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UNiMUT 90 vom 7.12.94

Inhalt

Editorial

Wir müssen uns stellen. Richtigstellen, daß es im letzten UNiMUT doch eine Seite ohne Rüttgers gab. Aber so schad ist es auch nicht. Außerdem müssen wir gegendarstellen, weil nämlich die Termine der BAföG-Beratung in der PH falsch waren. Tatsächlich sind BAföG-Termine in der PH, Keplerstr. 87 im Asta-Vorraum, mittwochs 13 - 15 Uhr und in der FSK, Lauerstr. 1, dienstags 13 - 15 Uhr und freitags 11- 13 Uhr. Schließlich müssen wir noch feststellen, daß das hier der letzte UNiMUT in diesem Jahrzehnt ist. Jedenfalls, wenn mensch die Jahrzehnte richtig zählt. Wenn nicht plötzlich der große Aufstand losbricht, wird es erst in rund einem Monat wieder UNiMUT geben - das aber können wir versprechen, und wenn das Hochschulgesetz nochmal deformiert würde. Da sind wir schon beim schwarzen Rahmen. Wir trauern um das freiheitliche Studieren. Es wurde am 1.12. im Stuttgarter Landtag mit der Zustimmung zur UG-Novellierung endgültig (?) begraben. Das war uns dann schon eine starke Schlagzeile wert.

Wer aber meint, nun sei der Spaß am Studium vorbei, wird schon wieder lachen können: Corporate Identity sorgt dafür. Wer glaubt, das sei langweilig und doof (womit dieses Wörtchen sich auch in dieser Ausgabe wiederfindet), soll die diversen aufschlußreichen Grafiken zum Thema goutieren, die wir im Blatt verteilt haben.

Wie unser Gast Heinz, kurz vor schrecklichen Prüfung, eben meinte: Es gibt immer noch einen Grund zu lachen. Zur Not auch uns.

die Red.


Trotha marschiert durch- Senat resolutiert

Am 1.Dez. wurde in der heiligen Halle unserer provinziellen Demokratie das neue Universitätsgesetz (UG) durchgestimmt - nachdem an einem Tag 2. und 3. Lesung durchgezogen worden waren. Ein Anhörungsverfahren der Betroffenen wurde nicht durchgeführt. Die Änderungsvorschläge der Universitäten wurden kreativ ignoriert. Mehr Zuwendung erfuhren wir, als wir im Landtag unser Mißfallen bekundeten. Die freundlichen Herren, die immer dann fehlen, wenn mensch sie braucht, waren zuhauf da, weil minister ihrer bedurfte. Mit jovialem Grinsen führten sie die aufmüpfigen Kindlein in die Vorhalle. Der heilige Petrus, freilich, hatte dies alles vorhergesehen, am 15.Nov. verabschiedete der Senat der Universität Heidelberg eine Resolution zum Vorgehen des Ministers. UNiMUT dokumentiert auf Seite 5 im Wortlaut die Resolution des Senats der Universität Heidelberg.

Fakten

Resolution des Senats der Uni Heidelberg zur Novellierung der Hochschulgesetze

Mit Befremden nimmt der Senat der Universität Heidelberg die Art und Weise der ministeriellen und parlamentarischen Behandlung der Novellierung der Hochschulgesetze zur Kenntnis. Nachdem den Universitäten der Gesetzentwurf vom Ministerium für Wissenschaft und Forschung (MWF) mit der Aufforderung um Stellungnahme zugeleitet worden war, hat der Senat nach intensiver Vorberatung durch eine Senatskommission detailliert Stellung genommen und zahlreiche aus der Sicht der Universität dringend gebotene Änderungen gefordert. Der vom MWF erarbeitete Regierungsentwurf der Novellierung hat nicht nur kaum einen dieser Änderungsvorschläge aufgegriffen, sondern ist über die meisten vorgetragenen Einwendungen ohne jegliche Begründung hinweggegangen. Auch im Landtag hatte die Universität keine Gelegenheit, ihre Bedenken vorzutragen. Entgegen gutem parlamentarischem Brauch und entgegen entsprechenden Wünschen auch der anderen Landesuniversitäten hat der federführende Ausschuß für Wissenschaft und Forschung vielmehr mehrheitlich beschlossen, trotz der erheblichen Tragweite der Novellierung auf eine parlamentarische Anhörung gänzlich zu verzichten.

Der Senat protestiert gegen ein derartiges Vorgehen. Es steht im Gegensatz zu aller demokratischer Gepflogenheit, im Verlauf einer Gesetzesnovellierung die Betroffenen zu hören (Alle mißverstehen den Senat, d.S.) und die Sachkompetenz der entsprechenden Gremien einzubeziehen. Auch die Tatsache, daß es sich beim Entwurf um einen zwischen den Koalitionspartnern mühsam erarbeiteten Kompromiß handelt, kann nicht als hinreichende Erklärung dienen, sondern würde vielmehr den bedenklichen Zustand einer politischen Kultur reflektieren, in der Entscheidungszwänge über Sachkompetenz (zack! d.S.) gestellt werden.

Ein anderes Beispiel: jahrelang nahm das Rektorat die Einführungsveranstaltungen der Fachschaften nicht zur Kenntnis. Erst als in der öffentlichen Diskussion der Wert dieser Veranstaltungen deutlich wurde, registrierte man auch in der Universitätspitze die Arbeit an der Basis und spricht plötzlich von "Einführungen der Universität". Eine andere Maßnahme des Rektorats war die Einführung einer zentralen Erstsemester-Begrüßungsveranstaltung, die im üblichen Frontalstil abgehalten wird. Den meisten StudentInnen wird dabei nur vorgeführt, wie langweilig Massenvorlesungen sein können.


