Es beginnt alles mit der allenthalben zu hörenden Forderung, die Unis sollten endlich Profil zeigen -- so äußerte jüngst wieder Freund Klaus von Trotha in seiner Hauszeitschrift "prisma": "Es wird mit Spannung abzuwarten sein, ob und wie die Hochschulen ihre Chancen nutzen werden, durch ein Mehr an Transparenz, Effizienz, Profil und Wettbewerb zu mehr Qualität zu kommen." (Für diesen Satz allein gehört dem Minister das blaue Band in Gold des Phrasendrescherverbandes zugesprochen, d.S.)
Und schon geht die Suche nach einem Profil los: Da wird hier ein Milliönchen in ein schickes Logo investiert, dann schmeisst mensch Briefpapier weg, weil es nicht mehr zur "Corporate Identity" passt, dann schmeißt mensch Fachbereiche weg, weil sie nicht mehr und so weiter, und am Schluss ist die Uni wirklich Corporation und kann sich mit Sätzen wie "Die Qualität einer Hochschule hängt von der Qualität ihrer Lehrenden und ihrer Studierenden ab" abfinden. Stiftung Studitest: Qualitätsurteil befriedigend, ein Fleck auf der Krawatte führte zur Abwertung, und ausserdem fiel während der Prüfung der rechte Arm ab, Produktionsfehler, das darf nicht vorkommen. Und das alles hat mit der harmlosen Sehnsucht nach Profil angefangen...
Wenn auch schon heute Unis kaum mehr sind als Apparate, die Menschen irgendwelche Qualitätssiegel aufdrücken sollen, ist es doch noch nicht ganz so weit; wenigstens identitymäßig sind wir eher noch in der Phase des Briefpapierwegwerfens. So auch in Sachsen, an der TU Dresden. Nur, dass dort eher digitales Briefpapier entsorgt wird, die Homepages müssen ein einheitliches Design erhalten. Wie sich die Herren am Institut für Informatik das alles vorstellen, hat Daniel Apelt auf einer Seite dargestellt, die mensch besser bald ansehen sollte, ehe sie wegen Unverträglichkeit mit der Corporate Identity der TU Dresden im digitalen Orkus verschwindet.
Vor zwei Wochen war hier etwas von der Spaltung der Tageszeitung "Junge Welt" zu lesen, verbunden mit Spötteleien über die Schwierigkeiten, die Beschäftigte von "nur ein bisschen selbstverwalteten" Betrieben bekommen, wenn die Hemdsärmligkeit aus welchen Gründen auch immer vorbei ist. Im Falle der Jungen Welt ist die Geschichte für die Gefeuerten doch noch ganz glimpflich abgelaufen: Nach zweiwöchiger Besetzung und etlichen erfolglosen Vermittlungsversuchen von Starlinken des Kalibers Gremliza hat der Verlag 8. Mai, Träger der Rest-jW, die fristlosen Kündigungen in fristgerechte umgewandelt und zahlt auch eine Abfindung. Da den BesetzerInnen der Redaktion weiterhin zugesichert wurde, dass keine Schadensersatzklagen auf sie zukommen, war der Weg des besseren Teils der Redaktion in ihre normalen Wohnungen sozusagen vorgezeichnet.
Nach Ansicht der Gefeuerten ist damit auch der Weg der jW in eine muffige Ostalgie-Ecke vorgezeichnet -- wäre schade, wenn sie Recht behielten. So oder so hat die Bundesrepublik jetzt aller Voraussicht nach eine neue linke Wochenzeitung: Die jungle world, zunächst ein Experiment der RedaktionsbesetzerInnen, soll nach der Sommerpause wöchentlich erscheinen.
Not amused waren allem Anschein nach Schäuble, Trotha und RCDS von den vielen Gästen bei der Geburtstagsfeier des RCDS am 13.12.96 -- das jedenfalls möchte mensch vermuten angesichts des Ärgers, der nun der Anmelderin des Spektakels gemacht wird. Immer noch läuft ein Ermittlungsverfahren wegen Verdachts auf Verstoss gegen das Versammlungsgesetz, und nun sollen in grossem Stil Zeugen vernommen werden. Wer was gesehen hat -- insbesondere etwas, das die Anmelderin entlasten kann -- , möge sich bitte an den UNiMUT wenden.
