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UNiMUT aktuell: Privatuniversität auf Karlsruher Campus

Privatuniversität auf Karlsruher Campus (27.10.97)

Im Ringen um die erste von der Industrie, dem Land und dem Bund (DAAD) finanzierte und privatwirtschaftlich geführte Universität spielt die Karlsruher Universität seit neuestem in der Liga der "global players": Ab April 1999 soll auf dem dortigen Campus das "Projekt International Department (ID) der Universität Karlsruhe" (GmbH) den Lehrbetrieb aufnehmen. Zunächst werden nur die Fächer Maschinenbau und Elektrotechnik mit dem Abschluss Bachelor (8 Semester) oder Master angeboten, weitere Fächer werden dann in der Zukunft aufgenommen. Das ganze sei erst einmal als "Pilotprojekt" zu sehen, so zumindest war das heute auf einer Pressekonferenz zu hören.

Nach der Recheche des UStA Karlsruhe sind von einem willigen Studierenden 20.000 DM pro Semester zu bezahlen, eine Zahl, die auf Rückfrage von den Betreibern bestätigt wurde. Diese allerdings sprachen statt von "Studiengebühren" von "Campusgebühren". Der Schreck über den offenbar unerwartet heftigen Widerstand gegen die Trotha'schen "Rückmeldegebühren" sitzt wohl noch tief in den Knochen der Planer. Führende Personen, die heute auf oben erwähnter Pressekonferenz erstmals das ID-Projekt der Öffentlichkeit präsentierten, sind zum einen Rektor Wittig, dem das ID mit dem Posten des Aufsichtsratsvorsitzenden schmackhaft gemacht wurde, sowie der Chef des Instituts für Werkzeugmaschinen und Betriebstechnik (wbk) Prof. Weule.

Letzterer entpuppte sich als heimlicher Chef und geschickter Marketingstratege, wie sich aus seinem am Rande einer Senatssitzung verbreiteten Infomaterial entnehmen lässt. Darin finden sich fast ausschliesslich Begriffe wie Akzeptanz, Benchmark, Konzeptidee, "professionelle Werbung und Akquisition", Marktpotential etc. Weule selbst ist Vorstandsmitglied der Daimler-Benz AG, Träger der Wirtschaftsverdienstmedallie in Gold und durch Asien-Aufenthalte Kenner des asiatischen Wirtschaftsraumes.

Das ID steht interessanterweise nur für "herausragende Studierende aus Asien und den USA" offen. Ist das eine besondere Form des modernen Rassismus? Wahrscheinlich nicht, denn letztlich wird auf Kosten der bestehenden Universität das ID in Zukunft für alle Studierenden ausgebaut und geöffnet werden. Der UStA Karlsruhe hat den Widerstand gegen das ID, dessen bauliche Errichtung mit der Grundsteinlegung auf dem Campus schon für Frühling 1998 beginnen soll, in den letzten Tagen kontinuierlich gesteigert. Während die Studierenden bei der Abstimmung für das ID in allen Gremien (Senat, etc.) erwartungsgemäß überstimmt wurden, konnten sie am Wochenende mit einem gezielt lancierten Artikel in der örtlichen Presse (BNN) zunächst die Öffentlichkeit sensibilisieren und auf den weiteren Zerfall der bestehenden Universität aufmerksam machen. Heute wurde dann den Studierenden mit einem Theaterstück im Mensafoyer die Auswirkungen von Elitebehandlung und weiterer finanzieller Selektion deutlich vor Augen geführt.

Die Pressekonferenz von Rektor Wittig, Prof. Weule und den anderen Befürwortern gestaltete sich für diese hingegen zur bitteren Blamage: Obwohl nur wenige Studierende zugelassen worden waren, brachten letztere mit einer guten Vorbereitung und geschickten Fragen über das neue "Spielzeug" der Veranstalter diese dermaßen ins Schwitzen und Stottern, dass auch die anwesende Presse kaum noch Fragen stellen wollte. Als Symbolfigur gegen das ID und gegen weitere solche "Lieblingskinder" hat der UStA das Tamagotchi auf seinem Info-Flugblatt gewäht. Weiter Aktionen sind geplant, wir sind gespannt...

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Dieser Artikel wurde zitiert am: 26.03.2003


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Erzeugt am 27.10.1997

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