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UNiMUT aktuell -- Oktober 2003

Das neue Sozialhandbuch ist da

Mit Mowgli an der Uni (01.10.2003)

"Der erste humanoide Roboter, der Menschen hilft, soll in drei Jahren fertig gestellt sein," so verkündete heute die Landesregierung auf ihrer Webseite. Seit 1950 hat sich dann doch was getan, denn damals sollten diese Roboter immerhin noch sieben Jahre brauchen.

Solidere Information hat da schon immer das Sozialhandbuch der FSK geliefert. Es heißt seit Neuestem "Dschungelbuch" und wird ganz gewiss schon in den nächsten Monaten vielen Menschen helfen. Noch besser: Es wurde schon heute fertig gestellt. Euer eigenes Exemplar könnt ihr im ZFB und in den nächsten Tagen auch bei eurer Fachschaft abgeholen, wie immer zum Preis von 0 (in Worten: Null) Euro.

Wer weder warten noch in die Lauerstraße kommen will: Unter http://dschungelbuch.uni-hd.de gibt es immer (und also auch jetzt) die aktuelle Ausgabe samt letzter aktueller Korrekturen.

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Dieser Artikel wurde zitiert am: 15.10.2003

Eine Konferenz zum Thema Bologna und eine neue Export-Uni

Wollen wir Kopftücher in Kairo erlauben? (08.10.2003)

Nur die aggressivsten Dampfredner sagen bereits jetzt laut, dass massive soziale Selektion (z.B. Studiengebühren), Akzentuierung der gesellschaftlichen Hierarchie (z.B. "gestufte Studiengänge" a.k.a. Schmalspur-Bachelor vs. Elite-Master) und Entsolidarisierung der Gesellschaft (z.B. Privatisierung der Unis) die eigentlichen Prärogative der aktuellen "Reform"politik sind -- selbst wenn eine schlichte Analyse dessen, was da mindestens dreistufig renten-, arbeitsmarkt-, gesundheitswesen- und hochschulreformiert wird, gar keinen anderen Schluss zulassen. Wenn mensch zum Nachdenken käme.

Damit da nichts anbrennt, tarnen weniger aggressive Dampfredner diese Agenda durch schöne Worte, die im englischen Sprachraum als "Weasel Words" bekannt sind. Der UNiMUT vergibt heute zum ersten und einzigen Mal den Peter Glotz Award for Most Useful Weasel Words, und der zweite Preis, nur drei Punkte hinter "knappen Kassen", geht an "Internationalität".

Wie wichtig diese sind, konnte mensch jüngst zur Eröffnung der "German University in Cairo" (GUC) hören, zu der eigens Gerhard Schröder und Erwin Teufel in die Nilmetropole gereist waren -- inklusive Entourage sind dabei bestimmt schon wieder 2500 Verwaltungskostenbeiträge draufgegangen.

Wers nicht mitgekriegt hat: Ganz grob umrissen sollen ÄgypterInnen den Unis Ulm und Stuttgart einige tausend Euro im Semester zahlen, um nach deren Plänen entworfene Studiengänge im Lande der PharaonInnen besuchen zu dürfen. Begrenzt positiv daran ist noch, dass die Studis an der GUC immerhin Naturwissenschaft und Technik vermittelt bekommen sollen und wenigstens nicht Jura und Betriebswirtschaft wie in etlichen bereits bestehenden Konkurrenzinstitutionen. Ob allerdings gerade Genetic Engineering viel nützlicher ist als gekonnte doppelte Buchführung und gute Umgangsformen, mag doch bezweifelt werden.

Ansonsten ist dieser so genannte Bildungsexport, so nett er auf den ersten Blick scheinen mag, nur ein neuer postkolonialer Trick: AusländerInnen mit zweifelhafter Gesinnung und Eignung wollen wir doch eigentlich nicht in unser schönes Land und umsonst (oder jedenfalls für noch relativ wenig Geld) an unseren ach so teueren Unis studieren lassen, wenn sie genausogut bleiben können, wo sie sind und dann noch ordentlich zum Geldtransfer von Arm zu Reich beitragen -- zumal diese Länder doch eh kein eigenes Bildungssystem haben. Sollte sich dann aber zeigen, dass das eine oder andere Kind des Südens "uns nützen" (Stoiber) mag, können wir es immer noch quasi mit Vorkaufsrecht importieren. Was sollte Ägypten denn auch mit fähigen IngenieurInnen?

Derweil wird der neue "Internationalisierungsschub" innerhalb der reichen Staaten mittlerweile auch in einer breiteren Öffentlichkeit wahrgenommen. Wir hatten über diesen "Bologna-Prozess" genannten Master-Plan zu Schmalspurstudiengängen schon vor anderthalb Jahren berichtet, treue LeserInnen waren also vorbereitet und hätten glatt mitdiskutieren können auf einem Kongress zu diesem Thema, der jüngst in Mannheim stattfand. Für die LAK nahm Jesko Splittgerber daran teil und gab anschließend Mannheimer Studizeitung basta ein Interview, das wir euch nicht vorenthalten wollen. Wir übergeben an die Kollegen:

"Studentischer Einfluss nur auf unterster Ebene möglich"

Seit der Bologna-Erklärung von 1999 sind gestufte Studiengänge, Modularisierung und Leistungspunktesysteme bereits an vielen Hochschulen eingeführt worden oder sollen in absehbarer Zeit eingeführt werden. Am 25. und 26. September trafen sich nun in Mannheim Vertreterinnen und Vertretern von Hochschulen, der Politik und der Wirtschaft zum Thema "Strukturreform und ihre Konsequenzen". Die Basta befragte Jesko Splittgerber, den Sprecher der LandesAStenKonferenz (LAK) von Baden- Württemberg, der als studentischer Vertreter an der Tagung teilnahm.

basta: Der Vision eines gemeinsamen europäischen Hochschulraumes stehen die Befürchtungen eines Kahlschlags im deutschen Bildungssystem gegenüber. Welche Reformziele beschreiben die Vereinbarungen von Bologna und wie werden die bisherigen Anstrengungen allgemein bewertet?