Das alles ist ein wenig ungewöhnlich, weil es eigentlich zu keiner ernsthaften Sachbeschädigung gekommen ist und das, was an Blockade lief, wohl noch nicht als Nötigung aufzufassen ist, zudem nach den Urteilen zu den Protesten in Mutlangen zu Zeiten der Nachrüstungsdebatte. Nach jeder Erfahrung hätte das Verfahren nach einer Betroffenenvernehmung (so heisst das, wenn in einem Bußgeldverfahren der Beschuldigte angehört wird) und ein paar mahnenden Worten eingestellt werden müssen. Mensch munkelt nun, dass aus dem Trotha-Ministerium selbst der Wunsch an die Abteilung Staatsschutz der hiesigen Kriminalpolizei herangetragen wurde, die aufmüpfigen Studierenden ein bisschen zu erschrecken.
Ein entsprechender Wunsch ist offenbar auch an die Stuttgarter Behörden gegangen: Ein Teilnehmer der Demonstration am 9.12., der vor dem Landtag kurzfristig in Gewahrsam genommen worden war, wurde inzwischen zu einem Bußgeld von 1000 Mark verurteilt. Der UNiMUT wird dazu noch näher berichten, in der Aktionswoche wird es Gelegenheit zu Spenden geben.
"Die Debatte um die Zukunft der Hochschulen war bisher im wesentlichen von Sparzwängen geprägt, wenn sich die Hochschulen aus der Defensivposition herausbewegen wollen, müssen die Ecke des reinen Bewahrenwollens verlassen." So begann eine Einladung der Initiave Informationsgesellschaft Medien Demokratie zu einem Kongress über Hochschulen in der Informationsgesellschaft, der am Wochenende in Berlin stattfand.
Zwischen Interneteuphorie und Technologiepessimismus schwankten dann auch die Beiträge. Während etwa der Kieler Soziologe Martin Rost davon träumte, das Internet werde die Ständegesellschaft Universität revolutionieren und industrialisieren -- was wohl als Fortschritt der Größenordnung der französischen Revolution verstanden sein will und so zunächst auch gar nicht so verkehrt anmutet --, war genereller Tenor eher, nicht auf technische Lösungen letztlich sozialer und politischer Konflikte zu warten. Insbesondere sei das Bild von Unis als Wissensfabriken falsch, es gehe eher um "sozialökologisch nachhaltige Orientierung von Handeln und Erkenntnis.", so Wolfgang Nitsch aus Oldenburg in seinem Vortrag über "Informationsgesellschaft -- Leitbild oder Schlagwort".
Nitsch war es dann auch, der das Diktum von der "demokratischen Graswurzel-Informatik" aufbrachte. Zweifellos zeigen sich schon heute Ansätze in dieser Richtung; eine wirkliche Perspektive scheint dieser Traum jedoch vorläufig noch nicht zu haben. Zu sehr ist der Netzzugang ein Privileg, zu viel wird auf Kommerzialisierung gesetzt, zu groß ist die Bedrohung, die von der Vereinzelnung durch "Telearbeit" ausgeht. Auch die Workshops, die sich mit diesen Problemen auseinandersetzten, konnten da wenig Lösungen anbieten.
Heute wird an der Uni Heidelberg wieder gewählt: Der Ständestaat bestimmt sich seine VertreterInnen. Es sei -- obwohl ein entsprechender Hinweis alle Jahre wieder im UNiMUT erscheint -- nochmal darauf hingewiesen, dass es sich bei diesen Wahlen nicht um AStA-Wahlen handelt. Die Studis wählen, wie auch die anderen Gruppen an der Uni (Profs, Mittelbau und Sonstige), lediglich ihre VertreterInnen in den beiden Senaten. Dass bei den Studis genau diese auch den AStA bilden, ist eher Zufall, und in Wirklichkeit gibt es ASten dieses Zuschnitts auch fast nirgends.
