Ein Rückblick auf das Jahr 2003 im Lichte des UNiMUT
Das vergangene Jahr stand, wie die vor ihm, im Zeichen einer Maxime: "Leistung soll sich wieder lohnen". Richtig bedacht erklärt das Kohl-Motto von dunnemals eigentlich fast alles, was so unter dem Label "Reform" daherkam. Denn: Wenn sich Leistung lohnen soll, muss mensch mit Geld leichter mehr Geld machen können, was sich in der Sprache von etwas aufgeklärteren ÖkonomInnen als "beschleunigte Kapitalakkumulation" liest.
Das bedeutet aber insbesondere, Güter, die bislang nicht gehandelt wurden, marktgängig zu machen, und es bedeutet, Bindungen von Kapital abzubauen. Die Marktgängigkeit stellt mensch her durch Privatisierung und Überführung solidarisch finanzierter oder überhaupt unbezahlter Leistungen in privat finanzierte; so erklärt sich dann der Fetisch des Niedriglohnsektors, der erst Kinderbetreuung, Haushaltsführung und ähnliches zu lukrativen Märkten macht. Eine Erosion der Sozialgesetzgebung sorgt dafür, dass sich auf diesem Markt auch jede Menge Menschen, als Anbieter wie als KundInnen, tummeln müssen. Die Kapitalbindung reduziert mensch durch Abbau von Schutzmaßnahmen aller Art, sei es arbeits- oder handelsrechtlicher Natur.
Das Verblüffende ist, dass, selbst wenn diese Argumentation so deutlich meist nicht ausgeführt wird, sich die ProtagonistInnen dieser Politik auch nicht wirklich viel Mühe gaben, ihre Interessen zu verschleiern, und trotzdem höchstens mal 100000 Menschen dagegen demonstrierten, dass ihre Interessen in der Stampede von "Reformen" untergingen. An den schönen Namen dieser Programme kann es nicht gelegen haben: "Agenda 2010", "Gesundheitsreform", "Hartz I" bis "Hartz IV" oder auch "Bologna-Prozess" klingen so aufregend dann auch wieder nicht.
Und so beginnen wir unseren Jahresrückblick auch mit solch tiefschürfenden Gedanken, denn der wirkliche Grund für die Leichtigkeit, mit der der Generalangriff auf Errungenschaften von Gewerkschaften, Frauenbewegung und anderen fortschrittlichen Initiativen geführt werden kann, basiert wohl darauf, dass die Opfer fest an die Naturgesetzlichkeit ihres Verzichts glauben -- und der Glaube, der Sachzwang und nicht eine politische Agenda stehe hinter dem Generalangriff, lämt jede Gegenwehr. Genau dieser Glaube könnte jedoch, wie hoffentlich klar wurde, falscher nicht sein. Der Angriff kommt nicht, weil demographische oder sonst irgendwelche Zwänge die Angreifer trieben, er kommt, weil sie ein Ziel haben: Leistung soll sich wieder lohnen a.k.a. beschleunigte Kapitalakkumulation. Und diesen Gedanken sollte mensch im Kopf behalten, wenn mensch den Blick zurück schweifen lässt.
Von all den vielen Angriffen des vergangenen Jahres hat im UNiMUT die Auseinandersetzung um die Verwaltungsgebühren den größten Raum eingenommen -- was mensch bedauern mag, da es ein klarer Nebenkriegsschauplatz ist, aber wer weiß schon, was später mal die Geschichte beeinflusst. Hier ging es darum, Bildung marktgängig zu machen. Wer das erreichen will, muss zuallererst die KonsumentInnen (früher: Studierende) daran gewöhnen, ihre Bildung als Ware zu sehen und mithin dafür zu bezahlen. Der Vorgänger des derzeitigen Kunstministers Frankenberg, Klaus Trotha, hatte dafür schon vorgebaut, als er 1997 seine seitdem häufig nachgeahmten Rückmeldegebühren erfand. Leider hatte Trotha bei der Ausarbeitung des Gesetzes gepfuscht, und so verkündete am 17.3. das Bundesverfassungsgericht, die Rückmeldegebühren seien verfassungswidrig, weil die Kosten des Verwaltungsakts, für den sie erhoben wurden, in keinem Verhältnis stehen zu den Gebühren selbst.
Dieses Urteil beschäftigte uns später in doppelter Hinsicht. Zum einen konnten nun Studis, die 1997 und 1998 Rückmelde- oder Einschreibegebühren bezahlt hatten, diese zurückfordern. Wir hatten, schadenfroh, wie wir nun mal waren, dazu extra einen Formulargenerator gebaut, den wir allerdings im Nachhinein noch erweitern mussten, weil das berüchtigte Dezernat 2 der ZUV -- zuständig für die Abwicklung der Rückforderungen -- im Zusammenhang mit dem Treuhandkonto gegen die Trotha-Gebühren 1997 reichlich Mist gebaut und so allen Beteiligten (das Dezernat 2 eingeschlossen) jede Menge unnötige Arbeit gemacht hatte.
Der zweite große Strang von Folgeereignissen folgte aus dem Umstand, dass die BundesrichterInnen sozialistischen Ideen nachhingen und auch die Schwächeren mal mitkommen lassen wollten. Sie hatten nämlich in ihrem Urteil dem MWK schon ausbuchstabiert, wie ein zulässiges Gebührengesetz aussehen könnte. Und so kam Frankenbergs Ankündigung, ab Wintersemester 75 Euro "Verwaltungsgebühr" kassieren zu wollen, nicht furchtbar überraschend, auch wenn der Plan, das Gesetz schon bis zur Mitte des Sommersemesters fertig zu haben -- was Voraussetzung zur Einführung zum Wintersemester war -- sehr ambitioniert erschien.
Doch in der Tat: im Sauseschritt ließ die Regierung das Parlament ihr Gesetz abnicken und war dennoch vorsichtig genug, nur 40 Euro zu verlangen, um eine weitere peinliche Schlappe vor Gericht zu vermeiden. Rückblickend wohl am bemerkenswertesten an dieser Debatte ist Frankenbergs Einlassung, seine Gebühren seien zur Abwendung einer Kürzung von 16 Millionen Euro im Uni-Etat dringend nötig. Dass dies dummes Zeug war, war natürlich schon damals klar, dass die Regierung allerdings über so wenig politisches Gespür verfügt, dass sie im November dann eben doch ziemlich genau 16 Millionen Euro bei den Unis kürzte (über das hinaus, was der Solidarpakt ihnen sowieso schon nahm), das ist dann doch wenigstens demokratietheoretisch bedenklich.
Die Eile in der Gesetzgebung erschwerte den Widerstand, denn als sich Anfang Juni abzeichnete, dass ein paar Studis mit einem Treuhandkonto gegen die Gebühren vorgehen wollten, hatten die meisten ihrer Mitstudis -- die leider weder dem UNiMUT noch sonst irgendwie ernstzunehmenden Publikationen folgen -- noch nichts von den kommenden Kosten gehört. Entsprechend mühsam war dann auch die Mobilisierung zur Vollversammlung und später zur Einzahlung aufs Konto, obwohl oder eher gerade weil die Überweisungsträger der GebührengegnerInnen lange vor denen der Uni unter die Studis gebracht wurden und die Uni noch eine ganze Weile lediglich laut im Wald pfiff. Dass sogar das Studiwerk die Aufklärung verbot, half sicher auch nicht. Der Todesstoss für das Treuhandkonto kam endlich, als die Uni, nach langen Zeiten des Lavierens dann doch beim panischen Rumrudern angekommen, die Rückmeldefrist verlängern musste, die Frist fürs Quorum beim Treuhandkonto aber nicht geändert werden konnte. Am 16.7. wars vorbei, gerade mal 713 Studis hatten auf das Treuhandkonto eingezahlt, 4000 hätten es sein müssen, damit überhaupt etwas hätte passieren können -- zweifellos eine Katastrophe im Hinblick auf das, was noch so kommen wird in dieser Richtung.
