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UNiMUT aktuell -- Januar 1999

Studiengebühren in Bayern (12.01.99)

Noch vor zwei Jahren klang Bayerns Kultusminister Zehetmair ganz so, als seien Studiengebühren in Bayern nicht die Spur angesagt -- allerdings hatte er sich mit dem schönen Wort "allgemein" eine Hintertür offengelassen. Und durch diese spazierte er am 29.12. letzten Jahres mit einer Verordnung, die Gebühren von 1000 Mark pro Semester für Zweitstudiengänge vorsieht.

Gemeint ist damit, dass jemand mit einem abgeschlossenen Studium in aller Regel blechen soll, wenn er/sie anderes Studium aufnehmen will. Nicht, dass wir groß vergleichen wollten -- im Gegensatz zu Baden-Württemberg aber erlässt Zehetmair die Gebühr immerhin für Promotionsstudierende und für Aufbaustudiengänge, was insgesamt etwas fairer klingt als die Trotha'sche 14-Semester-Hysterie.

Diese Anflüge von Humanität ändern allerdings nichts daran, dass hier ein weiteres Steinchen in das große Mosaik der Privatisierung der Hochschulausbildung in der BRD fällt und genau passt, zudem, da Bremen wohl einen neuen Anlauf zu einer Kopie des Trothahunni unternimmt und diese Sache nach Ansicht der Niedersächsischen Regierung längst gegessen ist. Ein paar Unentwegte wehren sich noch und drucken Plakate mit dem Titel "Jetzt...!!! oder immer!". Die Redaktion fürchtet, dass wir in Baden-Württemberg dieses "Jetzt" schon vor zwei Jahren verschlafen haben.

Noch zwei Kleinigkeiten: Am 21.1. ab 9 Uhr wird auch dieses Jahr Kardinal Meisner seinen Soldatengottesdienst im Kölner Dom abhalten. Ab 8 Uhr schon soll dagegen demonstriert werden, und zwar auf der Domplatte. Wer sich nicht vorstellen kann, weshalb mensch da demonstrieren sollte, sollte unseren Artikel zu der letztjährigen Veranstaltung lesen (damals waren übrigens 200 GegendemonstrantInnen gekommen).

Ausserdem wollen KernkraftgegnerInnen am 26.1. die "Atomkonsensgespräche" zwischen Energiekonzernen und dem Kanzler kritisch beobachten. Mehr Infos bei AKW-Nee.

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Dieser Artikel wurde zitiert am: 14.01.1999

Remember Noske? (14.01.99)

Noch zu Zeiten des Studistreiks vor gut einem Jahr tönte es aus den Reihen der Sozialdemokratie, für ein Studiengebührenverbot im HRG müsste zur Not vor dem Karlsruher Verfassungsgericht gekämpft werden. So richtig an diese hehren Vorsätze geglaubt haben zumindest wir nicht, und dennoch ist es etwas enttäuschend, dass ausgerechnet im ersten Jahr der rot-grünen Koalition jeder Damm gegen Studiengebühren gebrochen zu sein scheint (wir hatten erst vor zwei Tagen über die aktuellen Pläne berichtet).

Nun, wenn schon das Verfassungsgericht in Karlsruhe nichts sagen darf, der dortige UStA nimmt sich das Recht und schrieb den folgenden Brief an das BMBF sowie die bildungspolitischen Sprecher der Regierungsparteien:

