Frankenberg möchte 75 Euro Verwaltungsgebühren ab Wintersemester

Verwaltung wird immer teuerer (26.03.2003)

Als vor einer Woche das Bundesverfassungsgericht Trothas Plan A in Sachen Studiengebühren für verfassungswidrig befand, ließ die Andeutung von MWK-Chef Frankenberg, sein Haus habe durchaus schon Plan B in der Tasche, nicht lange auf sich warten. Das hohe Gericht hatte dem Minister freudlicherweise bereits Hinweise gegeben, worauf bei Plan B zu achten sei; ein "bei" etwa statt eines "für" im Gesetzestext könnte schon reichen, um Studiengebühren und Grundgesetz in trauten Einklang zu bringen. Ziemlich genau so wirds auch aussehen, wie das Ministerium heute in einer Presseerklärung ausführen ließ.

Ganz wie ein schlechterer Kneipenbesitzer hat Frankenberg aus 100 Mark 75 Euro gemacht -- ein klarer Fall für Künasts Teuro-Gipfel. Schon zum nächsten Wintersemester solls damit losgehen, so dass schon dieses Jahr 17 Millionen Euro in den Landeshaushalt kommen können. Frankenberg hält die LeserInnen seiner Presseerklärungen für dumm genug, ihm das Argument abzunehmen, diese Summe müsse, wenn sie nicht auf diese Weise zu bekommen sei, "bei Studienangeboten und Serviceleistungen der Hochschulen eingespart" oder durch "zusätzliche Schulden zu Lasten der jungen Generation" organisiert werden.

Dass diese Alternative rein propagandistischer Natur ist, ist eigentlich nicht schwer zu sehen: Erstens können die 17 Megaeuro nicht im laufenden Haushalt stehen, da ja unklar war, wann das Gericht wohl wie entscheiden würde. Zweitens, und viel wichtiger, "vergisst" Frankenberg bequemerweise, dass seine Zwickmühle sein politischer Wille ist: Leute wie er glauben daran, dass die Staatsquote kräftig gesenkt gehört, dass es unstatthaft ist, Steuern bei Menschen zu erheben, die auch tatsächlich viel Geld haben, dass es dafür aber dringend nötig ist, jede Menge Geld in die innere und äußere "Sicherheit" zu stecken, oder, in seinem Ressort, in jede Menge eher widerwärtige Spaßprojekte (click 'em all).

Kein Zufall ist, dass sich dieser politische Wille ganz exzellent mit einem anderen Programmpunkt der Marktfundis verträgt, der festen Überzeugung nämlich, Unis, private Titelhändler und Anbieter von College Funds könnten nur genesen, wenn Studium, und schließlich Bildung insgesamt, zur Investition ins eigene Humankapital (oder im Zweifel das der Kinder) mutiere. Und dazu braucht es natürlich Studiengebühren, und zwar eben nicht diese Peanuts. Denn Frankenberg hat recht. wenn er sagt: "Diese Kostenbeteiligung sollte, wenn man zum Vergleich etwa an Gebühren für einen Führerschein denkt, vom Grundsatz her für alle akzeptabel sein." In der Tat, die 75 Euro wird vermutlich selbst das alleinerziehende Elter verkraften können.

Doch genau das ist das Problem: Marktgängig wird Bildung mit solchen Beträgen nicht, und das heißt ganz schlicht, dass Frankenberg sich immer noch nicht mit den wirklichen Beträgen herauswagt, jedenfalls nicht, bevor das Verfassungsgericht über seine Klage gegen die sechste HRG-Novelle -- die immerhin sagt, dass Studiengebühren im Erststudium nicht absolut zwingend erhoben werden müssen -- befunden hat. Allerdings: Selbst wenn die dräuenden nachlaufenden Studiengebühren im Kilo-Euro-Bereich kommen, werden die 75 Euro nicht gehen, sondern mit voller Kraft wachsen. Denn ganz pragmatisch ist ein bisschen Geld heute ja auch wertvoll, wenn das ganz große Geld wenigstens vorläufig erst in einiger Zukunft einrollt.

Kurz: Widerstand gegen Frankenbergs 75-Euro-Plan ist dringend nötig, egal ob der Betrag nun schon bedrohlich aussieht oder nicht. An der Reaktion auf diese Zumutung wird das Ministerium ablesen, ob und wie lange es noch mit dem großen Hammer hinterm Berg halten muss. Sollte schon irgendwo an konkreten Projekten (wie wärs mit einer Neuauflage des Treuhandkontos?) gearbeitet werden, bitten wir höflichst um Nachricht. Und derweil ist auch das Rückfordern der alten Gebühren immerhin besser als nichts.

Nebenbei: Zu eben jenen Rückforderungen hat sich Frankenberg auch geäußert, allerdings nicht sehr präzise: "Das Land wird seine rechtlichen Verpflichtungen aus dem Urteil erfüllen," so verspricht er -- großzügig! --, ließ aber durchblicken, dass er wenig Lust verspürt, ohne Druck Einschreibegebühren oder von PH- und FH-Studis gezahlte Rückmeldegebühren zurückzugeben. Ob er solche Positionen aufrecht erhält, wenn der/die erste Studi nur bei einem Amtsgericht vorstellig wird, ist zumindest höchst zweifelhaft.

Auf die Rückzahlung der zu Unrecht einkassierten Rückmeldegebühren werden aber auch Studierende der Uni Heidelberg wohl noch etwas warten müssen, denn Rektor Hommelhoff hat, so ist zu hören, das Urteil bedauert. Auch Frankenberg wird nach Einschätzung der Redaktion frühestens im Oktober mit der Rückzahlung beginnen -- aus den dann erstmals eingetriebenen 75 Euro; dies sollte euch nicht von Rückforderungen abhalten, denn erstens gehören Verfassungsbrüche bestraft, und zweitens würde das Geld sonst auch nur für die neuesten Gags verschleudert. Wir raten euch nochmal, oben 'em all zu clicken, denn das kurze Panoptikum von Mumpitz Marke MWK sollte noch die letzten Hoffnungen, mit euren Gebühren könnte irgendwann durch irgendeine Laune des Schicksals irgendwas Nützliches passieren, zunichte machen.

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Dieser Artikel wurde zitiert am: 28.05.2003, 03.01.2004