Das Interesse, was es denn wohl sei, was da am Horizont aufzieht, hielt sich allerdings schon im Januar in Grenzen, als zu zwei Infoveranstaltungen zu den (damals) aktuellen Gebührenplänen -- "nachlaufende" Studiengebühren von bis zu ein paar tausend Euro pro Jahr -- jeweils nur eine Handvoll Studis kam. Wir sprachen vom Tiefschlaf vor dem bösen Erwachen, doch das böse Erwachen hat noch nicht stattgefunden, wenigstens nicht in Heidelberg, und das, obwohl im März endlich auch die Grünen Klartext redeten und damit nun alle regierungsfähigen Parteien der großen Koalition der Gebührenhetzer beigetreten sind, und obwohl das Frankenberg-Ministerium mit seiner Klage gegen die schwachen Einschränkungen für Gebühren aus der sechsten HRG-Novelle es an Deutlichkeit auch nicht mangeln ließ. Das Sommerloch half nicht, die Kreativität beim Ersinnen aller denkbaren Sorten von Gebühren zu dämpfen, Gebühren für die neuen lokalen Auswahlverfahren -- über die unten noch etwas zu sagen sein wird -- eingeschlossen.
Erst im Herbst rührten sich Studierende vor allem in Hessen und Berlin und begannen schon früh im Wintersemester, Unmut zu zeigen, nachdem in Berlin trotz Gebühren fleißig Bildungsabbau betrieben wurde und in Hessen das Koch-Regime mit ungeahnter Kreativität auch an den Hochschulen ihre Politik des harten Durchgreifens proben wollte.
Auch als sich die Proteste ausweiteten, blieb es in Heidelberg ruhig, erst Mitte Dezember wehte in Heidelberg nach zwei Infoveranstaltungen und der großen Frankfurter Demo ein laues Protestlüftchen. Zu lau eigentlich angesichts dessen, was wir zu dieser Zeit als fantastische Kosten abschätzten, denn 30000 Euro pro Jahr für ein Studium an einer tollen Uni sind quasi schon ausgemacht unter denen, die "nicht mit Widerstand rechnen".
Studiengebühren, das sollte nach der Einleitung klar sein, sind im Rahmen einer Agenda der Marktformung tertiärer Bildung zu sehen, und damit in dem Bereich der Rubel richtig rollen kann, braucht es Unis mit richtigem Gewinnstreben -- private Unis eben. Die bisherigen Versuche des Landes waren nicht eben von Erfolg gekrönt: Das Stuttgarter SIMT musste Mitte des Jahres de facto rückverstaatlicht werden, um eine Insolvenz abzuwenden, die "International University" in Bruchsal schaffte es, gerade nochmal so dran vorbeizuschrammen, hat sich nun aber zu einer Art Soziallabor im SAP-Umfeld umdefiniert.
Gleichzeitig ging auch der Versuch der Unis Mannheim und Heidelberg, sich an dem bereits privat organisierten (und entsprechend teuren und lukrativen) Weiterbildungsmarkt gesundzustoßen, die "Akademie für Weiterbildung", stilvoll baden (später wurde hier ein Insolvenzverfahren eingeleitet). Übrigens hat die Uni Heidelberg ihre Träume von im Weiterbildungsmarkt zu erzielenden Profiten noch nicht aufgegeben, zur Zeit läuft gerade eine Ausschreibung für eine Art public private partnership; etwas mehr dazu demnächst in unserer Kolumne "Wusstet Ihr schon...". Ähnlich lässt sich die Pop-Akademie Mannheim als jüngste Kopfgeburt des privatisierungswütigen Ministeriums schon als Millionengrab an -- und war, nebenbei, gerade in den letzten Tagen im Fokus von Leuten, die in Mannheim ein Haus besetzten, um gegen die "Aufwertung" des (und damit für bezahlbaren Wohnraum und ein soziales Zentrum im) Jungbusch zu kämpfen.
Aber wenn der Berg nicht zum Propheten kommt, müssen eben die öffentlich-rechtlichen Unis privatisiert werden, und wenn sie daran kaputtgehen. Ansätze dazu gibt es genug, etwa die Stiftungshochschulen in Niedersachsen -- die neue Kanzlerin wurde, wie mensch hört, unter anderem deshalb zum Ziel des vom Rektor für etliche 10000 Euro beauftragten Kanzler-Headhunters, weil sie von ihrer bisherigen Uni schon Erfahrungen mit solchen Modellen mitbringt. Aber, erhebet die Herzen: Vielleicht reicht es ja, so zu tun, als sei eine Uni eine Firma? Vielleicht sind wir ja schon privat, wenn wir nur oft genug reorganisieren, R/3 so lange umstricken, bis es etwas Nützliches für die Uni tut, täglich Handelsblatt lesen und ansonsten das dumme Zeug daherreden, das die Führer "draußen" in der "freien" Wirtschaft so vorbeten? In Heidelberg hat dieser Glaube einen Namen: IMPULSE-Projekt. Dieser Plan zur Simulation einer Privatuni wird wohl mittlerweile von allen Beteiligten als unqualifizierter Flop eingestuft. Nur vom Rektor nicht, und darauf kommt es ja an.
Und so konnten wir denn von den ersten Begehungen im Rahmen des "neuen Budgetierungsmodells" (a.k.a. "leistungsbezogene Mittelzuweisung") der Uni berichten und feststellen, dass das Rektorat sich aufführte wie eine Horde von Pointy Haired Bosses (vgl. Dilbert). Angesichts der Planungen im Rahmen des neuen Hochschulgesetzes (LHG), noch mehr Macht im Rektorat zu konzentrieren, lässt das Böses erwarten. Andererseits sah das Rektorat auch mit dem derzeitigen Unigesetz im November keine Probleme, der Stadt die Finanzierung der Umweltverträglichkeitsprüfung für das aussichtslose Quatschprojekt einer fünften Neckarquerung anzubieten, entgegen des erklärten Willens etwa des Uni-Betriebsrats.
So gesehen könnten die Zielvereinbarungen, die im MWK als eine von vielen Methoden zur Gängelung der Unis geprobt wurden, schon fast als Segen erscheinen, denn immerhin sollte ja das Ministerium noch eine gewisse demokratische Legitimation haben. Aber natürlich oktroyierte auch das Ministerium nur bizarre Mumpitz-Projekte. Da offensichtlich alle noch über Entscheidungskompetenzen verfügenden Parteien zu besoffen von ihrer Privatisierungsagenda sind, um dann und wann auch mal was Sinnvolles zu tun, ist es immerhin schön, wenn sie sich gegenseitig auf den Füßen herumstehen. Ein schönes Beispiel war, dass das Ministerium parallel zu IMPULSE an seinen mit ähnlicher Zielsetzung angetretenen neuen Steuerungsinstrumenten herumpröbelte und so einen Haufen Geld durchbrachte. Wofür, wissen wir aber nicht genau, denn ausgerechnet die Apologeten gnadenlosen Wettbewerbs brauchten ein halbes Jahr, um eine völlig vermurkste Propagandaseite von "bedauernswert" auf "schlecht" aufzuwerten.
