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UNiMUT aktuell: The return of "Das muss schlechter werden"

Wissenschaftsrat kritisiert "zu gute" Abschlussnoten an deutschen Hochschulen

The return of "Das muss schlechter werden" (26.02.2003)

Was in Heidelberg schon seit vielen Jahren als Problem gesehen wird, hat nun auch der Wissenschaftsrat als Neue Große Krise Der Deutschen Hochschulen (NGKDDH) entdeckt: Die Noten sind zu gut. Meine Mutter ist auch dieser Meinung.

Der Wissenschaftsrat, das nur nebenbei, besteht aus Giganten des Geistes vom Schlage eines Prof. Dr.-Ing. Werner Bornkessel (macht Präzisionstechnologien und Lasertechnik an der FH Jena), Dr. Ing. Frank Junker von PLANETA-Bogenoffset sowie Nina Grunenberg vom Zentralorgan der Reaktionären Partei Absurdistans, der ZEIT. Sie werden im Benehmen von der DFG, der MPG, der HRK und der HGF vorgeschlagen, was schon stark suggeriert, dass Menschen mit auch nur ansatzweise fortschrittlichen Gedanken in diesem Gremium eine Aufenthaltswahrscheinlichkeit von ziemlich genau Null haben.

Der Wissenschaftsrat also hat nun festgestellt, dass die Noten bei den DiplombiologInnen im Mittel bei 1.3, bei GeschichtsmagisterInnen bei 1.6 und bei den HumanmedizinerInnen bei 2.4 liegen, und das ist durchweg zu wenig. Allein in Jura (Schnitt 3.3, wohl auch nur, weil die Freischießer halt mit dem glücklich sind, was sie so kriegen), sieht man die "Notenskala" ausreichend "ausgeschöpft". Menschen, die für die nächsten Ausgaben von Trivial Pursuit gerüstet sein möchten, können auch die ganze Pressemitteilung (Surgeon General's Warning: Your brain may explode) studieren.

Wenn nun also Studierende, die aus jedenfalls vergleichbaren Grundgesamtheiten gezogen werden, Notenschnitte zwischen 1.3 und 2.4 erzielen -- die JuristInnen nehmen wir mal aus, da ist die Grundgesamtheit vermutlich schon eine andere --, ist wohl keine vertiefte Ausbildung in Mathematik nötig, um Zweifel an der Aussagekraft der Noten selbst aufkeimen zu lassen. Umgekehrt ist die Hoffnung, ihre Aussagekraft könne wachsen, wenn nur die Mittelwerte sänken, allenfalls als Produkt eines von (beim Offsetdruck durchaus auftretenden) Lösungsmitteln bereits leicht beeinträchtigten Hirnes zu verstehen.

Was sonst dazu zu sagen ist, hat der fzs bereits in einer als Reaktion auf die Wissenschaftsrats-Prosa verfassten Pressemitteilung gesagt, weswegen wir jetzt ihm das Wort überlassen:

"Die Behauptung, die Hochschulen würden im Durchschnitt zu gute Abschlussnoten vergeben, veranlasst uns erneut klarzustellen, dass Noten ungeeignet sind um Abschlüsse und Studienleistungen zu bewerten", so Lars Schewe, Mitglied des fzs-Vorstands. "Es verwundert uns sehr, daß sich der Wissenschaftsrat in dieser Weise mit der Notenvergabe beschäftigt." Anstatt aus den Ergebnissen der Studie die Folgerung zu ziehen, dass Noten offensichtlich nicht funktionieren und somit überflüssig sind, wird versucht diese Fiktion der Benotung aufrechtzuerhalten. "Die von jedem Studierenden individuell erbrachte Leistung lässt sich nicht "objektiv" in ein Notenschema pressen. Noten sind willkürlich und sagen nur "vordergründig" etwas über die erbrachte Leistung von Studierenden aus. Wer sich heute auf Noten verläßt, ist verlassen," so fasst Lars Schewe die Erfahrungen der StudentInnen zusammen.

Der Wissenschaftsrat sollte sich mit sinnvolleren Dingen beschäftigen, als sich auf "Kuschelnoten" zu stürzen. "Die Aussage Friedrich Tegelbekkers (Autor einer Studie des Wissenschaftsrat), dass das gehäufte Auftreten von Einsen und Zweien darauf hindeute, es werde werde den Studierenden zu "leicht" gemacht, bedient lediglich die Stammtischforderung nach Disziplinierung der Studierenden", so Tjark Sauer, Mitglied des fzs-Vorstands. "Anstatt über die Vergabe vermeintlicher "Kuschelnoten" zu diskutieren, sollte sich der Wissenschaftsrat vielmehr Gedanken machen, ob derartige Schemata -- also Noten -- nicht längst überholt sind. Noten sind einfach nicht vergleichbar, sie sind nicht objektiv!"

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Erzeugt am 26.02.2003

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