Jesko: Die Erklärung von Bologna ist als gemeinsame Willenserklärung der Bildungsminister auf EU Ebene von ihrer Interpretationsbreite, dass heißt in ihrer Ausgestaltung relativ ergebnisoffen. Das Ziel der Erklärung war 1999 die Schaffung eines "europäischen Hochschulraums", der eine Vergleichbarkeit der europäischen Hochschulabschlüsse durch ein einheitliches konsekutives Studiensystem ermöglichen sollte. Die Bachelor- und Masterstudiengänge waren dabei gar nicht notwendigerweise ins Auge gefasst. Ein weiterer wichtiger Punkt war die Zusammenarbeit bei der Qualitätssicherung sowie die Mobilität von Studierenden und Lehrenden in Europa. Das Problem ist, dass der angestoßene Bologna-Prozess in der Debatte nicht mehr von anderen Hochschulreformen unterschieden wird. Das heißt, dass die Ausgestaltung beispielsweise in Baden-Württemberg eng mit den Sparkursen und der stärkeren Wettbewerbsorientierung der Hochschulen untereinander verknüpft wurde. Mit der Einführung der Bachelor- und Masterstudiengänge wird vielerorts eine massive Ökonomisierung von Bildung vorangetrieben und der angebotene Fächerkanon schrumpft dann schnell auf das von der Wirtschaft geforderte Spektrum. So waren zum Beispiel auch Auswahlverfahren in der ursprünglichen Bologna Erklärung nicht enthalten. Es wurde vielmehr die Bedeutung von Bildung für eine demokratische Gesellschaft und als öffentliches Gut bekräftigt.

basta: Wie sieht der konkrete Zeitplan zur Umsetzung der Strukturreform für die Zukunft aus? Welchen Grad an Verbindlichkeit haben die Vereinbarungen?

Jesko: Inzwischen sind die Vorgaben der Bologna-Erklärung im deutschen Hochschulrahmengesetz verankert. Der Zeitplan sieht vor, dass sie - und damit die Einführung der Bachelor- und Masterstudiengänge - bis 2010 an allen Hochschulen umgesetzt sind. In Deutschland speziell wird es wohl darauf hinauslaufen, dass alle Magister- und Diplomstudiengänge durch die neuen Bachelor- und Masterstudiengänge ersetzt werden.

basta: Du bist Sprecher der LandesAStenKonferenz. Wie bewerten Studierendenvertreter die Leitideen der Bologna-Vereinbarung im Allgemeinen und wie positioniert ihr euch in konkreten Debatten, wie der zur Einführung des Bachelor/Master-Modells?

Jesko: Grundsätzlich stehen wir natürlich der Idee eines "europäischen Hochschulraums" positiv gegenüber. Die Vergleichbarkeit von Studienabschlüssen und eine erhöhte Mobilität - wie ein Auslandsstudium - sind auf jeden Fall zu begrüßen. Allerdings wehren wir uns gegen einseitige Interpretationen der Bologna-Erklärung, das heißt gegen Vorstellungen der Ausgestaltung, die zu einer einseitigen Leistungsorientierung der Unis führen. Es ist zu befürchten, dass stark verschulte Studiengänge - wie der Bachelor - in solch einem Konzept nur wenig Zeit für andere Tätigkeiten oder ein Engagement neben dem Studium lassen. Des Weiteren wird es zu einer Verkümmerung, sprich Einstellung von Fächern führen, die sich nicht gut gegenüber dem Markt "verkaufen" lassen. Zudem haben wir von Anfang mehr Wert auf die "soziale Dimension" legen wollen: Mobilität in Europa wird nur dann auch für schwächer gestellte Studierende möglich sein, wenn gleichzeitig auch finanzielle Förderungsmöglichkeiten verstärkt zur Verfügung stehen. Die gegenwärtige Diskussion um die Einführung von Studiengebühren schließt natürlich auch hier an die Bologna-Debatte an. Aber das ist ein ganz anderes Thema...

basta: Wie stark steht ihr in Bezug auf die Bologna-Vereinbarungen im Austausch mit weiteren Landes-ASten und Studierendenvertretungen anderer europäischer Länder?

Jesko: Die ASten sind bundesweit organisiert in ihrem Dachverband dem fzs (freier zusammenschluß von studentInnenschaften). Es ist wiederum Aufgabe des fzs sich mit anderen europäischen Studierendenvertretungen und mit ESIB (National Unions of Students in Europe) auszutauschen. Die Bedeutung der studentischen Beteiligung am Bologna-Prozess wurde erst auf Drängen der Studierenden auf der Folgekonferenz der europäischen Bildungsminister 2001 in Prag betont - genauso war es mit den sozialen Aspekten. Insgesamt muß festgehalten werden, daß ein Einfluß von studentischer Seite auf die Umsetzung der Bologna Vereinbarung kaum und nur auf unterster Ebene z.B. bei der Ausgestaltung der Bachelor- und Masterstudiengänge möglich zu sein scheint. Davon zeugen sowohl der regelrechte Kampf um lediglich die Teilnahme des fzs an der letzten Konferenz der Bildungsminister vor einer Woche in Berlin - parallel dazu fand übrigens das erste europäische Bildungsforum (eef) statt - als auch der allgemein praktizierte Ausschluss von Studierendenvertretungen auf anderen Ebenen. Das ist fast schon peinlich für die Entscheidungsträger.

basta: Warum trafen sich nun Vertreter aus Hochschule, Wirtschaft und Politik zu einer Konferenz in Mannheim?

