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UNiMUT aktuell: Mit Gebell wegen 99 Luftballons

Mit Gebell wegen 99 Luftballons (01.05.99)

Die Rede des kriegsführenden Ministers Scharping sollte der Höhepunkt auf der 1. Mai-Kundgebung des DGB in der Friedrich Ebert Halle in Ludwigshafen werden. Scharping, der sich nicht getraut hatte, unter freiem Himmel zu sprechen, wurde jedoch anders empfangen, als er es erwartet hatte. Bereits vor Beginn von Scharpings Rede wurde die Veranstaltung offiziell unterbrochen: Etwa zehn Antikriegs-AktivistInnen, einige von ihnen mit T-Shirts mit der Aufschrift 'Mörder Scharping', hatten sich auf die Tische gestellt. Der argumentschwache Veranstaltungsleiter ließ sie in bester DGB Manier mit Gewalt von PolizeibeamtInnen und den in Zivil gekleideten, hysterischen SaalordnerInnen unter peinlichem Applaus der kriegsbefürwortenden Gewerkschaftsmitglieder rausschmeissen.

Bei der ersten Ankündigung des Redebeitrags Scharpings gabs dann von den insgesammt ca. 200 Antikriegs-AktivistInnen Buhh-Rufe und Pfiffe, die sich zu immer heftigeren 'Mörder, Mörder'-Rufen verdichteten. Danach zogen Menschen vor die Bühne und bildeten mit großen Lettern die Forderung 'Stoppt den Krieg'. Als später Scharping auf die Bühne trat, tanzte ein ca. 3 Meter großes schwarzes Ungetüm mit aufgemaltem Totenskelett und der Aufsschrift 'Im Krieg gewinnt immer der Tod' vor dem Rednerpult und den vielen Filmkameras. Rote Fahnen gesellten sich dazu, serbische Target-Zeichen und Rote Karten wurden emporgereckt und Ratschen geschwungen bzw. Trillerpfeifen geblasen.

In einer eher langweiligen Rede schwadronierte Scharping anfangs über die großartigen Erfolge der neuen Bundesregierung bei der Bekämpfung der Arbeitslosigkeit. Gegen Ende erzählte er mit fast überschlagender Stimme über Greultaten der SerbInnen im Kosovo. Da er in keinem Wort auf die unschuldigen Kriegsopfer auf ALLEN Seiten einging (die zynischen 'Kollateralschäden', d.S.), auch keinen Zusammenhang zwischen Intensivierung der ethnischen Vertreibung und dem Nato-Bombardement herstellte und ansonsten den Angriffskrieg mit der platten These 'Yugoslawien = 3. Reich' erklären wollte, wurde sein mit extrem aufgedrehtem Verstärker übertragener Redebeitrag nachhaltig verschönert: Transparente mit Aufschriften wie 'Wir beten an die Bomben', 'Schon vergessen? Nie wieder Krieg!' oder 'GewerkschafterInnen fordern: Stoppt das Nato-Bombardement' reihten sich zuhauf im ganzen Saal. Insgesamt wars eine sehr heitere Veranstaltung mit einem beträchtlichen Anteil von gut gelaunten Antikriegs-AktivistInnen und einem eher ratlosen Rudi Scharping. Im Geist hatte nur Nena schon das Ziel für die nächste 1. Mai-Veranstaltung vorweggenommen: '...Kriegsminister gibts nicht mehr, und auch keine Düsenjäger'.

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Erzeugt am 01.05.1999

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