Sehr geehrte Damen und Herren,

Wir begrüßen es, daß die neue Bundesregierung die BAföG-Sätze anhebt, die Elternfreibeträge deutlich erhöht und die Anerkennung von Gremientätigkeit und Auslandsaufenthalten wieder einführt. Leider reicht das aber noch nicht aus, wir hoffen daher sehr, daß bei einer grundsätzlichen Reform der Studienfinanzierung entscheidende Verbesserungen kommen. Das eigentliche Anliegen dieses Schreibens ist es aber, bei Ihnen darauf zu drängen, schnellstmöglich ein Studiengebührenverbot ins Hochschulrahmengesetz (HRG) aufzunehmen. In Baden-Württemberg haben wir bereits 1000 DM Strafgebühren für sogenannte "Langzeitstudierende". Für uns drängt also die Zeit, daher fordern wir sie auf, die Zeit nicht mit unnützen Verhandlungen mit bspw. von Trotha über einen Staatsvertrag zu vergeuden. Mit einem Staatsvertrag, den "unser" Wissenschaftsminister sowieso nicht unterzeichnen würde und aus dem das Land leicht aussteigen kann, ist uns einfach nicht geholfen. Von Trotha?s Wahn, "sozialverträgliche" (wer's glaubt, wird selig) Studiengebühren einzuführen, kann nur durch das HRG gestoppt werden. Gerade für Studierende aus Baden-Württemberg wäre ein entschlossenes Handeln Ihrerseits ein positives Signal der neuen Regierung. Und da sie dann sowieso ans HRG gehen, könnten sie auch gleich die Verfaßte Studierendenschaft mit Satzungs- und Finanzhochheit, politischem Mandat und ohne Austrittsrecht ins HRG aufnehmen. Auch das eine Forderung, auf deren Erfüllung wir in Baden-Württemberg seit über 20 Jahren warten.

Über eine Stellungnahme würden wir uns freuen!

Dass eine Stellungnahme kommt, darf wohl als sicher gelten. Und ihr Inhalt wird interessant sein -- Neues von Radio Eriwan? Oder doch eher Rechtfertigung im Stile von Noskes SPD, die ja lebendiger denn je scheint?

Nachtrag (27.1.99): Mittlerweile ist eine erste Reaktion eingetroffen. Der UStA hat sie unter http://www.usta.de/Themen/Presse/reaktion_bmbf990121.html aufs Web gelegt.

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Siebke vs. Trotha (20.01.99)

Jürgen Siebke, 20.6.1936-20.1.1999

Ein bedauerliches Opfer der Trotha'schen Geheimpolizei. Ein Rektor verschwindet, und der anarchistische Mob ist mal wieder zu spät dran.

Die finsteren Pläne des Herrn Trotha bezüglich eines neuen Unigesetzes für Baden-Württemberg spalten die Gebührenphalanx aus Wissenschaftsminister und Heidelberger Rektor -- das wenigstens muss mensch nach der jüngsten Presseerklärung Siebkes vermuten, in der er den Entwurf der UG-Novelle recht deutlich zurückweist.

Angesichts Siebkes diverser fixer Ideen überrascht sein Bedauern, dass von "Studiengebühren und der umfassenden Auswahl der Studierenden durch die Universitäten [...] in der Novelle nichts zu finden" sei, ja noch nicht so sehr -- aber wer hätte einen Satz wie "Hochschulrat, 'starker Rektor' und 'starker Dekan' als Elemente einer streng hierarchisch gegliederten Leitungsstruktur nach Vorbild der Wirtschaft können ihn [Siebke] nicht begeistern" in einer Presseerklärung des selbsternannten Uni-Managers des Jahres erwartet? Und von wem, glaubt ihr, stammt der Satz "Die Universität ist keine Business School"? Unglaublich, aber wahr.

Besonderes Augenmerk richtet Siebke auf den Noch-Verwaltungsrat, ganz oben auf der Liste der Opfer der UG-Novelle. Ihn verteidigt Siebke als "Vorbild für die Bundesrepublik", er sei effizient, und das sei durch Zillionen tolle "Strukturprojekte" an der Uni Heidelberg auch belegbar. In der Tat hat der Verwaltungsrat -- im Unterschied zum Senat -- nie gegen den Rektor gestimmt (was vielleicht nicht zuletzt daran liegt, daß von 11 Mitgliedern 5 zugleich Mitglieder des Rektorats sind...). Nur: Wieso sagt Siebke sowas? Hat nicht Siebke immer betont, Demokratie sei seine Sache nicht? Klar ist auch der Verwaltungsrat noch Prä-Attisch, seine Verteidigung gegen ein Modell des mittelständischen Unternehmerpatriarchats qualifiziert aber sicherlich als fortschrittlich.

Herr Siebke, Herr Siebke -- es sieht ganz so aus, als müssten Sie sich jetzt nicht mehr nur vor anarchistischen Mobs in Acht nehmen, denn jetzt ist Ihnen auch noch Trothas Geheimpolizei auf den Fersen...