Jesko: Neben der Bestandsaufnahme der bisherigen Umsetzung des Bologna- Prozesses, also der Anzahl der umgestellten Studiengänge auf Bachelor zum Beispiel, sollten Auswirkung der Umsetzung des novellierten Hochschulrahmengesetzes für Baden Württemberg sowie auf lokaler Ebene diskutiert werden. Dies geschah in einer Podiumsdiskussion und verschiedenen Workshops. Neben einem allgemeinen Erfahrungsaustausch stand ausblickend vor allem die Frage nach möglichst effektiver Umsetzung der Studienreform.

basta: Kannst du uns ein kurzes Feedback zu den Teilnehmern und zum Verlauf der Podiumsdiskussion geben?

Jesko: Anwesend waren v.a. Vertreter aus Hochschule und Politik. Bei der Podiumsdiskussion war ich der einzige studentische Vertreter. Nachdem die unterschiedlichen Perspektiven auf die Problematik vorgestellt wurden, kam es vereinzelt zu Diskussionsansätzen. Auf allgemeine Ablehnung stießen die meines Erachtens völlig utopischen Thesen von Rektor Arndt, der u.a. den Bachelorabschluss grundsätzlich in die FHs auslagern und nur die dann elitäre Master-Weiterbildung an den Unis belassen möchte.

basta: Die Diskussion wurde in Workshops, die in Bezugsgruppen (Studierende, Lehrende, Verwaltung und Arbeitsmarkt) aufgeteilt waren, weitergeführt. An welchem hast du teilgenommen, welche Ergebnisse konnten erarbeitet werden?

Jesko: Die vier Workshops mit je 20 bis 30 Teilnehmern wurden jeweils mit Eingangsreferaten eröffnet. In der Arbeitsgruppe für die Studierenden, die leider nur in geringer Zahl vertreten waren, hörten wir einen Erfahrungsbericht aus Bochum. Die dortige Uni hat mit einem bachelor- und masterähnlichen Studienmodell bereits in den 90er Jahren Erfahrungen gesammelt. Erwähnenswert ist hierbei das Angebot eines Doppelstudiums von zwei Bachelorstudiengängen das außerdem mit einem Optionalbereich zur Vermittlung von sog. Schlüsselqualifikationen ausgestattet ist. Dennoch: Vergleichbar mit der Offenheit und Vielseitigkeit der bisherigen Magisterstudiengänge ist auch dann der stark verschulte Bachelor nicht. Überraschende Ergebnisse lieferte die Gruppe "Arbeitsmarkt" in der Vertreter aus der Wirtschaft deutlich machten, wie viel von ihrer Seite aus noch für die Anerkennung der neuen Bachelor- und Masterabschlüsse zu tun sei, also nach wie vor das Diplom als höherwertig eingeschätzt werde. Ob diese Unsicherheit auf ein Informationsdefizit oder auf die konservative Angst vor dem Unbekannten bei gerade denen, die erhöhte Flexibilität und europäische Harmonisierung der Abschlüsse fordern, zurückzuführen ist, weiß ich nicht. Rückendeckung erhielten wir dennoch bei der gemeinsamen Ablehnung jeglicher Zulassungsbeschränkungen für Masterstudiengänge. Das kann als ein kleiner Erfolg in unserem Sinne gewertet werden.

basta: Wir bedanken uns für das Gespräch.

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Dieser Artikel wurde zitiert am: 03.01.2004

Begrüßung der Erstsemester

Ein neues Semester, alte Rituale (13.10.2003)

[Bild: In der Neuen Aula]
Erstis lauschen gebannt der Podiumsdiskussion zwischen Rektor Hommelhoff und einem Flügel. "Nach dem, was dieser -- Hammelhaff? -- so erzählt hat, war das, was der Flügel gesagt hat, wirklich erholsam sinnvoll," ließ sich nach der Veranstaltung die Erstsemesterin Janina (19) aus Erfurt vernehmen.

Montag Morgen im Oktober, es ist wieder Zeit, die Erstsemester an unserer Universität willkommen zu heißen. Und Seine Magnifizenz Rektor Hommelhoff lud zu diesem Zwecke wieder in die Aula der Neuen Uni ein. Mit geübter Hand führte der Rektor (diesmal wieder höchst selbst) durch das Programm. Es bot den Erstsemestern neben den musikalischen Einlagen des Collegium Musicum (dem eigentlichen Höhepunkt des Programms) die Grußworte der Studierenden, des Rektorates, der Stadt und der Gesellschaft der Freunde. Im Anschluß daran konnten sich die Neu-Studierenden im Foyer an diversen Info-Ständen ebenso diverser Hochschulgruppen tummeln.

Mit offensichtlicher Begeisterung verkündete Rektor Hommelhoff, dass in diesem Semester 6000 neue Kommilitonen ihr Studium in Heidelberg beginnen werden. Kein Zweifel, dies ist ein Höchststand. Und so setzte der Rektor auch an den richtigen Stellen die akademischen Selbstbeweihräucherungsmaschine der Ruperto Carola ein, sehr zum Gefallen der im Saal anwesenden erfahreneren Universitätsmitglieder. Aber auch für die Erstsemester hatte er einige Ratschläge mitgebracht: Das Studium sei kein Job, sondern ein Lebensabschnitt, der Freude bereiten soll. Wichtiger als das Erlernen seines Faches ist die Erweiterung der eigene Fähigkeiten.