Und schließlich darf beim Thema Umgestaltung der Unis auch die "Ausgründung" semiprivater und jedenfalls tendenziell gewinnorientierter Tochterunis bevorzugt im Trikont ("Dritte Welt") nicht fehlen. Im März berichteten wir über das Heidelberg Center der Uni Heidelberg in Santiago de Chile, in dem die Eliten des Ex-Pinochet-Landes für 6000 Euro schicke Abschlüsse kaufen können, im Oktober dann, angesichts des ja immer noch aktuellen Kopftuch-Themas extra pikant, über die German University in Cairo, deren Erlöse mal an die Unis Ulm und Stuttgart gehen sollen.
Bei alldem kommt natürlich irgendwann die Frage, ob sich überhaupt noch irgendwer Gedanken macht, was eine Uni eigentlich sei, wofür sie betrieben und was darin gelehrt werde. Inhaltliche Fragen, das ist wahr, waren bei der Hochschul"reform" Marke 2003 weitgehend ausgespart. Aber immerhin, die Debatte um die Einführung gestufter Studiengänge verspricht profunde inhaltliche Konsequenzen. Der aktuelle LHG-Entwurf nimmt dies schon vorweg durch die Vorschrift, ein Studium habe der Berufsausbildung zu dienen, was wissenschaftlichen Anspruch natürlich verzichtbar, gar hinderlich macht.
Unter anderem deshalb war die Empörung, die ein reichlich dummer Spiegel-Artikel im Januar auslöste, im besten Fall verlogen: Natürlich qualifzieren Bachelors nicht für ein Master-Studium, weder im UK noch sonstwo. Richtig explizit machte das drei Monate später die Kultusministerkonferenz in einem neuen Eckwertepapier: Die "Mehrzahl" der Studis soll mit einem Bachelor die Uni verlassen, also ist die Mehrzahl eben auch nicht für den Erwerb eines Master-Studiengangs qualifiziert.
Die Heidelberger Prorektorin für Lehre fühlte sich weitere sechs Monate später zwar bemüßigt, die KMK-Aussagen wieder zu relativieren, aber ob mensch auf solche Rückzieher vertrauen soll, darf angesichts des Säbelrasselns auf europäischer Ebene mit Fug und Recht bezweifelt werden. "Bildungsschaum" nannten wir im September das, was unter dem Label "Bologna-Prozess" in diesem Jahr breitere Aufmerksamkeit -- selbst beim Vatikan -- bekommen hat (UNiMUT-LeserInnen waren wie immer früher informiert), doch Schaum daran ist wohl nur die Rhetorik -- die erklärten Ziele jedoch, die "Konkurrenzfähigkeit" europäischer Bildungsangebote und als deren zwingende Voraussetzung Marktgängigkeit von Bildung, werden die Studihäute nicht weich und mild umspielen.
Der Master soll also "Exzellenzstudiengang" (Hommelhoff) werden und nur den angepasstesten Studis offen stehen. doch schon stinknormale, "berufsqualifizierende" Studiengänge sollen in Zukunft nur Menschen offen stehen, die ihre "Exzellenz" eifrig unter Beweis stellen. Das Stichwort heißt hier lokale Auswahl, und MWK-Chef Frankenberg hat 2003 als "Jahr der Auswahl" deklariert. Richtig viel wurde daraus nicht, aber immerhin haben die Wissenschaftsminister die längst überfällige Demontage der ZVS in die Wege geleitet -- nur eben mit einem komplett falschen Ziel, das große Mengen überflüssiger Arbeit für alle Beteiligten verspricht. Sofern die Gesamtzahl der Studienplätze nicht sinkt, wird die ganze lokale Auswahl nur bedeuten, dass die Verteilung der Studienplätze zu einem anstrengenden und teueren Spiel wird, ohne dass sich sonst viel ändert. Doch: auch Wissenschaftsminister sind wohl nicht grundsätzlich so dumm, dass sie dies nicht wüssten, und so dürfen wir vorhersagen, dass ein massiver Studienplatzabbau mit der flächendeckenden Auswahl einher gehen wird.
Vielleicht tröstet es den einen oder die andere, dass immerhin noch Profs aller Fakultäten viel Spaß beim Entwickeln toller Studiengänge haben -- und sich dabei oft genug verhaken, weil Vernunft oder Bürokratie manchmal (im ersten Fall) oder immer (im zweiten Fall) doch noch ein Wörtchen mitzureden haben. Womit sie in keiner besseren Situation sind als Lehramtsstudierende, die sich über gewiss nicht gut gemeinte Zentren für Lehrerbildung wundern konnten -- von denen wir bis heute übrigens nicht mehr viel gehört haben -- und sich dann fragen durften, ob ihre Ausbildung in Zukunft auch verbachelort wird (zur Beruhigung: Im Oktober wurden solche Pläne wenigstens für Heidelberg dementiert, was aber wohl mitnichten zur Klärung des Sachverhalts beiträgt). Auf die Grund- und Aufbaumodule "Dummschwätzen für LehrerInnen", die im Hinblick auf die ISO 9001-Zertifizierung einer Schule im Ländle dringend geboten erscheinen, werden sie ohnehin, ob nun in gestuften oder ungestuften Studiengängen, noch länger warten dürfen.
Mensch ahnt es: Die Zeiten werden hart gemacht. Die urdeutsche Reaktion darauf ist traditionell der Weg nach rechts. Und so überrascht es nicht, dass die Studentenverbindungen im letzten Jahr immer dreister in die Uni ausgegriffen haben. Ausgerechnet um den 70. Jahrestag der unter reger Beteiligung der Verbindungen durchgeführten großen Bücherverbrennungen 1933 herum fand in der Neuen Uni eine große, gemeinsame Werbeveranstaltung vieler Heidelberger Verbindungen statt, denen offenbar die Teilnahme der unverhohlen rechtsextremen Normannia keineswegs peinlich war. Der offene Brief antifaschistischer Gruppen, der vom Rektorat Auskunft verlangte, ob die Verbindungen mittlerweile auch an der Uni wieder in Uniformen auftreten dürfen, blieb übrigens offiziell unbeantwortet. Nach dem Ende des von den Alliierten (nicht ohne Grund...) verfügten Verbots der Studentenverbindungen blieb nämlich das Tragen von Abzeichen oder Uniformen dieser Organisationen in Räumen der Universität verboten, und dieses Verbot besteht, so die Uni in einer telefonischen Antwort an die Autoren des Briefes, weiter, wird aber nicht mehr durchgesetzt. Zu einer offiziellen, schriftlichen Antwort fand sich das Rektorat expressis verbis nicht bereit. Ob man dort keine schlafenden Hunde wecken möchte?
Die Verbindungen scheinen derweil eigene Pläne zu haben -- ihre Präsenz in Mensa und Hörsaal nahm in diesem Jahr weiter zu, gekrönt von den Versuchen der schon erwähnten Normannia, im Wintersemester die Lufthoheit in der Triplex-Mensa zu übernehmen. Mit einer regelrechten Werbeoffensive buhlten die rechten Burschen um Interesse für ihre wüsten Theorien zu Kriegsschuld und Weltjudentum.
Da bleibt wohl nur die Hoffnung, dass die US-Armee trotz aller Friedensdemos -- bei denen es auch schon mal deutlich Anti-US-Töne gab -- uns nicht mit diesen Deutschen allein lässt.