Tabus und kein Ende

Oder: Sind alternative Lernformen ein Tabu in der Hochschulreformdiskussion?

"ChristInnen und ihre Tabus" war der Titel des diesjährigen Blockseminars, das die Fachschaft ev. Theologie organisiert hat und das vom 16.-19. November stattfand. Das Blockseminar, eine viertägige Blockveranstaltung, die ausschließlich von Studierenden für Studierende vorbereitet wird, ist mittlerweile zu einer festen Institution am theologischen Fachbereich geworden. Reguläre Veranstaltungen fallen in dieser Zeit aus. Das Blockseminar bietet nicht nur die Gelegenheit, spektakuläre Themen aufzugreifen, es eröffnet auch gleichzeitig die Möglichkeit, außerhalb der autoritären Lernformen wie Seminar oder Vorlesung sich mit ungewöhnlichen Methoden einem Fragenkomplex zu widmen. Kreativität ist also gefragt, und man kann immer wieder staunen, was Studis so alles auf die Beine stellen können, wenn sie nur die Gelegenheit dazu haben. So zeigte bereits die Vorstellung der Arbeitsgruppen am Buß- und Bettag das kreative Potential, das unter Studierenden vorhanden ist, unbehelligt von dem Druck irgendwelcher Konventionen oder examensrelevanter Pflicherfüllung. Mit Theater, Gesang und Pantomime wurden die acht Arbeitsgruppen präsentiert, die sich mit speziellen Tabubereichen unseres Lebens befaßten. So war beispielsweise die Frage, ob der Glaube krank macht, zugleich Arbeitsthema einer Gruppe, aber auch der Umgang mit Sterben und Tod, die Fragen von Kirche und Homosexualität, von sexueller Gewalt, von Strafvollzug und von Spiritualität wurden in einzelnen Gruppen bearbeitet. Am Samstag fand dann ein Auswertungstreffen statt, bei dem die Ergebnisse der einzelnen Arbeitsgruppen einander vorgestellt wurden. Die Resonanz auf das Blockseminar war durchweg positiv, und es zeigte sich wieder einmal, daß eine nicht durch Leistungsdruck (Scheine) bestimmte Beschäftigung mit selbst gewählten Themen, Kreativität und Selbstbestimmung aktiviert und freisetzt, Qualitäten, die bei allen Reformdiskussionen um das Hochschulwesen viel zu wenig im Blickfeld sind. Nicht zuletzt führt der eigenverantwortliche Umgang mit einer Materie auch zu besseren Lernerfolgen: das was auf dem Blockseminar gelernt wurde, wird sicher vielen in bleibender Erinnerung bleiben, da die Beschäftigung mit den Themen schlichtweg intensiver und unmittelbarer war, als in vielen Seminaren. Man denke nur an die Exkursionen in Sex-Shop, Bestattungsinstitut oder Knast oder an die Einladung von Gästen vom "Frauen-Notruf" und von "Männer gegen Männergewalt". Neben der thematischen Beschäftigung in den einzelnen Arbeitsgruppen gab es auch dieses Jahr wieder einen kulturellen Rahmen: ein Kabarettabend, eine Filmvorführung und eine Abschlußfete standen auf dem Programm.

Das Blockseminar zeigte sehr schön, daß wir es an der Uni nicht mit einem Gros an Unmotivierten zu tun haben, wie das gelegentlich geäußert wird, sondern daß die strukturellen Bedingungen in den Lehrveranstaltungen studentische Motivationen schlichtweg abtöten. Sinnvolle Hochschulreformen können also nur da ansetzen, wo vorhandene kreative Potentiale freigesetzt werden und Studierenden mehr eigenverantwortliche Kompetenz eingeräumt wird.

Joachim Preiser


Die Situation am EWS

Warum machen die eigentlich eine Aktionswoche?

Eigentlich haben wir von der "Cloaca maxima" der Sozial- und Verhaltenswissenschaften ja den Mund zu halten und froh zu sein, daß man uns an dieser ehernwerten Universität überhaupt duldet, so unmotiviert wie wir sind. Daß die hohen Abbrecherraten, die vom Rektorat so bemängelt werden, auch mit den unmöglichen Studienbedingungen zusammenhängen könnten, daß haben die Herren wohl noch nicht bedacht. Und es ist nicht abzusehen, daß die Situation, etwa durch die UG-Novellierung, besser würde, im Gegenteil!

Ende des Wintersemesters 1995 wird nicht nur eine C4-Professur wegfallen, mit der dazugehörigen Assistentenstelle, sondern auch eine zur Zeit auf zwei Personen geteilte, weitere wissenschaftliche Mitarbeiterstelle. Ende 1998, also in drei (3!) Jahren fällt eine C3-Professur weg. Beide Lehrstühle sind seit einer Verwaltungs- und Einsparungsmaßnahme von anno dazumal mit einem sog. "kw"-Vermerk versehen; "kw" bedeutet: künftig wegfallend. Und tschüß!