Auch auf die Wohnungsnot ging Prof. Hommelhoff ein. Was möglich war, um die Situation auf dem Wohnungsmarkt für Studierende zu verbessern, habe die Universität getan. Leider ist dies nicht genug, aber ihm bliebe die Hoffnung, dass niemand seinen Studienplatz wieder aufgeben müsse, nur weil er/sie keine Wohnung findet. Jedenfalls soll offenbar niemand gehen müssen, der durch genügend Eigeninitiative und Kreativität auch bei der Wohnungssuche seine Immatrikulationswürdigkeit an unserer Alma Mater unter Beweis stellt.

Die Prorektorin für die Lehre, Prof. Leopold, machte den Studierenden Mut fürs Studium. Die Studierenden sollen nicht gleich bei den ersten Problemen ihr Studium abbrechen, sich allerdings auch noch im fortgeschrittenem Studium trauen ihr Fach zu wechseln. Die Erstis seien an einer Volluniversität, an der man fast jedes Fach studieren könne, das man in der deutschen Wissenschaftslandschaft vorfindet. Es sei sehr interessant, diese Möglichkeiten zu nutzen.

Während die ProfessorInnen in ihren Begrüßungsreden ihre Erwartungen und Ansprüche an die Erstsemester noch versteckt hielten, so wurde spätestens beim studentischen Grußwort klar, daß von den neuen Kommilitonen einiges verlangt werden wird, so sie im Laufe ihres Studiums zu echten AkademikerInnen reifen wollen. Offenbar hatten aber einige der neuen KommilitonInnen den Umgang mit ihren studentischen Freiheiten noch noch nicht so ganz im Griff und störten durch den frühzeitigen Aufbruch.

Gemeinsam freuten sich alle RednerInnen über das immense, internationale Interesse an einem Studium in Heidelberg. Über ein Drittel der neuen Studierenden kommen aus dem Ausland. Mit jeder abermaligen Erwähnung dieser Tatsache, wurde das Raunen in der Neuen Aula kräftiger. Es ist zu hoffen, daß damit nicht jugendliche Sozialneid zum Ausdruck kommt. Schließlich sollte gerade das Studium an einer Universität von einem toleranten Miteinander erfüllt sein.

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Dieser Artikel wurde zitiert am: 16.10.2004

Besuch der Handschriftensammlung der UB

Diederich digital (13.10.2003)

[Bild: Der Heilige Ulrich stribt]

Ist dies eine Fantasie des Papstes zum Thema der menschlichten Fortpflanzung? Nein, aber die Wahrheit ist mindestens ebenso prickelnd.

Es gibt sie noch, die Universitätsgesellschaft, obschon sie de jure mit dem Verein der Freunde fusioniert wurde. Gerade deshalb wollte man wieder einmal Flagge zeigen und lud zu einem Besuch der Handschriftensammlung der UB, welche von den Mitgliedern der ehemaligen Universitätsgesellschaft stets unterstützt worden ist. Sie war es auch, die Mittel für die Digitalisierung der Handschriften (den gegenwärtigen Stand könnt ihr unter http://www.ub.uni-heidelberg.de/helios/digi/digilit.html bewundern) bereit stellte, welche am Abend des 13.10. in Wort und Bild vorgeführt werden sollte.

Etwas verwunderlich daher, dass Gesellschafts-Geschäftsführer und Finanzrechtler Mußgnug den Anwesenden bei der Einleitung unterstellte, "streitbar" zur Verteidigung des Buches angetreten zu sein. Dabei saß man doch ganz sittsam im Vortragsraum der UB, der früher der Kohlenraum gewesen war. Dann übernahm der im Dezember 2002 inaugurierte neue UB-Chef Probst und verkündete den Verlauf des Abends. In drei Gruppen sollten die Anwesenden die Handschriften, den Digitalisierapparat und zuletzt die Homepage kennenlernen, die einen Zugriff auf die Handschriften übers Web erlaubt.

Einige Folien mit Zahlen brachten den Weitersponsoren in spe die Leistungsfähigkeit der Heidelberger UB, regionale Schwerpunktbibliothek für Geschichte und Archäologie, nahe. Rund Dreieinhalb Millionen Bücher beherberge sie, davon knapp 1 Million Altbestand vor 1900, tägliche Ausleihen im Umfang einer Privatbibliothek gingen täglich vonstatten, hinzu kämen tausende von Anfragen, Artikelbestellungen, Zugriffen über Internet.

Daraus ging letztlich die Motivation zum Digitalisieren der alten Handschriften hervor, die mehrmaliges Ausleihen, Blättern, Eselsohrbiegen und Kopierdeckelpressen nicht lange überstehen würden. Rasch waren die Gruppen nach Sitzreihen eingeteilt, und los ging's, ich marschierte mit der ersten Gruppe mit einer Führungsoffizierin und General Probst selbst ins Direktorzimmer. Dort wartete Herr Schlechter, der Herr der Handschriften, dessen Anzug seine hemdsärmelige Begeisterung für seine Arbeit nicht zuknöpfen konnte.

