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UNiMUT aktuell: Mörderische Technologiefolgen

Mörderische Technologiefolgen (28.10.2001)

[Image: Ein Bild der Ausstellung: KZ-Häftlinge schleppen Raketenteile]

Noch bis zum 2.12. ist im Dokumentations- und Kulturzentrum deutscher Sinti und Roma eine Ausstellung zur Geschichte des Konzentrationslagers Mittelbau-Dora zu sehen. In dem ausgedehnten Tunnelsystem dieses KZs bauten insgesamt 60000 KZ-Häftlinge in den Jahren 1944 und 1945 die Vergeltungswaffen der deutschen Wehrmacht. 20000 Menschen wurden in den Stollen "durch Arbeit vernichtet", die auf die Evakuierung des Lagers folgenden Hungermärsche forderten einen weiteren hohen Blutzoll.

Geistiger Vater dieser Mordmaschinerie, und das sollten wir an der Universität nie vergessen, waren Forscher, Ingenieure, Wissenschaftler -- die Wehrmachtsraketen wurden von einem Team um Wernher von Braun, dem späteren Spiritus Rector der Mondlandung, ersonnen. "Innovativ" wie das Projekt war, müssen die Produktionsmethoden größtenteils von den Entwicklern selbst vorgeschrieben worden sein. Die Arbeitsschritte, die da vernichteten, kamen sozusagen direkt aus der Wissenschaft.

In eindrücklichen Bildern von Künstlern, die Mittelbau Dora überlebt haben, sowie durch einige gut ausgewähle Zeugnisse von Häftlingen, offziellen Dokumenten und Fotos zeichnet die Ausstellung ein bedrückendes Bild des Lagers. Ergänzt werden die Exponate durch Stellwände mit redaktioneller Information. Der so erzeugte Kontrast zwischen -- nicht immer angestaubt wirkender -- Hi-Tech und der Barbarei von Massenhinrichtungen mittels elektrischer Kräne, von Folter der ausgemergelten Gestalten am Appellplatz, von offen sadistischen Quälereien durch SS und Kapos wirft die Frage auf, ob hier wirklich von Kontrast gesprochen werden sollte.

Etwas traurig mag dabei stimmen, dass die beiden RedakteurInnen des UNiMUT, die die Ausstellung besuchten, an einem Sonntagnachmittag den Raum im Keller des Dokumentationszentrums für sich allein hatten. Die Auseinandersetzung mit diesem Kapitel deutscher Technikgeschichte sollte eigentlich für alle, besonders aber für Studierende technischer oder naturwissenschaftlicher Fächer, auf dem privaten Lehrplan stehen -- denn der normale Lehrplan kennt dieses Thema nicht. Geöffnet ist die Ausstellung Mittwochs bis Freitags von 10 bis 16.30 Uhr, am Wochenende von 11 bis 16 Uhr und Dienstags von 10 bis 20 Uhr in der Bremeneckgasse 2, gleich bei der Talstation der Bergbahn. Der Eintritt ist übrigens frei.

Ausstellungsbegleitend finden noch zwei Veranstaltungen statt. Am Donnerstag, 8.11., spricht Rainer Eisfeld um 19.30 Uhr über "Terror und Technischer Fortschritt", und am Dienstag, 20.11., wird der ehemalige Mittelbau-Insasse Franz Rosenbach wieder um 19.30 Uhr seine Erfahrungen in einem Vortrag mit dem Titel "Vernichtung durch Arbeit" weitergeben. Der Eintritt ist auch hier frei.

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Erzeugt am 28.10.2001

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