Von Rankings und Imagekampagnen, von Businessplänen und Inkubatoren, von den Uniwahlen, die zum ersten Mal seit 1991 keine absolute Mehrheit für die FSK ergeben haben oder der Inflation alberner Wettbewerbe, von zu guten Noten oder gar dem Umstand, dass Rektor Hommelhoff jetzt noch die Bahn weiter vermurksen darf -- von all dem und mehr haben wir im letzten Jahr erzählt. Und von der Kranioflagration, die euch drohte, würden wir diese journalistischen Filetstücke hier auch noch einkonzentrieren. Wenn ihr nicht wisst, was Kranioflagration ist, habt ihr keine Bildungslücke, sondern nur zu wenig UNiMUT gelesen und solltet jetzt mal suchen.
Und so bleibt nur noch die Hoffnung, dass alles besser wird im nächsten Jahr. Möglich wäre das, denn politischer Wille kann geändert werden. Vielleicht mit Mühe, aber es geht.
Dieser Artikel wurde zitiert am: 21.01.2004
Studiproteste scheinen Weihnachten zu überleben
Heute haben VVs an TU und FU Berlin beschlossen, Streik und Proteste fortzusetzen, nachdem zuvor die HU ihren Streik, na ja, de facto abgebrochen hatte -- die HU möchte nun "rotierende Protesttage" machen, was, wie die Erfahrung lehrt, nicht funktionieren wird. Offenbar beabsichtigen die West-Unis, bis zur (wahrscheinlichen) Verabschiedung des Berliner Haushaltes mit seinem sozialen Kahlschlag am 29.1. weiterzustreiken.
Derweil schlugen die besetzungserprobten Studis auch anderswo wieder zu, nämlich in der SPD-Parteizentrale, die sich etwas dreist "Willy-Brandt-Haus" nennt. Es mag zunächst vielleicht bizarr anmuten, dass sich die erste Forderung in der Presseerklärung der BesetzerInnen um ÖPNV und Zugang dreht -- allerdings wohl nur aus der Perspektive von Leuten, die noch beide Beine leicht bewegen können. Vor allem fällt angenehm auf, dass die BesetzerInnen keinen Versuch machen, sich als Retter des Vaterlands und seines Bruttosozialprodukts zu verkaufen ("Wir sind der einzige Rohstoff Deutschlands" oder ähnlicher Unfug).
Die Polizei vereitelte ab gegen 19 Uhr weitere Versuche, mit der SPD über Einschränkungen des Versammlungsrechts, das Berliner Sozialticket, die Abschaffung des dreigliedrigen Schulsystems und der bestehenden Studiengebühren, Projektgruppen mit Rederecht in Fraktionssitzungen und etliche weitere Punkte zu diskutieren.
Oh, und: Ein Affe ist kopfüber in den Kragen des Kanzlers gefallen, woraufhin irgendwas über "Elitehochschulen" zu hören war. MWK-Chef Frankenberg und Uni-Chef Hommelhoff fanden das enorm aufregend.
Dies war ein Versuch in Gegenöffentlichkeit. Wer heute den üblichen Medien gefolgt ist, dürfte mit den ja nun wirklich nicht aufregenden Ereignissen aus dem letzten Absatz bis zum Abwinken zugetextet worden sein, während der Rest mit Glück als "ein paar arme Irre hielten ein paar Transpis aus der Parteizentrale, während das Fernsehen wichtige Worte Schröders an Stoiber übermittelte" rüberkam, wenn es denn überhaupt erschien. Sieht extrem komisch aus, wenns mal umgekehrt ist, gell? Liebe RNZlerInnen, ihr dürft uns dazu einen Leserbrief schreiben. Wir wissen, dass ihr das lest.
Dieser Artikel wurde zitiert am: 21.01.2004
Hommelhoff und Treitschke, mehr Subventionen von der Uni und pragmatische Lösungen
...dass das Studi-Radio RadioAktiv die Probleme des UNiMUT teilt? Auch wenn es vermutlich ein besseres Karrieresprungbrett ist als der UNiMUT, leidet der Sender unter Mangel an MitarbeiterInnen. Wenn ihr das ändern wollt, guckt auf der oben verlinkten Seite nach. Bei der Gelegenheit möchten wir die 105.4 MHz, auf der RadioAktiv in Heidelberg sendet, auch noch deshalb anpreisen, weil der bermuda.funk ebenfalls auf dieser Frequenz zu hören ist. Letzerer bekommt zwar in unserer Terminspalte meist keine Aufmerksamkeit (dafür sind wir dann doch zu bildungsbürgerlich), bietet aber allemal Infos, die auch im UNiMUT stehen könnten und Musik, die ihr woanders nicht hört.
...wer Heinrich von Treitschke war? Wenn nicht, wäre es nicht so schlimm, gäbe es nicht eine kleine Seitenstraße der Rohrbacher Straße in die Weststadt hinein. Diese Straße heißt nämlich Treitschkestraße und ehrt mithin einen der großen Antisemiten des ausgehenden 19. Jahrhunderts (vgl. die Besprechung einer Quellenedition zum "Berliner Antisemitismusstreit"). Dass dies zumindest fragwürdig ist, ist nach etwas Nachhilfe durch die VVN-BdA auch der Stadtverwaltung aufgefallen, und da ein wirklich großer Heidelberger, Emil Julius Gumbel, immer noch nicht auf der Tafel der Nazi-Opfer in der Alten Uni zu finden ist, sollte wenigstens diese Straße seinen Namen tragen. Aber unglaublicherweise hat der Stadtrat am 17.12. dieses Ansinnen abgelehnt, und zwar mit den Stimmen von CDU, FWV, Heidelbergern und, besonders pikant, der Rektorengattin Margret Hommelhoff von der FDP, die sich doch erst jüngst so wohlfeil für eine Tafel mit den Namen der unter den Nazis ermordeten Heidelberger JüdInnen auf dem Synagogenplatz eingesetzt hat. Der Schoß, so lernt mensch wieder, ist nicht nur fruchtbar noch, er ist auch ganz erschreckend groß.
...dass es die Uni einfach nicht aufgibt mit ihren Versuchen, im kommerziellen Weiterbildungsmarkt zu punkten? Nachdem das letzte Experiment dieser Art in Insolvenz endete, gibt es nun eine Ausschreibung, die auf diesem Markt bereits operierende Privatunternehmen einlädt, der Uni zu helfen, es diesmal richtig hinzukriegen. Was die Uni nicht bedacht hat: Weiterbildungsunternehmen sind Profis im Profitieren von der Dummheit und Naivität anderer Leute. Die Uni dürfte da ein leichtes Opfer sein. Wir sagen schon mal voraus, dass diese "Kooperation" auf einen Transfer von rund einem Megaeuro pro Jahr rausläuft, und zwar von der Uni weg. Der Umstand, dass der Dummschwätz-Quotient (Version 1.6) der Ausschreibung bei 250.2 liegt, lässt jedenfalls nicht erwarten, dass die Uni-Verantwortlichen sonderlich resistent gegen geübtes Gesumme sein werden.
...was passiert, wenn mensch nur gegen Überlast, nicht aber gegen den übrigen Wahnsinn, der hier in Uni und Gesellschaft so läuft, protestiert? Ganz einfach, die Überlast wird nach Gutsherrenart beseitigt, diesmal etwa die am IPW. Das Rektorat ließ am 17.12. lakonisch verkünden, dass im Sommersemester keine Studis für Politik, Soziologie und VWL zugelassen werden. Es wäre gerade angesichts des Schlusssatzes, nach dem es zum Wintersemester "in diesen Fächern örtliche Zulassungsbeschränkungen mit Auswahlverfahren geben" soll, wirklich traurig, wenn das Kalkül des Rektorats, nach dem die Studis jetzt ja "was erreicht" haben und drum wieder ganz brav sein sollen, aufginge.
