Laut Informationen der Deutschen Presseagentur (dpa) unternimmt die Hochschulrektorenkonferenz (HRK) einen neuen Versuch bundesweit Studiengebühren einzuführen, diesmal in der Form von „Bildungsgutscheinen“ und „Studienkonten“. Aus der Unterfinanzierung der Hochschulen folgern die Rektoren, dass Studiengebühren an der Zeit wären, „um für die Hochschulen mehr Geld zu bekommen“. 70% aller Eltern mit studierenden Kindern sollen demnach bald für Hochschulbildung bezahlen.
Die HRK schlägt ein Gebührenmodell mit Bildungsgutscheine und einer „kräftigen, allerdings sozial gestaffelten Zuzahlung der Eltern“ vor. Aufgrund der baldigen Erhöhung des Familienlastenausgleichs stünden den Familien höhere Einkommen zur Verfügung, die „neue Spielräume und eigene Investitionen in die Ausbildung der Kinder eröffne“, so die HRK. Analog zum Bausparen soll auch Bildungssparen steuerlich vergünstigt werden. Kinder, deren Eltern nicht gespart hätten, könnten zurückzahlbare Darlehen für ein Hochschulstudium erhalten. Eltern werden aber als Finanzierungsnorm für die Bildung ihrer Kinder dargestellt. „Mit dem Vorschlag der HRK wird nicht nur die starke Abhängigkeit der StudentInnen von ihren Eltern weiter forciert, sondern auch die endgültige Privatisierung des Grundrechts Bildung durchgepeitscht“, kritisiert der freie zusammenschluss von studentInnenschaften (fzs) das Gebührenmodell. Zudem würde der Druck auf StudentInnen erhöht, schnell und die Fächer zu studieren, die später Gewinn brächten. Die BAföG-Pläne der Bundesregierung kritisierte die HRK und wünschte sich, dass das zusätzliche Geld bei den Hochschulen verbleiben möge.
„Selbst CSU-Politiker, wie der bayerische Bildungsminister Zehetmair haben inzwischen begriffen“ merkt jedoch Kerry Sailer vom fzs an „dass Studiengebühren den Rückzug der staatlichen Finanzierung der Hochschulen einläuten und den Hochschulen nicht zusätzlich zur Verfügung stehen würden. Ausserdem mutet eine Kritik an einer misslungenen BAföG-Reform nur mehr zynisch an, wenn gleichzeitig Studiengebühren gefordert werden, die mit dem Ziel der Chancengleichheit für alle unabhängig von Herkunft klar unvereinbar sind. Wenn nur deshalb das BAföG als unzureichend kritisiert wird, weil ohne besseres BAföG keine Studiengebühren eingeführt werden können, bleibt uns buchstäblich die Spucke weg.“
Auch Bundesbidlungsministerin Buhlman scheint Gebühren nicht völlig abgeneigt. Zwar betont sie, sie sei gegen Gebühren, unternimmt aber wenig und möchte nur in einem Staatsvertrag festschreiben, dass Studieren bis zu "einem ersten, berufsqualifizierenden Abschluss" gebührenfrei bleibt. Was das ist, kann dann allerdings beliebig festgelegt werden: der Bachelor, die Promotion - oder gar die Zwischenprüfung? Oder nur die Zeit, in der man theoretisch einen Abschluss machen kann? Für Baden-Württemberg wird ein Staatsvertrag sowieso nichts bringen: Regelungen, die bereits vor dem Staatsvertrag bestehen, wären ausgenommen. Und Prüfungsgebühren kann man mit einer solchen Formulierung sowieso nicht verhindenrn.
Ein Nachtrag zu diesem Artikel findet sich unter dem Datum des 9.3.
Nach Bekanntwerden der Pläne der HRK hat Bundesbildungsministerin Bulmahn vor einer neuen Studiengebühren-Debatte gewarnt, da dieser Bericht dem Unimut erst heute vorlag, konnte er im Bericht vom 7.3. nicht verarbeitet werden und wird im folgenden dokumentiert.
Bundesbildungsministerin Edelgard Bulmahn (SPD) hat die deutschen Hochschulrektoren eindringlich vor einer neuen Debatte über die Einführung von Studiengebühren gewarnt. Man könne nicht einerseits durch niedrige Steuern und mehr Kindergeld endlich die Familien entlasten, andererseits dieses Geld gleich wieder «durch Studiengebühren abkassieren», sagte Bulmahn am Montag der dpa in Berlin. Die Gebühren-Befürworter unter den Rektoren hatten darauf verwiesen, dass vom Jahr 2002 an mit der zweiten Stufe des Familienlastenausgleichs vielen Eltern ein höheres Netto-Einkommen verbleibt, was dann höhere Ausgaben für die Ausbildung der Kinder ermögliche.
Bulmahn geht davon aus, dass sich die Länder in Kürze auf den Vorschlag des rheinland-pfälzischen Bildungsministers Jürgen Zöllner (SPD) verständigen werden und «mit einem Staatsvertrage bundesweit Studiengebühren-Freiheit bis zu einem ersten, berufsqualifizierenden Abschluss besiegeln». Auch das von einigen Rektoren ins Gespräch gebrachte Modell «Bildungssparen für Studiengebühren» lehnte Bulmahn ab. An die Hochschulrektoren appellierte Bulmahn, schnell die neu entflammte Gebührendebatte zu beenden. «Wir dürfen junge Menschen in unserem Land nicht vom Studium abschrecken. Wir sind auf qualifizierte Fachkräfte angewiesen.»
Auf einer Vollversammlung im beinahe voll besetzten Audimax der Universität Wien wurde beschlossen, ab 22. März in einen "aktiven Streik" gegen die neue Regierungskoalition aus Haiders FPÖ und Schüssels ÖVP zu treten. "Aktiv" bedeutet dabei, dass alle StudentInnen aufgefordert werden, nicht einfach zu Hause zu bleiben, sondern sich an Aktionen zu beteiligen. Das Audimax wurde mit sofortiger Wirkung als besetzt erklärt und dient seitdem als Kommunikationszentrum für den Widerstand. Gerüchte besagen, dass der "Ring Freiheitlicher Studenten" (RFS) und einige Burschenschaftler angeblich einige Lehrveranstaltungen im Audimax trotzdem stattfinden lassen wollen und die Besetzung notfalls gewaltsam beenden werden.
Wie wichtig eine Streikzeitung für die Organisation der vielfältigen Aktionen ist, wissen alle Studierende, die bei vergangenen Streiks an der Uni Heidelberg mitgemacht haben. Die Streikzeitung der Uni Wien und viele weitere Informationen sind ab sofort unter http://strike.action.at im Internet abrufbar.