Dementsprechend kommt es in Heidelberg nur darauf an, dass die FSK die Mehrheit der Senatssitze bekommt, woraufhin sie das doch sehr eigenartige Modell, das das hiesige Unigesetz vorschreibt, schlicht aushebelt und durch ein basisdemokratischeres und auch schlagkräftigeres ersetzt. Diese Abstimmung gegen den "AStA" findet alljährlich an fast allen Unis im Ländle statt. Vor ein paar Tagen erst unterlag das UG-Modell in Konstanz gegen die dortige unabhängige Studivertretung. Dabei entfielen rund 3/4 der Stimmen auf die freie Vertretung, RCDS und LHG blieben in der Größenordnung von je 10%. Besonders erfreulich dabei die massiven Verluste der LHG, deren Stimmanteil bei den Senatswahlen sich fast halbierte.
Vorbildlich die Wahlbeteiligung: 23.5% der KonstanzerInnen gaben ihre Stimme ab -- damit verglichen sind die 12%, über die wir uns in Heidelberg auch dieses Jahr wieder freuen werden, wirklich schwach.
Gute Noten machen gewissen Professoren der Heidelberger Physik schon seit Jahren zu schaffen. War es vor einiger Zeit vor allem die die Einslastigkeit der Diplomprüfungen, auf die sich das Augenmerk richtete und die zu wiederholten Appellen, doch die "Dynamik der Notenskala auszuschöpfen" führten, so ging es im letzten Fakultätsrat um die Noten in Promotionsverfahren. Der Genauigkeit halber sollte mensch sagen, dass Dissertationen nicht benotet werden, sondern ggf. "Prädikate" erhalten, mit klingenden lateinischen Namen. Wenn mensch ehrlich ist, hat sich da aber mittlerweile eine Interpretationspraxis entwickelt, und nach dieser ist die Notenverteilung in der Physik augenblicklich so, dass 21% der frischgebackenen Doktoren die Uni mit einer 1 verlassen, 70% mit einer 2, 9% mit einer 3. Die effektiv-Vier, immer noch "rite" genannt, kam gar nicht vor. Zu wenig "Dynamik", ganz klar.
Folge dieser Aussprache im Fakultätsrat ist jetzt ein Brief, den der Dekan an die BetreuerInnen von Dissertationen verschickt hat und der dem UNiMUT zugespielt wurde. Hierin äußert Dekan Wegner Ängste, die gegenwärtige Benotungspraxis könne die "Glaubwürdigkeit der Fakultät" gefährden, schlimmer noch, "die faire Beurteilung der wirklich herausragenden" KandidatInnen. Es folgt ein Aufruf, die "Skala für die Einzelnoten" voll auszunutzen, insbesondere innnerhalb von Arbeitsgruppen müsse auch mal was anderes als summa cum laude (vulgo 1) vergeben werden.
Mit einem Appell allein wollen es Dekan und Promotionsausschuss aber nicht bewenden lassen. Wer in Zukunft ein Prädikat verleihen will (was de facto bedeutet "keine Vier"), soll das von vorneherein sagen, also gleich nach der Begutachtung der Dissertation. Soll das vor allem gleich beim Promotionsausschuss sagen, auf dass dieser hin und wieder mal Emissäre in die Prüfung schickt, die im Zweifel die Vergabe eines Prädikats nochmal heftig in Frage stellen.
Es bleibt abzuwarten, was die Prüfer zu diesem Eingriff in ihre Prüfungsbefugnis (um das böse Wort "Bespitzelung" zu vermeiden) sagen werden. Ganz vernünftige Menschen werden ohnehin fordern, dem Prädikatsunwesen ein Ende zu bereiten. Denn es ist kein sehr kluges Ansinnen, von den Leitern von Arbeitsgruppen, die typischerweise über Jahre mit den Doktoranden gearbeitet haben und deren Herzblut häufig in den Arbeiten steckt, zu verlangen, sie sollten ihre Schützlinge in der Prüfung mutwillig im Interesse eigenartiger "Dynamiken" tunken. Das damit zu erwartende Scheitern des Ansinnes durch mehr oder minder repressive Maßnahmen verhindern zu wollen, macht die Sache nur noch schlimmer. Herr Wegner, lernen Sie aus dem Ende der DDR: Wenn ein System nur noch mit Repression zu halten ist, sollte mensch es ganz schnell abgeschaffen.
