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UNiMUT aktuell: Wunsch und Wirklichkeit

MWK schließt sich CDU-Klage gegen Verfasste Studierendenschaft und Studiengebühren-Regelung an

Wunsch und Wirklichkeit (07.05.2003)

Während das MWK noch die Wunden nach der letzten Niederlage vor dem Bundesverfassungsgericht leckt (übrigens sind im Gesetzesverfahren zur neuen Verwaltungsgebühr nur noch 40 Euro vorgesehen, vgl. den Nachtrag zu unserem Artikel von vorgestern), zieht Frankenberg schon wohlgemut in die bereits länger angekündigte nächste Schlacht.

Tatsächlich scheint er zu glauben, sie schon gewonnen gewonnen zu haben, denn in einer Presseerklärung von gestern verkündet er in der Überschrift: "Verbot von Studiengebühren ist verfassungswidrig". Also nicht: "Wir hätten gern, dass..." oder "Minister: ..." oder etwas ähnlich Relativierendes, nein, ein geradezu apodiktisches ist scheint hier die Verfassungsrichter beschwören zu wollen. Vielleicht nicht zufällig erinnert das an andere Schlachten, bei denen die Siegchancen nicht zuletzt von der propagandistischen Vorbereitung und medialen Führung abhängen.

Was bewegt Frankenberg zu solchen Behauptungen? Die Sechste HRG-Novelle der Edelgard Bulmahn sah einerseits die Verfasste Studierendenschaft (VS) vor -- ein immerhin in Ansätzen begrüßenswertes Projekt, vgl. Warum es in Heidelberg keinen AStA gibt und er nur einmal im Jahr tagt --, andererseits etwas, das die Sozialdemokratie gerne als Studiengebührenfreiheit verkauft und das den heiligen Gebührenkriegern vom Schlage eines Frankenberg jedenfalls viel zu restriktiv ist. Von Frankenberg und seinen Freunden war schon bei der Verabschiedung des Gesetzes zu hören, es werde gleich kassiert, wenn sie erst wieder an den Berliner Fleischtöpfen stünden -- aber daraus ist ja im letzten September dank Elbflut und Irakkrieg nichts geworden.

So klagen sie jetzt, die Minister, denn mit Frankenberg ziehen auch dem Fortschritt so zugewandte Herren wie Hans Zehetmair (Bayern, vgl. auch Dieses Land ist es nicht) oder sein Hamburger Kollege und Schill-Koalitionär Rudolf Lange vors hohe Gericht. Letzterer übrigens trat ebenfalls gestern mit einer Pressemitteilung an die Öffentlichkeit: "Senator Lange setzt Erhöhung der Fördermittel durch: 'Die Zukunft der Privatschulen in Hamburg ist gesichert'".

Frankenberg und seine Mudschaheddin jedenfalls sind noch weit genug auf dem Boden der Tatsachen, um nicht vom Verfassungsgericht zu erwarten, ein Gesetz einfach nur deshalb zu Fall zu bringen, weil es ihnen nicht passt. Deshalb engagierten sie den Leipziger Medienrechtler Christoph Degenhart, der bereits so wesentliche Dinge wie die Online-Angebote öffentlich-rechtlicher Anstalten juristisch beurteilt hat, um eine Klageschrift aufzusetzen. Herr Degenhart, von dem mensch immerhin sagen kann, dass eine Google-Suche nach "Christoph Degenhart reaktionärer sack erfolglos bleibt, bis der googlebot mal wieder auf dieser Seite hier vorbeitschaut, argumentiert, das Gesetz sei schon so grundgesetzwidrig, weil die Kulturhoheit der Länder verletzt werde (woran mensch wieder sieht, wie eng Geld und Kultur verknüpft sind), und selbst wenn das nicht so wäre, müsste es immer noch abgeschafft werden, weil der Bundesrat nicht hatte abstimmen dürfen.

Der UNiMUT würde gerne darüber abstimmen, ob Frankenberg im Mittnachtbau und Degenhart in der schönen juristischen Fakultät zu Leipzig sitzen bleiben dürfen. Aber für uns hat das Grundgesetz kein Herz.

Nachtrag (10.05.03): Degenhart hat sich neben Medienrecht auch schon mit Studiengebühren befasst: 1998 hat er im Auftrag der sächsischen Staatsregierung ein Gutachten über die Vereinbarkeit eines HRG-Studiengebührenverbots mit dem Grundgesetz erstellt.

Nachtrag (26.5.03): Leider hat dieser Artikel die Landesregierung nicht bewegt, auf diesen Unsinn zu verzichten: Am 23.5. wurde die Klageschrift in Karlsruhe eingereicht.

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Dieser Artikel wurde zitiert am: 26.11.2003, 03.01.2004, 07.06.2004, 27.07.2004, 15.09.2004, 30.09.2004


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Erzeugt am 07.05.2003

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