Walter I. Schönlein
Baden-Württemberg will im Bundesrat das BAföG ändern
Am 15.12. des vergangenen Jahres kam aus Baden-Württemberg über den Bundesrat ein Antrag zu einer weiteren Reform des BAFöG. Für hiesige Verhältnisse überraschend ist, dass nicht nur studifeindliche Regelungen vorgesehen sind -- insbesondere der ohne Begründung mögliche einmalige Fachwechsel bis zum zweiten Semester einschließlich ist sicher ein Fortschritt. Eher bekannt wirkt, dass die Förderausschüsse, die bisher bei strittigen Fällen befragt werden konnten, aufgelöst werden -- mit der akademischen Selbstverwaltung hat es das MWK nun mal nicht so. Wahr ist allerdings auch, dass diese Ausschüsse schon bisher nicht furchtbar viel tun durften, und wenn sich die Regierung nicht durchringen kann, sie zu stärken -- was eingestandenermaßen zu einer Verlängerung des Bewilligungsverfahrens führen könnte --, ist ihre Abschaffung sicher vertretbar.
Etwas ernster ist die "stärkere Pauschalisierung", die als Leitspruch des Entwurfs gehandelt wird, bei der Frage der Wohnbeihilfe, die nun unabhängig von der konkreten Miete gewährt werden soll. Studis, die da bisher den Höchstsatz bekommen haben (am Heidelberger Wohungsmarkt kein Problem), zu Einbußen von 24 Euro pro Monat führen kann. Richtig Landeshandschrift trägt schließlich der Vorschlag, BAföG-Förderung nur noch bei Aufnahme der zur fördernden Ausbildung bis zum 27.Lebensjahr zu gewähren. Im Klartext: Wer z.B. KrankenpflegerIn ist und nach ein paar Jahren Berufspraxis ein Medizinstudium aufnimmt, darf sich komplett durch Nachtwachen finanzieren.
Studis online hat eine genauere Übersicht über die Änderungen im Gesetzentwurf -- dessen Regelungen übrigens je nach parlamentarischem Prozedere bereits Mitte des Jahres in Kraft treten könnten -- aufs Netz gelegt,
Wie geil auf Studiengebühren sind deutsche Studierende und wie gut ist die Uni Heidelberg?
Die Uni Heidelberg, so meldete am 11.12.04 stolz die Pressestelle der Uni Heidelberg sei eine der ersten Adressen für Forschung in Deutschland. Quelle dieser Erkenntnis war ein Ranking des Bertelmann-Ablegers CHE. In aller Regel kritisiert das Rektorat derartige Rankings nach Außen -- meist unter dem durchaus zutreffenden Verweis auf fragwürdige Verfahren -- und nutzt intern die Gelegenheit, den betroffenen Einrichtungen ein wenig Druck zu machen.
In diesem Fall nun geht das Rektorat offenbar davon aus, dass das Ranking seriös ist. Hauptgrund für diese Haltung dürfte sein, dass die Uni Heidelberg dabei recht gut abschneidet. Nicht zu verachten ist aber wohl auch der Urheber, versteht sich das CHE doch als "think tank" der deutschen Hochschullandschaft und versorgt Rektoren und andere Sehr Wichtige Menschen mit Gedanken an Studiengebühren, Elitenbildung, Auswahlverfahren, Privatisierung und all die anderen Leckerli aus der Mottenkiste neokonservativer Bildungspolitik.
An ausgewiesener Qualität der Methodik kann die Wertschätzung aus Heidelberg jedenfalls nicht liegen, denn die letzte Studie des CHE erwies sich als schlichte Propaganda. Ihr Ergebnis: "Studierende mehrheitlich für Studiengebühren", so der Titel einer CHE-Presseerklärung von Anfang Dezember. Den erstaunlichen Schluss gründeten die Gütersloher auf eine Umfrage, in der sich die Mehrheit der Befragten für Studiengebühren ausgesprochen hätte. Nicht erwähnt wurde, dass es nicht um die Frage "Studiengebühren: Ja oder Nein" ging -- gegen Gebühren konnte man sich in der Umfrage nicht aussprechen, man konnte nur zwischen verschieden Formen von Gebühren wählen. Klemens Himpele vom ABS kommentierte diese Vorgehen am 18.12. wie folgt:
"Mit dieser suggestiven Fragestellung ist das CHE schon 1998 aufgefallen. Schon damals behaupteten CHE und der Stifterverband der Deutschen Wirtschaft, dass die Mehrheit der 22- bis 25-jährigen Studierenden für Gebühren seien. Das Aktionsbündnis gegen Studiengebühren schrieb dazu bereits 1999: 'Wer sich an der Befragung überhaupt beteiligte, war bereits mitten in einer Diskussion über Studiengebührenvarianten. Da die Befragten in den suggestiven Kontext versetzt wurden, über ein bevorzugtes Studiengebührenmodell politisch mitentscheiden zu dürfen, 'wählte' der größere Teil folglich die 'mildeste' Variante von den drei genannten. Das Ergebnis dann so zu deuten, als sei die Mehrheit von 1,8 Millionen Studierenden für Studiengebühren, ist eine an Kühnheit kaum zu übertreffende Interpretation'. Das schon 1998 beauftragte forsa-Institut erklärte damals, dass es nicht um die Frage ging, ob man für oder gegen Studiengebühren sei. Ziel der Befragung war es, die Akzeptanz verschiedener, in Zusammenhang mit der Erhebung von Studiengebühren diskutierter Vorschläge zu ermitteln.
Die Ergebnisse solcher 'Umfragen' veröffentlicht das CHE in schöner Regelmäßigkeit in zeitlicher Nähe zu großen studentischen Protesten. Damit soll suggeriert werden, dass die Demonstrierenden eine Minderheit gegenüber einer großen, schweigenden Mehrheit seien. Diese manipulativen Methoden machen einmal mehr deutlich, dass das CHE kein Think Tank sondern eine interessengeleitete Lobby zur Einführung von Studiengebühren ist."
Doch geht es dem CHE wie gesagt um mehr als nur Gebühren; die ganze Agende der Bildungsprivatisierung setzt sich nun mal nicht von selbst um, und so schickt das CHE seine Mitarbeiter in die weite Hochschulwelt. So etwa Frank Ziegele, der nun seine Steckenpferde Benchmarking, Auswahl und Gebühren auf der "ersten deutschen Professur für Wissenschaftsmanagement" an der Fachhochschule Osnabrück weiterreiten kann. Im Rahmen einer Teilzeit-Professur "verantwortet" (was immer das heißen mag) er dort den neuen Studiengang "Hochschul- und Wissenschaftsmanagement", in dem "Praktiker aus Hochschulen und Wissenschaftseinrichtungen" berufsbegleitend einen Masterabschluss erwerben können.
Gerüchte, der erworbene Titel spiegele als "Master of Puppets" das Verhältnis von CHE zu Rektoren und Hochschulpolitik wider, sind falsch und wurden von Leuten in die Welt gesetzt, die immer noch auf Metallica stehen.
Studi-Demo in Heidelberg und andere Protestaktionen
Zum Ende dieses -- andernorts -- protestreichen Semesters soll auch in Heidelberg nochmal spürbar werden, dass bei weitem nicht alle Studis bereit sind, all die Fortsetzungen neokonservativer Politik in den Hochschulraum hinein widerspruchslos hinzunehmen -- und bei der Gelegenheit vielleicht gar die neokonservative Politik selbst kritisieren: Am Freitag, 30.1. um 14 Uhr wird am Hauptbahnhof eine hoffentlich große Demonstration unter dem Motto "Wir können alles -- außer Bildung" (vgl. auch unsere pikanten Details zur Originalkampagne) starten. Aus dem breiten Strauß übler Entwicklungen an den Hochschulen haben sich die OrganisatorInnen auf ihrem Plakat Studiengebühren, Bildungsabbau (a.k.a. "Kürzungen") und das neue Landeshochschulgesetz mitsamt der damit intendierten Demontage der letzten Reste von uniinterner Demokrate als Schwerpunkte des Protestes herausgesucht.