Dieser Artikel wurde zitiert am: 26.02.2003
Berlin hat Baden-Württemberg die Studiengebühren vorgemacht -- jetzt hat sich Trotha bei seinem Amtskollegen Radunski revanchiert. Der nämlich fand die Idee mit dem Solidarpakt besonders herzig und diktierte den acht Berliner Hochschulen Kürzungen von einer Milliarde Mark bis zum Jahr 2000. Damit ist das Volumen der "Solidarpakte" Berlin und BaWü durchaus vergleichbar, nur tut in Berlin nicht mal jemand so, als sei das ein Segen, die Kürzungen werden nicht als "Stellenstreichungen" mit anschließender Umverteilung getarnt.
Hier wie dort wird von Ministern und Senatoren die "Planungssicherheit", die die Pläne den Hochschulen angeblich geben, hevorgehoben, hier wie dort reden Rektoren von kleineren Übeln oder zähneknirschender Zustimmung. Ein Unterschied bleibt: Von unserem Rektor Ulmer würde mensch wohl keinen Satz wie "Wir hatten die Alternative, Revolution zu machen. Dazu war keiner bereit. Nun müssen wir akzeptieren, was der Staat uns auferlegt hat." hören. Vom Präsidenten der Humboldt-Uni -- Hans Meyer heisst der Mensch -- schon.
Es ist mal wieder gewählt. Bei den Senatswahlen vom 17. Juni haben sich die Studis der Uni Heidelberg wie seit 1989 noch jedes Jahr gegen den Pseudo-AStA des Unigesetzes und für eine halbwegs vernünftige Studivertretung entschieden. 56% der Studis wählten die KandidatInnen der FSK (beide Senate zusammengenommen). Dank d'Hondt und der getrennten Wahl der VertreterInnen in großem und kleinem Senat heißt das, dass von den zehn Menschen, die im "AStA" genannten Senatsauschuss sitzen, acht von den Fachschaften kommen -- RCDS und Jusos stellen je eine weitere Person. Da damit die große Mehrheit dieses AStA der (richtigen) Überzeugung ist, dass ein Senatsausschuss keine Studivertretung sein kann, und schon gar nicht, wenn er sich nur um Musisches, Kulturelles, und Sportliches kümmern darf, wird der AStA auch dieses Jahr nur ein Mal tagen und anschließend durch das öffentliche und basisdemokratische Gremium der Fachschaftskonferenz ersetzt werden.
Ein paar Wahlergebnisse (schon wieder lynxfeindliche Tabellen...):
Großer Senat | |
---|---|
FSK | 7954 |
Roter Splitter | 713 |
Jusos | 2890 |
RCDS | 2795 |
gültige Stimmen | 14352 |
Das macht eine Wahlbeteiligung von gut 7% -- das schlechteste Ergebnis seit Gedenken der Uni Heidelberg. Aber eigentlich kann das nur heißen, dass die meisten Studis basisdemokratische Mitbestimmungskonzepte der repräsentativen Demokratie mit Wahlen, bei denen mensch nur seine Stimme abgibt, vorzieht. Oder?
Senat Studis | |
---|---|
FSK | 3648 |
Roter Splitter | 348 |
Jusos | 1129 |
RCDS | 1204 |
gültige Stimmen | 6329 |
Auch hier nichts neues. Die Sitzverteilung in den Senaten bleibt wie bisher: Großer Senat 5 FSK:1 Juso: 1 RCDSler, Senat 3 FSKlerInnen.