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Nonsens um den Konsens (21.01.99)

Original kontrolliert Fälschung

Original kontrolliert Fälschung

Am 26.1. werden sich in Bonn wieder einmal viele Herren in dunklen Anzügen treffen, und wieder einmal hat das Treffen einen blumigen Namen. Nein, diesmal geht es nicht ums "Bündnis für Arbeit", stattfinden werden die "Energiekonsensgespräche". Schon dieser Name inspiriert KernkraftgegnerInnen zu Horrorvisionen, und in der Tat: Reaktorminister Trittin hat schon verkündet, er wäre froh, wenn in dieser Legislaturperiode zwei AKWs stillgelegt würden. Das klingt nach konsensfähigem Ausstieg, fraglich ist nur, wer bei diesem Konsens alles seinen Sens hat abgeben dürfen.

Kurz: Die KernkraftgegnerInnen können sich nicht zur Ruhe setzen. Das tun sie auch nicht, wie sich PassantInnen gestern zwischen fünf und sechs vor dem Psychologischen Institut überzeugen konnten. Dort nämlich war -- szenisch bearbeitet -- ein Sneak Preview der Konsensgespräche zu sehen, wobei im Unterschied zur Realität die Grünen hier einen sicheren und unumstrittenen Platz am Tisch bekamen. Fünf Mal wurde fünf Minuten lang launig gefeilscht, bis fünf Mal der "Konsens" einer Restlaufzeit von 30 Jahren erreicht war und ein Störfall im AKW Obrigheim dem Spuk ein Ende setzte.

An dem kleinen Straßentheater nahmen auch ein paar DemonstrantInnen und ein Polizist teil, letzterer ausstaffiert mit schwarzer Jacke und weißer Mütze. Dieses Kostüm schien einem Heidelberger Altbürger verdächtig, woraufhin er die echte Polizei alarmierte. Es blieb allerdings einer Aufforderung, doch die Mütze abzusetzen, der natürlich niemand Folge leistete.

Vielleicht war das Happening am Bunsenplatz etwas nonsenslastig. Dennoch ist nicht zu erwarten, dass die "echten" Konsensgespräche zu einem erheblich anderen Ergebnis kommen. Jedenfalls nicht, wenn nicht massiver öffentlicher Druck für etwas mehr grüne Kraft und Herrlichkeit (Joschka Fischer) sorgt. Aus solchen Überlegungen heraus sind für den 26.1. Aktionen in Bonn geplant. Wie und wo, ist unter http://www.akw-nee.de oder Tel. 02561-961799 zu erfahren.

Auf dem Weg zum Konsens

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Antisemitische Schmierereien in der UB (26.01.99)

"Juden raus!", "Juda verrecke!" - solche und ähnliche Sprüche finden sich seit ca. zwei Wochen täglich in der UB in der Altstadt. In der Herrentoilette und am Kartentelefon dokumentiert jemand, daß die Ewiggestrigen doch so gestrig nicht sind - und täglich wieder kommen, um die entfernten Schmierereien zu erneuern. Der Unimut ruft alle UB-BesucherInnen auf, Auffälliges der UB (oder dem Unimut) zu melden! Es handelt sich hierbei nicht um dumme-Jungen-Streiche, sondern um Volksverhetzung, die nicht totgeschwiegen werden darf (was momentan offenbar geschieht)...

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Wird es Niedersachsen schaffen? (28.01.99)

Dass ausgerechnet das Schröderland Niedersachsen das erste Rot/Grün regierte Land ist, das mit allgemeinen Studiengebühren Ernst macht, lässt, Edelgard hin, Bulmahn her, für das von der Bundes-SPD vorläufig und offiziell noch angestrebte Verbot von Studiengebühren Schlimmes befürchten, zudem der Niedersächsische Wissenschaftsminister Oppermann schon angekündigt hat, es könne nicht bei seiner Kopie des Trothahunnis (100 Mark "Einschreibegebühren" pro Semester) bleiben, ihm schwebten eher Siebkegemäße 3000 Mark im Jahr vor. Jedenfalls: Seit dem 20.1. ist es offizell, der Landtag hat gesprochen, vorerst 100 Mark sollen die Studis der niedersächsischen Hochschulen jedes Semester abdrücken. Aber: Noch ist nicht alles verloren, denn Widerstand regt sich.