Derweil hatten andere Unis im Ländle schon heute einen Aktionstag. An der Spitze stehen, wie schon fast gewohnt, die rührigen FreiburgerInnen, die bereits seit gestern streiken (Streikposten nahmen Vorlesungsgebühren in Höhe von 10 Cent von StreikbrecherInnen), eine VV mit 1100 Leuten hatten und die Innenstadt mit, wir wollen es fast nicht sagen, "kreativen Aktionen" unterhalten haben. Fotos davon gibts bei der Badischen Zeitung. In Mannheim wurde allerlei gekürzt, an der Uni Dinge wie Studienplätze, Tafeln und Hörsäle, an der FH gleich die Hälfte des Hochhauses, in dem sie untergebracht ist -- glücklicherweise (?) nur durch Verhüllung, nicht mit dem Abrissbagger.
Während auch in anderen Ländern die Studistreiks weitergehen -- in der letzten Woche haben Hamburg und Lüneburg Streiks beschlossen -- und selbst in Österreich Rektoren getortet werden, ist auch die Gegenseite nicht faul. In Bayern etwa sind nach dem Fall des Bollwerks Zehetmair auch die einschlägigen Dämme gebrochen, und so hat das weiß-blaue Kabinett beschlossen, hinfort 50 Euro Basisgebühren von allen zu nehmen. Das Upgrade zum traditionellen BaWü-Pack, 500 Euro zusätzliche "Strafgebühren" (zu denen es neulich übrigens ein paar halbwegs klare Gedanken beim Online-Klassiker Telepolis gab) für so genannte "Langzeitstudierende", wird bereits geplant. Allerdings operiert der Freistaat schon seit 1984 mit Zwangsexmatrikulationen ab dem 14. Fachsemester, die Strafe wird in Bayern also nicht allzu viele Studis treffen, auch wenn sie nach Hochschulsemestern gerechnet wird. Was Stoiber recht ist, ist der Spezialdemokratie natürlich billig: Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz ziehen mit Studienkontenmodellen (cf. diese reizende Erklärung von der Ruhr-Uni Bochum) locker an der Unions-Phalanx vorbei. In diesen Tagen gingen die ersten Gebührenbescheide heraus, 650 Euro kostet Zuvielstudieren bei Rotgrün und Sozialliberal.
Es ist keine Frage, dass der MWK-Chef Frankenberg den Verlust der Pole Position im Gebührenrennen nicht lange hinnehmen wird. Unser Tipp: 1000 Euro Strafgebühr und 500 für alle ab Sommersemester 2005. Wer das nicht will, muss den politischen Willen, Unis zu den Cash-Cows der Bildungsgesellschaft zu machen, ändern. Der 30.1. ist eine Gelegenheit dazu -- nutzen wir sie, denn nur steter Tropfen höhlt den Stein.
Dieser Artikel wurde zitiert am: 23.01.2004
Kooperation MA-HD
Nach dem Machtwort des Großen Bären Baden-Württembergs über die Schließung von "überflüssigen" Fachbereichen, die ja ach so häufig im Rhein-Neckar-Raum vertreten sind, hat es nun auch die Geographie in Mannheim erwischt. Neueunschreibungen sind schon lange nicht mehr möglich, die bereits eingeschriebenen Studis sollten ihr Studium aber noch beenden dürfen. Dabei konnten die Mannheimer Geos aufgrund eines Kooperationsvertrages mit der Uni Heidelberg auch die Lehrveranstaltungen der Heidelberger Geographie nutzen, um das schwindende Angebot in Mannheim zu kompensieren.
Nun ist es aber auch damit vorbei. Der Kooperationsvertrag ist seit diesem Jahr ausgelaufen und die Heidelberger haben keine Verlängerung mehr geplant. Dies trifft die übriggebliebenen Studis aus Mannheim natürlich schwer: Wo soll man die letzten Scheine für das Studium wohl herbekommen, wenn nicht aus Heidelberg?
Das hiesige Geographische Institut hat leider aber auch seine Gründe für diese Entscheidung. Immerhin ist das Institut durch Einschnitte in den Personalrängen hoffnungslos damit überfordert, überhaupt den eigenen Studis angemessen Lehrveranstaltungen anzubieten. Dazu kommt, dass man immer noch auf die Fertigstellung des neuen Gebäudetraktes wartet, um das derzeit zerrissene Institut, welches in Ba-Wü vor allem wegen seiner fachinternen Vernetzung gerühmt wird, endlich wieder in einem kompletten Gebäude unterzubringen. Dies würde auch wieder mehr Platz für Seminarräume schaffen -- wie beim begonnen Umzug vor Jahren versprochen.
Kurz und gut sieht sich die Geographie hier außerstande, weitere Studis aus Mannheim zu bedienen -- ein Entschluss, der wohl auch als Fingerzeig für das Rektorat gedacht ist, wie eng es doch inzwischen hier geworden ist. Aber wie immer gibt es auch hier sicherlich Wege, die an den bestehenden Schranken vorbeiführen. Die Fachschaft Geographie versucht im Gespräch mit den DozentInnen Zusagen für Ausnahmen zu ergattern, immerhin geht es dabei ja nicht um Hundertschaften von Studis, sondern eben um Einzelfälle, die bei solchen Regulierungsmaßnahmen auf der Strecke bleiben. Auch hat die Geographie noch keinen NC für den Quereinstieg während des Studiums, so dass es möglich ist, sich in Heidelberg ohne größeren Aufwand (?) einzuschreiben.
Wie das mit den LehrämtlerInnen, aussieht, bleibt derweil offen. Wobei auch hier mal wieder sehr deutlich spürbar geworden ist, dass Land wie Unis ihr Kalkül eher gerne ohne die Studis machen, die an den Unis dann eher als Belästigung empfunden werden. Was war doch gleich wieder der Sinn der Hochschulen?
Das neue LHG langt auch bei informationeller Selbstbestimmung richtig zu
"Die Hochschulen können durch Satzungen für ihre Angehörigen und Mitglieder die Pflicht zur Verwendung von mobilen Speichermedien begründen, die der automatischen Datenerfassung oder Datenverarbeitung, insbesondere für Zwecke der Zutrittskontrolle, Identitätsfeststellung, Zeiterfassung, Abrechnung oder Bezahlung dienen." Dieser Satz steht in keinem Werk von George Orwell, er kommt aus dem durchgesickerten Entwurf für ein neues Landeshochschulgesetz, den das MWK immer noch den Landtagsabgeordneten vorenthält, um lieber erstmal ein wenig mit handverlesenen InteressentInnen vorzukungeln.
Im Klartext heißt das: Wenn der Rektor will, kann er die Schäflein seiner alma mater einer totalen Kontrolle unterwerfen, beispielsweise durch drahtlos auslesbare Chipkarten (wie sie im Theoretikum bereits als Schlüssel eingesetzt werden). Für die MitarbeiterInnen wird das allerdings wahrscheinlich recht bald Grenzen finden an Tarifvertrag, Datenschutzgesetz oder Verfassung.