Gleichzeitig nimmt die Zahl der Studierenden am EWS zu, Nicht, weil so viele im "größten Scheißhaus" (Übersetzung von: Cloaca maxima) der Uni studieren wollen und ihren Magister im Haupt- oder Nebenfach hier machen wollen. Es liegt an den unmöglich vielen verschiedenen Vorschriften für die Aufnahme eines Referendariats nach dem Studium zum Lehramt der Sekundarstufe 2 in den 16 Bundesländern. Eine Referendariatsaufnahme außerhalb von Ba-Wü ist nur mit vier zusätzlichen Scheinen in Pädagogik und einer Abschlußklausur möglich (Pädagogicum). Demnächst soll dies jedoch auch in Ba-Wü (bisher 2 Scheine) eingeführt werden. Das bedeutet in Klartext: der größte Teil der Lehramtsstudierenden bereitet sich schon jetzt auf eine größere Mobilität nach dem Studium bzw. mehr Scheine vor; wer es nicht täte, wären sie ja auch schön blöd. Leider hat sich mit der Verdoppelung der Anforderungen die Anzahl der Lehrenden am EWS nicht erhöht. Die Maßnahme ist ja noch gar nicht in Kraft, warum sollte minister dann mehr Geld zur Verfügung stellen. Irgendwann sollen dann ein oder zwei LehrerInnen die zukünftigen LehrerInnen die notwendigen Scheine verpassen.

Der Magisterstudiengang ist, laut Verwaltungsaussage, schon jetzt weniger wichtig als die LehrämtlerInnenausbildung.

Kerstin


"Willkommen auf dem Jahrmarkt der Eitelkeiten, in der Welt der Wissenschaft. Da die Zelte der Schlangenbeschwörer, einlullend, monoton säuselt ihr Geflöte. Nebenan die Wagen der Quacksalber, die ihre Theorie als das einzige Heilmittel verkaufen wollen. Denn:Wie schon der Prediger sagte: alles ist eitel - lernen ist eitel und lehren ist eitel - forschen ist eitel und veröffentlichen ist eitel und auch Andreas Gryphius wußte: Du siehst, wohin du siehst, nur Eitelkeit auf Erden" (aus: Studentisches Grußwort auf der Jahresfeier der Universität Heidelberg am 17.12.92)

Gemeinsam sind wir stark:

Corporate Ulmer

In der Wirtschaft und zunehmend auch in öffentlichen Einrichtungen ersetzt symbolische Politik konkrete Handlungen. Sie wird betrieben, um das Zusammengehörigkeitsgefühl der Beschäftigten und Institutionsangehörigen zu stärken. Dabei wird häufig Konfliktbearbeitung durch verordnete Gemeinschaftlichkeit und Harmonie ersetzt, angestrebtes Zusammengehörigkeitsgefühl neudeutsch als "corporate identity" verkauft.

Seit dem Amtsantritt von Rektor Prof. Dr. Dr.h.c. Peter Ulmer im Oktober 1991 versucht die Universitätsleitung mehr und mehr, symbolische Handlungen einzuführen, die die Identifikation der StudentInnen und des Lehrkörpers mit "ihrer" Universität erhöhen sollen. Sie wirkt jedoch weder auf eine Gleichstellung verschiedener Universitätsgruppen in Mitbestimmungsfragen hin, noch unternimmt sie ausreichende Anstrengungen, öffentlich auf die Unterfinanzierung der Universitäten durch die konservative Bundespolitik der letzten 12 Jahre aufmerksam zu machen. Dabei könnten sowohl die rechtliche Besserstellung der an der Universität weitgehend entrechteten StudentInnen als auch eine Finanzierung der Universitäten, die den StudentInnenzahlen und der Wirtschaftskraft der Bundesrepublik angemessen ist, das Klima verbessern. Dies wäre eine materiale Grundlage, auf die Identität sich beziehen kann. Stattdessen setzt das Rektorat wie auch das badenwürttembergische Wissenschaftsministerium überwiegend auf symbolische Handlungen, die die triste Realität schönfärben sollen.

So begann Prof. Ulmer 1992 damit, "Jahresfeiern" der Universität abzuhalten. Ein erklärtes Ziel war es, auch die Identifikation der Studierenden mit "ihrer" Universität zu fördern; allerdings fühlten sich fast nur Professoren und einige wenige Professorinnen eingeladen. Kein Wunder: wenn der Rektor von "Universität" redet, meint er damit nur die, die einen C3- oder C4-Lehrstuhl haben; denen werden dann die StudentInnen gegenübergestellt. Es ist kein Zufall, daß er von 'der Universität und ihren Studierenden' redet. Und die Beiträge der StudentInnenvertretung wurden von 10 min 1992 auf 5 min in den folgenden Jahren gekürzt. Wahrscheinlich waren sie ihm nicht brav genug. Man gewinnt den Eindruck, er wünsche sich ein paar harmlose und nette Worte und nicht Beiträge, die die Eintracht der Uni-Privilegierten stören.

Im folgenden Jahr wurde dann eine neue Universitätsmedaille kreiert, die das Rektorat nach eigenem Gutdünken vergibt - ohne andere universitäre Gremien an der Entscheidung beteiligen zu müssen. So konnte es Medaillenverleihungen geben, denen die Studierendenvertretung wohl nie zugestimmt hätte. An Wilhelm Hahn beispielsweise, der als zuständiger Minister in Stuttgart Anfang der 70er Jahre die Reformkräfte in Heidelberg mit mehr oder weniger unfeinen Mitteln drangsalierte und 1977 im Kabinett Filbinger für das Verbot der Verfaßten Studierendenschaft zuständig war.