Nun war die Gesamtveranstaltung auf zwei Stunden angelegt (der Lautenschläger-Forschungspreis harrte seiner Verleihung an eine DKFZ-Koryphäe), was die Dauer jeder der drei "Unterführungen" auf 20 Minuten begrenzte. Für eine systematische Führung durch die Sammlung war das kaum ausreichend, und so beschränke man sich auf pittoreske, i.e. illustrierte, Highlights. Auf eine Karte Heidelbergs mit dem noch unzerstörten Schloß folgten Schriften wie das durchgängig illustrierte "Sigelot", welches den Kampf des Ritters Diederich mit dem Riesen Sigelot und einer Reihe anderer Bad Guys schildert. Auf der Internetpräsentation im letzten Teil sollte Frau Effinger mehrere Seiten hintereinander rasch aufflackern lassen, was die Zeichnungen fast animiert. Dies hat einst Dekanin Saurma veranlasst, das Werk das "Daumenkino des Mittelalters" zu nennen.

Ein etwas ernster zu nehmendes Werk ist die Große Heidelberger Liederhandschrift, der "Codex Manesse" (Zürich 1305 bis 1340), welche das berühmte Bild von Walther von der Vogelweide enthält, oder, für die zahlreichen JuristInnen unter den Gesellschaftsmitgliedern, der Heidelberger Sachsenspiegel, eine Gesetzessammlung von Anfang des 14. Jahrhunderts. Einige Geschichten gab Herr Schlechter zum Besten, wie etwa die Uni Karlsruhe den Inhalt einer Zisterzienserklosterbibliothek kaperte, und Heidelberg nur einige Reste überließ, die sich als teils wertvoll erwiesen, und im Gegensatz zur Karlsruher Bibliothek den Krieg überlebten. Wie ein mächtiges Werk den Weg von Rom nach Heidelberg auf dem Rücken eines Maulesels zurücklegte, mit dem sich der Pedell herumzuschlagen hatte, während der Rektor froh vorausritt, um die Kunde vom glücklichen Erwerb zu verbreiten.

Herr Probst musste den Vortrag abwürgen, da die Zeit drängte; auf der Treppe begegnete uns eine andere Gruppe, die Tour war präzise organisiert. Die nächste Station war die Werkstatt, in der uns Herr Wolf den nach der Stadt seiner Erfindung benannten Grazer Digitalisierungsapparat zeigte. Es handelt sich um eine Spiegelreflex-Digicam mit 14 Megapixeln - jeder Schuß liefert 80 Megabyte, was die Erklärung für den DVD-Brenner, seinerzeit dem ersten auf dem Markt, im Steuer-PC liefert. Ein System aus Aluminiumstangen und Gelenken erlaubt die Bewegung der Kamera in zwei Achsen, gegenseitig verkippbare Platten die Auflage des Buches, ohne dass es ganz geöffnet zu werden braucht, was ältere, steifere Ledereinbände mit Zerbrechen quittieren würden. Die betreffende Seite wird auf eine Schiene mit Luftlöchern gelegt, und mittels durch diese angesaugte Luft in einem 90°-Winkel zur Kamera fixiert. Nach der Aufnahme erscheint die Seite auf dem Schirm, ein Kalibration von Kamera und Schirm sorgt für die realistische Farbdarstellung. Etwa 1000 Seiten pro Stunde sind so erfassbar. Eine Nachbehandlung einzelner Bilder etwa ist aus Personal- und Finanzmangel nicht möglich, wie Herr Probst froh war, auf eine Anfrage von mir loswerden zu können. Im letzten Jahr hat er die Arbeitskraft von 5 Stellen verloren.

Doch der Personalabbau ist nicht sein einziges Problem. Jährlich müssen 200 Quadratmeter weitere Bücher untergebracht werden, gemeint sind Raum-Quadratmeter mit Regalen darauf. 2006, so erzählte er mir, während wir durch den Innenhof in den Vortragsraum zurückkehrten, "sind wir voll", er bemühe sich um weitere Räume im Alfred-Weber-Institut, welches dann wiederum dort ausziehen müsse.

Frau Effinger führte uns nun die Homepage vor, mittels derer die Benutzer (das Wort "User" fiel an dem Abend ebenso wenig wie das von mir erwartete "Front End") im historischen Cyberspace auf die Recherche gehen können. Suchmaschinen, um einzelne Wörter oder Bilder zu finden, stellen einen Vorteil gegenüber der manuellen Suche im Original dar. Dies wurde anhand einer Sneak-Preview des Heidelberger Adressbuchs (1839-1945) demonstriert, dessen Digitalversion noch im Werden ist und bald freigeschaltet wird.

Die Veranstaltung war -- für einen Laien wie mich Physiker -- eine schöne Vorstellung. Für Profis dürfte es etwas seicht gewesen sein. Aber wie gesagt, es ging nicht primär um die Schriften, sondern um deren Digitalisierung. Dass die Schriften dadurch einer größeren Zahl von Profis aller Statusgruppen, und nicht nur einer handverlesenen Elite zur Verfügung stehen, scheint mir ein richtiger Schritt zu sein.

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Zielvereinbarungen als Booster der dritten Stufe der Hochschulreform

Starvation Chain Management (15.10.2003)

Zielvereinbarungen sind an sich nichts Neues: Will mensch beispielsweise Geld aus den Drittmitteltöpfen der EU, führt etwa kaum ein Weg daran vorbei. Die Idee ist, dass jemand zusichert, beispielsweise einen wirklich nützlichen Haushaltsroboter mit eingebautem Fusionskraftwerk zu bauen. Nach eingehender Evaluation der Erfolgschancen kriegt dieseR jemand dann Geld von der EU. Zweifel, dass aus dem Projekt innerhalb der nächsten zwei Jahre was werden könnten, werden nun mit einer Zielvereinbarung beruhigt, in der stehen mag, dass die EU ihr Geld zurückkriegt, wenn das mit dem Roboter nicht klappt. In der Realität steht natürlich eher etwas drin wie "wenn nicht alle sechs Monate 1000 bedruckte Seiten und zum Abschluss nochmal 2000 bedruckte Seiten extra nach Brüssel oder Luxemburg geschickt werden." Aber das ist nicht wichtig. Uns geht hier ja nur ums Prinzip. Außerdem glaubt außer der Landesregierung sowieso keineR daran, dass Roboter dieser Art demnächst laufen werden, ob mit oder ohne Fusionskraftwerk.