Studis werden da weniger Schutz genießen: Richtet euch schon mal drauf ein, dass eure Studiengebühren veranstaltungsweise abgerechnet werden. Im Verfahren des Micropayments kann dann auch noch gleich für den Besuch in Bibliothek oder Computerpool der eine oder andere Cent fällig werden -- und RFID sei Dank müsst ihr nicht mal dran denken, alles wird berührungslos gemacht. Wie leicht wird es, nachzuprüfen, ob auch noch der letzte Studi auch noch in der dümmsten Vorlesung seinen oder ihren Hintern plattsitzt. Wie schön wird es, wenn am Ende des Semesters rauskommt, wer nicht oft genug im Seminar war. Wer sich von solchen Aussichten noch nicht schrecken lässt, kann ja mal diese kleine Dystopie zum Thema goutieren.
Der LHG-Entwurf ist, wie im oben zitierten Artikel ausgeführt, ein Horrorkabinett. Selbst in seinen staubigsten Gegenden ist es durchweht von einem Geist der autoritären Umstrukturierung. Der einzig mögliche Umgang mit diesem Konvolut ist die sofortige Entsorgung. Frankenberg scheint vorerst dazu nicht bereit zu sein -- Überzeugungsarbeit tut dringend Not.
Dieser Artikel wurde zitiert am: 11.02.2004, 25.02.2004, 24.03.2004, 09.07.2004
BAföG-EmpfängerInnen sollten nicht auf Master wechseln
Die Einführung der BA/MA-Studiengänge birgt hinsichtlich des BAföG durch § 7 (1a) und § 7 (3) BAföG einige Risiken für Studierende, die von einem Diplom-, Magister- oder Lehramtsstudiengang oberhalb des 3. Fachsemesters in den MA-Studiengang wechseln möchten:
§ 7 Erstausbildung, weitere Ausbildung
(1a) Für einen Master- oder Magisterstudiengang im Sinne des § 19 des Hochschulrahmengesetzes oder für einen postgradualen Diplomstudiengang im Sinne des § 18 Abs. 1 Satz 1 bis 3 des Hochschulrahmengesetzes sowie für vergleichbare Studiengänge in Mitgliedstaaten der Europäischen Union wird Ausbildungsförderung geleistet, wenn
1. er auf einem Bachelor- oder Bakkalaureusstudiengang aufbaut und
2. der Auszubildende außer dem Bachelor- oder Bakkalaureusstudiengang noch keinen Studiengang abgeschlossen hat.
Für nach Satz 1 förderungsfähige Ausbildungen findet Absatz 3 Satz 1 Nr. 1 bei Ausbildungsabbrüchen und Fachrichtungswechseln nach dem 31. März 2001 keine Anwendung. [...]
(3) Hat der Auszubildende
1. aus wichtigem Grund oder
2. aus unabweisbarem Grund
die Ausbildung abgebrochen oder die Fachrichtung gewechselt, so wird Ausbildungsförderung für eine andere Ausbildung geleistet; bei Auszubildenden an Höheren Fachschulen, Akademien und Hochschulen gilt Nummer 1 nur bis zum Beginn des vierten Fachsemesters. Ein Auszubildender bricht die Ausbildung ab, wenn er den Besuch von Ausbildungsstätten einer Ausbildungsstättenart einschließlich der im Zusammenhang hiermit geforderten Praktika endgültig aufgibt. Ein Auszubildender wechselt die Fachrichtung, wenn er einen anderen berufsqualifizierenden Abschluss oder ein anderes bestimmtes Ausbildungsziel eines rechtlich geregelten Ausbildungsganges an einer Ausbildungsstätte derselben Ausbildungsstättenart anstrebt.
Diese beiden Absätze bedeuten, dass wer nach dem 3. Fachsemester in einen MA-Studiengang wechselt, einen BA-Abschluss haben muss, um weiter nach BAföG gefördert zu werden; selbst wenn die Zulassungsbedingungen für den MA-Studiengang Studienleistungen voraussetzen, die denen eines BA gleichwertig sind (und damit Lehramts- oder Magisterstudierenden diesen Wechsel ermöglichen sollen). Ein Beispiel mag diesen Missstand verdeutlichen:
Eine Studentin im 7. Semester Romanistik und Germanistik Lehramtstudiengang möchte zum 8. Semester in den Masterstudiengang wechseln. Die Abschlussarbeit in Romanistik hat sie schon erfolgreich abgeschlossen. (Im Lehramtsstudiengang kann die Abschlussarbeit, die sogenannte "Wissenschaftliche Hausarbeit", lange vorm Examen geschrieben werden; die Bezeichnung "Zulassungsarbeit" hierfür ist daher extrem irreführend.) Die Zulassungsbedingungen zum MA ermöglichen ihr durch die einem BA gleichwertigen Leistungen (Zulassungsarbeit, belegte Haupt- und Oberseminare, Zwischenprüfung) prinzipiell einen Wechsel. Da sie allerdings formal keinen BA hat, ist nach dem BAföG eine Förderung nach § 7 (1a) nicht möglich, es würde also geprüft, ob eine Förderung nach § 7(3) möglich wäre. Da der MA-Studiengang eine Regelstudienzeit von 3-4 Semestern hat, die von der Studentin geleisteten Semester jedoch Zulassungsbedingung sind, und nicht auf den MA angerechnet werden können, verliert sie ihren BAföG-Anspruch, wenn sie den Wechsel vornimmt.
Dieses Problem wird in einer Übergangszeit genau so lange auftreten, wie es Diplom-, Magister- oder Lehramtsstudiengänge gibt, und Studierende einen Wechsel zu einem MA-Studiengang vornehmen wollen, obwohl sie keinen BA haben. Insbesondere gilt dies beim Wechsel von einer Hochschule an eine andere.
Offenbar wurde dieser Missstand durch einen Fall in der Fakultät für Biologie, in der ein MA Molecular and Cellular Biology angeboten wird, zu dem in ganz Deutschland kein entsprechender BA-Studiengang existiert. Studierende, die aus einem Diplomstudiengang (nach einem harten Auswahlverfahren) zugelassen werden, verlieren ihren BAföG-Anspruch.
Eine Lösung dieses Problems kann seitens der Fakultäten nicht erreicht werden, allerdings können die Probleme minimiert werden: Zum einen muss bei Einführung von MA-Studiengängen unbedingt darauf geachtet werden, dass rechtzeitig vorher ein für die Zulassung qualifizierenden BA eingeführt wird, damit Studierende aus Diplom-, Lehramts- oder Magisterstudengängen rechtzeitig vor einem Wechsel in den MA-Studiengang einen BA-Abschluss machen können. Studierende, die von anderen Hochschulen kommen und sich für einen MA-Studiengang bewerben, müssen auf das Risiko in Bezug auf BAföG hingewiesen werden.
Eine weitere Möglichkeit ist die Zulassungsbeschränkung der MA-Studiengänge auf Studierende, die vorher einen BA erworben haben. Äquivalente Leistungen sind in Bezug auf das BAföG nicht relevant. Dieses Vorgehen würde die Studiengänge allerdings undurchlässig machen. Da die Ursachen für dieses Problem im BAföG - und damit in der Zuständigkeit des BMBF - liegen, ist es sicher ratsam, sowohl das Bundesministerium, als auch das MWK bei der Einführung jedes MA-Studienganges auf das ungeklärte BAföG-Problem hinzuweisen.
Gründe fürs Deutschlernen, für die Emigration und das Tutorium, das nicht stattfindet
...dass es für eine Elite auch immer eine Masse braucht, die eben nicht das hat, was die Elite auszeichnet? Wahrscheinlich schon, aber trotzdem mag die Lektüre des schönen Textes "Elite" gegen "Masse" oder: Legitimation sozialer Ungleichheit, den Morus Markard im Jahr 2000 verfasst hat, noch manch Einsicht zur immer wieder angefachten Debatte um Exzellenz und Elite bringen. Und wo wir gerade auf der Webseite des BdWi sind: Torsten Bultmanns Analyse "Die Eliten und die Massen -- Kritik eines bildungspolitischen Stereotyps ist wie auch Ausführungen von Ingrid Fitzek zum Vorbild Amerika ebenfalls sehr lesenswert.