Nichts gegen Feste und Feiern, die vorhandene Gemeinsamkeit unterstützen, aber Symbole ohne Inhalt wie Jahresfeiern und Medaillen sind doch nur schöner Schein; sie produzieren Bilder und Artikel für die Lokalzeitung, die kritiklos davon berichtet. Von den wirklichen Problemen aber wird damit abgelenkt. Beispielsweise sind bundesweit seit 1977 die Stellen nur um 10%, die StudentInnenzahlen aber um 70% gewachsen; die Bundesregierung stellt für 1994 nur 75% der nötigen Hochschulbaumittel bereit. Auch die Finanzierung des Studiums wird immer schwieriger. Zu den finanziellen Engpässen, die in einer teuren Stadt wie Heidelberg besonders durchschlagen, kommt die weitgehende Entrechtung der StudentInnen in der universitären Mitbestimmung. Dort haben sie weder wesentlichen Einfluß auf die Gestaltung der Prüfungsordnungen oder Studienpläne, noch auf die Besetzung der Professuren. So kommt die zunehmende Stoffülle in Prüfungen zustande: JedeR ProfessorIn will sein/ihr Gebiet geprüft haben. Die natürlichen AnwältInnen eines überschaubaren Stoffplans, die StudentInnen, haben nichts zu sagen. Bei Berufungen achten die Profs auf Forschungsleistungen oder vielleicht noch auf den "Stall", aus dem die BewerderInnen kommen. Diejenigen aber, denen wichtig ist, wie die BewerberInnen als Lehrende sind - die StudentInnen -, sind im Endeffekt machtlos. Deswegen muß Reform der Lehre auch Reform der Mitbestimmung heißen. Stattdessen aber bieten uns der Wissenschaftsminister im Verein mit dem Rektorat so hohlen Schnickschnack an wie einen "Landeslehrpreis". 35 000 Mark für die "beste Lehre" pro Uni sind finanziell nur ein Tropfen auf den heißen Stein. Sie beweisen eher gute Beziehungen zum Rektorat, das großen Einfluß auf die Vergabe hat, als eine besondere Fähigkeiten. Wer will denn das bei etlichen tausend Lehrveranstaltungen pro Semester auch nur annährend objektiv vergleichen?

Unter den gegebenen Bedingungen haben Studierende kaum das Bedürfnis, sich mit dieser Universität zu identifizieren. Was heißt überhaupt Identifikation mit der Universität? Habe ich vernünftige Rechte und gute Bedingungen in einer Institution, so liegt mir etwas an ihr. Wenn ich aber permanent von Entscheidungen und Selbstbestimmung ausgeschlossen werde - dann kann auch noch so schöne PR kein Identitätsgefühl herstellen.

Eine mißlungene Identitätsstiftungs-Aktion war auch die Umstellung der Rektoratszeitung "Unispiegel". Dazu muß man wissen, daß es in Heidelberg seit den Streikaktionen im WS 88/89 eine studentische Zeitung namens "UNiMUT" gibt, die aktuell und kritisch über Vorgänge an der Uni berichtet, außerdem Fachschaftszeitungen und eine unabhängige Zeitung, "ruprecht". Der alte "Unispiegel" war ein Quartals-PR-Blatt der Uni, brachte Vermischtes über Forschung und Studentisches etc. Vor zwei Jahren kam die Umstrukturierung: der "unispiegel" hat jetzt nur noch die StudentInnen als Zielgruppe und erscheint sechsmal jährlich. Die Farbe wurde von gelb auf blau umgestellt (blau wie die Grundfarbe der uni-forum-Reden-Plakate, habt ihr's schon bemerkt? - oder kennt ihr etwa diese wichtigen Reden nicht?), außerdem flogen Forschungsartikel raus. Aber nach wie vor gibt es wohl keine unabhängige Redaktion: zwischen Redaktionsschluß und Erscheinen liegen fünf bis sechs Wochen, in denen das Rektorat alle Artikel gegenlesen kann. Über Protestaktionen der StudentInnen gegen Studiengebühren im letzten Sommer zum Beispiel wurde nicht berichtet, ihre Resolution (die dem Pressesprecher Schwarz persönlich übergeben wurde) weder abgedruckt noch erwähnt. Eine Zeitung, die Konflikte an der Uni nicht thematisiert, macht vor allem Hofberichterstattung für's Rektorat - und das bekommen die LeserInnen auch sehr schnell mit.

Andreas, Kirsten, Elke


Nackte im FSK-Büro!

Auf ungewöhnliche Art wurde ich in der vergangenen Woche mit den Tücken der elektronischen Datenverarbeitung konfrontiert. Ich saß gerade im Fachschaftenbüro an der Ausarbeitung eines Artikels über den Arbeitskreis Hochschulreform der FSK für die neue Ausgabe der HeTZ (Heidelberger TheologInnen Zeitung), die am letzten Mittwoch erschienen ist. Faulheit und Müdigkeit kamen zusammen, als ich mich des Rechtschreibprogramms des Computers bediente, um die zahlreichen Tippfehler zu beseitigen, die mir ungeübtem Tipper ständig passieren.. Die Müdigkeit war es aber auch, die mich einige der Korrekturvorschläge des Rechtschreibprogramms fast automatisch per Knopfdruck bestätigen ließen. Später kam dann die Ernüchterung. Das Dokument war bereits in der Layout-Ablage, also druckfertig, als ein letzter Blick auf dasselbe mir plötzlich vor Augen hielt, daß meine nachlässige Nutzung des Computer-Hilfsmittels das FSK-Büro kurzerhand in ein FKK-Büro verwandelt hatte, und das gleich zweimal in dem Artikel. Ein heißer Schauer lief mir über den Rücken. Nicht auszudenken, was passiert wäre, wenn ich den Fehler vor Drucklegung nicht mehr entdeckt hätte. Vielleicht würden dann zukünftig die Räume der Studierendenvertretung verstärkt von Single-Clubs genutzt, oder verklemmte Studierende würden sich plötzlich zwecks Fleischbeschau für Hochschulpolitik interessieren, vielleicht hätte sich auch ein Arbeitskreis für durchsichtigere Strukturen an der Universität gegründet. Wer weiß? Die FKK-Idee soll hier natürlich nicht diskreditiert werden, einstweilen wird bei der FSK aber Politik noch mit Kleidern (anders als SPD-Ringstorf in Mecklenburg-Vorpommern) gemacht -zumal im Winter!

