 7.7.98
19:00, Neue Uni HS 6, Infoveranstaltung für Staatsexamen Lehramt

Mittwoch,8.7.98
18:00 c.t in der Aula der Alten Uni., Hochschulpolitischer Vortrag "Humboldt in der 'Massenuniversität' - Überlegungen eines Geisteswissenschaftlers" und der ist Prof. Dr. Dieter Langewiesche, Prorektor der Universität Erfurt
19.30 Treffen der PDS-HSG/ AGJG in der "Griechischen Taverne". Thema heute:Entwicklungspolitik

Donnerstag, 9.7.98
Sommerfest im Südasien-Institut, für Film (Filmwünsche bitte an die Fachschaft), Getränke und Chai (?) ist gesorgt.

Samstag, 11.7.98
20:00 Theologenfescht im Theologischen Seminar, Kisselgasse 1, (Diesmal wirklich!)


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Druckfassung

Erzeugt am 27.02.2003

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