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Fangen wir an mit einer programmatischen Geste meiner Russischlehrerin: In der ersten Stunde nach den Osterferien haben wir alle natürlich erzählen dürfen, wo wir waren (Präpositiv mit B oder Ha), wie wir dorthin gekommen sind (Präpositiv mit "Ha"). Damit wir uns aber auch im Akkusativ abmühen, wurden dann gleich die Verben der Bewegung eingeführt, wofür sie als symbolische Einführung die Tafel sauberwischt, auf der noch vom vorherigen Kurs stand: Declaration of Independence. Wir aber entwickeln erfolgreich Taktiken, die Probleme der russischen Grammatik zu umgehen. So empfiehlt es sich, weiter hinten zu sitzen, Endungen zu verschlucken oder zu vernuscheln. Wenn man zwischen zwei Präpositionen wählen muß, einfach beide kurz hintereinander sagen, oder einen Satz laut beginnen ("ICH...") und danach immer leiser werden (... habe...) , so daß die Dozentin zweifelt, ob es nun an ihren Ohren liegt, daß sie uns nicht versteht. Wo ich nun die letzte Mail schon mit dem Blick aus dem Fenster als Natureingang gestaltet habe, was habe ich denn heute auf Lager? Ein spanischer Großfamilientruppentransporter kommt die Straße heraufgefahren und hält, es steigt eine junge Spanierin aus, die auch hält, und zwar eine Plastik-Tüte unbestimmten Inhalts. Dann steigt noch jemand aus, eine ältere Spanierin, die versucht, sich zu halten, jedoch scheitert und in einer zweiten bereitgehaltenen Plastik-Tüte ihre Magensäfte anvertraut. Worauf dann weitere Personen sich zu ihr begeben, sie zu halten. Da meine spanische Umgebung beinahe mein Englisch verdrängt hätte, habe mir erfolgreich einen Englisch-Deutsch-Sprachaustausch mit einem native speaker organisiert, wo wir uns jede Woche abwechselnd in einer der beiden Sprachen unterhalten. - Doch unter der Rubrik, wie bringt man Italiener durcheinander oder schafft es, daß eine Überschrift länger als der eigentliche Text wird - Alessandro: Ich habe jetzt auch einen intercambio? José: Wovon? Unsere Gasrechnung konnten wir um ein knappes Drittel senken, auch beim Strom haben wir ein Zehntelchen rausgequetscht. Und jetzt kommen die warmen Tage! Ohne Heizung, Wasser kommt von selbst warm aus dem Heißwasserhahn, Laptop-Akkus werden nur noch in der Uni aufgeladen, die Sonne schenkt uns ihr kostenloses Licht, Tauben werden uns gebraten in die Münder fliegen und der Tormes führt Honig und Milch! Apropos Tormes, unser Fluß in Salamanca. Erinnert ihr euch noch an die erfolglose Suche nach einem gewissen "rastro", einem Trödelmarkt auf der anderen Seite (otro lado) des Flusses (del río)? Nun, wer hat in der Oskarverleihung den Preis für das beste Titellied abgeräumt? Jorge Drexler (eigentlich aus Uruguay) mit "al otro lado del río", einem Lied über vier Erasmus-Studenten, die unter sengender Sonne.... -- nee; aber trotzdem werde ich mich schon mal vorsorglich als freischaffender Prophet anmelden. Und was machen so unsere künstlerischen Betätigungen? José entwickelt sich zum Friedensaktivisten. Zumindest interpretieren Alessandro und ich so die vor 4 Wochen gewaschenen weißen Bettlaken, die seit ebendiesem Zeitpunkt auf der Wäscheleine vor unseren Fenstern zum Innenhof hängen und den ewigen Kreislauf des Waschens und Trocknens beschreiben. Vielleicht machen es sich ja bald Flechten auf ihnen gemütlich und schreiben in ihrem Wachstum das englische Wort für Geschwindigkeit, wie es als Forderung während des letzten Irak-Krieges aus Rom kommend ebenfalls vor den Fenstern hing: pace! Und wo wir schon bei Kirche sind, dürfen ein paar Ausführungen über die Osterwoche hier natürlich nicht fehlen. Jeden Tag eine neue Prozession, während der eine Maria- und eine Jesus-Figur von bis zu 30 Trägern durch die Straßen getragen wird, umrahmt von Fackelträgern in Ku-Klux-Clan Kostümen, den Brüder- oder Schwesternschaften. Begleitet werden sie dabei von schiefen Trompeten, und hiermit meine ich nicht die Haltung der Musikanten, die, wenn schon nicht "Brother Lewis", so dann doch wenigsten andere fromme Lieder im marschierenden Piccolo-Trompeten-Satz anstimmen. Dies alles unter dem tiefblauen Abendhimmel mit Straßen gesäumt von prozessionshoppenden Salmantinern und Touristen. Da ich mir als interessierter Mitteleuropäer gleich die erste Prozession angeschaut hatte, ließ die Belohnung nicht lange auf sich warten -- und zwar mit zwei Fotos in der hiesigen Presse, auf denen ich mehr oder weniger gut in der Masse zu sehen bin. Habt ihr Interesse an einem todsicheren System für eure Fußball-Toto-Wetten? Ganz einfach den Portugiesen-Faktor bestimmen. José macht es zumindest so: Wo am meisten Portugiesen drin sind, die gewinnen. Geklappt hat es ja schon bei Chelsea-Barcelona, und bei Bayern-Chelsea sieht es ja auch nicht so schlecht aus. Apropos Fußball: ein echter Schock war hier natürlich das Ausscheiden von Real Madrid und Barcelona. Gerade letzteres hat mich auch persönlich mitgenommen, weil ich es nicht sehen konnte, da ich dienstags immer von 20 bis 22 Uhr Uni habe. Also habe ich José gefragt, ob er mich nicht bei jedem Barca-Tor einmal, und bei jedem Chelsea-Tor zweimal anklingeln kann, während ich im Seminar anstatt auf glühenden Kohlen auf vibrierendem Handy sitze. Dreimal zwei in den ersten 15 Minuten, dann zweimal eins und dann wieder einmal zwei, das konnte nicht sein, da wird man ja total verrückt! Hatte José sich geirrt, oder wie war nun der Endstand? 4:2 für Chelsea. Zum Abschluß für für alle, die die ca. 2 1/2 monatige Endphase noch schnell nutzen wollen, mir einen Brief zu schreiben, meine Adresse: Jetzt aber Tschüß, Euer Michael
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Erzeugt am 19.12.2005
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