[Home] [Aktuell]

Prüfungen in Spanien -- Fleisch, Fete, Fear und (Rück-)Fahrt II

Zurück: Fleisch, Fete, Fear und (Rück-)Fahrt IInhaltWeiter: Fleisch, Fete, Fear und (Rück-)Fahrt III

Vierteilige Serie über meinen Aufenthalt vom 6. bis 9. Mai in Nordportugal

II Fete

Es wurde Morgen, es wurde Abend, nächster Tag. Heihei, is' ja noch echt früh, tatsächlich kurz vor elf Uhr vormittags in der Stadt, wie ham'wer denn das geschafft? Na ganz einfach, vergessen die Uhr umzustellen, was sich später herausstellen sollte.

Nun aber ein Exkurs zur Landeskunde: jede Uni in Portugal macht im Frühjahr eine Uni-Fete. Dabei fällt der Vorlesungsbetrieb eine Woche lang aus und es wird für Studenten wie für Bewohner der Uni-Stadt ein einwöchiges Musik-Festival organisiert. Und ich war nun gerade -äh- zufälligerweise an dem Eröffnungswochenende, also der supergroßen Sause vor der großen Sause, in Braga, so daß ich viele Studenten sehen konnte, die tags oder nachts in ihrer Festkleidung, alten Talaren mit Fakultätsabzeichen, durch die Stadt zogen und so der ganzen Innenstadt ein besonderes Flair verliehen. Jubel trotz der anhaltenden Wirtschaftskrise, die sich bemerkbar machte durch schlechte oder keine Zähne gerade bei niedrigeren Bevölkerungsschichten oder den Trauben aus Fußballrentnern, die ihr Hobby in den Schaufenstern der Elektroläden verfolgen.

Braga ist zwar nicht besonders groß, hat aber dennoch eine malerische Altstadt und verfügt über die älteste Kathedrale Portugals. Sie war einst, noch lange bevor man in Lissabon an den Bau eines Domes gedacht hatte, Bischofssitz für Nordportugal und Teile Nordspaniens und hat so auch von der Kolonialisierung Amerikas profitiert, weshalb hier das älteste Kreuz Amerikas steht! Mehr Infos? Einfach eine Führung in der Kathedrale von Braga machen und versuchen aus dem Portugiesisch-Spanisch-Gemisch die relevanten Begriffe herauszufiltern.

Doch vor dem Festival natürlich noch ein Riesen-Abendessen bei José-Mama. Wie am Vortag begleitet von einer brasilianischen Telenovela im Fernsehen, bei denen Reiche und Schöne einander ein Stelldichein gaben. Bis auf einen, der offenbar einen so armen Charakter darstellte, daß er in der nun schon zweiten Folge seinen muskulösen Oberkörper nicht mit gleich welchem Textil bedecken konnte -- wie soll's dem erst am Ende einer Staffel gehen, mit Lungenentzündung im Krankenhaus, umsorgt von knapp bekleideten Schwestern, dann eine verbotene Liebe gegen alle Standesgrenzen... In den Pausen als Kontrastprogramm dagegen Fußball: Benfica Lissabon, das noch einen Sieg bräuchte, um den Meistertitel engültig sicherzustellen, ermauert sich dank trappatonischer (José fragt sich wohl noch immer, warum gerade dieser Defensivkünstler verpflichtet wurde) Mauertaktik ein glanzloses verkrampftes Unentschieden am vorletzten Spieltag gegen einen mittelprächtigen Gegner aus den Niederungen der Tabelle und darf so also noch zittern.

Aber weil's ja nun erst 12 war, noch inne Kneipe. Und hier: das erste Mißverständnis. Wir zwei Deutsche hatten Heineken bestellt. Ich frage, wieviel kosten die. José sagt 1,60. Ok, wir holen beide jeweils 1,60 raus. José guckt ungläubig, kapiert so langsam was geschehen ist, lächelt süffisant und sagt: Einssechzig, insgesamt, nicht einzeln! -- und schon war das Getuschel in der Kneipe groß und alles schaute amüsiert auf uns zwei Deutsche, die auch 1,60 für ein Heineken nicht eben als teuer empfunden hatten. Ja, jetzt verstand ich, warum José sich über die Bierpreise in Salamanca früher so aufgeregt hatte.

Schließlich zum Festival: eine Riesenbühne mit portugiesischen Bands -- kannte ich natürlich nicht - , alles voll Menschen -- kannte ich natürlich auch nicht - , zwei mal zwei Container-Reihen, die sich gegenüberstanden und in denen jedes Institut seine Bar hatte und zum Festivalpreis (1 Bier für 1 € - sollte ich kennenlernen) Getränke verkaufte und selbstverständlich, von den beiden Zelten für HipHop und House einmal abgesehen, eine jede ihre unterschiedliche Mucke auf die Zuhörer und --trinker losließ. Weshalb letztere nicht nur an den Tresen, sondern einige Zeit später auch an den Dixiklos und Festivalzäunen Schlangen bilden sollten. Aber klasse Stimmung, und wie! Die dortigen Deutsch-Studenten, die wir am Stand der neuphilologischen Fakultät getroffen hatten und kennenlernen sollten, waren super drauf und endlich haben wir auch wirklich mal was verstanden und konnten sicher sein, daß es auch das bedeutete, was wir meinten gehört zu haben. Doch dann, als es so auf sieben Uhr kontinentaler Zeit zuging, verließen uns die Kräfte und wir folglich das Festival, denn in vier Stunden sollte es ja zum Atlantik gehen!

Ende zweiter Teil

Zurück: Fleisch, Fete, Fear und (Rück-)Fahrt IInhaltWeiter: Fleisch, Fete, Fear und (Rück-)Fahrt III

Diese Seite darf unter der GNU FDL (auch verändert) weiterverbreitet werden. Näheres in unserem Impressum.

Druckfassung

Erzeugt am 19.12.2005

unimut@stura.uni-heidelberg.de