Geht es nach dem Willen des MWK und seines Chefs Frankenberg, sollen nun solche Zielvereinbarungen auch die Hochschulen im Land auf Linie bringen. Gerade heute fing es an, und zwar an der ehemaligen Landwirtschaftlichen Unterrichts-, Versuchs- und Musteranstalt in Stuttgart-Hohenheim. Im Groben darf die Uni dort versuchen, Geld, das sie früher mal hatte, wiederzukriegen, indem sie dem Ministerium nach dem Munde redet. Tut sie dies zur Zufriedenheit, bekommt sie erstmal Geld. Wird sie nach einer Weile ungehorsam, muss sie das Geld zurückzahlen. Weil sie das nach einer Weile nicht mehr tun kann, weil es zu viel Geld wäre, ist sie den Sirenen im Ministerium verfallen. Die so genannte "Hochschulautonomie", ohnehin eine höchst fragwürdige Geschichte in Zeiten starker Rektoren mit special relationship mit dem Minister, ist damit gänzlich zur Lachnummer verkommen.

Wie wenig das Ministerium das Bekenntnis stört, beliebig in die Hochschulen reinzuregieren und seine Agenda mit Zuckerbrot und Peitsche (O-Ton: "Die Leistungen des Landes werden mit präzisen Zeitvorgaben und mit Sanktionen verknüpft: Sollten die Ziele von der Hochschule nicht erreicht werden, sind die Zuwendungen zurückzuerstatten.") durchzusetzen, ist in einer Presseerklärung zu den Zielvereinbarungen eindrucksvoll dokumentiert.

Die Agenda überrascht dabei nicht -- in Hohenheim etwa soll aus Lebenswissenschaften ein "food chain management" werden. Damit zum Schaden auch noch Spott kommen darf, ersparte sich der Hohenheimer Rektor Liebig nicht mal einen Kotau vor dem Minister und behauptete dreist, seine Uni habe das schon immer so gewollt (O-Ton Presseerkärung: "[, dass die] Zielvereinbarung von dem Struktur- und Entwicklungsplan der Universität Hohenheim ausgehe").

Nun könnte es uns in Heidelberg ja herzlich gleichgültig sein, wenn und wie würdelos der Hohenheimer Rektor die Seele seiner Uni verkauft. Allein, Frankenberg lässt seine Zielvereinbarung als Zukunftsmodell propagieren, und das aus gutem Grund, wie das folgende Rezept zur Durchsetzung der jeweils letzten Spleens des Ministers illustrieren mag:

  1. Die klamme Haushaltslage erfordert leider die Kürzung weiterer zwei Millionen Euro aus der Grundfinanzierung der Ruperto Carola
  2. Im Rahmen einer Zielvereinbarung, die das Profil der international renommierten Universität durch Schließung des Fachbereichs Pyromantie schärfen wird, wird ihr eine Anschubfinanzierung von zwei Millionen Euro gewährt; das Rektorat akzeptiert.
  3. Kurze Zeit später beschließt der Fakultätsrat der Fakultät für Zauberei, auf das Fach Pyromantie könne keinesfalls verzichtet werden, zumal nach seiner Schließung große Lücken in anderen, aus der Pyromantie importierenden Studiengängen aufträten. Aus dem Rektorat ist für die nächsten elf Monate keine Stellungnahme zu dieser Einlassung zu bekommen.
  4. Nach einem Jahr muss das Rektorat ein Machtwort sprechen, da die zwei Millionen Euro nicht mehr in der Kasse sind und daher ein Konkurs der Uni drohte, wenn das Ministerium einen Bruch der Zielvereinbarung feststellen müsste. JedeR muss einsehen, dass das Rektorat, so sehr es die Bedenken des Fakultätsrats teilt, jetzt keine Wahl mehr hat: Die Sachzwänge erfordern die Schließung des Faches.
  5. Dieser Argumentation kann sich natürlich auch der Fakultätsrat nicht entziehen. Hasta la vista, Pyromantie.
  6. Durch die Schließung der Pyromantie wird klarerweise auch der Studiengang Exorcism Studies an der Universität nicht mehr haltbar. Findet jedenfalls irgendwer im Ministerium. Repeat, adjust instructions as necessary.

Ja -- die viel beschworene Stärkung von Autonomie und Profil der Hochschulen wird noch viele Opfer kosten. Doch die meisten davon werden Studis sein, denn wunderlicherweise können die Profile der Hochschulen meistens gerade durch Wegfall eben der Lehrstühle am Besten geschärft werden, deren InhaberInnen eh bald emeritiert werden. Und das verhindert ja mal zuverlässig wirkliche soziale Härten.

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Dieser Artikel wurde zitiert am: 03.01.2004

Wusstet Ihr schon... (22.10.2003)

...dass das Argument,. die Unis müssten allerlei Unfug treiben, weil das Geld immer knapper wird, unzutreffend ist und lediglich eine politische Agenda zu tarnen versucht? Dies jedenfalls geht aus dem Statement "In the Czech Republic, Germany [...] and Sweden, public expenditure on education increased between 1995 and 2000 despite public budget falling in real terms" hervor, der sich in der jüngsten "Education at a glance"-Studie der OECD findet. Wie üblich schwankt der Rest der Studie zwischen nicht allzu durchdachter Ideologie und interessanter Zahlensammlung (und leider sind die Tabellen wie üblich in einem unbrauchbaren Format gespeichert). Wer nie vergisst, dass diese Zahlen größtenteils Schätzungen, Propaganda oder auch reine Fantasie sind, wird von der Lektüre durchaus profitieren können.

