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Prüfungen in Spanien -- Fleisch, Fete, Fear und (Rück-)Fahrt III

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Vierteilige Serie über meinen Aufenthalt vom 6. bis 9. Mai in Nordportugal

III Fear

Der Abend war schon vorbei, also: es wurde Morgen, es ging auf Mittag zu, dritter Tag. Bitte leise lesen, auch das Flüstern einstellen: vier stunden später klingelten die mobiltelephone, rauschten die duschen. mal wieder holte mich der kaltwasserfluch ein, doch das wasser danach soll warm gewesen sein. egal, ich war wach. auf zum bahnhof von braga, vorher noch inner bahnhofskneipe gefrühstückt und dabei selbstverständlich den tisch mit dem teewasser überschwemmt, denn irgendwie scheint's ja keine gescheiten teekannen im gesamten mittelmeerraum zu geben. und dann im zug.... schlafen.

Oporto: in Deutschland wird diese nordportugiesische Industriestadt nur Porto genannt, international bekannt durch den FC Oporto, der in dieser Saison schließlich nicht portugiesischer Meister wurde, das hat nämlich endlich mal wieder Benfica Lissabon geschafft, dafür war diese Mannschaft im Besitz der Championsleague-Trophäe 2003/04. Ein Sonntag, noch dazu um 15 Uhr ist nicht unbedingt die Zeit, diese florierende Metropole zu besichtigen, denn: alles pennt. Geschäft sowieso (is' ja Sonntach), Bars, Cafes, Restaurants. So konnten wir das gestern gekaufte Portugiesisch-Wörterbuch gar nicht nutzen und mit mieser Aussprache (José lacht sich immer krank, wenn ich's versuche) unsere Wünsche zum besten geben. Zum Glück hatte das Büro des netten ALSA-Verkäufer geöffnet, der uns die Tickets für die morgige Rückfahrt im Bus verkauft hat, und auch die Tourist-Info, wo uns nette Damen mit einem Stadtplan ausrüsteten, der uns den Weg zur ALSA-Geschäftsstelle und deren Verkäufer lenkte, und das verdankten wir nur meinem geöffneten Portugal-Führer in Buchform, der uns den Weg zur Tourist-Info angab. Man muß sich eben zu helfen wissen!

Da Gottes Häuser jedoch immer offen sind, betraten wir schließlich die Kathedrale dieser Stadt nach einem anstrengenden Fußmarsch durch Höhen und Tiefen Oportos, durch pittoreske und weniger pittoreske Viertel, alle mit ihrem eigenen Charme und ihrem eigenen Platz auf der Skala zwischen hypermodern und total heruntergekommen, zwischen den-jahrzehnten-trotzend und wiederzusammengeflickt hoffend, daß der Winter nicht kommt. Und Kacheln strahlten uns entgegen! (Ok, eigentlich ist das die reflektierte Sonne, aber der ermüdete Tourist nimmt jeden Hoffnungs-"Schimmer" dankend an.) Eine wahre Pracht an Kachelgemälden oder einfach nur einfarbig glänzenden Hauswänden. Allein deswegen sollte man unbedingt mal nach Portugal!

Kurz vor der Abreise nach Braga stellten wir fest, daß es doch noch belebte Viertel gegeben hätte, nämlich auf der anderen Stadtseite, die wir nicht durchstreift hatten. Aber egal, denn jetzt hieß es: wieder Zug, wieder - schlafen!

Fuß- und kniekrank durch die Straßen Bragas schleppten wir uns, Speise und Trank suchend. Einmal typisch portugiesische Küche (die logische Unstimmigkeit, daß wir diese kulinarischen Genüsse schon bei Josés Mama genießen konnten, mögen wie die vielen anderen Unstimmigkeiten bitte vom geneigten Leser in Kauf genommen werden)! Doch alles schon zu! Wieder einmal zu spät! Auch die so geliebten, stilvollen, kleinen und nicht zuletzt billigeren Seitenstraßenlokale: geschlossen! Von ferne leuchtete in unseren Mägen (Der geneigte Leser möge bitte die obigen Ausführungen zu Unstimmigkeiten berücksichtigen.) das Schild des einzigen Freßtempels, der willig war uns zu dieser Uhrzeit, um 22 Uhr, zu bedienen bzw. der uns um Mitternacht, noch Mittach macht! Ja, und so genehmigten wir uns eben eine typisch portugiesische Pizza, oder bildeten uns dies zumindest ein (siehe Unstimmigkeit), bei Pizza Hut.

Hatte ich nicht "Fear" versprochen? Sollte die sich auf den anschließenden Besuch der Spätvorstellung einer amerikanischen Komödie im Original und mit portugiesischen Untertiteln beziehen? Nun, nicht direkt, denn obwohl einige Witze wahrhaftig angsteinflößend waren, das Grauen kam danach, als die Wege sich krümmten und wir keinen Ausweg aus dem Einkaufszentrum fanden. Anfangs mit zwei anderen Mitstreitern streiften wir umher, dann verschwanden diese plötzlich hinter geheimen Türen, denn nie mehr haben wir sie wiedergesehen. Nun allein, auf drei Etagen, kein freundlicher Kinoangestellter der uns mit einem Lächeln (doch was für einem, und warum?) entlassen hatte, nur noch ein .... Vibrieren!

Chchchchchchchch.... Chchchchch...... chchhchch ... Da lag doch tatsächlich irgendwo irgendeiner und schlief und teilte uns schnarchend mit, daß wir seine Reviergrenzen verletzt hätten. Panik: ein Schnarcher würde uns in seinem vertrauten Terrain meilenweit überlegen sein -- und in sieben Stunden geht der Bus von Oporto wieder zurück nach Salamanca, und eine Stunde braucht der Zug von Braga nach Oporto, und der Nachhauseweg, und das minimale Schlafbedürfnis, nein, hier würden wir nicht bleiben! Hatte ich nicht eben eine Pension gesehen? Haben Pensionen nicht nachts auf? Wenn Pensionen nachts aufhaben, gibt es nicht einen Portier? Also nichts wie hoch in den ersten Stock - über ausgeschaltete Rolltreppen, ahhh! Rein in die Tür unterm Neonleuchtschriftzug. Und Himmelhergottseidank, da saß er, der Portier unserer Träume, halbliegend auf einem Sessel, fernsehschauend und vor dem portugiesischen Nachtprogramm fast weggeratzt. Lächelnd hörte er sich unsere Lage an, lächelnd griff er zum Schlüsselbund, den er lächelnd in das Schlüsselloch des Hauptrolladens steckte, umdrehte und so ein Lächeln auf unsere Gesichter zauberte: Freiheit! (Und José war weiterer Telephonterror erspart geblieben.)

Und: Schlaf!

Ende dritter Teil und den Atlantik gibt's doch erst in Teil IV.

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Druckfassung

Erzeugt am 19.12.2005

unimut@stura.uni-heidelberg.de