Joachim Preiser, FS Theologie


Von der menschlichen Freiheit

Zunächst eine Vorbemerkung: Unsere Uni wird in nächster Zeit einige Umwälzungen erfahren, die, das ist sicher, weg von vielen der über Jahrzehnte hinweg erkämpften hochschulpolitischen Demokratieansätze und hin zu einer neuen Allmacht der Obrigkeit führen werden. Merkworte hiefür seien etwa die UG-Novelle vom 1.12.94 oder das Greiner-Papier. Was das ist, werde ich hie nicht erklären, denn wer sich innerhalb des letzten Jahres auch nur bedingt die Mühe gemacht hatte, sich über die geplanten "Reformen" an unserer Uni zu informieren, der/die weiß, worum es hie geht.

Mein Name ist Magnus, und ich bin einer von vielen Erstsemestern, die neu immatrikuliert haben. Ich war frohgemutes und dachte mir, daß es unter so vielen jungen Menschen vielleicht einige gibt, die sich ernsthaft für ihre Umwelt und deren gerechten und demokratischen Charakter interessieren und einsetzen - dem ist wohl nicht so. Warum? Ich meine, einen der Gründe zu kennen:

Es ist etwas ganz Besonderes mit unserer Freiheit, unserem Vermögen, über irgendwelche genetischen Handlungsmuster hinaus zu agieren und die Folgen unseres Treibens abschätzen zu können. Weißt Du, liebe(r) LeserIn, mensch hat die Freiheit, frei zu sein, mensch hat aber auch die Freiheit, sich zu einem Sklaven seiner Umstände zu machen - Du bist zweifelsohne ein Sklave. Du läßt Dich Deiner Kritikfähigkeit und Deiner Überzeugungen berauben, da diese Charaktereigenschaften in unserem freiheitlichen Staate nicht erwünscht sind: Das System muß reibungslos funktionieren, ohne Unterbrechung, ohne störende Momente seitens der entmündigten Individuen, um möglichst den Rest der Welt und Menschheit rigoros ausbeuten zu können. Du läßt Dich einspannen in den Apparat der degenerierten Konsumgeilheit, der Dir mittels unblässiger Suggestion durch Deine Umwelt weiterhin den Eindruck vermittelt, frei zu entscheiden, was Dir gefällt und was nicht, der Dir jedoch ganz genau vorschreibt, was Dir zu schmecken hat und wonach Du Dich zu richten hast. Dein Verlangen nach Konsum wird stetig gesteigert, es raubt Dir Deine Unabhängigkeit und macht Dich hörig gegenüber den Forderungen des Systems. Du bist ein Säugling auf Lebenszeit, wohlgenährt und "glücklich", abhängig und unterentwickelt, und hängst an der Titte Deines Systems, Deiner perversen Mutter, die Dich nicht in Deine verdiente und von der Natur gegebene Unäbhängigkeit entlassen will. Wenn Du ansetzt zu schreien, stopft sie Dir Dein Maul und hält Dich satt, auf daß Du nicht auf dumme Ideen kommen mögest.

Guten Appetit!

magnus

Frauen

Nächstes Sommersemester soll es ein offizielle Vorlesungsverzeichnis ergänzt werden durch eine Auflistung von "frauenbezogenen" Veranstaltungen. (z.B.Quantenfeldtheorie, Mittelhochdeutsch, Botanik 1 usw. Oder? d.S.). Zu dem Zweck bittet die Frauenbeauftragte alle, die solche Veranstaltungen anbieten, ihr bis zum 15.12. deren Termine und Inhalte mitzuteilen. Telefonisch geht das über 542997 (Fax: 547271), die Adresse der Frauenbeauftragten der Uni ist Brunnengasse 1, 69117 Heidelberg.


Rektorat zu Besuch im ZFB

Keine Pfeifen

Am 2.Dezember um 8.30 trafen sich FSK- und FachschaftsvertreterInnen mit Rektor Ulmer, seiner persönlichen Referentin Isenburg-Epple (nicht verwandt mit Herrn Waigel-Epple, d.S.) und den Prorektoren Greiner und Hüfner zu einem zweistündigen Gespräch. Derartige Gespräche finden in unregelmäßigen Abständen statt, um diverse Angelegenheiten direkt, ohne zeitraubende Bürokratie, zu bereden. Und schließlich muß man sich an dieser Universität, wenn man was erreichen will, an das Rektorat wenden (Rektor Ulmer am 2.Dezember).

Themen waren diesmal neben speziellen Problemen (u.a. Räume für Fachschaften und die Fahrradwerkstatt - es gibt keine, aber man sieht den Bedarf; Renovierung der Orgel in der Neuen Aula - das Rektorat hat keine Pfeifen über) Orientierungsmaßnahmen für Studierende, die Situation am EWS, sowie das Greinerpapier.

Die Situation am EWS (vgl. gesonderten Artikel auf Seite 3) ist dem Rektor bekannt, als konkrete Maßnahme schlägt er vor, eine Unterschriftenaktion durchzuführen, die ihn bei seinen Bemühungen um den Erhalt einer der beiden wegfallenden Professuren unterstützen könnte.

Prorektor Greiner nahm sich, während die anderen früher gehen mußten, eine gute Stunde Zeit, um ausführlicher über das Greinerpapier sowie Aspekte der Studienreform insgesamt zu reden. Weitgehende Einigkeit erzielte man darin, daß Maßnahmen zur "Strukturierung", "Beratung" etc. sinnvoll sind; uneinig war man sich allerdings darüber, was man unter "Einführungsveranstaltung" oder "Prüfung" versteht. Insgesamt sieht Herr Greiner sich etwas mißverstanden. Die Maßnahmen seien bei weitem nicht so restriktiv gemeint, wie sie von vielen verstanden werden. Das Klima des Gesprächs war trotz einiger Unstimmigkeiten konstruktiv.