...dass Jahr für Jahr Waren im Wert von 100 Milliarden Dollar auf dem Meeresgrund oder im Weltraum landen? Dies jedenfalls muss mensch schließen, wenn mensch die WTO-Zahlen zum Welthandel untersucht und feststellt, dass die Summe der Exporte um eben 100 Milliarden Dollar über der der Importe liegt. Dies nur als warnende Anmerkung zum letzten Absatz.

...dass die Rechtsschutzstelle der GEW eine Klage gegen Frankenbergs 40 Euro für nicht erfolgversprechend hält und die GEW deshalb von einer Klage vorm Verfassungsgericht absehen wird? Um so wichtiger wäre ein erneuter Versuch, die Gebühren auf dem politischen Weg zu Fall zu bringen -- ob nun mit einem Treuhandkonto wie im Sommersemester oder mit einem Streik wie vor anderthalb Jahren in NRW.

...dass es nicht allzuviel Neues gibt unter der Sonne? Die Idee mit den Buchautomaten, die wir neulich als innovatives Businessmodell verkaufen wollten, hatte schon 1912 der Reclam-Verlag, der bis 1917 2000 von den Dingern aufstellte. Für 20 Pfennig waren damals die Alpträume von Klassenlektüre aus den Blechkästen zu ziehen. Wir danken einem Leser für den Hinweis auf die Geschichte des Reclam-Verlags.

...dass auch der "Heilige Stuhl" (ja, es ist tatsächlich nicht von Vatikan die Rede, sondern von "Holy See") dem Bologna-Abkommen beigetreten ist? Die Redaktion hätte auch gleich einen ersten Vorschlag: Seligsprechung in einem 6-semestrigen BA-Studiengang, Heiligsprechung dann in einem darauf aufbauenden MA-Studiengang von 4 Semestern. [Image: Das Ministerium informiert mal wieder, diesmal Menschen eingeschränkter Aufnahmefähigkeit]

...dass Modul 2 immer auf Modul 1 folgt? Diese Weisheit hat das Kultusministerium den Lehramtsstudierenden des Landes an die Hand gegeben, um ihnen bei der Ableistung des konfusen und schon vor seiner Einführung häufig reformierten Schulpraxissemesters zu helfen. Eingebettet ist das in ein kleines Faltblatt, das

  • im
  • Aufzählungsstil
  • versucht,
alles sehr einfach und klar darzulegen. Die Redaktion sagt schon voraus, dass das Pamphlet den Hitch Hiker´s Guide to the Galaxy in den weniger entspannten Teilen der Milchstraße an LeserInnenschaft überholen wird, denn was ist ein schödes Don´t Panic schon gegen Das Praxissemester
  • gibt Orientierung...

...was der Zuchtstall ist? Der Zuchtstall, INF 134, wurde gestern als "Max-Kade-Haus" von Studiwerks-Geschäftsführer Gutenkunst, Rektor Hommelhoff, dem Chef der Max-Kade-Stiftung Hans Hachmann und einem beliebigen MWK-Subalternen eingeweiht und ist ein Studi-Wohnheim für Masterstudis, DoktorandInnen und halt überhaupt das, was solche Brüder wie die Einweihenden so für ihre Elite halten. Drei Millionen Euro (davon rund eine halbe Million, also gerade mal gut 15%, aus Mitteln der Kade-Stiftung; Namen werden heute billig verkauft) haben 76 Wohnheimplätze gekauft, ein Seminarraum inklusive. Einen Partyraum hat die Elite nicht bekommen, es ist ja auch mehr Anzucht als Nachzucht.

Walter I. Schönlein

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Das Europäische Exzellenzprogramm EEP

Mal was für die Seele (22.10.2003)

Im Mai 2003 hat der Vorstand des DAAD die Grundlinien für ein neues Förderungssystem [...] beschlossen, [das] in einem neuen "Europäischen Exzellenzprogramm" (EEP) Leistungsstipendien für die besten Studierenden [...] zur Verfügung stellt [...]

Das IEP ist das renommierteste politikwissenschaftliche Institut Frankreichs, an dem nicht nur ein großer Teil der französischen Führungselite ausgebildet wird [...]

Paris I gilt im Bereich VWL als die beste Forschungsuniversität in Frankreich. Im jüngsten großen Uniranking des Nouvel Observateur wurde dies jetzt wieder bestätigt. Paris IX ist eine der besten französischen Hochschulen im Wirtschaftsbereich, die unter den Personalchefs von Firmen bei der Bewertung von Studienabschlüssen in der gleichen Rubrik wie die drei besten privaten Wirtschaftshochschulen geführt wird.

[...] Das Programm fördert nicht nur deutsche Exzellenz, sondern auch französische, da durch die Anwesenheit der deutschen Studenten den französischen Kommilitonen ein enger Kontakt ermöglicht wird.

[...] Paris IV ist eine der führenden französischen Universitäten im Bereich Naturwissenschaft/Technik und wurde jüngst von der Zeitschrift "Sciences Watch" im Bereich Mathematik zur besten Universität weltweit erklärt.

[...] Ein besonders begehrtes Studienziel für die Ausbildung von Studierenden [sic!] ist dabei die Technische Universität Delft, die weltweit zu den führenden Technischen Universitäten gehört.