...dass der Abteilung Schlüsselkompetenzen (nach eigener Einschätzung "ein Competence-Center an der Uni Heidelberg") des ZSW zwar seit Neujahr zwei Stellen fehlen, es an Geld aber gewiss nicht mangelt? Zu diesem Schluss muss mensch bei der Lektüre der Einladung zur Tagung "Schlüsselkompetenzen: Sclüssel für (Aus-) Bildungsqualität und Beschäftigungsfähigkeit?" kommen, denn diese findet nicht etwa in Uni-Räumen statt, sondern in der (eingestandenermaßen schickeren) Print Media Academy. Was die Miete im Glaswürfel kostet, wissen wir nicht, mit tausend Euro ist da allerdings wohl noch nicht viel gekauft. Wozu auch Tutorien (für die das Geld sonst ausgegeben werden könnte) an einer Hochschule für Exzellenzen und Eliten?
...dass ihr euer Schicksal mit 217157 anderen teilt? Das spezielle Schicksal nämlich, gerade unter Frankenberg an einer Uni in Baden-Württemberg eingeschrieben zu sein, unter einem Wissenschaftsminister, der sich nicht entblödet, eine solche Zahl in einer Antwort an den Landtag zu nennen. Es ist ja schön, wenn das statistische Landesamt sowas glaubt, aber jedem/r anderen ist wohl klar, dass wenigstens die letzten drei Stellen dieser Zahl mit reichlich Entropie gesegnet sind. Die gestellte Frage goutiert mensch übrigens besser nicht nach einem ausgedehnten Mahl.
...dass eure Chancen, noch mit Kopftuch unterrichten zu dürfen, schlecht stehen, wenn ihr gerade noch an eurem ersten Staatsexamen sitzt? Am 13. Januar hat das hiesige Kabinett einstimmig beschlossen, Lehrerinnen Kopftücher verbieten zu wollen. Am 31. März soll dann der Landtag das Gesetz abnicken, und danach heißt es: Kopftuch ab oder Kopf ab, Frau! Männer dürfen offenbar noch Kopftuch tragen, weil: wir sind ja eine freie und gleichberechtigte Gesellschaft. Den Frauen bleibt das (ausdrücklich erlaubte) Kreuz, weil: das ist mal ein klasse Symbol für Freiheit, Menschenliebe und Gerechtigkeit. Ha!
...dass eine ganz spezielle Segnung der freien Marktwirtschaft im Mai 2003 schon 53 Prozent der Menschen in Baden-Württemberg erreicht hat? So viele dürfen ihrem Arbeitsdrang mittlerweile auch nachts und am Wochenende nachgehen, während es in den Zeiten der Knechtschaft, Überregulierung und gewerkschaftlichen Verkrustung (1996) erst 49% durften. Mehr faszinierende Daten in dieser Richtung findet ihr beim Statistischen Landesamt.
...was Emergenz ist? Nun, wenn eine Bildersuche nach "Gefahr" auf Google derzeit an zweiter Stelle einen Link auf eine Werbeseite fürs Deutschlernen der Association of German Teachers of Victoria (incorporated) liefert -- dann ist das Emergenz.
Walter I. Schönlein
Die Filme der Globale 03 kommen nach Heidelberg
Im vergangenen Jahr haben sich in Berlin ein paar Leute aus dem Umfeld von attac zusammengesetzt und politische Filme aus aller Welt zusammengesucht, die ein recht umfassendes Bild der vielen Konsequenzen des neokonservativen Umbaus der Welt liefern (ok, über Studiengebühren und Bildungsabbau kommt nichts, aber das sind dann im Vergleich vielleicht doch eher marginale Probleme, d.S.). Das Ergebnis nannten sie "Globale '03".
Vom 12. bis 18.2. könnt ihr nun eine Großteil der auf diesem Festival der Gegenöffentlichkeit gezeigten Filme im Kino im Karlstorbahnhof sehen. Die einzelnen Filme haben jeweils eigene Termine samt Kommentaren, hier deshalb nur eine Übersicht:
Für 30/25 Euro bekommt ihr eine Dauerkarte für alle Filme.
500 Studis demonstrieren in Heidelberg
Befürchtungen der OrganisatorInnen, zumal so kurz vor der Klausurenzeit könnte eine Demonstration gegen die gegenwärtig moderne Bildungspolitik -- Verschulung, Hierarchisierung, Kommerzialisierung, Privatisierung wären so Schlagworte dazu -- floppen, erwiesen sich als unbegründet: Für Heidelberger Verhältnisse respektable 500 Studis sammelten sich heute um 14 Uhr vorm Hauptbahnhof, um durch Bergheim und die Altstadt zum Uniplatz zu ziehen.
So erreichten die Parolen des Protestsemesters, allen voran das unvermeidliche "Wir sind hier, wir sind laut, weil man uns die Bildung klaut" nun auch Heidelberger Ohren. Das mit viel Liebe gestaltete Fronttransparent verkündete den Minimalkonsens "Gegen Bildungsabbau und Studiengebühren", es gab Culture Jamming mit dem Ausverkauf von "Frankenbergs Bildungs Soup", ein Transparent "Uns reichts, ihr Sparschweine", das das Motto der Demo -- "Macht euren Ärger transparent" -- recht ernst nahm und neben einem doch etwas peinlichen "Unsere Bildung ist eure Altersvorsorge" als Gegenprogramm auch ein offenbar antideutsch inspiriertes "Kauf dich klug! Die Wa(h)re Elite ist Deutsch". Auch ein Elitestudent war zu sehen: Auf einer Sänfte getragen verteilte er Fünfzigeuroscheine.
Ebenfalls etwa 500 Studis demonstrierten gestern übrigens in Trier, wobei die Studis dort vor allem mit den sozialdemokratischen Plänen, Gebühren mit dem Wort "Studienkonten" zu tarnen, haderten, denn immerhin regiert in Rheinland-Pfalz eben SPD und FDP. Im irgendwie etwas undurchsichtig regierten Hamburg hat schon vorgestern eine Vollversammlung die Fortführung des dortigen Streiks beschlossen. In der dazu verabschiedeten Resolution wandte sie sich gegen "die Zurichtung der Universitäten auf die reine Marktverwertbarkeit und die Disziplinierung ihrer Mitglieder zu willigen Objekten des ökonomischen Prozesses". Ein Studi ließ sich sogar mit den Worten "Der Streik an der Universität Hamburg ist insofern [weil die Zurichtung eben aktueller Politiktrend ist] Teil eines großen, gesellschaftlichen Konfliktes" zitieren..
Dessen ungeachtet haben CDU/CSU und FDP im Bundestag einen Entwurf einer siebten Novelle des HRG eingebracht, erwartungsgemäß eine Mischung aus dummem Zeug und schwarzfauler Gier. Wer sich für sowas interessiert, kann sich mit der Lektüre des Protokolls des Plenarsitzung dazu gruseln und (spätestens) dann schaudernd einsehen, dass von den im Parlament vertretenen Parteien in den gegenwärtigen Auseinandersetzungen keine Hilfe zu erwarten ist.
Frankeberg spart inzwischen munter weiter: 113 Millionen Euro will er mit der Einführung von 500 Euro Studiengebühren pro Semester zusammen bekommen.