Kirsten


ANTIFA-Seite Anfang

Staatliche Repression am Anti-Repressionstag

Folgende Presseerklärung dokumentiert den Polizeieinsatz vom 3.12. in Heidelberg:

Am 03.12.1994 fanden in mehreren Städten Baden-Württembergs, unter anderem Karlsruhe und Stuttgart, Aktionen im Rahmen eines landesweiten Anti-Repressionstages statt. In Heidelberg waren für diesen Tag verschiedene Veranstaltungen geplant. Den Beginn machte ein vom Ordnungsamt Heidelberg gestatteter Informationsstand in der FußgängerInnenzone, der von einem ebenfalls angemeldeten und genehmigten Straßentheater begleitet wurde.

Bei diesen Agit-Prop-Aktionen wurden kurze Szenen vorgeführt, die staatliche Repressionen zum Thema hatten: unter anderem die Ermordung des Kurden Halim Dehner durch einen Zivilpolizisten, die Erschießung Wolfgang Grams durch die GSG 9, eine der mittlerweile alltäglich gewordenen Abschiebungen und die gewalttätige Vorgehensweise der Polizei gegen linke DemonstrantInnen. Das ganze fand unter ständiger Überwachung durch mehrere Zivilpolizisten statt. Wie vorgesehen wurde der Stand um 15.00 Uhr abgebaut.

Als ein Großteil der anwesenden AntifaschistInnen bereits gegangen war, kam es dennoch - gerade deshalb - zu einer Personenkontrolle der noch am Ort befindlichen Menschen. Auf die Frage hin, was der Grund für diese Maßnahme sei, wurden sie, zum Teil im Polizeigriff, in Gewahrsam genommen und unverzüglich zu der Hauptwache in der Römerstraße gefahren.

Etwa zur gleichen Zeit wurde das zum Transport des Infostandes benutzte Fahrzeug von einem Streifenwagen gestoppt. Der Fahrer mußte das Auto unter Begleitung zweier weiterer Polizeitransporter und einem Polizisten auf dem Beifahrersitz in die Tiefgarage des Polizeipräsidiums fahren. Auch er wurde in Gewahrsam genommen und, wie die anderen, einer

Personenkontrolle inklusive Leibesvisitation unterzogen. Desweiteren wurde das Auto durchsucht und Teile des Infomaterials konfisziert. Objekte der staatlichen Begierde waren diverse Aufkleber, Programme des Autonomen Zentrum Heidelberg, sowie zahlreiche Broschüren und Flugblätter. Besonders skurril ist in diesem Zusammenhang die Beschlagnahme von Aufklebern auf denen zerschlagene Hakenkreuze abgebildet sind, mit der Begründung, daß Hakenkreuze verboten seien.

Als die Nachricht über die Polizeiaktion im AZ eintraf, ging eine Gruppe von ca. 20 Personen in Richtung Polizeipräsidium, um dort mehr über den Verbleib ihrer FreundInnen zu erfahren. Bereits nach 50 Metern wurden sie gestoppt. Die schon zur Überwachung des Infostandes eingesetzten Polizisten deuteten gezielt auf zwei Personen, woraufhin mehrere Polizisten versuchten, ihrer habhaft zu werden. Im darauf folgenden Gerangel wurde ein Mensch festgenommen. Der Rest der Gruppe zog sich daraufhin in das Autonome Zentrum zurück. Durch die Unterstützung eines zufällig anwesenden Journalisten, eines Richters und eines Rechtsanwaltes wurden alle Personen nach ca. einer Stunde freigelassen. Die im AZ geplanten Veranstaltungen zum Anti-Repressionstag wurden durch diese Polizeiaktionen massiv gestört. So wurden zum Beispiel einige der BesucherInnen der im AZ stattfindenden Vorträge, Filmvorführungen und der Ausstellung einer Personenkontrolle unterzogen.

Durch dieses gezielte Vorgehen hat die Staatsgewalt erneut bewiesen, was sie alles daransetzt, unliebsame politische Aktivitäten zu behindern und zu kriminalisieren. Trotzdem wurden alle Veranstaltungen im Rahmen des Anti-Repressionstages wie geplant durchgeführt. Wir werden uns durch diese staatlichen Repressionen auch weiterhin nicht einschüchtern lassen.

VeranstalterInnen des Anti-Repressionstages

Weitere Kriminalisierung linker Opposition

Für die meisten Medien war es, wenn überhaupt nur ein paar Zeilen wert, als Ursel Q. am Montag, den 8. November in ihrer Wohnung in Saarbrücken verhaftet wurde. Im Haftbefehl wird ihr die Unterstützung einer kriminellen Vereinigung (§ 129a) vorgeworfen, was nicht unbedingt neu ist, wenn es darum geht Menschen, die linke oppositionelle Politik machen zu kriminalisieren und in ihrer Arbeit zu behindern. Daß die taz aus diesem Anlaß gleich titelte "RAF-Unterstützerin gefaßt" und damit nicht nur in der Wortwahl völlig daneben lag, sondern auch noch die Anklage gleich zum Urteil machte, ist nur Beiwerk zu dem von der Bundesanwaltschaft gebauten Konstrukt. Denn mit was der Haftbefehl die RAF-Unterstützung zu belegen versucht hat eine bedroht alle linke Gruppen für die politisches Engagement selbstbestimmtes Handeln bedeutet.