[...]Die älteste Universität des Landes hat schon traditionell einen großen Teil seiner Führerelite ausgebildet.

[...] University College London hält ein Ranking von 5* (höchste Note) im offiziellen Research Assessment der britischen Regierung im entsprechenden Fachbereich.

[...] In Oxford studiert die britische und Internationale Elite Recht. Im Guardian-Ranking hält Oxford im Fach Rechtswissenschaft den ersten Platz.

[...] Die gerade in Mathematik herausragende Universität (Platz 1 in Mathematik im Guardian-Ranking), [sic] bietet im dritten Studienjahr einen speziellen Mathematikkurs an, der weltweit berühmt ist [...]

Im Maschinenbau hält sie eine absolute Spitzenstellung (Nr. 1 in der Rankingtabelle der "Times").

[...] Legt man die für eine Studienzulassung notwendigen Durchschnittsnoten, aber auch die Forschungsleistungen zugrunde, ist Trinity College die mit weitem Abstand führende irische Hochschule [...]

Madrid [ist] ein herausragender Zielort.

[...] Das ehemalige DAAD-Programm "Junge Juristen nach Genf und Lausanne" hatte z.T. [sic!] Charakteristika eines überzeugenden Eliteprogramms; [...]

Dies war die "Ausschreibung des neuen 'Europäischen Exzellenzprogramms EEP' des DAAD für deutsche Studierende". Wers nicht glaubt, kann sich das Dokument beim Referat 314 des DAAD bestellen.

Nein, halt, ein Absatz ist uns reingerutscht, den der DAAD nicht schon wieder schreiben würde. Tut uns leid.

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Hausdurchsuchungen in Heidelberg im Vorfeld des Castor-Transports

Die Muffe saust, der Castor rollt (30.10.2003)

In der Nacht vom 22. auf den 23. Oktober rollte ein Castor-Transport mit hochradioaktivem Atommüll von Phillippsburg zur Plutomiumschleuder und Atomwaffenschmiede La Hague in der Bretagne, begleitet von Protesten vor dem Herkunftsmeiler. Die Proteste gipfelten in drei Aufforderungen, den Reaktor stillzulegen.

In der gleichen Nacht, rund zwei Stunden vor den Protesten, wurde bei Graben-Neudorf ein ICE durch eine auf den Schienen liegende Werbetafel für ein Esslinger Softwareunternehmen leicht beschädigt. Staatsanwaltschaft und Polizei vermuten nun einen Zusammenhang zwischen den beiden Ereignissen -- was natürlich kompletter Unfug ist. Selbst wenn es nicht Prinzip des Widerstands gegen die Nukleartechnologie wäre, die Gefährdung von Menschen auszuschließen, müssten die AktivistInnen verrückt sein, wenn sie eine so klare Spur liefern würden.

Zumal im Vorfeld eines erneuten Castortransports nach Gorleben, der vermutlich am 10.11. die Region durchqueren wird, scheinen so elementare Überlegungen nicht mehr die Sache der Behörden zu sein. Und so haben heute gegen halb neun 40 Kripo-BeamtInnen simultan 7 Wohnungen in Heidelberg, Wiesloch und Karlsruhe durchsucht. Beschlagnahmt wurden dabei vor allem Computer, im Zweifel auch von MitbewohnerInnen, Mobiltelefone und dergleichen, aber auch Wanderschuhe, Fahrradschlösser und Schlüssel aller Art -- dies im Hinblick darauf, dass das nur für Transporte bestimmte Stichgleis zum Kernkraftwerk in Phillippsburg in der fraglichen Nacht mit Bügelschlössern gesichert worden war -- und ein ganzer Haufen eher bizarrer Gegenstände, etwa ein Hochzeitsvideo, Sanitätsgegenstände behinderter Mitbewohner oder ein Notizzettel, auf dem lediglich das eine Wort "Polizeigewalt" zu finden war. Einige der Betroffenen wurden anschließend zur Erkennungsdienstlichen Behandlung (Verbrecherfotos und Fingerabdrücke) mit auf die Dienststellen genommen, denn die einschlägigen Datenbanken müssen ja gefüttert werden.

Insgesamt macht die Aktion nicht nur angesichts der dürftigen Datenlage einen maßlos übertriebenen Eindruck, ganz, als sei man staatlicherseits in großer Sorge wegen des kommenden Transports. Davon zeugt auch die Androhung der Einleitung eines Verfahrens nach §129 StGB ("Bildung einer kriminellen Organisation"). Immerhin scheint die Staatsanwaltschaft gemerkt zu haben, dass die gewohnten §129a-Verfahren ("Bildung und Unterstützung einer terroristischen Organisation", auch solche gabs schon gegen Heidelberger Castor-GegnerInnen, und natürlich wurden alle eingestellt) spätestens nach der jüngsten Novellierung des Paragraphen nicht mehr so gut ankommen.

Ob dieser Einschüchterungsversuch Erfolg haben wird, wird sich vielleicht zum Transporttermin zeigen. Wenn ihr helfen wollt, einen solchen "Erfolg" zu verhindern, kommt am 3.11. (also am nächsten Montag) um 20 Uhr in den Gumbelraum im Karlstorbahnhof. Dort nämlich sollen die Aktionen zum Gorleben-Transport in der folgenden Woche besprochen werden. Immerhin, so heißt es in einer Presseerklärung des Aktionsbündnisses Castor-Widerstand Neckarwestheim: "Kriminell ist der Betrieb von Atomanlagen -- nicht der berechtigte Protest dagegen." Und das nicht nur, weil dieser Betrieb ganz offenbar einen erheblichen Repressionsapparat beschäftigen kann.

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Erzeugt am 30.10.2003

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