Dem Vorbild Baden-Württemberg folgend, probieren es auch die Studis in Niedersachsen mit Treuhandkonten. Göttingen hat am 26.1. ein Treuhandkonto mit einem Quorum von 33% beschlossen, die Uni Hannover wird am 1.2. Vollversammlung halten, die Uni in Lüneburg hatte am 25.1. VV und hat nur ebenfalls ein Treuhandkonto, mit einem etwas realistischeren Quorum von 25%. In Braunschweig hatten am 27.1. schon die ersten 337 Studis aufs Treuhandkonto eingezahlt, das nach einer VV am 18.1. eingerichtet worden war, Oldenburg ist schon seit dem 13.1. dabei, das Quorum liegt dort bei 4000. Nett an der entsprechenden Aktion in Clausthal-Zellerfeld fand die Redaktion das Boykottlogo, über dessen Inspiration wir nicht spekulieren.

Auch an den anderen Hochschulen des Landes gärt es. Ob es wirklich ausreichend gärt, um so hochgesteckte Quoren wie 33% zu erreichen, bleibt abzuwarten -- in Heidelberg hatten am Ende der Treuhandkontoaktion 1997 nur gut 16% der Studis eingezahlt. Damals hatten sich landesweit rund 30000 Studis dem Treuhandkonto anvertraut, und es war sehr ärgerlich, den Boykott abbrechen zu müssen, weil keine der großen Unis ihr Quorum erreicht hatte. Sicherlich hätte Trotha keine 30000 Studierenden exmatrikulieren lassen. Schade, dass Niedersachsen aus diesem Ärgernis nicht gelernt hat. Aber vielleicht haben sich die Zeiten ja geändert, und Drittelquoren sind selbst an so großen und altehrwürdigen Unis wie Göttingen drin. Zu wünschen wäre es ja.

Und noch ein Wort nach Niedersachsen: KeineR der TeilnehmerInnen an Treuhandkonten in Baden-Württemberg wurde exmatrikuliert, weil sein/ihr Geld nicht rechtzeitig bei der Uni gewesen wäre.

Nachtrag (4.2.99) Hannover hat jetzt auch ein Treuhandkonto beschlossen. Und -- wie sich die Bilder gleichen: Wie vor zwei Jahren bei uns Trotha droht jetzt auch der SPDler Oppermann allen Boykotteuren mit Exmatrikulation.

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Hilaritas mit dünner Haut (30.01.99)

[Image: Menschenverachtung]

Unsere Bilderserie rund um die vaterländischen Herren mit den komischen Kostümen (Folge 1, Folge 2) stieß nicht auf ungeteilte Begeisterung. Das Bild oben ist ein Ausschnitt aus der Homepage der Burschenschaft Hilaritas Stuttgart, und ein Mitglied dieses ehrenwerten Vereins grummelte unter einem Posting der Folge 1 auf der Burschi-Newsgroup de.soc.studium.verbindungen etwas von "Brandstiftern".

Dabei muss der Hilaritas Stuttgart zugute gehalten werden, dass sie noch zu den Burschenschaften gehört, die augenzwinkernd mit der Demokratie kokettieren. Dennoch ist die Empörung wohl etwas fehl am Platze, wenn auf der gleichen Seite vom "deutschen Vaterland" gefaselt wird und das Hintergrundbild in Rot-Weiß-Schwarz herumflaggt. Die Ähnlichkeit zur Reichskriegsflagge, die über Sedan, Verdun und Ypern, über Oradour, Warschau und unzähligen anderen Schauplätzen unsäglicher Verbrechen flatterte, mag ja zufällig sein -- aber die Ähnlichkeit besteht, und wer sich von Schrecklichkeiten dieser Art nicht deutlich distanziert, wird wohl damit rechnen müssen, dass die Menschenverachtung von "damals" auf ihn oder sie zurückfällt und seine Empörung nicht ernst genommen wird.

Liebe Hilaren, liebe Burschen anderer Couleur: Wer Saufen zum Ritual erhebt, hat keinen Grund, sich über Spott wegen eines Unfalls im Vollsuff zu beschweren. Und die Verbote -- nun, PKK und Scientology, am besten auch noch gleich die PDS, wollt doch auch ihr verbieten lassen, oder? Bei der Gelegenheit könnte vielleicht ein Blick auf den Kommentar in einem weiteren Posting auf de.soc.studium.verbindungen, diesmal zur Sperrung der Seiten des AStA FU Berlin, für etwas weniger Geschrei bei den bunten Herren sorgen.

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Erzeugt am 30.01.1999

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