Ursel ist seit Jahren in verschiedenen linken Initiativen in Saarbrücken aktiv und genau dies ist ein großer Teil dessen, was die Bundesanwaltschaft in ihrem Haftbefehl für ein Verbrechen hält. Denn zunächst wird Ursel ein Brief zugeordnet, der im sich Besitz Birgit Hogefeld im Zusammenhang mit ihrer Verhaftung in Bad Kleinen gefunden wurde. Diese Zuordnung erfolgt anhand "autobiografischer Daten" im Briefinhalt, da dieser laut Haftbefehl weder Absender noch Empfänger enthielt und schien selbst der Bundesanwaltschaft als Beweismittel so dürftig, daß im weiteren Verlauf des Haftbefehls vor allem ihr politische Engagement zum Vorwurf gemacht wird. Dabei wird ihr vorgeworfen das angebliche neue ´Konzept´ der RAF einer "Gegenmacht von unten" in Saarbrücken umgesetzt zu haben. Hierbei werden dann eine Reihe von Initiativen aufgezählt an denen sich Ursel beteiligt hat und die somit zur "Gegenmacht von unten" gehören sollen. Darunter befinden sich das Antirassistische Notruftelefon Saarbrücken, eine Menschenrechtsdelegation, die sich zwei Wochen Kurdistan befand, die Aktion "Gelber Punkt" ,bei der sich verschiedene Geschäfte, Kneipen und Öffentliche Einrichtungen dazu bereit erklären AusländerInnen Schutz zu bieten vor rassistischen Übergriffen und dies mit einem gut sichtbar angebrachten gelben Punkt kennzeichnen und die Herausgabe einer Stadtteilzeitung. An diesem Punkt wird deutlich, daß die politische Gesinnung von Ursel angeklagt wird und wenn dies mit Erfolg durchgesetzt wird, kann in Zukunft jede Gruppe und jeder politisch aktive Mensch, der in diesen Gruppen tätig ist und sich gegen Mißstände, die in diesem Staat bestehen und von ihm verursacht werden engagiert, je nach Belieben auf die Anklagebank gesetzt werden.

Der Haftbefehl wurde am 21. November vom Ermittlungsrichter des BGH auf Antrag der Bundesanwaltschaft außer Vollzug gesetzt, was heißt, daß Ursel zwar aus dem Knast entlassen wurde, das Ermittlungsverfahren bleibt jedoch bestehen und mit ihm die Kriminalisierung jeglicher linker Opposition.

Wir fordern die Einstellung des § 129a - Verfahrens gegen Ursel Q.

Peinlich !

Nur noch peinlich fanden wir die Graphik auf dem letzten Faust-Flugblatt: ein Eselskopf mit dem Text." Ich Esel glaube immer noch, daß die BRD eine Demokratie ist..." Bewußt oder unbewußt haben sie damit eine Aktion des inzwischen verstorbenen Neonaziführers Michael Kühnen übernommen, der sich zusammen mit Christian Worch 1978 in Hamburg Eselsmasken aufsetzte und Plakate mit dem Text "Ich Esel glaube immer noch, daß in deutschen KZs Juden vergast wurden" trugen. Hoffentlich geht die Faust in Zukunft sensibler an die Abfassung ihrer Flugblätter heran.

Irmgard Möller ist frei

Am 1.12. wurde die heute 47-jährige Irmgard Möller nach insgesamt über 22 Jahren aus der Haft entlassen. Sie war die in der BRD am längsten inhaftierte politische Gefangene und weltweit die letzte Anti-Vietnamkriegsaktivistin hinter Gittern.

Durch die StudentInnenunruhen 1967/68 und den amerikanischen Vernichtungskrieg in Vietnam geprägt, entschied sie sich 1971 für den bewaffneten Widerstand und schloß sich der RAF an. Am 8.12.1972 wurde sie in Offenbach, fast zeitgleich mit dem gesamten Kern der damaligen RAF, verhaftet. 1975/76 wurde ihr in Hamburg der Prozeß gemacht und sie zu 4½ Jahren, wegen Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung, verurteilt. Irmgard war zu diesem Zeitpunkt schon nicht mehr verhandlungsfähig, die zerstörerischen "Sonderhaftbedingungen" (z.B. die Isolationshaft, selbst von amnesty international als Folter bezeichnet) hatten ihre Wirkung nicht verfehlt. Kurz vor der Haftentlassung erging ein zweiter Haftbefehl gegen sie wegen des Angriffs der RAF im Mai 1972 auf das US-Hauptquartier in Heidelberg. 1977 wurde, mit der Entführung Schleyers und der Lufthansamaschine Landshut, versucht Irmgard und die anderen Gefangenen zu befreien. Der Versuch schlug bekanntlich fehl und hatte die Todesnacht von Stammheim am 18.10.1977 zur Folge, die Andreas Baader, Gudrun Ensslin und Jan Carl Raspe das Leben kostete. Irmgard wurde mit 4 Messerstichen in die Brust, die den Herzbeutel und die Lunge trafen, schwer verletzt. Von staatlichen Stellen wurde später behauptet, sie hätte sich die Verletzungen, mit einem oben abgerundeten Anstaltsmesser, selbst zugefügt! 1978/79 kam es unter ähnlich skandalösen Bedingungen wie 1975/76 zum zweiten Prozeß, indem sie dann zu lebenslänglicher Haft verurteilt wurde.