Ganz interessant das Wahlergebnis bei den Profs:
Senat Profs | |
---|---|
Ruperto Carola | 1345 |
Semper Apertus | 393 |
Initiative | 645 |
gültige Stimmen | 2383 |
Erstaunlich dabei sind nicht die großen Zahlen. Jeder Prof hat 9 Stimmen, und es ist ziemlich einfach, die Handvoll Profs, die hier rumspringt, an die Urnen zu prügeln und also auch eine ansehnliche Wahlbeteiligung zu bekommen. Erstaunlich ist, dass die Initiative, die progressivste Profliste hier in Heidelberg, die C3-Liste "Semper Apertus" überholt hat und nur noch einen runden Faktor 2 von der erzreaktionären C4-Liste "Ruperto Carola" entfernt ist. (Für die, die es nicht glauben wollen: Profs, die in Heidelberg was auf sich halten, kandidieren auf nach C3 und C4 getrennten Listen, nur bei der Initiative kandidieren sie gemeinsam. Ehrlich!). An dem Tag, an dem die Initiative die relative Mehrheit unter den Profs bekommen wird, werden sich die Yippies mit ihrem Spruch von den Wahlen, die schon längst verboten wären, wenn sie etwas ändern könnten, Lügen gestraft sehen.
Die hiesige Akademia erregt sich seit einigen Monaten über das Focus-Uniranking -- Peter Ulmer verkündet stolz, es hätte die führende Stellung der Uni Heidelberg bestätigt, Fachbereiche, die weniger gut abgeschnitten haben, verfallen in fieberhaftes Grübeln, was sie denn wohl falsch gemacht haben. Nun hatten wir schon im letzten Artikel zum Thema erwähnt, dass das Focus-Ranking -- selbst wenn Rankings nicht von vorneherein eine sehr fragwürdige Angelegenheit wären -- besonders aussagefrei ist, schon weil bereits die Ausgangszahlen teils fiktiv (mensch könnte auch von "erlogen" reden), teils methodologisch unsinnig sind. Den dort angeführten Beispielen möchten wir ein weiteres hinzufügen.
Sieht mensch sich nämlich das Ranking der Mathe-Fachbereiche an, so steht dort, es seien rund 500 Personalchefs befragt worden -- was wir gerne glauben. Nicht erwähnt wurde der Umstand, dass von diesen wohl nicht mehr als 30% geantwortet haben. Das Ergebnis der Befragung wurde nämlich dargestellt in den Anteilen der Personalchefs, die eine bestimmte Fakultät für die Beste hielten, und diese Anteile sind offensichtlich mit 0.6% quantisiert und nicht, wie mensch bei einem Sample von 500 erwarten möchte, mit 0.2%. Schluss: Nur ein rundes Drittel der "befragten" Personalchefs hat geantwortet.
Es zeugt wohl von sehr schlechtem Stil, die Samplegröße so bewußt irreführend anzugeben. Und es zeugt von Ignoranz oder Arroganz den LeserInnen gegenüber, die Irreführung nicht durch Verrauschen der Daten zu einer brauchbaren Fälschung zu machen.
Studiengebühren haben wir jetzt in BaWü, und es ist wieder Ruhe im Ländle. Völlige Ruhe? Nein, eine ganze Handvoll Unentwegte hat nicht aufgegeben und versucht weiter, dem Trotha-Wahnsinn -- der sich ja nicht nur auf Studiengebühren beschränkt, der Mann hat auch "Gedanken" zur Hochschulreform, schließt verrückte Solidarpakte und versucht, den Unis seine eigene Profilneurose aufzudrücken -- ein Ende zu bereiten. So gab es in Tübingen ein Aktions-Zeltlager, und vor zwei Tagen eine Love-Parade, während der immerhin rund 250 Studis unter der Parole "Wir sind nicht die Milchkühe des Landes" durch die Uni ravten.
Auch in Heidelberg gabs eine Aktionswoche -- wir müssen das hier schreiben, weil es durchaus möglich war, das zu übersehen. Erwähnenswert an der Woche war vor allem eine Demo gestern, die Trotha und Ulmer den Rücken stärken wollte bei ihrem mutigen Kampf gegen Bummelstudenten und anderes Bettelvolk. Zum Glück war sie nicht gut besucht, nur rund 50 Menschen zogen vom psychologischen Institut zum Rektorat und riefen dabei Dinge wie "Elite statt Masse -- Trotha ist Klasse" oder "Schüler und Studenten klauen uns die Renten". Doch nicht mal mit diesen Unterstützern seines Kurses mochte Rektor Ulmer wirklich plaudern, und auch die eigens zu diesem Zweck eingefangene und in Ketten gelegte Bettelstudentin wartete vergebens auf eine sofortige Exmatrikulation.