Irmgard war in ihren 22 Jahren Haft meist der vernichtenden Einzel- oder Kleingruppenisolation (zusammen mit 2-3 anderen Gefangenen, was kaum eine Erleichterung bringt) ausgesetzt. 1992 beschrieb sie die Auswirkungen dieser Haftbedingungen in einem Interview (Spiegel 21/1992): "Heute ist alles gestört, nichts stimmt mehr. Die Haut ist kaputt. Der Kreislauf ist total kaputt. Das vegetative System ist gestört. Ich hatte lange Zeit psychosomatische Krankheiten, die dann in echte Krankheiten umgeschlagen sind. Ich hatte permanente Kopfschmerzen.". Trotz dieser Umstände ist es dem Staat nie gelungen ihren Widerstand zu brechen. Sie hält die Aktionen von 1972 auch heute noch für legitim und ist ein politischer Mensch geblieben. Nach ihrer Entlassung kündigte sie an, sich weiter für die politischen Gefangenen einzusetzen ("Es kann ja nicht sein, das die anderen so lange gefangen bleiben wie ich") und Widerstand zu leisten.

Die Freilassung von Irmgard Möller kann nur ein erster Schritt sein. Es gibt noch viel zuviele die schon 5, 10 oder 15 Jahre unter menschenunwürdigen Bedingungen inhaftiert sind. Eine Zusammenlegung in eine oder zwei Großgruppen würde schon eine erhebliche Erleichterung bedeuten, das Ziel bleibt aber die Freiheit aller politischen Gefangenen.

Termine:

09.12. AZ Solidisco AZ 21h
10.12 VEB Laut & lästig: Mitternachtsdisco AZ 23.59h
09.12.-10.12 Tagung des Europäischen Rates in Essen, daher:
09.12. Straßenaktionen, 18-21h Auftaktveranstaltung des Gegengipfels, Zeche Carl
10.12. 12-17h Bundesweite Demo ab Willy-Brandt-Platz 18h Podiumsdikussion, Uni Essen 21.30h Party, Uni Essen
11.12. Zeche Carl: 10-14h Diskussion "Perspektiven des Widerstandes..." 14-16h Abschlußveranstaltung
16.12. FrauenLesbendisco 20h AZ (nicht NRT- Disco)

Prozeß gegen Birgit Hogefeld:
Jeweils um 9.30h
Di und Do, 15.11.-20.12.94
Fr, 23.12.94
Di und Do, 3.1.-17.1.95
Mo, 30.1.95
Frankfurt, Gerichtsgebäude E, Saal II Konrad Adenauerstr.

Tip:
Broschüre "Das Skandalurteil" über das Mannheimer Deckert-Urteil bei:
Pumuckl, L14/6 68161 MA
Stichwort: Deckert


Retmiten (Termine)

7.12. 15.00: Fakultätsrat der Neuphilologischen Fakultät (nichtöffentlich)
ab 19.00, Wormser Braustübl, Heiliggeiststr. 3, Frauenstammtisch der Neuphilologischen Fakultät
20.00, KSG, Edith-Stein-Haus, Neckarstaden 32: Prof. Dr. Schroeder-Kurth (Humangenetik, HD): "Der Mensch im Reagenzglas oder: Gentechnologie?"

8.12. 19.30, ZFB, "Was besagt der §113 (UG) (Geheimhaltungsklausel)/wie laufen Berufungsverfahren?" Infoveranstaltung der Referate HoPo I und II der FSK

8.12. - 11.12. Theater- und Tanzwerkstatt mit Gerard Bagley,(England), Fyodor Stephanov (Moskau) und Wolfgang Schmidt (Heidelberg) Kurs 1: 8 - 11.12. DM 250,- 10 - 17 h + 18 - 1930 h Kurs 2: 10- 11.12. DM 180,- 10 - 17 h + 18 - 1930 h -- Studihaus Marstallhof, Info: Wolfgang Schmidt 06221/181482

13.12. 19 Uhr s.t., "Euthanasie", Referent: Dr. Merkel, HS 5, Neue Uni -- Im Rahmen der Seminarreihe der Fachschaft Medizin zum Thema Sterben und Tod, Ansichten und Einsichten.

15.12. 17 h Marstallhof , Slow Motion auf der Hauptstr. -- 22 h Fest10.01. 19 Uhr s.t., "Hospiz", Referent: Dr. Becker, HS 5, Neue Uni, Im Rahmen der Seminarreihe der Fachschaft Medizin zum Thema Sterben und Tod, Ansichten und Einsichten.

11.01. ab 19.00, Wormser Braustübl, Heiliggeiststr. 3, Frauenstammtisch der Neuphilologischen Fakultät

18.01. 15 Uhr Fakultätsrat der Neuphilologischen Fakultät (nichtöffentlich)

Immer noch Krieg zwischen Armenien und Aserbaidschan

Wege zum Frieden

Vergessen von allen professionellen FriedensstifterInnen geht der Krieg zwischen Armenien und Aserbaidschan um die En- oder Exklave Berg-Karabach weiter. Die Fachschaft Islamwissenschaft/Semitistik hat nun zwei MitgliederInnen der Helsinki Citizens Assembly eingeladen, je eineN aus jeder der kriegführenden Staaten; beide sind in den jeweiligen Bürgerrechtsbewegungen engagiert und wollen in der Veranstaltung die Ursachen des Konflikts aus Sicht beider Parteien darstellen und daraus Möglichkeiten zur Wiederannäherung entwickeln. Fragen sind natürlich willkommen.

Moderiert wird die Veranstaltung mit Gajane Beglajan und Arzu Daschdemirow im von Raoul Motika vom Seminar für Sprachen und Kulturen des Vorderen Orients; sie findet ebendort (Sandgasse 7, Raum 010 im Zwischengeschoß rechts) am 8. Dezember statt.


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Druckfassung

Erzeugt am 27.02.2003

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