Wie viele Passanten das Spektakel ernst genommen haben, ist nicht bekannt.
Vor ein paar Tagen rief beim Bürodienst der Fachschaft Medizin ein Herr Rätzke an und erklärte, er sei auf der Suche nach einem Menschen im 20. Semester, der Anfang dieses Jahres von seiner Uni verklagt worden sei und den Prozess gewonnen habe. Er führte aus, er habe ein ähnliches Problem und wolle deshalb mal mit diesem Menschen reden, vielleicht könne die Fachschaft ihm bei seiner Suche ja behilflich sein.
Glücklicherweise war das nicht der Fall, der Bürodienst wollte aber nochmal rumfragen, und so hinterließ der Anrufer seine Nummer (wers wissen will: 0621/438840). Nachdem das Problem bei der Fachschaftssitzung zur Sprache gekommen war und auch dort niemand von so einem Fall gehört hatte, wollte eine Fachschafterin dem vermeintlichen Bummelstudi mit Prozesslust mitteilen, er müsse seine Suche wohl woanders fortführen. Die Überraschung kam, als am anderen Ende die Redaktion von Bild Rhein-Neckar abhob. Günther Wallraff lässt grüßen...
Übrigens gab es diesen besagten Studi wirklich -- er wurde von der Uni verklagt, weil er sich weigerte, sich der Zwangsberatung für Langzeitstudis zu unterziehen. Sein Sieg vor Gericht ist gleichzeitig eine herbe Niederlage für Rektor Ulmer, für den die Zwangsberatung der goldene Schlüssel für bessere, sauberere und schönere Unis ist (oder eher war) -- mehr dazu in alten UNiMUTen, zuletzt in Nummer 107. Es lohnt sich auch, unsere Suchmaschine zum Stichwort "Zwangsberatung" zu befragen.
Die Moral aus dieser Geschichte, insbesondere für FachschaftlerInnen: Vorsicht mit Adressen, Telefonnummern und anderen persönlichen Daten -- nicht immer sind am anderen Ende wohlmeinende IdealistInnen.
Aus der Strukturkommission der Uni Heidelberg darf nicht berichtet werden -- die landesweite Strukturkommission (vgl. Kurz-kürzer-gekürzt in UNiMUT 119) verhandelt offenbar weniger Brisantes, jedenfalls darf mensch noch über ihre Beschlüsse schreiben. Vielleicht fanden ihre Mitglieder aber auch nur, dass sich eh jedeR denken kann, was da wohl beschlossen wird.
Wer beispielsweise die Verhältnisse in Karlsruhe kennt, ist nicht überrascht von der Empfehlung, die die Kommission während ihrer Sitzung am 21.6. verabschiedet hat: Die Fakultät für Geistes- und Sozialwissenschaften der Uni Karlsruhe muss sterben! Die Fakultät ist nicht groß, sie verfügt über zehn Lehrstühle (was die Geiwis zur kleinsten Karlsruher Fakultät macht), denen gut 1200 Studis gegenüberstehen -- nicht viel, aber immerhin, das ist alles, was das ehemalige Polytechnikum ausserhalb von Technik und Naturwissenschaft zu bieten hat.
Aber eine TH braucht keine Philosophie, glauben wenigsten die Mitglieder der Stukturkommission, und Pädagogik, Sport oder Soziologie auch nicht. Das passt nicht zum Profil, nachher kommen die Herren von Daimler-Benz dahinter, dass das Bier, das sie zu Studifeten ausgeben, auch von künftigen MusikwissenschaftlerInnen versoffen wird.
Ganz so einfach wollen sich die Geiwis aber nicht abservieren lassen. Eine Initiative insbesondere der Philosophie versucht jetzt, mit Unterschriftenlisten und ähnlichem gegen die Empfehlung Stimmung zu machen. Allen LeserInnen des UNiMUT aktuell legen wir noch die elektronische Unterschriftenliste ans Herz.